Einen Verein darf jeder gründen, wenn er genug Gründungsmitglieder beisammen hat. Da kann der Staat nicht hineinreden. Aber er kann die so genannte „Gemeinnützigkeit“ nicht anerkennen. Solche gemeinnützigen Vereine haben, so sie anerkannt sind, gewisse steuerliche Vorteile, die die Beschaffung von Geldern für ihre Ziele und Vereinszwecke enorm erleichtern: Die Spender von Geldbeträgen können diese Spenden von der Steuer absetzen. Und sie müssen keine Gewerbe- und Körperschaftsteuern bezahlen. Darüber hinaus gilt für gemeinnützige Vereine in vielen Bereichen ein Umsatzsteuersatz von nur 7% statt der üblichen 19%. Das alles zusammen ermöglicht den Vereinen, mehr Spenden zu generieren bei deutlich weniger Kosten.
Die Gemeinnützigkeit muss beim Finanzamt beantragt werden. Die Steuerbehörde prüft dann die Zielsetzung des Vereins. Nach §52 Absatz 2 AO sind das beispielsweise die Förderung des Tierschutzes, von Forschung/Wissenschaft, des Naturschutzes, von Bildung/Erziehung, von Kunst/Kultur, der Völkerverständigung, des Sports und auch des traditionellen Brauchtums usw.
Die folgenden Voraussetzungen müssen für die Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft erfüllt sein:
- Die Körperschaft muss gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen.
- Der Zweck muss selbstlos, ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden.
- Alle Voraussetzungen der Steuerbegünstigung müssen aus der Satzung ersichtlich sein. Die Satzung muss auch die Art der Zweckverwirklichung angeben.
- Die Satzung muss eine Regelung enthalten, dass das Vermögen der Körperschaft bei Auflösung oder Wegfall der steuerbegünstigten Zwecke auch zukünftig für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird (sog. Anfallklausel).
- Die tatsächliche Geschäftsführung muss der Satzung entsprechen (§ 59 Abgabenordnung).
Finanzminister Olaf Scholz möchte nun Vereinen diese Gemeinnützigkeit streichen, wenn diese ihr Angebot nur an Männer oder Frauen richtet. Die „Diversen“ hat er wohl offenbar vergessen. Schon mal Einhundert Minuspunkte für Minister Scholz wegen dieser gender-ungerechten Exklusion.
Das bedeutet, dass zum Beispiel Frauen- oder Männergesangsvereine, viele Schützenbruderschaften, Feuerwehrvereine, Fußballvereine – auch Frauenfußballvereine — insbesondere historische Bruder- und Schwesternschaften davon betroffen wären. Natürlich können sie die Aufnahme anderer Geschlechter ablehnen, hätten dann aber mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Und wem sollte das überhaupt nutzen?
Der Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Bareiß (CDU) sperrt sich gegen den Scholz‘schen Vereins-Einheitsbrei. Das sei ein „Angriff auf das Ehrenamt, die Freiheit und das Vereinsleben. Wir sollten froh sein über jeden, der sich für das Gemeinwohl engagiert und sich in die Gesellschaft einbringt.“ Es sei an der Zeit, dass die „Kandidatenkür der SPD ein Ende“ nehme, wetterte der CDU-Mann.
