Die ver­gessene Gefahr: Wie wir mit Klima und Migration von der Kriegs­vor­be­reitung in Europa abge­lenkt werden

Auf der Seite des rus­si­schen Fern­sehens wurde ein Artikel ver­öf­fent­licht, der sehr nach­denklich macht, denn er zeigt aus­führlich, aber in ein­fachen Worten, wie wir mit Klima, Migration und anderen Themen von der größten Gefahr für die Menschheit abge­lenkt werden sollen: Dem erneut dro­henden Atomkrieg.
Der Artikel ist recht lang, aber schon als ich ihn nur zur Hälfte gelesen hatte, war mir klar, dass ich ihn über­setzen will. Daher spare ich mir eine lange Ein­leitung und gebe Ihnen etwas zum Nachdenken.
Beginn der Übersetzung:
Es ist Zeit, Bilanz zu ziehen: Was sind die wirk­lichen Bedro­hungen für Europa und die Welt? Denn wenn sich die Welt schnell ver­ändert (so ein banaler Gedanke), ist es sehr schwierig, das wirklich Wichtige zu erkennen, was die Existenz der Welt in Frage stellt und wie uns die alten Bin­dungen und Bezie­hungen, Ver­pflich­tungen und Ver­sprechen buch­stäblich aus den Händen gleiten.
Viel­leicht sind die wich­tigsten Pro­bleme die Umwelt­pro­bleme, wie Umwelt­ak­ti­visten sagen, also die Über­be­völ­kerung des Pla­neten oder die Treib­haus­gas­emis­sionen. Wir können das Offen­sicht­liche nicht abstreiten: Der Zustand der Umwelt ist sicherlich sehr beun­ru­higend, aber er kann kaum durch Reden bei der UNO oder das Verbot von Trans­at­lan­tik­flügen ver­ändert werden.
Viel­leicht ist das wich­tigste Problem die Aus­breitung des Ter­ro­rismus, denn zum ersten Mal in der Geschichte haben wir das Ent­stehen ganzer ter­ro­ris­ti­scher „Staaten“ und eine nie gekannte Zunahme extre­mis­ti­scher Gruppen erlebt, die sogar zu einem Faktor der großen Politik geworden sind. Aber mit den rich­tigen mili­tä­ri­schen Fähig­keiten und guter Arbeit der Geheim­dienste ist das ein lös­bares Problem, wie die Erfah­rungen der rus­si­schen Streit­kräfte in Syrien und der Anti-Terror-Koalition im Irak zeigen.
Viel­leicht sind die wich­tigste Pro­bleme die Fragen der Migration, bei der zehn­tau­sende Migranten aus Nord­afrika und dem Nahen Osten mit dunkler Ver­gan­genheit und von denen niemand weiß, wer sie sind, in Europa unter­ge­taucht sind. Aber im Prinzip hat Europa auch schon größere Inva­sionen verdaut. Die Migra­ti­ons­ströme über­decken die eigent­lichen Pro­bleme der Über­be­völ­kerung, des Mangels an Res­sourcen und der Kriege. Aber war das jemals anders?
Die Kri­tiker Russ­lands, die jetzt mit neuer Kraft in den Medien zu sehen sind, ver­suchen, die Welt davon zu über­zeugen, dass ihr Haupt­problem in Wirk­lichkeit Russland ist: In unserem Bestreben, unsere Lands­leute vor den rus­so­phoben Eliten anderer Länder zu schützen, sind wir angeblich zu weit gegangen, weil es die Inter­essen der soge­nannten west­lichen Welt berührt hat. Schließlich hatte man Russland in der glo­balen Kon­fron­tation bereits abge­schrieben. Umso über­ra­schender und unan­ge­nehmer ist für Europa (und die Ver­ei­nigten Staaten) der Verlust des jahr­hun­der­te­alten Gewalt­mo­nopols und der über­wäl­ti­genden mili­tä­ri­schen Über­macht. Der Verlust dieser Führung wird auch durch die Ver­legung der alten Macht­zentren aus dem Westen in andere Teile der Welt bestätigt.
