Nur noch 15 Prozent der Gesamt­be­völ­kerung leben in den fünf neuen Bundesländern

Die fünf neuen Bun­des­länder haben zusammen inzwi­schen nur noch 12,55 Mil­lionen Ein­wohner. Das ist weniger als Bayern alleine, deutlich weniger als NRW. Bezogen auf Deutschland mit über 83 Mil­lionen Men­schen sind es gerade noch 15 Prozent. 85 Prozent der Bevöl­kerung leben also im Westen, wobei die Ein­woh­nerzahl im Osten weiter schrumpft, während sie im Westen weiter steigt.
Seit 1949 schrumpfte die Bevöl­kerung Ost­deutsch­lands um fünf Millionen

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Fast sechs von sieben Bewohnern Deutsch­lands leben im Westen oder in Berlin, nur gut ein Siebtel in den fünf neuen Bun­des­ländern: Sachsen, Bran­denburg, Sachsen-Anhalt, Thü­ringen und Meck­lenburg-Vor­pommern. Zusammen kamen diese zum 31.12.2018 gerade noch auf 12,55 Mil­lionen Ein­wohner. Der Osten des Landes erlebte in den letzten Dekaden ein wahres Aus­bluten. So waren es 1949 immerhin noch 18,8 Mil­lionen Men­schen, die auf dem Gebiet der dama­ligen DDR, also inklusive Ost­berlin, lebten. Doch diese Zahl ging seither über Jahr­zehnte kon­ti­nu­ierlich zurück:
  • 1949: 18,8 Mio.
  • 1960: 17,2 Mio.
  • 1970: 17,1 Mio.
  • 1980: 16,7 Mio.
  • 1989: 16,4 Mio.

Nun sind es also ohne Ost­berlin, das 1989 knapp 1,3 Mil­lionen Ein­wohner hatte, sogar nur noch 12,55 Mil­lionen. Das heißt, die Zahl der Bewohner ist in den fünf neuen Bun­des­ländern* seit 1990 um über 2,5 Mil­lionen geschrumpft. Betrug das Ein­woh­ner­ver­hältnis BRD – DDR 1989 noch 3,8 zu 1, so beträgt das Ver­hältnis der alten Bun­des­länder, inklusive Ost­berlin, zu den neuen Bun­des­ländern heute (Stand 2018) 5,6 zu 1.
In den vier Jahr­zehnten von 1949 bis 1989 schrumpfte die Ost­be­völ­kerung ins­gesamt um ca. 2,4 Mil­lionen und in den drei Jahr­zehnten von 1989 bis 2018 um nochmals gut 2,5, ins­gesamt also rund 5 Mil­lionen.
Die abstruse Ein­teilung in völlig unter­schiedlich große Bundesländer
Wie absurd die Ein­teilung der Bun­des­länder ist, die alle eigene Län­der­par­la­mente, eigene Lan­des­re­gie­rungen, eigene Poli­zeien, eigene Schul­hoheit etc. haben, zeigt die Über­sicht der Bun­des­länder bezogen auf die Bevöl­ke­rungs­größe. Dabei ent­sendet jedes Bun­desland, egal wie klein es ist, min­destens drei Mit­glieder in den Bun­desrat, und, egal wie groß es ist, maximal sechs.

  1. Nord­rhein-West­falen: 17,93 Mio.
  2. Bayern: 13,08 Mio.
  3. Baden-Würt­temberg: 11,07 Mio.
  4. Nie­der­sachsen: 7,98 Mio.
  5. Hessen: 6,27 Mio.
  6. Rheinland-Pfalz: 4,09 Mio.
  7. Sachsen: 4,08 Mio.*
  8. Berlin: 3,65 Mio.
  9. Schleswig-Hol­stein: 2,90 Mio.
  10. Bran­denburg: 2,51 Mio.*
  11. Sachsen-Anhalt: 2,21 Mio.*
  12. Thü­ringen: 2,14 Mio.*
  13. Hamburg: 1,84 Mio.
  14. Meck­lenburg-Vor­pommern: 1,61 Mio.*
  15. Saarland: 0,99 Mio.
  16. Bremen: 0,68 Mio.