Den Eindruck, Scholz wolle hier eigentlich nur mit linkspopulistischen Kraftsprüchen innerhalb der Partei punkten, teilen viele. Der Schatzmeister des „Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften e.V.“, Peter Olaf Hoffmann, gibt dem Vorstoß Scholzs wenig Chancen: „Ich glaube eher, dass die Narrenkappe bis nach Berlin geflogen ist, weil man diesen alten Hut wieder hervorzaubert, der eigentlich längst entschieden ist. Aber Olaf Scholz will ja Vorsitzender der SPD werden. Da braucht er vielleicht den einen oder anderen populistischen Vorschlag.“
Der Spiegel meldete vor ein paar Tagen, Scholz ziele im Übrigen auch darauf ab, politisches Engagement von Vereinen via Entzug der Gemeinnützigkeit zu bestrafen. Wahrscheinlich hatten den Spiegel die Nachrichten entsetzt, dass sowohl den linken Globalisierungskritikern „Attack“ als auch dem Kampangnenorganisator „Campact“ die Gemeinnützigkeit entzogen wurde, gefolgt von einer Antifa-Vereinsorganisation „Bundesvereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN), unter dessen Mitgliedern wohl kaum noch ein lebendes Opfer des Naziregimes weilt. Die Existenz sei bedroht, ließ die VVN wissen. Und die, die sich darüber freuen könne, sei die AfD:
„Der vom Finanzamt des Landes Berlin um seine Gemeinnützigkeit gebrachte Verein VVN-BdA ist auch Träger des Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“, an dem DGB. Verdi, Grüne und andere beteiligt sind. Es macht seit 2016 bundesweit auf lokaler und regionaler Ebene Bildungsarbeit gegen rechts. Aktuell mobilisiert es für Proteste gegen den Bundesparteitag der rechtsradikalen ‚Alternative für Deutschland‘ am 30. November in Braunschweig. Bundesweit wurden bisher 13 000 „Stammtischkämpfer*innen“ in Workshops darin geschult, im Alltag rassistische Äußerungen zu kontern. Inwieweit diese Arbeit weitergehen kann, sei nicht abzusehen, sagte VVN-BdA-Bundesgeschäftsführer Thomas Willms der FR: ‚Wer sich jetzt freuen kann, ist die AfD.‘“
Das ist natürlich etwas, was auf gar keinen Fall passieren darf, dass linksextremistischen Vereinen die Gemeinnützigkeit entzogen wird! Denn alles, was sich irgendwie „gegen Rechts“ positioniert, ist ja per se ganz großartig, egal, ob gewalttätig und im Verfassungsschutzbericht als extremistisch aufgeführt – denn das war tatsächlich der Grund für die Aberkennungen. Das ist zwar vorgeschrieben, aber nach wilden Protesten von SPD, der Linkspartei und allen möglichen linksextremen Vereinigungen erhielt die VVN dann doch wieder ihre Gemeinnützigkeit.
Bundesfinanzminister Scholz und seine Mannen, Frauen und Diversen bestritten vehement, dass Vereinen wegen Engagements in der Tagespolitik die Gemeinnützigkeit entzogen werden sollte. Just das Gegenteil sei der Fall, ließ das Ministerium verlauten. Der Spiegel habe da (mal wieder) eine Falschmeldung herausgegeben. Der hatte aber aus dem Entwurf des Ministers Scholz zitiert:
„Vereine würden ‚auch dann noch‘ steuerlich begünstigt, ‚wenn eine gemeinnützige Tätigkeit mit politischen Mitteln begleitet wird‘. Vereine dürfen sich also auch künftig politisch äußern, aber nur, wenn es ihrem Vereinszweck dient. Die Absicht, politische Parteien oder die staatliche Willensbildung zu beeinflussen, müsse dabei ‚weit in den Hintergrun‘ treten. Der Grünenpolitiker und ehemalige Finanzchef von Attac, Sven Giegold, kritisiert die geplante Änderung. ‚Ein Karnevalsverein, der sich gegen einen Naziaufmarsch engagiert .‘“
Ja, und sowas, das darf ja um Gotteswillen gar nicht sein! Wogegen umgekehrt ein Karnevalsverein, der sich gegen Antifa-Gewalt und Zerstörung engagiert, wahrscheinlich ziemlich üble Schikanen erfahren würde.
Wie dem auch sei, das Bundesfinanzministerium stellt das alles richtig. Mit der geplanten Vereinsrechtsreform solle genau das Gegenteil des vom Spiegel behaupteten erreicht werden. Die Tätigkeit eines Vereines soll ja gerade von politischem Engagement begleitet werden, ohne dass dies negative Auswirkungen auf Gemeinnützigkeit und Steuerbegünstigungen bewirkt. Der zitierte Karnevalsverein solle ja gerade sicher sein können, keinesfalls abgestraft zu werden, wenn der sich gegen einen Aufmarsch verfassungsfeindlicher Kräfte engagiert. Welche selbstverständlich ausschließlich rechts zu finden sind, und sollte mal eine linke, verfassungsfeindlicher Organisation aus Versehen erwischt werden, wird das Finanzamt – wie geschehen – diese flugs wieder in ihre alten Rechte einsetzen.
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