Viel­leicht kann der Auf­stieg Asiens vor dem Hin­ter­grund dieses Ver­lustes der Vor­herr­schaft des Westens als besonders gefährlich ange­sehen werden. Und wir sehen tat­sächlich eine wach­sende Kon­fron­tation der ame­ri­ka­ni­schen Eliten mit China, die über den all­mäh­lichen Verlust der tech­no­lo­gi­schen und wirt­schaft­lichen Führung besorgt sind, dem unwei­gerlich der Verlust der poli­ti­schen Führung folgen wird. Führung kommt und geht, aber die Erde dreht sich weiter. Warum sollten wir in Russland diese Ver­än­de­rungen als so bedrohlich oder gefährlich betrachten? Schließlich koope­rieren wir mit China.
Wir können noch lange Bedro­hungen, Kon­stanten und zeit­weilige Risiken auf­listen und fest­stellen, wie sie mit­ein­ander ver­bunden sind, wie das eine zum anderen führt. In dieser Falle werden wir von den Medien fest­ge­halten, die Unter­stützer aller modernen Kriege und Kon­fron­ta­tionen waren und sind.
Doch hinter dem Infor­ma­ti­onslärm werden die Vor­be­rei­tungen für einen neuen großen Krieg ver­steckt, gegenüber dem alle anderen Ängste und Bedro­hungen lächerlich erscheinen. Und das ist es, worüber man ohne sinnlose Panik­mache sprechen muss.
Beginnen wir mit den objek­tiven Fakten und lassen unsere kon­zep­tio­nellen Mei­nungs­ver­schie­den­heiten mit dem soge­nannten Westen mal bei­seite, die mit der Krise der libe­ralen Ideo­logie und unserer Abneigung dagegen, eine von ihr geführte Nation zu werden, zusam­men­hängen. Aller­dings sind diese Mei­nungs­ver­schie­den­heiten und der ver­stärkte Wett­bewerb des soge­nannten Westens mit China und das Wachstum des asia­tisch-pazi­fi­schen Raums die Haupt­ur­sache für die heu­tigen Bedro­hungen. Und es gibt Dinge, die auch der über­zeug­teste Trans­at­lan­tiker wahr­scheinlich nicht bestreiten kann: Die schlimme Krise der UNO als Plattform zur Ver­hütung von Kon­flikten und Gewalt; Revi­sio­nismus und Rela­ti­vismus bei der Aus­legung des Völ­ker­rechts; Pläne und Akti­vi­täten, die die mili­tä­ri­schen Risiken objektiv erhöhen.
Lassen Sie uns zunächst sagen, dass (außer ein paar extremen Falken) niemand einen neuen glo­balen Kon­flikt als solchen will. Ein glo­baler Kon­flikt, der wahr­scheinlich aus einem regio­nalen Kon­flikten ent­steht, ist wahr­scheinlich kein bewusstes Ziel irgend­einer Regierung, lassen wir Ver­schwö­rungs­theorien mal bei­seite. Aber es gibt Denker und Ana­lysten, die ihn als unver­meidbar ansehen.
Woran kann man das fest­machen? Bei­spiels­weise an offi­zi­ellen Doku­menten der US-Mili­tär­stra­tegie und an offenen Dis­kus­sionen über einen mög­lichen Einsatz von Atom­waffen, der immer öfter von einer Partei als zulässig ins Spiel gebracht wird. Es gibt Stimmen, die sagen, dass zum ersten Mal ein Atom­krieg gewonnen werden könne. Gleich­zeitig wurde der Vor­schlag von Russ­lands Prä­sident Wla­dimir Putin, eine gemeinsame Dekla­ration zu ver­ab­schieden, die den Krieg erneut als unzu­läs­siges Mittel ver­ur­teilt und auf die Unmög­lichkeit, einen Atom­krieg zu gewinnen hin­weist, von der ame­ri­ka­ni­schen Seite ganz bewusst abgelehnt.
