Wahl­abend in Thü­ringen: Die AfD ist der Elefant im Raum und alle gucken weg

Nun sind die end­gül­tigen Zahlen auf dem Tisch (Iin abstei­gender Prozentzahl):
Linke: 30,6 Prozent
AfD:   23,6 Prozent
CDU:  22,1 Prozent
SPD:    8,3  Prozent
Grüne:  5.0 Prozent
FDP:     5,0 Prozent

 Die Grafik zeigt es deutlich: Gewonnen haben die Linken (+2,2 Pro­zent­punkte), Die FDP (+ 2,6 Pro­zent­punkte) und die AfD (12, 9 Pro­zent­punkte). Während die Linke einen leichten Zuwachs ver­buchen konnte, haben sich AfD und FDP im Prinzip ver­doppelt, was beachtlich ist.
Wahl­sieger AfD

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Die AfD musste einen Wahl­kampf in einem Umfeld absol­vieren, in dem die poli­ti­schen Gegner mit harten Ban­dagen auf die Partei und ins­be­sondere ihre Füh­rungs­figur, Björn Höcke, los­gingen, die poli­ti­schen Feinde im extre­mis­ti­schen Links­lager auch vor Gewalt nicht zurück­schreckten und die Medien aus Björn Höcke ein Monster machten. Auf diesem Hin­ter­grund ist der ful­mi­nante Erfolg bemerkenswert.
Die Poli­tiker der eta­blierten Par­teien zeigten sich fas­sungslos vom Erfolg der Partei des „Bösen“. Aber auch der Fern­seh­zu­schauer, der sich den Tort antat, das ARD-Wahl­studio anzu­schauen, sozu­sagen das DDR‑2.0‑Fernsehen von heute. Die einen fas­sungslos über das Ergebnis der AfD, die anderen darüber, wie die Poli­tiker damit umgingen. Brav wurden die Spit­zen­kan­di­daten in den ver­schie­denen Studios befragt, und sie boten ein tra­gi­ko­mi­sches Bild ver­stockten Ver­leugnens der Realität.
Pein­liche Eigen­lob­hymnen unter den Abgewatschten
Die Sys­tem­par­teien, die sich gerne als „demo­kra­tisch“ bezeichnen und als „Par­teien der Mitte“, gaben ange­sichts der schal­lenden Watsch‘n durch die Wähler alle die­selben, absurden Wort­hülsen von sich. Man habe eine harten und guten Wahl­kampf geführt, jeder habe sein Bestes gegeben, man habe auch gemeinsam in der Koalition in Thü­ringen jah­relang gute Politik gemacht und sei immer nahe am Wähler gewesen, habe ver­nünftige und gute Dinge auf den Weg gebracht…
Nein, das habt Ihr offen­sichtlich nicht. Wenn Ihr gute Politik gemacht hättet, dann wäret Ihr nicht so brutal abge­straft worden. Denn Bürger neigen im Nor­malfall nicht zu extremem Wahl­ver­halten, außer sie sind zutiefst ent­täuscht von den „demo­kra­ti­schen Par­teien der Mitte“. Und die Mas­sen­be­wegung hin zum rechten und zum linken Rand ist wohl unüber­sehbar. Und dennoch ver­sprechen sie dem Zuschauer noch mehr von dem, was der Wähler ihnen gerade um die Ohren gehauen hat.
Augen fest zukneifen und die AfD weg-ignorieren
Die AfD wird‘s freuen. So manchem am Fern­sehen mag der Kragen geplatzt sein zu sehen, dass die Sender fröhlich Tor­ten­dia­gramme mög­licher Koali­tionen auf den Bild­schirm zusam­men­bauten, um denkbare Regie­rungs­ko­ali­tionen aus­zu­rechnen. Bezeichnend: Die zweit­stärkste Partei, die AfD war niemals dabei. Statt­dessen wurde eine Koalition der Linken mit der CDU erörtert, obwohl die CDU das von vor­ne­herein kate­go­risch aus­ge­schlossen hatte. Warum dann nicht mal eine hypo­the­tische Koalition AfD-CDU?
Weil das Viertel der Wähler, die AfD gewählt hatten, einfach nicht exis­tiert. Mehr noch, alle betonten, dass es nur Koali­tionen unter Demo­kraten geben würde, womit man implizit zum Aus­druck brachte, die AfD sei unde­mo­kra­tisch. Mit welchem Recht?
Dann bemühte sich ein Mode­rator im Studio auf­zu­zeigen, welche Wäh­ler­gruppen welche Par­teien gewählt haben. Potz­donner: Die Wahl­lokale sind gerade zu, da wissen sie schon, welcher Wähler von welcher Partei wohin gewandert ist und welche Partei welche Wäh­ler­schichten anspricht.
Die Ana­lysen der Wäh­ler­schichten und ‑bewe­gungen – die AfD als neue Volkspartei?
Wenig über­ra­schend war ein Hauptteil der Wähler der Linken deutlich über sechzig Jahre alt. Da ist noch die alte Prägung der SED lebendig und ange­sichts der Ent­wicklung seit dem Mau­erfall in den fünf neuen (alten) Ländern, kann man es diesen Leuten kaum verdenken.
Inter­essant: Die SPD ist u.a. deshalb auf dem Weg zur Split­ter­partei, weil der Wähler keine über­zeu­genden Füh­rungs­per­sön­lich­keiten anzu­bieten hat. Leicht säu­erlich vor­wurfsvoll patzte der Mode­rator, nun ja, sie sei ja auf der Suche danach. Guter Mann, genau das ist es ja. Man sucht sie, weil man sie eben NICHT HAT und das schon seit Jahren. Echte Füh­rungs­per­sön­lich­keiten muss man nämlich nicht ver­zweifelt suchen, die machen schon ganz von allein auf sich auf­merksam, da muss man nicht lange suchen.
