“Ukraine-Skandal”: Iden­tität des Whist­le­b­lowers wurde enttarnt

Am Sonntag hat das rus­sische Fern­sehen sich in der Sendung „Nach­richten der Woche“ wieder mit der poli­ti­schen Situation in den USA befasst. Die rus­sische Sicht auf die Vor­gänge dort unter­scheidet sich doch sehr, von dem, was man in Deutschland dazu hört. 
Ich habe über den „Ukraine-Skandal“ schon viel berichtet und in der Sache gibt es kaum Neu­ig­keiten, außer der Tat­sache, dass die Iden­tität des Whist­le­b­lowers gelüftet zu sein scheint. Das rus­sische Fern­sehen hat darüber berichtet, weshalb ich mir einen eigenen Artikel dazu heute spare und den lesens­werten Bericht des rus­si­schen Fern­sehens über­setzt habe.
Beginn der Übersetzung:
Den Demo­kraten im US-Kon­gress gelang es endlich, das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gegen Prä­sident Donald Trump offi­ziell ein­zu­leiten. Das Reprä­sen­tan­tenhaus stimmte für den Beginn der Anhö­rungen, ein Jahr vor den Prä­si­dent­schafts­wahlen, bei denen Trump erneut gewinnen will.
Eine rea­lis­tische Aus­sicht auf eine Amts­ent­hebung ist schwer zu erkennen, da ein Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gegen den Prä­si­denten nur mit Zustimmung des Senats durch­ge­führt werden kann, wo Trump eine Mehrheit hat. Aber die Demo­kraten nutzen jede Gele­genheit, um Schlag­zeilen zu produzieren.
Trump selbst hat die Nutzung einer mini­malen Mehrheit der Demo­kraten im Reprä­sen­tan­tenhaus bereits als zynische Lynch­justiz bezeichnet, bei der das Opfer ohne Gerichts­ver­fahren gehängt wird. Eine traurige ame­ri­ka­nische Tradition.
Die Demo­kraten sind jedoch vom Hass so geblendet, dass sie nicht einmal bemerken, wie kom­pro­mit­tiert sie selbst sind. Der Verlust der Objek­ti­vität wirkt wie ein poli­ti­scher Kopf­schuss. Danach dürften von ihnen nur noch die Knochen ein­ge­sammelt werden können. Laut Trump hat in den Ver­ei­nigten Staaten die „größte Hexenjagd“ in der Geschichte des Landes begonnen.
In den Ver­ei­nigten Staaten machen Prä­si­dent­schafts­kan­di­daten nicht nur Wahl­kampf für sich selbst, sondern die Poli­tiker bitten die Wähler auch, sie mit Geld unter­stützen. Jeder hat eine Fund­raising-Website. So machen es im Internet Bernie Sanders, Joe Biden und der Mil­li­ardär Trump. Er bittet auch um Geld. Er hatte den größten Erfolg von allen. Das Geld floss in Strömen auf sein Konto, nachdem über ein Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gesprochen wurde. Trump sam­melte zwi­schen Sep­tember und Oktober 125 Mil­lionen Dollar ein. Das ist mehr als bei Obama, als der um seine zweite Amtszeit gekämpft hat.
Trumps Wäh­ler­schaft ist in der Provinz und da sind auch die meisten Spender. In New York und Washington D.C. wird dem Prä­si­denten die Unter­stützung ver­weigert. Wir sprachen mit Dut­zenden Stadt­be­wohnern: alle waren ein­stimmig für ein Amtsenthebungsverfahren.
„Er ist ein Ver­brecher! Er ist der kor­rup­teste Mensch, der diese Position je inne­hatte. Er nutzt die Außen­po­litik des Landes, um sich per­sönlich zu berei­chern, um den poli­ti­schen Gegner anzu­greifen. Das ist so unde­mo­kra­tisch. Er hat sich mit der Regierung eines anderen Landes abge­sprochen, um die für ihn nötigen Bedin­gungen zu schaffen. Wir unter­stützen ein Amts­ent­he­bungs­ver­fahren. Er scheint kurz vor der Wie­derwahl zu stehen und wenn der Prä­sident seines Amtes ent­hoben wird, wird dies nur die Position der Demo­kraten stärken. Es ist viel pas­siert, was dazu geführt hat. Es ist Zeit für ein Amts­ent­he­bungs­ver­fahren“, heißt es.
Trump trifft sich lieber mit anderen Wählern. Im repu­bli­ka­ni­schen Mis­sis­sippi tritt er in einem vollen Stadion von Gleich­ge­sinnten auf. Der Prä­sident erklärte ihnen noch einmal: Die Demo­kraten sind schuld an der Amts­ent­hebung, die Jour­na­listen sind schuld an der Hexenjagd. Und sein Gespräch mit Selensky hat nichts damit zu tun.
„Wir hatten ein voll­kommen ange­mes­senes, ich würde sogar sagen, ein per­fektes Gespräch mit dem Prä­si­denten der Ukraine. Die Repu­bli­kaner waren noch nie so geeint wie jetzt, inmitten dieses Amts­ent­he­bungs­be­trugs. Das ist nämlich ein Betrug und ein Schwindel. Die Demo­kraten nutzen es für ihre poli­ti­schen Zwecke, um zu ver­suchen, Wahlen zu gewinnen, die sie nicht gewinnen werden“, sagte Trump.