Zum ersten Mal seit vielen Jahren wird Russland in vielen mili­tä­ri­schen Plänen ganz offi­ziell als Haupt­feind genannt. Ja, wir können sogar ver­muten, dass die Rus­so­phobie in der mili­tä­ri­schen Stra­tegie der bal­ti­schen Länder oder Polens nicht gegen Russland gerichtet sein dürfte, sondern den Spon­soren in der EU und den Ver­ei­nigten Staaten geschuldet ist. Wie auch immer, Russland ist wieder zu einem offi­zi­ellen Feind geworden, das geht aus Doku­menten der Ver­ei­nigten Staaten hervor, zusammen mit China und dem Iran (und natürlich dem Ebola-Virus). Gleich­zeitig können wir bezweifeln, dass irgendwo im rus­si­schen Gene­ralstab Pläne für Regime-Changes in euro­päi­schen Ländern bestehen. In den USA schämt sich kein mili­tä­ri­scher Kom­mandeur, offen und laut über solche Pläne zu sprechen (trotz mili­tä­ri­scher Dis­ziplin, erlauben sie sich manchmal Offenheit).
Zum ersten Mal seit dem alten Kalten Krieg, den Russland, seien wir ehrlich, ver­loren hat, wird ein Vertrag nach dem anderen zer­stört, die die Regeln im „Spiel“ um Atom­waffen und ihre Trä­ger­systeme fest­gelegt haben. Uns muss bewusst sein, dass diese inter­na­tio­nalen Ver­träge während des Kalten Krieges geschlossen wurden. Das heißt, selbst während dieser harten Kon­fron­tation ent­schied man sich gegen Schritte in Richtung der Kon­fron­tation und arbeitete funk­tio­nie­rende Sicher­heits­me­cha­nismen aus. Wir müssen davon aus­gehen, dass der Grund in der Gene­ration lag: Es waren Men­schen, die sich daran erinnern konnten, was ein glo­baler Kon­flikt bedeutet, Men­schen, die ihre Jugend während des Zweiten Welt­kriegs und während des Wie­der­aufbaus nach dem Krieg erlebt haben. Es waren eben diese Generäle und Poli­tiker, die den Preis des Blutes kannten, die während der Kuba­krise an den Rand des Abgrunds gingen und sich wieder davon ent­fernt haben. Die neue Gene­ration der „effek­tiven Manager“ ver­steht, wie man im Theater Krieg spielt und sie geben Befehle, die sehr mutig und oft rück­sichtslos sind. Sie sind bereit, an den Abgrund zu gehen, aber ihnen fehlt die nütz­liche Angst vor dem Tod, wie sie die frü­heren Men­schen hatten, die nicht nur erlebt haben, was Krieg für sie selbst bedeutet, sondern auch für ihre Völker. Die eigenen Völker werden aber heute nicht mehr als das ange­sehen, was man schützen muss, sondern als Spiel­wiese für das Aus­leben der eigenen Management Talente.
Lassen Sie uns diese Ver­träge auf­zählen: Es begann mit dem Anti-Bal­listic Missile Treaty (ABM-Vertrag) von 1972, in dem sich die Ver­ei­nigten Staaten und die Sowjet­union erlaubten, nur ein ein­ziges Gebiet durch Abwehr­ra­keten zu schützen, was in der Tat das Rennen um immer bessere Angriffs- und Abwehr­waffen beendete, weil nun klar war, dass der Erst­schlag nur bedeutet, dass man als zweiter ver­nichtet wird. Dieser Vertrag wurde von den Ver­ei­nigten Staaten ein­seitig unter George W. Bush gekündigt, damals noch ohne die heute üblichen Aus­reden, dass „die Russen ange­fangen haben“. Er wurde einfach gekündigt. Das Argument war, dass die Ver­ei­nigten Staaten sich gegen ira­nische Raketen ver­tei­digen wollten (die der Iran damals nicht hatte), aber die Rake­ten­ab­wehr­systeme stehen schon lange in Ost­europa und niemand bestreitet heute, dass sie sich in Wirk­lichkeit gegen Russland richten.
