Wie in Russland über den “Ukraine-Skandal” berichtet wird

Das Thema „Ukraine-Skandal“ war diese Woche natürlich auch in Russland ein Thema. Um zu zeigen, wie in Russland darüber berichtet wird, habe ich einen Bericht des rus­si­schen Fern­sehens dazu übersetzt.
In dem Bericht ging es um die Ereig­nisse der Woche in New York bei der UNO und um den par­allel dazu in den USA hoch­ge­kochten „Ukraine-Skandal“.
Beginn der Übersetzung:
Das Treffen zwi­schen Sergej Lawrow und Mike Pompeo in New York ist beendet. Das Gespräch war nicht einfach, weil die Ver­ei­nigten Staaten sich wei­gerten, Mit­gliedern unserer Dele­gation bei der UNO Visa zu erteilen und auch neue anti-rus­sische Sank­tionen ver­hängt haben. Es ging auch um die Ukraine. Wie auch den Ver­ei­nigten Staaten jetzt klar wurde, ist es Kiew und nicht Moskau, das Ame­rikas Innen­po­litik beeinflusst.
Treffen der Chefs der rus­si­schen und ame­ri­ka­ni­schen Diplo­matie sind immer ein High­light für die Presse. Bei den Ver­einten Nationen ver­suchen sich die Kame­ra­leute bereits vor der Tür gegen­seitig abzu­drängen, um Bilder von Lawrow und Pompeo zu erhaschen.
Min­destens ein Gesprächs­thema zwi­schen den Ame­ri­kanern und unserem Außen­mi­nis­terium war im Vorfeld bekannt. Die empö­rende Geschichte der Nicht­er­teilung von Visa an Mit­glieder der rus­si­schen Dele­gation durch die Ver­ei­nigten Staaten stellte sogar den Sitz des UN-Haupt­quar­tiers in New York in Frage. Sergej Lawrow erin­nerte sogar daran, dass Stalin einst anbot, ihn in Sotschi zu platzieren.
Das Treffen mit dem Leiter des US-Außen­mi­nis­te­riums fand im soge­nannten rus­si­schen Raum in der UNO statt. Die Beziehung zwi­schen den Ländern ist eiskalt und das Lächeln auf Pompeos Gesicht ist nur pflicht­schuldig. End­gültig ver­schwand es,als ame­ri­ka­nische Jour­na­listen eine Frage über Selensky zu stellen.
„Wurden Sie über Rudy Giu­lianis Kon­takte mit dem ukrai­ni­schen Außen­mi­nis­terium informiert?“
„Danke an alle, wir müssen jetzt erst einmal arbeiten.“ war die kurze Antwort des US-Außenministers.
Das Treffen mit Pompeo dauerte mehr als eine Stunde. Visa waren nicht das einzige Problem. Am Vortag hatten die USA Sank­tionen gegen rus­sische Schiffe ver­hängt, die Flug­benzin nach Syrien liefern. Die Russen unter­stützen Assads Mili­tär­ma­schi­nerie, klagte der US-Außen­mi­nister, als ob er nicht wüsste, was hätte pas­sieren können, wenn es anders gewesen wäre.
Das rus­sische Außen­mi­nis­terium erin­nerte daran: „Washington hat öffentlich ange­kündigt, dass es Sank­tionen gegen die Lie­ferung von Flug­benzin an rus­sische Streit­kräfte in Syrien ver­hängt. Da die rus­si­schen Streit­kräfte seit 2015 die syri­schen Regie­rungs­truppen im Kampf gegen ter­ro­ris­tische Gruppen unter­stützen, zeigt sich, dass sich die Ver­ei­nigten Staaten offen auf die Seite der Ter­ro­risten gestellt haben.“
Der Kampf gegen den Terror ist eine unver­meid­liche Sache. In allen anderen Fällen sind 10 Jahre Ver­hand­lungen besser, als ein Tag Krieg. Dieser Satz von Andrej Gromyko hätte durchaus zum Motto der UNO werden können. Im Haupt­quartier der Orga­ni­sation, bei der Gromyko der erste sowje­tische Bot­schafter war, wurde heute Morgen von Sergej Lawrow und Gene­ral­se­kretär Antonio Guterres eine Aus­stellung über ihn eröffnet.
