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Kommt die große Krise oder ist alles Panikmache?

Für eine kom­mende Wirt­schafts- und oder Finanz­krise gibt es immer Vor­zeichen, es gibt Indi­ka­toren, die auf das Kom­mende hin­weisen. Und heute stehen die meisten davon auf „rot“. Hier finden Sie eine kleine Aufzählung.
„Kri­sen­pro­pheten“ haben die Men­schen schon immer fas­zi­niert. Es macht den Men­schen anscheinend Spaß, sich vor einer kom­menden Krise ein wenig zu gruseln, freilich aber ohne sich darauf vor­zu­be­reiten. Man redet über die kom­mende Krise und hofft gleich­zeitig, dass sie einen selbst irgendwie ver­schont. Auch jetzt gibt es wieder „Kri­sen­pro­pheten“ und es sind in letzter Zeit einige Bücher erschienen, die eine wirklich große Krise vor­her­sagen. Man könnte pla­kativ von der „Mutter aller Krisen“ sprechen, denn dieses Mal könnte gleich das ganze Finanz­system zusam­men­brechen. Könnte, muss aber (noch) nicht, dazu gleich mehr.
Die Krisen der Ver­gan­genheit hatten ihre Gründe in bestimmten Aspekten, manchmal auch in einer Kom­bi­nation dieser Aspekte.
Zunächst war das die Über­schuldung. Men­schen, Firmen und Staaten haben sich fröhlich Geld geliehen, weil sie bei einem langen Auf­schwung dachten, es ginge ewig so weiter. Wenn dann ein Abschwung kam, konnten viele ihre Kredite nicht mehr bedienen und so begann eine Ket­ten­re­aktion: Plei­te­wellen führten zu Arbeits­lo­sigkeit, Arbeits­lo­sigkeit führte zu einem Rückgang der Nach­frage, der Rückgang der Nach­frage führte wieder zu Plei­te­wellen und so weiter.
Heute sehen wir in der Welt eine Rekord­ver­schuldung, die so hoch ist, wie nie zuvor. Hier finden Sie die Details mit Zahlen und Fakten so erklärt, dass auch Laien das Thema ver­stehen können.
Ein wei­terer Vorbote von großen Krisen sind Blasen. Blasen ent­stehen, wenn so viel Geld im Markt ist, dass die Leute (oder Inves­toren) wie ver­rückt zum Bei­spiel Aktien und oder Immo­bilien kaufen. 1929 war die Blase am Akti­en­markt der Grund für die Welt­wirt­schafts­krise, die bis heute als die schlimmste der Geschichte gilt und die am Ende zum Zweiten Welt­krieg geführt hat.
2006 in den USA und 2008 in Europa war der Grund für die Krise eine Blase im Immo­bi­li­en­markt. Als die Blase platzte, fielen die Immo­bi­li­en­preise ins Bodenlose und plötzlich waren die auf­ge­nom­menen Hypo­theken höher, als der Wert der damit finan­zierten Immo­bilie. Die Banken wollten daher zusätz­liche Sicher­heiten, die es aber nicht gab und somit waren die Immo­bi­li­en­be­sitzer plötzlich über­schuldet. Das hat damals am stärksten die USA und Spanien getroffen, Deutschland blieb davon ver­schont, aber schon die Folgen der welt­weiten Krise haben Deutschland damals schwer genug getroffen.
Diesen Effekt sehen wir heute wieder und dieses Mal auch in Deutschland. Die Immo­bi­li­en­preise sind in Deutschland in den letzten zehn Jahren zwar nicht so stark gestiegen, wie in den USA und Spanien in den zehn Jahren vor 2008, aber eine Immo­bi­li­enlase in Deutschland kann trotzdem niemand mehr bestreiten. Von 2008 bis 2018 sind die Preise in Deutschland um fast 50 Prozent ange­stiegen, in Bal­lungs­ge­bieten wie Hamburg, gar um 70 Prozent.
Quelle https://de.statista.com/statistik/daten/studie/70265/umfrage/haeuserpreisindex-in-deutschland-seit-2000/

Ich habe dazu im Sommer einen aus­führ­lichen Artikel geschrieben, in dem ich mit Ent­setzen fest­ge­stellt hatte, dass die Redak­teure der Main­stream-Medien diese Ent­wicklung auch noch als gute Nach­richt ver­kauft haben, von einem „Boom bei den Immo­bilien“ war die Rede.