1987 haben Ronald Reagan und Michail Gor­bat­schow den Vertrag über das Verbot von Kurz- und Mit­tel­stre­cken­ra­keten (INF-Vertrag) unter­zeichnet und zum ersten Mal wurden ganze Arten von Raketen zer­stört. Die Rake­ten­krise in Europa wurde damit beendet, als sowohl die UdSSR als auch die Ver­ei­nigten Staaten auf dem Kon­tinent Raketen hatten, die ihre Ziele in fünf bis zehn Minuten erreichen konnten. Kurz- und Mit­tel­stre­cken­ra­keten sind Waffen für den (ato­maren) Erst­schlag. Danach gab es nur noch atomare Inter­kon­ti­nen­tal­ra­keten, die auf einer bal­lis­ti­schen Flugbahn recht lange von Russland nach Amerika oder umge­kehrt unterwegs wären. Während dieser Zeit können sie abge­schossen werden, man kann sie durch Selbst­zer­störung stoppen, man hat Zeit, not­falls eben den Gegen­schlag durch­zu­führen. All das gibt es bei Kurz­stre­cken­ra­keten nicht. Sie sind wie eine an den Kopf gehaltene Pistole. Darum sind Marsch­flug­körper so gefährlich und deshalb ist der Rückzug der USA aus dem INF-Vertrag im Jahr 2019 – den Russland scharf kri­ti­siert – so gefährlich für die globale Sta­bi­lität und den Frieden.
Anscheinend werden wir die NATO (und ins­be­sondere die Ver­ei­nigten Staaten) nicht davon über­zeugen können, dass die rus­sische Rakete 9M729, der die Ver­ei­nigten Staaten einen Ver­trags­bruch vor­ge­worfen haben, niemals für ver­botene Ent­fer­nungen geplant oder getestet wurde. Offen­sichtlich werden wir mit dem Miss­trauen leben müssen und auch mit der Tat­sache, dass die Ver­ei­nigten Staaten niemals zugeben werden, dass die Start­systeme vom Typ MK-41, von denen aus es möglich ist, ver­botene Rake­ten­typen zu starten, ein Ver­trags­bruch waren. Das haben wir von Anfang an gesagt, aber niemand wollte uns zuhören. Selbst wenn Russland keine Rakete ent­wi­ckelt hätte, sondern ein nicht flug­fä­higes Holz­brett, wäre es als Ver­trags­bruch bezeichnet worden – einfach weil der Rückzug aus dem INF-Vertrag von den Ver­ei­nigten Staaten schon lange geplant war, wie die Tests neuer Rake­ten­typen ein paar Wochen nach dem Aus­laufen des Ver­trages bestätigten.
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1990, bei der Wie­der­ver­ei­nigung Deutsch­lands, ver­traute der sowje­tische Führer Michail Gor­bat­schow, den man im ver­ei­nigten Berlin immer noch anbetet, auf der Welle der Dank­barkeit dem Ver­sprechen, die NATO nicht nach Osten aus­zu­dehnen und keine neuen Mit­glieder aus dem ehe­ma­ligen War­schauer Block auf­zu­nehmen. Das Ver­sprechen war informell, nur mündlich, und Michail Gor­bat­schow war ver­trau­ens­selig und bestand nicht darauf, es in einem for­mellen Abkommen fest­zu­halten. Später behaup­teten die „Partner“, dass keine Ver­spre­chungen gemacht wurden, aber viele Zeugen und Unter­händler – sowohl Roland Dumas (Frank­reichs Außen­mi­nister), als auch Hans-Dietrich Gen­scher (deut­scher Außen­mi­nister) – gaben natürlich inof­fi­ziell zu, dass es solche Gespräche gegeben hat. Europa und die Ver­ei­nigten Staaten waren vom Ver­trauen der UdSSR beein­druckt und konnten der Ver­su­chung, es aus­zu­nutzen, nicht widerstehen.
