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Vera Lengsfeld: Dis­kussion über Treuhand statt über das ver­schwundene DDR-Vermögen

Seit die SED-Linke  einen Treuhand-Unter­su­chungs­aus­schuss ins Spiel gebracht hat, bemühen sich zahl­reiche Medien, allen voran der Deutsch­landfunk, das Thema hoch­zu­kochen. Am 1. Oktober gab es eine Sendung “Geeintes Land oder tief gespalten”, in der aus­ge­rechnet die ehe­malige SED-Linke-Vor­sit­zende Gesine Lötzsch als “ost­deutsche Stimme” aus­führlich über die wirk­lichen und angeb­lichen Fehler der Treuhand zu Wort kam.

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Eine  kri­tische Frage der Mode­ra­torin nach den unter der poli­ti­schen Ver­ant­wortung des letzten SED-Vor­sit­zenden Gregor Gysi ver­scho­benen DDR-Ver­mögens von geschätzten 24 Mil­li­arden DM musste sie nicht befürchten. Ver­mutlich hat die Mode­ra­torin Schulze, die nicht mal wusste, dass die SED nie auf­gelöst, sondern lediglich umbe­nannt wurde, also immer noch unter uns ist, keine Ahnung von diesem Skandal. Wie es einer Bür­ger­recht­lerin geht, die zufällig als Zuhö­rerin der Sendung zuge­schaltet wurde, hat unsere Gast­au­torin Angelika Barbe erlebt und aufgeschrieben.
Der Deutsch­landfunk belehrt die Zuhörer und hängt sie dann ab
Ich hatte Glück und wurde am 30.09.19 nach halb­stün­digem unun­ter­bro­chenem Wählen als Zuhö­rerin zur Sendung „Kon­trovers“ des Deutsch­land­funks zuge­schaltet – Dort dis­ku­tierten bereits Otto Fricke (FDP aus NRW), Gesine Lötztsch (SED, Berlin) und Werner Patzelt (Dresden) über das Thema: Geeintes Land oder tief gespalten? Fol­gender Dialog mit der Mode­ra­torin ent­spann sich: (ab Minute 54:29) (wört­liche Abschrift)
S. Schulz: Frau Barbe, was ist Ihr Eindruck?
Barbe: Ich finde es ein Unding, dass Frau Lötzsch, die in der SED war und heute die rechts­iden­tische SED ver­tritt, hier als Ost­ver­tre­terin auf­tritt. Das ist für mich sehr schmerzlich.
S. Schulz unter­bricht: Ich mach das nicht gerne, unsere Zuhörer kor­ri­gieren, aber bei rechts­iden­tisch, da ist auch gerade der Jurist Otto Fricke mir gegenüber zusammengezuckt.
Barbe: Das haben sie vor dem Land­ge­richt Berlin zuge­geben, dass sie die rechts­iden­tische SED sind, man kann sie so nennen und das mache ich auch.
Schulz: Aber das ist ja nicht ihr Punkt.
Barbe: Das ist nicht der Punkt. Ich möchte Ergän­zungen bzw. Kor­rek­turen anführen: Die Treuhand ist von Herrn Modrow ein­ge­setzt worden am 1. März 1990. Er hat 1600 ehe­malige Minister, Stasi, SED-Leute alle mit rein­ge­nommen. Diese 1600 Leute sind mit­ver­ant­wortlich für den Verkauf des DDR-Ver­mögens, was ich sehr bedaure, aber sie sind mit­ver­ant­wortlich. Ich finde es unver­ant­wortlich, dass Frau Lötzsch sich hier hin­stellt und das den Wessis anlastet. Das war nicht so. Dann möchte ich sagen: Wir hatten eine fried­liche Revo­lution. Tau­sende von Men­schen sind auf die Straße gegangen, haben ihre Angst ver­loren. Sie wissen gar nicht, Frau Schulz, was das heißt- ich hatte damals drei kleine Kinder – mit zit­ternden Knien auf die Straße zu gehen und nicht zu wissen, ob man abends ver­haftet wird. Diese Leute haben ganz viel Demo­kratie bewiesen, Zivil­courage, Mut bewiesen. Ihnen jetzt unde­mo­kra­ti­sches Ver­halten vor­zu­halten, finde ich nicht in Ordnung. Das ist mir ganz wichtig.
Schulz: Wann haben wir das denn gemacht? Wann ist in der Sendung den Ost­deut­schen unde­mo­kra­ti­sches Ver­halten vor­ge­worfen worden?
Barbe: Nein, nicht in dieser Sendung, Frau Schulz. Es geht um die Debatte der letzten Monate, voll­kommen klar. Ich will noch sagen, die Bürger wissen ganz genau, warum sie was wählen. Die Treuhand habe ich ange­sprochen. Dann ist das RGW zusam­men­ge­brochen. Alles was die Ost­deut­schen im RGW intern ver­kaufen konnten (es geschah in einem Tausch­handel), musste dann ab 1.1.1990 auf dem Welt­markt zu teuren Preisen ange­boten werden. 50% des ost­deut­schen Exportes ist damit ein­ge­brochen. Das wird in der Debatte auch immer vergessen.
Schulz unter­bricht: Okay, Frau Barbe, Sie haben jetzt, ehrlich gesagt, unter uns, Sie haben jetzt drei wichtige und große Punkte angeführt…
Barbe: Bitte, lassen Sie mich noch die Opfer ansprechen. Das ist ganz wichtig. Ich bin Ver­tre­terin einer Opfer­or­ga­ni­sation. Es kann nicht sein, dass 250.000 poli­tisch Inhaf­tierte generell in Deutschland ver­gessen werden. Wir hatten 1000 Grenztote, wir hatten 33.000 Men­schen, die von der SED an den Westen ver­kauft worden sind, die Zwangs­aus­ge­sie­delten, die ver­folgten Schüler. Viele haben bis heute keine Ent­schä­digung erhalten. Ich will noch daran erinnern, dass Herr Gysi, als er die SED nicht auf­gelöst hat, sondern in PDS umbe­nannte im Dezember 1989, hat die SED ver­sprochen, sie wollen auf­klären, sie wollen die Schul­digen bestrafen und sie wollen die Opfer ent­schä­digen. Das haben sie nicht getan – bis heute nicht. Das nehme ich ihnen sehr übel. Mir geht es darum, dass die Fried­liche Revo­lution als das gesehen wird, was sie war. Sie hat den Zusam­men­bruch der SED bewirkt. Sie hat den Sturz der SED bewirkt. Es war keine Wende, sondern ein Zusam­men­bruch…. (bis 58:10)
Dar­aufhin entzog sie mir das Wort hängte mich im wahrsten Sinne des Wortes ab. Wir sind also tat­sächlich Abge­hängte und ich weiß endlich, was das ist.