Nach der Atom­kraft stehen Kohle, Öl und Gas auf der Abschussliste

Die Strom­pro­duktion z.B. in Baden-Würt­temberg sinkt schon jetzt rapide! Was, wenn nicht nur die Lichter aus­gehen, sondern auch alles andere?
(von Albrecht Künstle)
Das Schreckensze­nario, ‚dann gehen die Lichter aus’, erschaffen (1975) von Baden-Würt­tem­bergs ehe­ma­ligem Minis­ter­prä­si­denten Hans Fil­binger, über­lebte bisher jede Phase der Ener­gie­po­litik. Heute ist es so rea­lis­tisch wie nie.“ So leitete Georg Löwisch im Cicero am 27. Februar 2013 einen Artikel ein. Heute ist es nicht mehr weit bis zu diesem Sze­nario: Die Bun­des­re­gierung trifft Vor­be­rei­tungen für einen totalen Strom­ausfall. Der Bund stockt die Mittel auf für einen „großen Blackout“. Der BDI nennt den Aus­stieg aus der Atom­kraft und Kohle als poten­ti­eller Grund eines umfas­senden Weg­falls der Elek­tri­zi­täts­ver­sorgung: „Ohne aus­rei­chende Netz­ka­pa­zi­täten drohen zu Spit­zen­last­zeiten Blackouts. Wer die ver­hindern will, muss Kraft­werke, die eigentlich abge­schaltet werden sollten, länger laufen lassen.“

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Ein Blick zurück. Im „Schre­ckensjahr“ 1975 ging es um den Bau seines Atom­kraft­werkes im Wyhler Wald am Ober­rhein an der elsäs­si­schen Grenze. Das Atom­kraftwerk wurde nicht gebaut, und die Lichter gingen trotzdem nicht aus. Aber nur, weil das der Start­schuss war für die Nutzung anderer Ener­gie­quellen und Ener­gie­ein­spa­rungen. Schon drei Jahre später baute ich z.B. eine ther­mische Solar­anlage auf mein Gara­gendach, 1980 versah ich unser Haus mit einem Voll­wär­me­schutz und anschließend ließ ich einen ver­brauchs­är­meren Heiz­kessel ein­bauen. Das sparte zwar keinen Strom, aber Energie mit der Strom pro­du­ziert werden kann. Doch langsam sind die Ein­spar­po­ten­ziale erschöpft. Nach der LED-Technik kommt nichts mehr, und die „hellen Köpfe“ in der Politik werden auch rar.
Auf der anderen Seite steigt der Ener­gie­hunger, auch der Freitagsdemonstrant*innen mit ihrer krank­haften Nutzung des Internets. Und der Run auf noch mehr Strom setzt mit den E‑Autos erst ein. Jetzt kann die Pro­phe­zeiung wahr werden, dass zwar nicht die Lichter aus­gehen, weil diese nicht mehr viel Strom brauchen. Aber Haus­halts­geräte könnten stehen bleiben und Hei­zungen, auch die zuneh­mende E‑Auto-Flotte und noch schlimmer, Indus­trie­an­lagen. Hier ein sich abzeich­nendes Sze­nario für Baden-Würt­temberg.
Letztes Jahr ver­brauchte unser Ländle rund 72 Mrd. kWh Strom, erzeugte aber nur 62 Mrd. Seit einiger Zeit musste in Baden-Würt­temberg 10 bis 20 Prozent des Stroms impor­tiert werden. Nun kommt es Schlag auf Schlag. Ende des Jahres geht Phil­ippsburg 2 vom Netz, dann pro­du­ziert Baden-Würt­temberg nur noch 52 Mrd. kWh Strom. Drei Jahre später wird Neckar­westheim 2 dicht gemacht, auch wenn Merkel dann hof­fentlich nicht mehr im Amt ist. Die Grünen werden ihr Werk fort­setzen. 2023 würde die Strom­pro­duktion nur noch 42 Mrd. kWh betragen, bei geschätzt 75 Mrd. kWh Strom­bedarf des Landes.
Weitere 15 Jahre später 2038 soll allen Koh­le­kraft­werken der Garaus gemacht werden, obwohl nicht alle alters­schwach sein werden. Dann hätten wir im Ländle nur noch 24 kWh Strom aus klas­si­schen Kraft­werken. Und mit rege­ne­ra­tiver Strom­pro­duktion aus Sonne- und Wind­kraft lässt sich die Zwei­drittel-Lücke nicht schließen. Dann werden sich die heu­tigen Kli­ma­ak­ti­visten viel­leicht wün­schen, eine Atom­macht zu sein. Dann wäre Deutschland wie z.B. Russland gezwungen, über­schüs­siges Spalt­ma­terial der Atom­waffen zu ver­nichten. Dann hätten wir zwangs­läufig noch den Schnellen Brüter in Kalkar in Betrieb und hätten viel­leicht sogar einen grö­ßeren gebaut. Aber selbst dieser, schon 1985 fertig gebauten Technik, wurde von NRW die Betriebs­ge­neh­migung ver­wehrt; und 1991 ver­kündete der Bun­des­for­schungs­mi­nister Rie­sen­huber das end­gültige aus des Hoff­nungs­trägers mit unend­lichen Ener­gie­re­serven. Der Wirt­schafts­mi­nister hatte schon damals nicht viel zu sagen.
