Ist die Inflation höher als gedacht?

Eigentlich alle würden sich wohl eine höhere Inflation wün­schen, um auf diese Weise die Schulden real zu ent­werten und relativ zum BIP auf ein erträg­liches Niveau zu drücken. Doch allen Bemü­hungen der Noten­banken zum Trotz scheint sich die gewünschte Inflation nicht ein­zu­stellen. So habe ich gelesen, dass sie im Schnitt unter Mario Draghi um ein Prozent lag.
Doch man kann auch kri­ti­scher auf die Infla­ti­ons­messung schauen. Nicht wenige Bürger würden fest­stellen, dass ihre per­sön­liche Infla­ti­onsrate deutlich über den offi­zi­ellen Raten liegt. Ganz abge­sehen von der Inflation der Ver­mö­gens­werte, die bei solchen Betrach­tungen immer ganz außen vor gelassen wird.
Ähnlich  auch die FINANZ und WIRTSCHAFT:

  • „Sylvain Broyer von der Rating­agentur Standard & Poor’s spricht sich für einen ganz anderen Ansatz aus. Die Inflation sei nicht tot, sie werde nur falsch gemessen, erläutert er in einer diese Woche publi­zierten Studie. Broyer plä­diert dafür, dass die EZB sich auf einen Preis­index kon­zen­trieren solle, der ver­mehrt inlän­dische Güter und Dienste erfasst. Vor allem solle die Immo­bi­li­en­preis­ent­wicklung stärker abge­bildet werden. Das sei möglich, wenn der Preis für selbst genutztes Wohn­ei­gentum in den Ver­brau­cher­preis­index der Eurozone (HVPI) auf­ge­nommen würde.“ – Stelter: Dann würde man aber sehen, wie Ver­mö­gens­preise vom bil­ligen Geld getrieben werden und die EZB könnte nicht noch mehr machen. Man will aber mehr machen! Also wird sicherlich nicht so gerechnet werden.
  • „Broyer kommt zum Schluss, dass die Teuerung im Euroraum dann 0,3 Pro­zent­punkte höher aus­fiele. Das ist nicht viel. Da die lockere Geld­po­litik und die extrem tiefen Zinsen mit­tel­fristig aber die Immo­bi­li­en­preise antreiben, sollten sich dar­aufhin die Infla­ti­ons­er­war­tungen nach oben bewegen.“ – Stelter: Ich denke aber, dass man lieber an der fal­schen Defi­nition festhält, um eine gewünschte Politik recht­fer­tigen zu können.

Quelle: FINANZ und WIRTSCHAFT

  • „Der Immo­bi­li­enboom in Kern­europa ist unüber­sehbar und treibt die Preise an. Der Teufel liegt aber im Detail. Die Euro­päische Kom­mission und die EZB erteilten Ende 2018 dem Vor­haben eine Absage, den OOH-Index in die Kon­su­men­ten­preise zu inte­grieren. Die metho­di­schen Pro­bleme seien zu gross, u. a. wird der OOH nur quar­tals­weise erhoben. Im HVPI werden somit nach wie vor nur Mieten erfasst. Auf diese Weise fliessen die Immo­bi­li­en­preise zwar indirekt in die Inflation ein. Aber der Effekt wird unter­re­prä­sen­tiert.“ – Stelter: Und genau das ist so erwünscht. Man braucht „echte“ Inflation.

Dr. Daniel Stelter –www. think-beyondtheobvious.com