Der Grund dafür, dass ich diesen Artikel heute schreibe ist, dass der Spiegel am Mittwoch zur Preis­ent­wicklung der Immo­bilien in Deutschland einen Artikel ver­öf­fent­licht hat. Im Spiegel konnte man lesen:
„Von 2008 bis 2018 sind die Preise für Ein- und Zwei­fa­mi­li­en­häuser sowie Eigen­tums­woh­nungen um 47,9 Prozent gestiegen. Allein von 2016 bis 2018 hat sich der Preis für eine Eigen­tums­wohnung in den sieben größten Städten Deutsch­lands um 23,4 Prozent ver­teuert. (…) Der Ver­brau­cher­preis­index, der die durch­schnitt­liche Preis­ent­wicklung aller Waren und Dienst­leis­tungen eines Haus­halts erfasst, stieg lediglich um 12,9 Prozent.“
Man sieht also deutlich, dass die Ent­wicklung nicht gesund ist, wenn die Immo­bi­li­en­preise sich so stark von der Inflation abkoppeln. Aber der Artikel klang trotzdem recht opti­mis­tisch. Von einer Blase war nicht die Rede und mög­liche Folgen wurden gar nicht angesprochen.
Inter­essant ist es, diesen Artikel von heute mit einem Spiegel-Artikel von 2006 zu ver­gleichen. Damals begann die Immo­bi­li­en­krise in den USA, die in der Folge die EU 2008 in die Krise gestürzt und in der Folge zu Grie­chen­lands Pleite und der Euro-Krise geführt hat. Es war also der Beginn der welt­weiten Krise. Trotzdem war der Artikel erstaunlich sorglos. Die Blase platzte gerade, aber der Autor schrieb naiv:
„Wann die Immo­bi­li­en­blase platzt, hängt also vom Verlauf der Kon­junktur ab. Der genaue Zeit­punkt ist ungewiss. Aber die Ame­ri­kaner sagen: „All bal­loons come down sometime“ – alle Ballons kommen irgendwann runter.“
Als dieser „geniale“ Fachmann diesen Unsinn im Spiegel schreiben durfte, war die Blase gerade am Platzen, denn der vorher unge­bremste Anstieg der Preise war 2006 zu Ende und es folgte der Absturz. Das war Experten bekannt, aber der Spiegel-Leser wurde beruhigt, frei nach Motto, dass alle Luft­ballons auch wieder zu Boden schweben. Dabei war es kein schwe­bender Ballon, es war ein Flug­zeug­ab­sturz, um bei dem Bild zu bleiben.
Inter­essant war noch eine andere Aussage in dem Artikel:
„Der Häu­ser­preis im Ver­hältnis zur Jah­res­miete – ein wich­tiges Erken­nungs­merkmal für eine Immo­bi­li­en­blase – ist von 1995 bis 2005 gefährlich ange­stiegen. Lag das Preis-Jah­res­miete-Ver­hältnis für ein Objekt vor elf Jahren noch bei lediglich 15, betrug der Ver­gleichswert für das ver­gangene Jahr schon 21 – ein Anzeichen dafür, dass die Kauf­preise den Mieten davon­ge­laufen sind. “
Diesen Effekt sehen wir auch heute in Deutschland. Zwar sind die Mieten stark gestiegen, aber lange nicht so stark, wie die Immo­bi­li­en­preise. Die Immo­bi­li­en­preise sind von 2008 bis 2018 um fast 50 Prozent gestiegen, die Mieten „nur“ um ca. 15 Prozent.

Exakt die gleiche Ent­wicklung, wie vor 2006 in den USA, nur nicht ganz so stark, aber das Prinzip ist das gleiche. Das wir es mit einer Blase zu tun haben, kann auf­grund der Zahlen niemand bestreiten.
Wenn man den Spiegel-Artikel von 2006 mit heu­tigen Artikeln der Main­stream-Medien ver­gleicht, finden sich erstaun­liche Par­al­lelen. Da wird zwar gerne mal von einer mög­li­cher­weise auf­zie­henden Krise geschrieben, aber irgendwie klingt es wieder so, als ginge uns das nichts an und es sei eher wie ein Natur­schau­spiel, das man gemütlich und mit schau­rigem Interesse aus der Ferne beob­achten kann.
Das Problem liegt im Finanz­system, das auf dem soge­nannten FIAT-Money basiert. Das hat nichts mit ita­lie­ni­schen Autos zu tun, „Fiat“ kommt aus dem Latein und heißt, dass man daran glauben muss. Unser heu­tiges Geld ist nichts wert und es funk­tio­niert nur, weil wir alle ganz fest daran glauben, dass es doch etwas wert ist. Früher, als die Men­schen mit Gold oder Silber bezahlt haben, hatte das Gold zwar auch nur einen Wert, weil die Men­schen beschlossen haben, dass es ein gefragtes Edel­metall ist, aber der wichtige Unter­schied war: Es war nur begrenzt vor­handen. Daher fanden his­to­rische Krisen zum Bei­spiel in der Neuzeit immer dann statt, wenn die Könige heimlich den Gold­anteil der Münzen gestreckt haben, ihr Geld also einen gerin­geren tat­säch­lichen Wert hatte.
