Ich habe mir die in dem Artikel verlinkte Studie angeschaut und werde darauf auch eingehen. Zunächst übersetze ich den kurzen Artikel über die Studie, anschließend gehe ich auf ein paar Zahlen genauer ein, die ich sehr interessant fand.
Beginn der Übersetzung:
Die russische staatliche Medienholding „Russia Today“ hat eine groß angelegte Studie durchgeführt, um zu analysieren, wie die ausländische Presse über Russland berichtet.
Für die Studie, genannt „Octopus‑1“ (weil die meisten ausländischen Medien in Karikaturen Russland als Kraken darstellen), wurden mehr als 81.000 Artikel und Meldungen untersucht, die in gedruckten und Online-Medien in Großbritannien, Deutschland, Italien, Kanada, USA, Frankreich und Japan im ersten Halbjahr 2019 veröffentlicht wurden.
Es stellte sich heraus, dass nur 2 Prozent der Berichte über Russland positiv waren, etwas mehr als 48 Prozent waren neutral und 49,81 Prozent waren negativ.
Spitzenreiter bei der negativen Berichterstattung über unser Land waren die amerikanischen Medien mit 90,8 Prozent. Das bedeutete darüber hinaus einen großen Vorsprung von den anderen Ländern, die negativste Berichterstattung über Russland kam von CNN.
Gleichzeitig waren 8,9 Prozent der Nachrichten in der US-Presse neutral im Ton und nur 0,2 Prozent positiv.
Die Presse in Kanada, Deutschland, Japan und Großbritannien gab Russland etwas mehr positive Berichte, aber auch nur zwischen 0,5 bis 1,1 Prozent.
Die positivsten Berichte über Russland wurden in Italien veröffentlicht, dort waren immer hin 13,2 Prozent der Berichte positiv. Gleichzeitig waren dort 63 Prozent neutral und 23,9 Prozent negativ.
Zu den „russischen“ Themen, die am häufigsten von der ausländischen Presse angesprochen wurden, gehörten der Konflikt in Syrien, die Lage in der Ukraine und die Krise in Venezuela, die Vergiftung der Skripals, der Vertrag über das Verbot für Kurz- und Mittelstreckenraketen (INF-Vertrag) und der Bau der Gaspipeline Nord Stream 2.“
Ende der Übersetzung
So weit kaum Überraschungen. Dass in den USA eine anti-russische Hysterie herrscht, kann man auch in den deutschen Medien verfolgen. Deutschland kommt auf Platz drei bei der negativen Berichterstattung über Russland. Und Italien ist von den untersuchten Ländern das Land, in dem Bevölkerung und Regierung dafür bekannt sind, Russland eher positiv zu sehen, Italien fordert immer wieder ein Ende der anti-russischen Sanktionen. Ohne Italien wären die Durchschnittswerte noch wesentlich schlechter ausgefallen.
Die Studie ist sehr detailliert und umfasst 83 Seiten. In Deutschland wurden die Artikel aus folgenden Zeitungen ausgewertet: Die Welt, Die Zeit, Süddeutsche Zeitung, Der Spiegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, BILD, ARD/Das Erste, Deutschlandfunk, Handelsblatt und der Der Tagesspiegel.
Obwohl in allen untersuchten Ländern die führenden Zeitungen und Medien in die Studie eingeflossen sind, war es sehr aufschlussreich, zu sehen, wie viele Artikel es in den Ländern im ersten Halbjahr 2019 gegeben hat. Da führt Großbritannien mit fast 25.000 Artikeln deutlich vor Deutschland (15.000) und den USA 12.500).
Was ich nicht erwartet habe ist, dass Kanada bei der negativen Berichterstattung auf Platz zwei hinter den USA folgt. Anscheinend strahlen die US-Medien dahin aus. Aber auf Platz drei schon kommt Deutschland, wo 50,6 Prozent der Medienberichte über Russland negativ sind, 48,5 Prozent sind neutral und nur 0,9 Prozent sind positiv.
Interessant war auch, sich die Medien der einzelnen Länder anzuschauen. Clintons Haus- und Hofsender CNN führt in den USA bei der negativen Berichterstattung über Russland uneinholbar mit 1.102 negativen Berichten in sechs Monaten vor der Washington Post mit 610.
In Deutschland führt – wenig überraschend – die FAZ die Liste mit 464 negativen Berichten an. Auf Platz zwei folgt – für mich unerwartet – das Handelsblatt mit 331 und auf Platz drei mein persönlicher Liebling, der Spiegel, mit 281 negativen Artikeln über Russland. Auch unerwartet war für mich, dass die Bild mit 157 negativen Berichten nur auf Platz 6 gelandet ist.
Man überlege sich,was dieses propagandistische Dauerfeuer bewirkt. Es bedeutet, dass der Spiegel in 180 Tagen 281 negative Artikel über Russland veröffentlicht hat. Die Leser werden damit also regelrecht bombardiert. Und bei dem Blick in die USA frage ich mich, ob CNN überhaupt noch andere Themen hat, bei denen waren es im Durchschnitt mehr als sechs negative Artikel über Russland jeden Tag. Wenn das keine Propaganda ist, dann weiß ich nicht, was Propaganda sein soll.
Bei den Themen für negative Berichterstattung gab es hingegen kaum Überraschungen. „Russland im Zusammenhang mit internationalen Konflikten (Syrien, Venezuela, Ukraine)“ war als Themenblock zusammengefasst und natürlich führt er mit 783 negativen Veröffentlichungen in Deutschland die Liste an. Auf den ersten Blick ist überraschend, dass „Russlands Einmischungen in innere Angelegenheiten westlicher Länder“ mit „nur“ 117 Veröffentlichungen in Deutschland auf Platz 5 liegt. Aber so überraschend ist das gar nicht, denn es geht ja um das erste Halbjahr und da gab es den „Ukraine-Skandal“ noch nicht. Im zweiten Halbjahr dürften die Zahlen anders aussehen.
In dem Kapitel „positive Überschriften über Russland“ findet sich kein einziges Beispiel aus Deutschland, im Kapitel „negative Überschriften über Russland“ hingegen schon. In die Liste der aus Sicht der Autoren negativsten Überschriften über Russland haben es vier Artikel der Bild und einer der Süddeutschen geschafft. Durchmischter war das Ergebnis schon bei den neutralen Überschriften der weltweiten Medien. Da fanden sich zwei Artikel aus dem Spiegel und je einer von der Bild, dem Deutschlandfunk, der Welt, der Süddeutschen und dem Handelsblatt.
Ein eigenes Kapitel war in der Studie den „inadäquaten Überschriften“, also der Kategorie „geht gar nicht“, gewidmet. Dort finden sich ausschließlich Überschriften der Bild, es sind dort vier Artikel verlinkt. Kein anderes westliches Medium hat es in diese Rubrik geschafft.
Die Bild dürfte das als Auszeichnung empfinden.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
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