Vom Blick­winkel auf Baden-Würt­temberg der Blick auf die Bun­des­re­publik. Wenn also keine Atom­kraft und Kohle mehr, auch Öl und sogar Gas stehen bereits auf der Abschuss­liste, was dann? Dann bleiben nur der Ausbau der Pho­to­voltaik und Wind­kraft. Alleine Solar­strom wird den Ener­gie­hunger nicht stillen können, zumal dieser Strom nur tagsüber zur Ver­fügung steht und die Spei­cher­technik nicht zaubern kann.
In unserem über­füllten Deutschland noch zu über­legen ist die Frage, wie viel Fläche benötigt man für die Pro­duktion der gleichen Menge Stroms. Soll z.B. 10 Mio. kWh kon­ven­tio­neller Strom im Jahr durch rege­ne­rative Energie ersetzt werden, muss ein Hektar Land zur Errichtung einer Pho­to­vol­ta­ik­anlage geopfert werden. Gäbe es da nicht noch die Wind­kraft mit der die Lücke geschlossen werden kann. Ein Windrad mit der gleichen Ener­gie­aus­beute benötigt eine Fläche von weniger als einem viertel Hektar. Knapp 30.000 Wind­räder stehen bereits an Land, es bräuchten nur noch halb so viele zugebaut und die alten Anlagen nach und nach ertüchtigt werden durch so genanntes Repowering.
Meine Berech­nungen des Brutto-Flä­chen­be­darfs von Wind­rädern decken sich mit dem, was Fach­leute ermittelt haben. Mit 160 Meter Rotor­durch­messer benö­tigen sie zur Ver­meidung von Wind­schatten 800 Meter Abstand. Eine solche Sechser-Anlage steht auf einem Qua­drat­ki­lo­meter, wobei fast die gesamte Fläche land- und forst­wirt­schaftlich nutzbar ist. Deutsch­landweit würde so für 45.000 Wind­räder zur Erzeugung von 50 Prozent des Strom­be­darfs zwei Prozent der Fläche benötigt. 100.000 Wind­räder wären nur erfor­derlich, wenn auch die Pho­to­voltaik ver­boten würde, und der gesamte Strom­bedarf durch Wind­kraft gedeckt werden müsste.
Die dritte Alter­native wäre der Import grünen Strom aus Frank­reich. Nur 24 Prozent rege­ne­rativ, aber zu 82 Prozent CO2-arm, wem dies wichtig ist. Wie das möglich ist – durch Atom­strom.
Mir per­sönlich könnte es egal sein, wie „nach mir“ 2035 der Strom­bedarf gedeckt wird. Deshalb könnte man die Ent­scheidung der danach betrof­fenen jün­geren Gene­ration über­lassen, die heute gegen alle fos­silen Ener­gie­träger zu Felde zieht, auch nichts mit Atom­kraft und anderem zu tun haben will. Es ist zwar eher die Gene­ration 50+, die auch gegen die „Ver­schan­delung“ durch Wind­räder und Solar­parks Bür­ger­initia­tiven gründen.
Aber wo bleibt die Jugend, die mit einem „Wir schaffen das“ dagegen hält und auf­zeigt, dass es kom­plett ohne fossile Ener­gie­träger ginge, aber vor allem WIE? Sie bleibt eine schlüssige Antwort schuldig, sie zeigt keine tech­ni­schen Lösungen auf, weil alle in brot­losen Berufen rum­hängen, statt Hand­werker, Tech­niker und Inge­nieure zu werden. Aber gleich­zeitig meiner Gene­ration vor­wirft, wir hätten ihre „Zukunft geklaut“. Die Freitagsaktivist*innen meistern nicht einmal ihre Gegenwart. Aber phy­si­ka­lische Gesetze und wis­sen­schaft­liche Grund­lagen auf den Kopf stellen wollen. Und das mit einem PISA-Bil­dungs­niveau, das kaum zu mehr aus­reicht als Smart­phons zu bedienen. Die Frei­tags­schwän­zerei im Unter­richt hin­ter­lässt ihre Spuren.