Laut einem der Dokumente, die Wikileaks Ende Dezember veröffentlicht hat, kamen einige Experten zu dem Schluss, dass die Symptome der mutmaßlichen Opfer des angeblichen chemischen Angriffs nicht zu den Symptomen von Vergiftungen durch Chlor oder andere Chemikalien passen.
WikiLeaks hat eine weitere, vierte Serie von Dokumenten veröffentlicht, die bestätigen, dass der Vorfall mit dem möglichen Einsatz chemischer Waffen in der syrischen Stadt Duma im April 2018 eine Inszenierung war. Die neuen Dokumente wurden am Freitag auf der Website der Organisation veröffentlicht. Über die vorherigen Whistleblower-Berichte über den Bericht des OPCW haben ich bereits Ende November und Anfang Dezember berichtet. Das russische Außenministerium hat am vergangenen Donnerstag erneut Aufklärung gefordert. Das OPCW hat die Echtheit der geleakten Dokumente nicht bestritten, äußert sich jedoch auch nicht weiter dazu.
Eines der nun von WikiLeaks veröffentlichten Dokumente ist die Korrespondenz zwischen Mitgliedern der Fact Finding Mission, die am Tatort in Duma ermittelt hat, und der Führung der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW). In einer der E‑Mails gibt der Kabinettschef des Generaldirektors der OPCW, Sebastien Braha, die Anweisung, einen Ingenieurbericht von Jan Henderson aus der Datenbank zu entfernen: „Bitte entfernen Sie dieses Dokument aus dem Dokumentenregistrierungsarchiv“, heißt es in dem Schreiben. „Und bitte entfernen Sie alle Spuren, wenn es welche gibt, über seinen Empfang, seine Speicherung und seinen Inhalt aus dem Archiv.“
Ein weiteres Papier zeigt, dass eine Reihe von Experten zu dem Schluss gekommen sind, dass die „beobachteten Symptome bei den angeblichen Opfern des chemischen Angriffs nicht den Symptomen eines Kontaktes mit Chlor oder einer anderen Chemikalie entsprechen.“ In einem anderen Dokument vom Juli 2018 heißt es, dass Inspektoren, die den Vorfall vor Ort in Duma untersuchten, vom Diskussionsprozess des Berichts ausgeschlossen werden sollten.
Berichte über den Einsatz chemischer Waffen in der syrischen Duma am 7. April 2018 wurden von einer Reihe von Nichtregierungsorganisationen, darunter den Weißhelmen, verbreitet. Vertreter des russischen Zentrums für Versöhnung der Kriegsparteien führten am 9. April 2018 Befragungen in Duma durch, fanden dort aber keine Spuren des Einsatzes chemischer Waffen.
Der endgültige, 100 Seiten umfassende, OPCW-Bericht über den Duma-Vorfall wurde an die OPCW-Mitgliedstaaten verteilt und am 1. März 2019 dem UN-Sicherheitsrat übergeben. Der Bericht stellte fest, dass eine giftige Chemikalie, die Chlor enthält, in Duma als Waffe verwendet worden sei. In dem Dokument wurde behauptet, dass die vor Ort gefundenen Behälter mit Chemikalien aus der Luft abgeworfen worden seien. Im Mai wurde ein Dokument ins Internet gestellt, unter dem der Name des OPCW-Experten Jan Henderson steht. Es sei sehr wahrscheinlich, dass beide Behälter manuell am Ort des Angriffs platziert und nicht aus der Luft abgeworfen worden seien. Diese Schlussfolgerungen, die für die Version Russlands und Syriens, der Vorfall sei inszeniert gewesen, sprechen, wurden jedoch nicht in den Abschlussbericht aufgenommen.
Auch ein Produzent der BBC, der ausführlich in Syrien zu dem angeblichen Giftgas-Angriff recherchiert und viele Zeugen befragt hatte, kam zu dem Schluss, dass es keinen Angriff gegeben habe, sondern dass es sich um eine Inszenierung gehandelt habe.
Der angebliche Angriff wurde dann von den USA und anderen Nato-Staaten als Vorwand für einen schweren militärischen „Vergeltungsschlag“ gegen Syrien genutzt. Die OPCW scheint diesen völkerrechtswidrigen Angriff im Nachhinein legitimieren zu wollen.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“