1966666 / Pixabay

Atom­ab­kommen mit Iran: Das rus­sische Außen­mi­nis­terium über bevor­ste­hende Konsulationen

Das Atom­ab­kommen mit dem Iran ist seit drei Wochen weit­gehend aus den deut­schen Medien ver­schwunden, dabei wird es im Dezember bei UNO und im Rahmen der Ver­trags­staaten des Abkommens zu Treffen kommen, die weitere, unschöne Wei­chen­stel­lungen ein­leiten könnten.
Ich habe am 14. November über den Stand der Dinge und die unbe­rech­tigten Vor­würfe des Westens gegen den Iran berichtet. Zur Erin­nerung: Die USA haben das Atom­ab­kommen 2018 gebrochen und die EU weigert sich seit dem, ihre über­nom­menen Ver­pflich­tungen zu erfüllen. Sie hätte laut Abkommen den Handel und den Zah­lungs­verkehr mit dem Iran auf­recht erhalten und sogar garan­tieren müssen. Das tut sie jedoch aus Gehorsam gegenüber den USA nicht, auch wenn euro­päische Poli­tiker vor der Presse stets beschwören, das Abkommen retten zu wollen. Die Details zu dem Atom­ab­kommen finden Sie hier.
Der Iran hat nach dem Ver­trags­bruch der USA das Recht, Teile des Abkommen – oder sogar das gesamte Abkommen – aus­zu­setzen. So steht es in Artikel 26 des Abkommens.
Das hat er nicht getan, aber er fordert die EU immer wieder auf, endlich ihren ver­trag­lichen Pflichten nach­zu­kommen. Sie tut jedoch das Gegenteil, der deutsche Außen­mi­nister Heiko Maas hat Anfang November sogar mit euro­päi­schen Sank­tionen gedroht. Daher dürften die Kon­sul­ta­tionen der Ver­trags­staaten, die Tur­nus­gemäß im Dezember statt­finden, sehr inter­essant und kon­trovers werden.
Das rus­sische Außen­mi­nis­terium hat über den aktu­ellen Stand und über die bevor­ste­henden Kon­sul­ta­tionen berichtet. Ich habe die Erklärung des rus­si­schen Außen­mi­nis­te­riums übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Am 6. Dezember wird eine Sitzung der Gemein­samen Kom­mission des JCPOA (ira­ni­sches Atom­ab­kommen) auf der Ebene der stell­ver­tre­tenden Außen­mi­nister stattfinden.
Solche Treffen finden regel­mäßig einmal im Quartal statt. Die Haupt­ziele sind die Schaffung von Bedin­gungen für die sys­te­ma­tische Umsetzung des JCPOA unter Berück­sich­tigung der von den teil­neh­menden Ländern ein­ge­gan­genen Ver­pflich­tungen und der zuver­lässige Schutz der ver­ein­barten Pro­jekte vor externen Angriffen, ins­be­sondere durch die Ver­ei­nigten Staaten. Wir freuen uns auf ein pro­duk­tives Gespräch über alle Aspekte der Umsetzung des Abkommens, das die umfas­sendste inter­na­tionale Unter­stützung und zusätz­liche Anstren­gungen aller JCPOA-Länder benötigt, um lebens­fähig und nach­haltig auf­recht erhalten zu bleiben.
Der nächste Bericht des Gene­ral­se­kretärs der UNO über die Umsetzung der Reso­lution 2231 des UN-Sicher­heits­rates soll eben­falls am 12. Dezember in New York vor­gelegt werden. Wir erinnern daran, dass das JCPOA durch diese Reso­lution gebilligt wurde. Wie immer hoffen wir, dass die Ein­schät­zungen der UN-Führung aus­ge­wogen und objektiv sein und zur Sta­bi­li­sierung der Situation rund um das JCPOA bei­tragen werden.
Seit die USA im Mai 2018 ihren Rückzug aus dem „Atom­ab­kommen“ bekannt gegeben haben, waren die Zeiten nicht leicht. Die demons­trative Nicht­ein­haltung der Reso­lution 2231 des UN-Sicher­heits­rates durch Washington stellt eine ernst­hafte Her­aus­for­derung für das gesamte System der inter­na­tio­nalen Bezie­hungen dar, die auf der zen­tralen Rolle der Ver­einten Nationen und ihres Sicher­heitsrats beruhen. Dies in Ver­bindung mit der man­gelnden Bereit­schaft der euro­päi­schen Länder, Bedin­gungen für den Iran zu schaffen, um Handels- und wirt­schaft­liche Vor­teile aus der Teil­nahme am „Atom­ab­kommen“ zu erlangen, ist die Ursache für die Her­aus­for­de­rungen, vor denen das JCPOA steht.