Wei­terhin gab es sehr viele, die treffend meinten, sie wüssten gar nicht, wofür die SPD eigentlich steht. Da wird man ihnen auch kaum helfen können, denn das weiß die SPD selbst nicht.
Für die Arbeiter steht sie auf jeden Fall nicht mehr. Die sind heute der Hauptteil der AfD-Wähler, was nicht über­rascht. Jeder, der mit unvor­ein­ge­nom­menem Blick die Situation sieht weiß, dass es nicht „böse Nazis“ sind, die aus der Fins­ternis der Unterwelt durch die Gull­i­deckel gekrochen und zombie-apo­ka­lyp­sen­mäßig in die Wahl­lokale gewankt sind, sondern sehr viele ehe­malige, ent­täuschte SPD-Wähler.
Herr Mode­rator erklärte leicht her­ab­lassend, aus welchen Schichten die AfD-Wähler so kommen und ließ durch­blicken, dass es zu einem großen Teil „nur“ die ein­fachen Arbeiter seien und viele Selb­ständige, dagegen sehr wenig alte und mehr junge Leute. Die ein­fachen Arbeiter und die Selb­stän­digen sind es aber gerade, die den Laden am Laufen halten, die pro­du­zieren, Werte schöpfen und Waren her­stellen. Alles, was Land und Leute brauchen und was man expor­tieren kann. Diese Leute tragen das Land und sorgen dafür, dass die Wirt­schaft brummt, zahlen Steuern und waren einmal die Säulen der SPD. Sie sind jetzt bei der AfD, weil sie tief ent­täuscht sind von der alten Tante SPD, der sie egal geworden sind und die jetzt poli­tisch korrekt sich Migranten und Flücht­linge und LGTB als Hät­schel­kinder aus­ge­sucht hat.
Erst der Anfang einer Umschichtung der poli­ti­schen Landschaft?
Noch besser: Die Steu­er­gelder, die die Arbeiter und Selb­stän­digen erar­beiten und bezahlen, werden benutzt, um zu Mil­li­arden Euro für Migranten und grüne Luft­schlösser und Kli­ma­pro­jekte ver­pulvert zu werden und die Industrie zu erwürgen. Wodurch genau diese Arbeiter und Selb­stän­digen ihren Job und ihre Existenz ver­lieren. Stichwort: Koh­le­kraft­werke in der Lausitz. Wie viele werden da AfD gewählt haben? Wie viele werden noch dazu­kommen, wenn die Wirt­schaft durch CO2-Wahn weiter des­in­te­griert und jeden Monat Zig­tausend Men­schen ihre Arbeit verlieren?
Dazu kommt die demo­gra­phische Ent­wicklung. In vier Jahren werden viele Alt-SED-Wähler der Linken nicht mehr auf Erden weilen. Das wird die Partei Stimmen und Pro­zente kosten. Die Jugend, wie die Shell-Studie ent­hüllte, ist zu über 30 Prozent „popu­lis­ti­schen“ oder gar „natio­nal­po­pu­lis­ti­schen“ Sicht­weisen zugetan. Das wird die Par­tei­en­land­schaft weiter verändern.
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Nun ist also die Linke die stärkste Kraft geworden. Dennoch ist die bis­herige Koalition aus Linke, SPD und Grünen nicht mehr regie­rungs­fähig. Alle Koali­tions-Denk­mo­delle sind mehr als schwierig, weil sie ent­weder keine Mehrheit erbringen würden oder völlig inkom­pa­tible Koali­ti­ons­partner zusam­men­schweißen müsste. Das Problem ist der Elefant im Raum, den jeder geflis­sentlich igno­riert und nicht mit ein­be­zieht: Die AfD.
Dennoch sieht Bodo Ramelow seinen Regie­rungs­auftrag durch die Wahl zur stärksten Partei bestätigt. Nur wie, das weiß er noch nicht.
Ande­rer­seits kommen zarte Töne von CDU-Spit­zen­kan­didat Mike Mohring, der bisher eine Zusam­men­arbeit mit der AfD kate­go­risch aus­ge­schlossen hatte. Nun spricht er in wol­kigen Formulierungen:
„Zunächst heißt es, klug zu über­legen, was ist für unser Land wichtig, und wie können wir unsere Demo­kratie sta­bi­li­sieren. (…) Das Wahl­er­gebnis hat uns auch besondere Denk­sport­auf­gaben mit­ge­geben. (…)  Wir haben von einem Viertel der Wähler einen Auftrag bekommen. (…) Die Wähler wollen offen­sichtlich auch, dass man mehr mit­ein­ander spricht und auch über die Lager mit­ein­ander spricht.“
Es gebe halt keine Mehrheit mehr in der Mitte und diese Situation ver­lange nach neuen Ant­worten. Aha. Nach­tigall, ick hör dir trapsen. Wird Mohring unter dem Fenster der Linken oder unter dem der AfD geigen?
Der frühere CDU-Lan­deschef von Bran­denburg, Ingo Senft­leben, befür­wortet nun Gespräche zwi­schen CDU und der Linken. Eine CDU-Linke-Koalition dürfte dann der CDU das gleiche Schicksal bescheren, wie es die SPD erlitten hat.