Das nächste Dokument ist die NATO-Russland-Grundakte von 1997, die oft als zu ver­trau­ensvoll und zu wenig bindend kri­ti­siert wird, aber sie wurde als „Feu­er­lö­scher“ abge­schlossen, weil die NATO nicht einmal die Absicht hatte, über ihre Ost­erwei­terung auch nur zu sprechen. Die Grundakte schreibt die Ver­pflichtung fest, keine dau­er­haften Kon­tin­gente auf dem Ter­ri­torium neuer NATO-Mit­glieder zu sta­tio­nieren. Aber wir sehen den Bau von Mili­tär­stütz­punkten in Rumänien, Polen, dem Bal­tikum, den Einsatz von Flug­zeugen und gepan­zerten Fahr­zeugen, besonders ver­stärkt vor dem Hin­ter­grund der Psy­chose der „Ein­dämmung der rus­si­schen Bedrohung“. Uns wird gesagt, dass Panzer und Infan­terie dort nur rotieren, ein kleiner Trost, denn niemand behauptet, dass sie dort bleiben und dort in Rente gehen und dann an Alters­schwäche sterben sollen: natürlich rotieren sie, aber niemand schränkt das zeitlich ein, was es zu einer dau­er­haften Sta­tio­nierung macht.
Und weiter: Der so genannte „mili­tä­rische Schen­gen­vertrag“, das Abkommen von 2018 zwi­schen den NATO-Ländern, das die Ver­legung von Streit­kräften über die Grenzen des Kon­ti­nents hinweg, ohne Par­la­mente oder Exe­kutive fragen zu müssen, und den Ausbau von Straßen- und Ver­kehrs­in­fra­struktur, Brücken, den Bau von Depots für Waffen, Kraft- und Schmier­stoffe regelt. Wir sehen, dass die For­derung des „großen Bruders“ in der NATO, die Mili­tär­aus­gaben auf 2 Prozent zu erhöhen, eher auf die Ver­sorgung der Waf­fen­in­dustrie mit Auf­trägen abzielt, als auf mili­tä­rische Sicherheit. Und es ist unwahr­scheinlich, dass all diese „Vor­be­rei­tungen“ in Wirk­lichkeit bewusst „mili­tä­risch“ sind, wahr­scheinlich zielen sie darauf ab, die Mög­lich­keiten des „capacity building“ zu erhöhen. Aber in Kom­bi­nation zeichnen sie ein ziemlich deut­liches Bild stei­gender Risiken.
Ob wir uns vor­werfen sollten, zu „euro­zen­trisch“ oder „westlich ori­en­tiert“ zu sein, ist eine berech­tigte Frage, aber in Russland ist die Kon­zen­tration auf die Ereig­nisse und Pro­zesse in Europa wohl eine alte Gewohnheit. Dennoch sind alle Welt­kriege auf die eine oder andere Weise aus Europa nach Russland gekommen. Sehen wir ähn­liche direkte Bedro­hungen aus dem Osten? Bisher nicht.
Vor diesem Hin­ter­grund war der Vor­schlag des rus­si­schen Prä­si­denten Wla­dimir Putin an die NATO-Regie­rungen und das Bündnis selbst, ein gemein­sames Mora­torium mit Russland für die Sta­tio­nierung von Kurz- und Mit­tel­stre­cken­ra­keten auf dem euro­päi­schen Kon­tinent zu ver­ab­schieden, logisch, ver­ständlich und natürlich. Schließlich war das Haupt­ar­gument der Ver­ei­nigten Staaten, das die Abge­sandten aus Washington, ein­schließlich des kürzlich ent­las­senen Natio­nalen Sicher­heits­be­raters John Bolton, in Moskau vor­gelegt haben: „Die Kün­digung des INF-Ver­trages richtet sich nicht gegen Russland, wir ver­suchen, Druck auf China aus­zuüben, das ein großes Arsenal dieser Raketen hat. Um Russland geht es nicht.“
Lassen Sie uns auf die Geschichte unserer Bezie­hungen zu den Gen­tlemen zurück­blicken, denen wir ver­traut haben, wenn sie uns ihr Wort gegeben haben: ob Moskau in dieser Situation Michail Gor­bat­schows Weg wie­der­holen und einfach den Ver­spre­chungen ver­trauen sollte? Wir glauben, dass das leicht­sinnig wäre, vor allem unter den gegen­wär­tigen Umständen. Wollt Ihr keine Raketen in Europa sta­tio­nieren, gibt es keine Pläne dafür? Dann bringt es zu Papier.