Es über­rascht nicht, dass viele Kol­legen in west­lichen Ländern nicht laut darüber sprechen und es vor­ziehen, hinter den Kulissen im Flüs­terton darüber zu reden und ver­suchen, die Auf­merk­samkeit der inter­na­tio­nalen Gemein­schaft auf die Tat­sache zu lenken, dass der Iran seine Ver­pflich­tungen aus dem JCPOA aus­setzt. Gleich­zeitig erinnert sich niemand daran, dass das JCPOA auf einem sorg­fältig kali­brierten Inter­es­sen­aus­gleich und dem Grundsatz der Gegen­sei­tigkeit beruht, die ins­be­sondere durch illegale Hand­lungen der Ver­ei­nigten Staaten unter­graben wurden, was in ihrem Rückzug aus dem „Deal“ gegen die Regeln des Abkommens gip­felte. In den Ver­ein­ba­rungen, die im JCPOA abge­fasst sind, gibt es keine Aus­stiegs­klausel. Wir ver­weisen auf die regel­mä­ßigen Zusi­che­rungen des Iran, dass er bereit ist, sofort zur Ein­haltung der Anfor­de­rungen des JCPOA zurück­zu­kehren, sobald seine legi­timen Inter­essen im Rahmen des „Atom­ab­kommens“ berück­sichtigt werden.
Die­je­nigen, die den Iran – wir haben die Ver­öf­fent­li­chungen und offi­zi­ellen Erklä­rungen einer Reihe von Ländern gesehen – für seine nuklearen Akti­vi­täten ständig kri­ti­sieren, wollen sich hart­näckig nicht an so wichtige Nuancen erinnern, wie an die „Klei­nigkeit“, dass Teheran seinen Ver­pflich­tungen gegenüber der IAEO in vollem Umfang nach­kommt. Die „unbe­queme“ Wahrheit ist aus unserer Sicht, dass der Iran der trans­pa­ren­teste Staat der IAEO bleibt und alle seine nuklearen Akti­vi­täten unter der stän­digen Kon­trolle der IAEO durch­ge­führt werden. Die Umsetzung des Zusatz­pro­to­kolls zum Umfas­senden Garan­tie­ab­kommen spielt eine wichtige Rolle.
Wir sind davon über­zeugt, dass es an der Zeit ist, dass unsere Kol­legen auf­hören, den Iran als Gegen­stand einer stän­digen Anwendung ihrer eigenen Bemü­hungen zu betrachten, die keine inter­na­tionale Rechts­grundlage haben, um das Ziel zu erreichen, mit ihm tun zu können, was sie wollen. Der Iran ist ein voll­wer­tiger Koope­ra­ti­ons­partner und die Basis dafür ist das JCPOA.
Wir gehen davon aus, dass alle Mit­glieder des JCPOA glei­cher­maßen an der Auf­recht­erhaltung des Abkommens und seiner wei­teren voll­stän­digen und umfas­senden – wie es auch im Titel des Doku­ments heißt – Umsetzung im Ein­klang mit den von allen betei­ligten Par­teien 2015 ver­ein­barten Para­metern, Bedin­gungen und Fristen inter­es­siert sind, wie es in der gemein­samen Erklärung im Anschluss an das Minis­ter­treffen am 25. Sep­tember in New York ver­einbart wurde. Das ist der Aus­gangs­punkt für alle wei­teren Dis­kus­sionen innerhalb der Gemein­samen Kom­mission des JCPOA sowie bei den Ver­einten Nationen. Wir halten es für kon­tra­pro­duktiv, ständig darüber zu streiten, für wen das JCPOA mehr Bedeutung hat. Seine Erhaltung ist eine gemeinsame Aufgabe für alle Teil­nehmer der Ver­ein­barung von 2015. Mehr noch: Die Ten­denzen der Welt­po­litik zeigen, dass keine Alter­native zu dem Dokument gibt.
Ende der Übersetzung
Wenn Sie sich dafür inter­es­sieren, wie Russland auf die Fragen der inter­na­tio­nalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und unge­kürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. Dort gibt es auch ein Kapitel über die Migra­ti­ons­krise in Europa, wo sie erfahren können, was Putin dazu sagt. Das Thema Ter­ro­rismus zieht sich natür­lichm wie ein roter Faden durch das Buch und Putins Lösungs­vor­schläge unter­scheiden sich in über­ra­schender Weise von denen der west­lichen Politiker. 

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“