Andrej Gromyko war rekord­ver­dächtige 28 Jahre lang sowje­ti­scher Außen­mi­nister. Die Ame­ri­kaner nannten ihn respektvoll „Mr. Njet“.
„Andrei Gromyko war ohne Über­treibung eine legendäre Per­sön­lichkeit. Er nimmt zu Recht einen wür­digen Platz im Pan­theon großer Per­sön­lich­keiten des letzten Jahr­hun­derts ein“ sagte der rus­sische Außen­mi­nister Sergej Lawrow.
Am Vortag traf Sergej Lawrow in New York mit Henry Kis­singer zusammen. Mit Gromyko waren sie ständige Rivalen an der diplo­ma­ti­schen Front, aber der ehe­malige US-Außen­mi­nister schätzte nicht nur die Fähigkeit des sowje­ti­schen Kol­legen, die Inter­essen seines Landes zu ver­tei­digen, sondern auch seine Fähigkeit, in großen Zusam­men­hängen zu denken.
Die Aus­stellung zeigt ein Foto der ersten UN-Charta, die Andrej Gromyko für die Sowjet­union unter­schrieben hat. Er war es, der als Leiter der sowje­ti­schen Dele­gation darauf bestanden hat, dass das Haupt­quartier der Welt­or­ga­ni­sation in den Ver­ei­nigten Staaten ange­siedelt werden sollte, die Ame­ri­kaner und Europäer wollten Genf als Standort. Die Schweiz war Sitz des Völ­ker­bundes. Die Ame­ri­kaner haben diese Orga­ni­sation gegründet, sind ihr aber nie bei­getreten. Um einen solchen Trick bei der UNO zu ver­hindern, schlug Gromyko New York als Sitz der UNO vor. Die geheimen Nuancen dieser Ver­hand­lungen wurden erst Jahr­zehnte später bekannt, aber heute zer­stören die Ver­ei­nigten Staaten vor aller Augen die diplo­ma­ti­schen Tra­di­tionen. Mit­schriften von Tele­fo­naten mit Selensky sind nur ein Bei­spiel von vielen.
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„Wir wissen, dass Prä­sident Trump in einigen Fällen sehr daran inter­es­siert war, ob die Ton­bänder seiner Gespräche erhalten bleiben würden. Und das erste, was mir in den Sinn kommt, sind seine Gespräche mit Wla­dimir Putin. Trump hat eine besondere Geschichte von Bezie­hungen zu Putin. Wir beab­sich­tigen, alles zu erfahren“ sagte Adam Schiff, Vor­sit­zender des Geheim­dienst­aus­schusses des Repräsentantenhauses.
Das heißt, die Ame­ri­ka­nische Demo­kra­tische Partei macht deutlich, dass sie jederzeit bereit ist, die begrabene Geschichte mit der angeb­lichen rus­si­schen Wahl­ein­mi­schung wie­der­zu­be­leben. Oder viel­leicht ging es auch von Anfang nur darum.
„Der Prä­sident muss sich für das ver­ant­worten, was er getan hat. Sie wissen, dass es falsch war, was sie getan haben, so wie es auch mit der rus­si­schen Ein­mi­schung in unsere Wahlen war. Übrigens denke ich, dass Russland dabei Hand angelegt hat“ sagte Nancy Pelosi, die Vor­sit­zende des US-Repräsentantenhauses.
„Es ist nicht Moskau, das ver­sucht hat, Ein­fluss zu nehmen, es ist Kiew“ betont Trumps Anwalt Giuliani.