Aber die NATO möchte das nicht tun. Es ist schwierig für die NATO zuzu­geben, dass sie Betrüger sind und jemanden täu­schen wollen. Deshalb hören wir nicht sehr über­zeu­gende Erklä­rungen: „Wir ver­trauen Russland nicht, wir können uns nicht auf Ver­spre­chungen ver­lassen, Russland hat die Rakete 9M729 entwickelt.“
Aber der Vor­schlag für ein Mora­torium besagt, dass wir auf Über­prü­fungen auf allen Seiten bestehen: Eine Über­prüfung ist not­wendig, wenn es kein Ver­trauens gibt. Aber dieses Argument wurde nicht berücksichtigt.
Ja, unter den Nato-Ländern gibt es Staaten, die in der Lage sind, unab­hängig zu denken, ohne sich der externen Agenda zu unter­werfen, die bereit zur Dees­ka­lation sind, die ver­stehen, dass sie not­wendig ist. Aber wie sehr sie bereit sein werden, aus dem Teu­fels­kreis aus­zu­brechen, ist eine Frage, auf die es noch keine Antwort gibt.
Und welche Schluss­fol­ge­rungen kann und sollte Moskau aus einer derart kalten Reaktion auf das Mora­torium für Raketen in Europa ziehen? Es gibt nur eine: dass die NATO und die Ver­ei­nigten Staaten als größter und bestim­mender Partner in Wirk­lichkeit von Anfang an Raketen in Europa sta­tio­nieren und auf rus­sische Städten richten wollten. Die Ablehnung des Mora­to­riums lässt keine andere Erklärung zu. Das bedeutet, dass der Westen wieder den Plan hat, der Welt eine geladene Waffe an den Kopf zu halten. Das bedeutet, dass der Westen im über­tra­genen Sinne seinen Fuß auf die Straße gesetzt hat, die in die Hölle führt.
Wir müssen fest­halten, dass die Bedrohung durch einen neuen Krieg, den finalen Krieg, wächst, egal wie sehr wir ver­suchen, uns mit der Rettung von Del­finen, Plankton, der Atmo­sphäre oder mit Migranten abzu­lenken. Aber all diese (wich­tigen und berech­tigten) Themen werden dann für nie­manden mehr wichtig sein. Und wir haben immer weniger Mittel, um es zu ver­hindern. Egal, ob jemand bewusst die Apo­ka­lypse her­bei­führen möchte, oder ob es durch die leicht­fertige Annahme geschieht, dass „uns schon nichts Schlimmes pas­sieren wird“. Darüber müsste vor allem Serbien sprechen, gegen das der erste Krieg der Nach­kriegszeit auf dem euro­päi­schen Kon­tinent ent­fesselt wurde. Und weder die UNO, noch ihr Sicher­heitsrat oder der Wille fried­lie­benden Mächte konnten die Tra­gödien verhindern.
Ende der Übersetzung
Wenn Sie sich dafür inter­es­sieren, wie Russland auf die Fragen der inter­na­tio­nalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und unge­kürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. In dem Buch kann man sehr gut ver­folgen, wie Putin sich im Laufe der Jahre zu den Fragen der Abrüstung und des neuen Wett­rüstens geäußert hat.

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“