Wenn also Bremen mit drei Sitzen im Bun­desrat ver­treten ist, Nord­rhein-West­falen nur mit sechs, dann bedeutet dies, dass ein Bremer Bürger im Bun­desrat mehr als 13 mal so stark reprä­sen­tiert ist wie ein NRW-Bürger. Auf ca. 227.000 Bremer kommt ein Bun­des­rats­mit­glied, in NRW dagegen auf 2,99 Mil­lionen ein Abge­ord­neter. Dies ist natürlich ein ganz ekla­tanter Verstoß gegen den Gleich­heits­grundsatz, den wir ganz ähnlich im EU-Par­lament sehen, wo luxem­burger Bürger mehr als zehnmal so stark reprä­sen­tiert sind wie deutsche, die Bürger Maltas sogar 13 mal so stark wie die Bürger Frank­reichs. Doch zurück zu Deutschland.
Die fünf neuen Bun­des­länder* haben zusammen inzwi­schen nur noch 12,55 Mil­lionen Ein­wohner. Das ist weniger als Bayern alleine und deutlich weniger als NRW. Bezogen auf Deutschland mit über 83 Mil­lionen Men­schen sind es gerade noch 15 Prozent. Doch wie kommt das, dass die ost­deutsche Bevöl­kerung so sehr geschrumpft ist? Dies hat im wesent­lichen drei Ursachen.
1. Seit 50 Jahren viel zu niedrige Geburtenziffern
In den west­deut­schen Bun­des­ländern geht die Zahl der Geburten bereits seit der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre zurück (Pil­len­knick). In der DDR setzte diese Ent­wicklung nahezu zeit­gleich ein, wenn­gleich die Gebur­ten­raten im Osten ab 1969 minimal und von 1975 bis Ende der 1980er Jahre immer etwas höher waren als im Westen. Gleichwohl wurde auch hier ab ca. 1970 die magische Marke von 2,1 Kindern pro Frau (210 pro 100 Frauen) dau­erhaft unterschritten.
Seit der Wie­der­ver­ei­nigung hat sich das Bild jedoch gewandelt und der Osten hat sich dem Westen ange­glichen was die Anzahl der Geburten pro Frau anbe­langt. Denn in Ost­deutschland sehen wir seit 1990 einen regel­rechten Ein­bruch der Gebur­ten­zahlen um bis zu 25 Prozent im Ver­gleich zum Vor­wende-Niveau. Aus einer leichten „Unter­pro­duktion“ wurde eine gewaltige „Unter­pro­duktion“, die von 1990 bis 2007 sogar noch größer war als die im Westen Deutschlands.

In den letzten zehn Jahren sahen wir in Deutschland nun Gebur­ten­ziffern von 139 bis 157 Kindern pro 100 Frauen, Tendenz leicht steigend. Zur Bestands­er­haltung sind aber ca. 210 lebend­ge­borene Kinder pro Frau not­wendig (108 Jungen, 102 Mädchen), so dass auf jede Frau etwa ein Mädchen kommt. Wir sehen also selbst bei 157 Kindern pro 100 Frauen eine „Unter­pro­duktion“ von 53 Kindern pro 100 Frauen. Diese „Unter­pro­duktion“ betrug Mitte der 1990er Jahre sogar 85 Kinder pro 100 Frauen und war in Ost­deutschland in den 1990ern und der ersten Hälfte der 2000er-Jahre sogar noch größer.
2. Fast ein Viertel der ursprüng­lichen Bevöl­kerung zog aus dem Osten in den Westen, über 1,2 Mil­lionen mehr als umgekehrt
Hinzu kommt als zweiter Faktor eine massive Abwan­derung aus dem Osten in den Westen Deutsch­lands (Bin­nen­wan­derung). Während seit der Wie­der­ver­ei­nigung ca. 2,45 Mil­lionen Men­schen aus dem Westen in den Osten umzogen, waren es gleich­zeitig aber über 3,68 Mil­lionen, die in den Westen weg­gingen. Das ergibt ein Minus­saldo von über 1,2 Mil­lionen. Inzwi­schen scheint aber ein Punkt erreicht zu sein, dass die Zuzüge in den Osten die Abwan­de­rungen voll kompensieren.