Er nennt Selensky einen guten Mann, den er im Weißen Haus emp­fangen möchte. Doch während der Prä­sident auf dem Rasen vor der Presse spricht, berichtet die Washington Post darüber, wie Trump die Ukraine seit den Anfängen seiner Prä­si­dent­schaft hasst.
Der Informant, der die Details von Trumps Gespräch mit Selensky öffentlich gemacht hat, ist noch anonym. Es ist ein mys­te­riöser Informant von der CIA, es scheint dieser Mann zu sein: Eric Cia­ra­mella, 33 Jahre alt, Mit­glied der Demo­kraten, hat unter Obama im Natio­nalen Sicher­heitsrat gear­beitet. Er arbeitete auch unter Trump dort, aber weil er alle Gespräche an die Presse wei­ter­ge­geben hat, musste er die Regierung im Sommer 2017 ver­lassen, schreibt die Washington Post: „Laut einem ehe­ma­ligen Beamten des Natio­nalen Sicher­heits­rates hat Eric Cia­ra­mella im Mai 2017 „die Hier­archie ver­letzt“, als er eine E‑Mail ver­schickte, in der er einen anderen Dienst warnte, dass Trump sich mit rus­si­schen Diplo­maten im Oval Office getroffen hatte. In der E‑Mail hieß es auch, dass der rus­sische Prä­sident Wla­dimir Putin den Prä­si­denten eine Woche zuvor ange­rufen habe.“
Er gilt als einer der Initia­toren der frü­heren Ermitt­lungen, als Trump grundlos vor­ge­worfen wurde, sich mit dem Kreml ver­schworen zu haben. Cia­ra­mella spricht Ara­bisch und Rus­sisch. Die Sprachen brachten ihn zur CIA. Nachdem er die Regierung ver­lassen hatte, bekam er schnell einen Job beim Geheim­dienst und konnte Trumps Tele­fonat mit Selensky mit­hören und ein Amts­ent­he­bungs­ver­fahren „basteln“. Der Chef des Weißen Hauses beharrt darauf, nichts Kom­pro­mit­tie­rendes gesagt zu haben. Er ist bereit, live die Abschrift vor­zu­lesen, wie Roo­sevelt einst mit den Ame­ri­kanern das berühmte „Kamin­ge­spräch“ im Radio geführt hat. Trump wurde sofort belächelt.
Augen­zeu­gen­be­richte des Gesprächs sind unter­schied­licher Meinung. Einige sagen, Trump habe viel Über­flüs­siges gesagt, andere sagen, da war nichts Kri­mi­nelles in dem Gespräch. In diesem Sinne äußerte Tim Mor­rison, ein Berater des Prä­si­denten der Ver­ei­nigten Staaten, bei einer Anhörung im Kon­gress. „Ich möchte sofort klar­stellen: Ich hatte keine Sorgen, dass dort etwas Ille­gales pas­siert ist“, sagte er.
Während Mor­rison in einer anderen Etage aus­sagte, stimmte das Reprä­sen­tan­tenhaus für die Ein­leitung des Amts­ent­he­bungs­ver­fahrens. Eigentlich läuft es seit mehr als einem Monat, aber die Trump-Admi­nis­tration hat sich geweigert, mit den Abge­ord­neten zusam­men­zu­ar­beiten. Der Prä­sident ließ seine Leute nicht zur Ver­nehmung gehen, bevor das Unterhaus das Ver­fahren offi­ziell eröffnet hat. Das ist am 31. Oktober geschehen. Jetzt können Vor­la­dungen nicht mehr igno­riert werden, dafür sind die Anhö­rungen ab jetzt öffentlich.
„Das Unterhaus und die ame­ri­ka­nische Öffent­lichkeit sollten alle Beweise mit ihren eigenen Augen sehen. In der Ent­schließung wurde deutlich gemacht, dass während des Pro­zesses mehr als aus­rei­chende Sicher­heits­maß­nahmen vor­ge­sehen sind. Und sie werden auf jeden Fall respek­tiert werden“, sagte Gerald Nadler, Vor­sit­zender des Jus­tiz­aus­schusses des Repräsentantenhauses.
Selbst wenn es durch das Unterhaus kommt, dürfte das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren im Oberhaus mit der Mehrheit von Trumps Repu­bli­kanern abge­schmettert werden. Und daher schlagen die Unter­stützer des Prä­si­denten vor, die Ver­fassung zu ändern, weil Trump Angriffe abwehren muss, was seine Arbeit unmöglich macht und deshalb sei es not­wendig, ihm eine dritte Amtszeit als Prä­sident zu ermög­lichen. Aller­dings wackelt der Stuhl unter ihm schon jetzt so sehr, dass nicht sicher ist, ob er seine erste übersteht.
Ende der Übersetzung
Wenn Sie sich dafür inter­es­sieren, wie Russland auf die Fragen der inter­na­tio­nalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und unge­kürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. Auch zu den Vor­würfen der Demo­kraten, sich in die US-Wahlen ein­ge­mischt zu haben, wurde Putin oft befragt und seine Dis­kus­sionen mit west­lichen Jour­na­listen sind sehr lesenswert und beim Schreiben musste ich manches Mal herzlich lachen. 

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“