Heute hat unser Geld gar keinen Wert mehr und es kann von Banken und Zen­tral­banken in unbe­grenzter Menge geschaffen werden. Genau das sehen wir seit 2006. Seit 2006 bzw. 2008 pumpen die Zen­tral­banken aus dem Nichts geschaf­fenes Geld in nie dage­we­senem Ausmaß in die Finanz­märkte. Und weil das Geld irgendwo hin muss, inves­tieren die „Märkte“, also die Banken und die Fonds, das Geld in Aktien und Immo­bilien. Das Ergebnis sind die Blasen, die wir nun beob­achten können.
Und alle Blasen in der Geschichte haben eines gemeinsam: Sie platzen irgendwann und führen zu einer Krise.
Darüber, wie der Westen dazu über­ge­gangen ist, seine gold­ge­deckten Wäh­rungen in das FIAT-System zu ver­wandeln und wie sich das – für den ein­fachen Men­schen unbe­merkt – in den letzten 50 Jahren aus­ge­wirkt hat, können Sie hier mehr lesen.
Inzwi­schen geht es bei Finanz­krisen nicht mehr „nur“ um eine Wirt­schafts­krise, wie 1929. Es geht um das ganze Finanz­system. Wenn die heu­tigen Blasen platzen, gibt es keine Instru­mente mehr, darauf zu reagieren. Auf Krisen haben die Zen­tral­banken immer reagiert, indem sie die Zinsen gesenkt und so die Wirt­schaft wieder ange­kurbelt haben. Seit der Krise von 2006/2008 sind die Zinsen aber schon fast bei Null, nur ist die Krise damit nicht behoben worden, sie wurde nur durch die Geld­schwemme der Zen­tral­banken über­deckt und unsichtbar gemacht.
Wenn nun irgendwann dem­nächst (das kann auch noch ein paar Jahre dauern) die aktu­ellen Blasen platzen, können die Zinsen nicht mehr weiter gesenkt werden, sie sind schon prak­tisch bei Null. Und eine durch zu viel Geld ver­ur­sachte Krise durch noch mehr Geld zu lösen, wie man es 2008 noch tun konnte, dürfte auch ins Leere laufen.
Es gibt also nur zwei Mög­lich­keiten: Ent­weder das Geld­system wird zusam­men­brechen, was unab­sehbare Folgen haben wird, denn man wird wieder Wäh­rungen ein­führen müssen, die mit irgend­einem realen Wert (z.B Gold) gedeckt sind. Das FIAT-Geld würde über Nacht zu wert­losem, buntem Papier ver­kommen. Das Ergebnis wäre die totale Ver­armung aller Men­schen, die außer einigen (tausend) Euro auf dem Konto keinen Besitz haben.
Die andere Mög­lichkeit ist, wieder mit den gleichen Mitteln zu reagieren, wie bisher und die Zinsen zu senken. Das Ergebnis wären negative Zinsen. Das bedeutet, wer 100 Euro zur Bank bringt, hat nach einem Jahr bei­spiels­weise nur noch 95 Euro auf dem Konto. Das würden die Men­schen nicht mit­machen und sie würden ihr Geld abheben und es wieder „unter dem Kopf­kissen“ bunkern. Das aber würde zu einem Zusam­men­bruch der Banken führen.
Um das zu ver­hindern gibt es nur eine Mög­lichkeit: Man ver­bietet das Bargeld. 
Und – oh Wunder – in den letzten Jahren wird die Ver­wendung von Bargeld gesetzlich immer mehr ein­ge­schränkt und auch Bar­geld­verbote werden dis­ku­tiert. In den Medien finden wir nun immer wieder Repor­tagen, die uns erklären, wie toll es ist, sich einen Chip ins Han­delenk zu pflanzen, mit dem man überall bar­geldlos bezahlen kann, der Ausweis und Kran­ken­ver­si­che­rungs­karte ersetzt und was weiß ich noch alles. All das ist angeblich die goldene Zukunft. Nur negative Zinsen werden in diesen Bei­trägen nie erwähnt.
Wir stehen an einem span­nenden Schei­deweg und die Experten dis­ku­tieren längst über das, was dem­nächst auf uns zukommt. Der Westen ist über­schuldet und er braucht ent­weder ein neues Finanz­system oder er wird das Bargeld abschaffen müssen.
Inter­essant ist, wie andere Länder auf die Situation reagieren. Russland zum Bei­spiel hat kaum Schulden, aber Reserven von mehr als 500 Mil­li­arden. Ob es ein Zufall ist, dass Russland den Dollar aus seinen Reserven fast voll­ständig ver­bannt hat und ver­stärkt auf nicht-west­liche Wäh­rungen wie den chi­ne­si­schen Yuan setzt? Und Russland setzt auf Gold, in den letzten Jahren war die rus­sische Zen­tralbank der größte Gold­käufer der Welt. Auch ein Zufall?


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“