„Eine Lektion für Men­schen mit Inte­grität: niemals jemanden auf der Grundlage von Gerüchten beschul­digen. Ich habe das nicht getan, nicht auf der Grundlage von Gerüchten, als die Ukraine der ille­galen Ein­mi­schung in die Wahlen 2016 ver­dächtigt wurde, erhielt ich direkte Beweise, Videos und belas­tende Doku­mente, um es zu beweisen. Seht zu und wartet!“ twit­terte Giuliani.
Es war schließlich die im Haupt­quartier der Demo­kraten arbei­tende Ukrai­nerin Alex­andra Chalupa, die ihnen half, Schmutz gegen Trumps Wahl­kampf­ma­nager Paul Manafort zu sammeln. Auch die ukrai­nische Bot­schaft in den Ver­ei­nigten Staaten hat geholfen. Poro­schenko war für Clinton.
„Dies ist ein his­to­ri­scher Moment. Ich bin der Spre­cherin Pelosi sehr dankbar für ihre Führung. Im Moment steht so viel auf dem Spiel. Es geht nicht nur um ein bekannt gewor­denes Tele­fon­ge­spräch zwi­schen Prä­sident Trump und seinem ukrai­ni­schen Amts­kol­legen. Wir befinden uns in einer Krise unserer Demo­kratie“ sagte Hillary Clinton, die von 2009 bis 2013 Außen­mi­nis­terin war.
Begonnen hat es mit einem anonymen Infor­manten, über den die New York Times berichtet hat. Inzwi­schen ist der Zeitung bekannt, dass er für die CIA gear­beitet hat. Nachdem sie von den Inhalten des Gesprächs mit Selensky erfahren hatte, wandte sich die anonyme Person an den lei­tenden Anwalt des Geheim­dienstes und der hat sich sei­ner­seits beim Weißen Haus und dem Jus­tiz­mi­nis­terium gemeldet. Bald wurde der Fall vom Chef­inspektor des Geheim­dienstes Michael Atkinson aufgegriffen.
Unter­dessen ist im Netz ein Video von Trumps Treffen mit US-Diplo­maten auf­ge­taucht, das nicht für die Ohren anderer Men­schen gedacht war.
„Ich möchte wissen, welche Art von Person diese Infor­ma­tionen wei­ter­ge­geben hat. Weil es sehr nah an Spionage ist. Wissen Sie, was wir in solchen Fällen früher getan haben, als wir schlauer waren? Spionage ist Verrat, wir haben solche Pro­bleme auf andere Weise gelöst, nicht wie wir es jetzt tun“ empörte sich US-Prä­sident Donald Trump.
Bei dem­selben pri­vaten Treffen nannte Trump liberale Medi­en­jour­na­listen „Tiere“ und Biden selbst „dumm wie ein Brett“.
„Sie fragen: Hat Trump Druck auf Sie aus­geübt? Nun, wissen Sie, diese Tiere arbeiten in den Medien, sie sind Tiere, einige der schlimmsten Men­schen, die Sie je gesehen haben. Sie sind Müll, viele von ihnen sind Müll. Und dieser ver­schlafene Joe Biden, der dumm wie ein Brett ist! Er war in seinen besten Tagen dumm und jetzt sind sie offen­sichtlich längst vorbei!“ sagt Trump auf dem ver­öf­fent­lichten Video.
„Auf der Grundlage des Mate­rials, das sie heute erhalten haben, wird es sehr schwierig sein, nicht zu dem Schluss zu kommen, dass dies ein Verstoß gegen ver­fas­sungs­recht­liche Ver­pflich­tungen und ein Vorwand für ein Amts­ent­he­bungs­ver­fahren ist. Ich bin sicher, dass das Reprä­sen­tan­tenhaus und der Senat damit klar kommen werden. Meine Aufgabe ist es, ihn bei den Wahlen zu schlagen“ sagte Joe Biden, der Prä­si­dent­schafts­kan­didat der Demokraten.
Unter­dessen wurde der erste Ver­räter im repu­bli­ka­ni­schen Lager gefunden. Der Gou­verneur von Vermont, Phil Scott, hat ein Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gegen Trump unterstützt.
Ende der Übersetzung

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“