In der Grafik sieht man sehr schön die Wan­de­rungs­wellen. Bis zum Bau der Mauer 1961 ver­ließen jedes Jahr Hun­dert­tau­sende die DDR Richtung West­deutschland. Dies wurde ab 1961 auf wenige Tausend pro Jahr gesenkt. 1989/90, nach dem Mau­erfall, schnellte der Wan­de­rungs­saldo dann schlag­artig wieder nach oben. Allein in den beiden Jahren 1989, 1990 ver­ließen ca. 800.000 Men­schen Ost­deutschland. Die Abwan­de­rungs­zahlen gingen dann zwar deutlich zurück, blieben aber jahr­zehn­telang klar höher als die Zahl der Men­schen, die aus dem Westen in den Osten zogen. Das sind seit den 1990ern jedes Jahr knapp 100.000. Die letzten Jahre scheinen sich diese zwei Zahlen, Ab- und Zuwan­derung, nun anzu­passen bezie­hungs­weise auszugleichen.
3. Die Immi­gration geht viel stärker in den Westen als in den Osten
Neben der viel zu nied­rigen Gebur­ten­raten und der jahr­zehn­te­langen grö­ßeren Abwan­derung von Ost nach West als umge­kehrt kommt noch ein dritter Faktor für das Schrumpfen der ost­deut­schen Bevöl­kerung hinzu. Die Immi­gration von außerhalb Deutsch­lands ver­teilt sich nämlich höchst ungleich auf West und Ost. Im Jahr 2018 hatte bereits mehr als jeder Vierte im Lande einen Migra­ti­ons­hin­ter­grund (Zuge­wan­derte und ihre direkte Nach­kommen). Von über 83 Mil­lionen Men­schen waren nur noch rund 62 Mil­lionen indigene Deutsche. 20,8 Mil­lionen waren bereits direkte oder indi­rekte Immi­granten, Tendenz immer weiter steigend. Auf eine Person mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund kamen nur noch knapp drei Ursprungs­deutsche. 40,6 Prozent aller Kinder in Deutschland unter fünf Jahren hatten 2018 bereits einen Migrationshintergrund.
Doch dabei ver­teilen sich die direkten und indi­rekten Immi­granten höchst unter­schiedlich auf West- und Ost­deutschland. 2018 lebten nämlich 95,3 Prozent der Per­sonen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund in West­deutschland und Berlin und nur 4,7 Prozent in den fünf neuen Bun­des­ländern. Der Immi­gran­ten­anteil an der Bevöl­kerung ist am höchsten in Bremen. Dort beträgt er nicht nur über 25, sondern sogar schon über 35 Prozent (35,1).

  1. Bremen: 35,1 %
  2. Hessen: 33,6 %
  3. Baden-Würt­temberg: 33,4 %
  4. Hamburg: 33,3 %
  5. Berlin: 31,6 %
  6. Nord­rhein-West­falen: 30,4 %

In Ost­deutschland lag der Anteil der Per­sonen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund an der Gesamt­be­völ­kerung 2018 dagegen lediglich bei 8,0 Prozent.
Zukunfts­aus­blick

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Die Gebur­ten­ziffern liegen sowohl in West- wie auch in Ost­deutschland wei­terhin weit unter 210 Kindern pro 100 Frauen, aber bei diesem Faktor ist kein Unter­schied mehr vor­handen. Die Frauen bekommen in beiden Teilen des Landes glei­cher­maßen viel zu wenig Kinder. Auch bei dem Faktor Bin­nen­wan­derung innerhalb von Deutschland haben wir inzwi­schen ein aus­ge­gli­chenes Bild. Bleibt noch der Faktor Migration nach Deutschland. Diese wird wohl auch zukünftig vor allen Dingen in den Westen Deutsch­lands gehen. Hinzu kommt noch ein wei­terer Faktor.
Frauen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund bringen im Laufe ihres Lebens durch­schnittlich mehr Kinder zur Welt als die in Deutschland gebo­renen Frauen. Bei 100 Frauen, die 2016 im Alter zwi­schen 45 und 54 Jahren waren, betrug die Zahl der gebo­renen Kinder im Durch­schnitt 160 Kinder pro Frau. Die in Deutschland gebo­renen gleich­alt­rigen Frauen (indigene Deutsche) bekamen aber nicht 160, sondern nur 150 Kinder, die zuge­wan­derten Frauen dagegen 200. 100 Immi­gran­ten­frauen bringen also ca. 50 Kinder mehr zur Welt als indigene deutsche Frauen.
Das heißt, selbst ohne weitere Zuwan­derung würde sich der Anteil der Per­sonen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund im Westen deutlich schneller erhöhen als im Osten. Während wir also im Osten eine zuneh­mende Ver­greisung der Bevöl­kerung sehen, sehen wir im Westen einen rapiden Bevöl­ke­rungs­aus­tausch im Sinne einer völlig ver­än­derten Zusam­men­setzung der Ein­wohner des Landes.
Übrigens sind bei Frauen mit höherer Bildung die Unter­schiede zwi­schen Indi­genen und Immi­granten deutlich geringer. 100 in Deutschland geborene Frauen mit höherer Bildung bringen im Laufe ihres Lebens 140 Kinder zur Welt, 100 Migran­tinnen mit höherer Bildung 150. Hier sehen wir also keinen großen Unter­schied.
Bei Frauen mit nied­rigem Bil­dungs­stand sind die Unter­schiede dagegen gewaltig: 100 in Deutschland Geborene mit nied­riger Bildung bekommen derzeit durch­schnittlich 160 Kinder, 100 zuge­wan­derte Frauen mit nied­rigem Bil­dungs­niveau dagegen 240 Kinder, 80 mehr als ihr deutsch­stäm­miges Pendant und 30 mehr als zur Bestands­er­haltung erfor­derlich wären. Dies ist quasi das einzige Segment, in dem wir eine „Über­pro­duktion“ sehen: Immi­granten mit nied­riger Bildung. Und diese betrifft vor allem Westdeutschland.

Jürgen Fritz — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog des Autors www.juergenfritz.com