Iran greift US-Basen im Irak an — Warum reagieren die USA so gelassen?

Der Iran hat seine Drohung wahr gemacht und als Rache für den Mord an seinem höchsten General US-Stütz­punkte im Irak ange­griffen. Jedoch war das nur sym­bo­li­scher Akt.

Man kann lange spe­ku­lieren, warum die USA General Sol­eimani auf dem Bag­dader Flug­hafen mit einer Rakete ermordet haben. Angeblich hat Pompeo das schon lange gefordert und Trump hat sich dann breit schlagen lassen. Brisant daran ist, dass der General in diplo­ma­ti­scher Mission unterwegs war, der Irak ver­mittelt offenbar gerade hinter den Kulissen eine Annä­herung zwi­schen Saudi-Arabien und dem Iran. Außerdem hat der ira­kische Pre­mier­mi­nister auch mit­ge­teilt, Trump selbst habe um die Gespräche mit dem General gebeten.

Wenn das so ist, dann würde es bedeuten, dass die USA den General in eine Falle gelockt und dabei den ira­ki­schen Pre­mier­mi­nister betrogen haben. Die USA können kein Interesse an einer sau­disch-ira­ni­schen Annä­herung haben, denn dann würden die Span­nungen in der Region sich in Luft auf­lösen und der „Schutz“ durch US-Truppen würde nicht mehr gebraucht. Die USA würden also im Ergebnis aus dem Nahen Osten ver­drängt werden.

Wenn es das Ziel der USA gewesen sein sollte, den Annä­he­rungs­prozess zwi­schen den beiden Rivalen am Golf zu stoppen, haben sie ihr Ziel defi­nitiv nicht erreicht. Im Gegenteil, das ira­kische Par­lament hat die USA nach dem Angriff sogar auf­ge­fordert, ihr Militär aus dem Irak abzu­ziehen. Trump hat dazu mit­ge­teilt, er wolle die Truppen zwar abziehen, jetzt sei aber nicht der richtige Moment dafür. Außerdem for­derte im Falle eine Abzuges ein „Kom­pen­sation vom Irak, für die Mili­tär­basen, die die USA dort gebaut haben.

Die ira­kische Regierung hat sogar schon einen Brief vom Pen­tagon bekommen, in dem der Abzug ange­kündigt wurde. Diesen Brief bezeichnete der US-Ver­tei­di­gungs­mi­nister aber als falsch, es sei nur ein Entwurf gewesen, der nicht unter­schrieben gewesen sei und ver­se­hentlich ver­schickt wurde. Die USA wollten im Irak bleiben, sagte der Minister.

Es ist den USA also herzlich egal, was die ira­kische Regierung oder das Par­lament wollen, sie führen sich als Besat­zungs­macht auf, die sich darum nicht schert.

Der Iran hat am Mittwoch seine Drohung wahr gemacht und 15 bal­lis­tische Raketen auf zwei US-Stütz­punkte im Irak abge­feuert. Elf davon trafen ihre Ziele. Aber ganz offen­sichtlich will der Iran keine Eska­lation des Kon­fliktes, denn er warnte den Irak recht­zeitig vor dem Angriff und der gab die Warnung an die USA weiter, sodass keine US-Sol­daten zu Schaden gekommen sind. Der Iran hat also nicht ris­kiert, US-Sol­daten zu töten und die USA haben im Gegenzug anscheinend auf Abwehr­maß­nahmen ver­zichtet und den Sach­schaden in Kauf genommen, damit der Iran die „Pflicht­übung“ des Ver­gel­tungs­schlages ver­künden kann.

Dieser Logik folgend lobt der Iran seine Ver­geltung, während Trump, der auch keinen Krieg möchte, nun von Gegen­maß­nahmen der USA absieht. Das ist ein ein­ma­liger Vorgang, denn es ist in der Geschichte der USA meines Wissens noch nie vor­ge­kommen, dass sie auf einem Angriff auf ihr Militär nicht reagiert hätten. Trump jedoch ver­breitet demons­trativ Ruhe und kün­digte „lediglich“ neue Sank­tionen an.

Außerdem ist am Mittwoch auch ein ukrai­ni­sches Flugzeug nach dem Start in Teheran abge­stürzt, über die Ursache herrscht noch Unklarheit, aber die Black­boxen sind geborgen worden. Und am Mitt­woch­abend gab es Mel­dungen über Rake­ten­be­schuss der besonders gesi­cherten „Grünen Zone“ in Bagdad, aber es liegen noch keine Bestä­ti­gungen oder Ein­zel­heiten vor.

Eine wei­terhin pein­liche Rolle spielt die Bun­des­re­gierung. Obwohl sie von einem Gericht gezwungen wurde, die Akti­vi­täten der USA in Ram­stein genauer zu über­prüfen, tut sie nichts der­gleichen. In Ram­stein ist eine wichtige Relais­station, ohne die die USA die Drohnen im Nahen Osten gar nicht steuern könnten. Das ist all­gemein bekannt, aber die Bun­des­re­gierung ver­schließt davor regel­mäßig die Augen. Im SWR gab es ein kurzes, nur aus zwei Fragen bestehendes, Interview mit einem Experten der Stiftung Wis­sen­schaft und Politik (SWP). Diese ursprünglich von den Geheim­diensten gegründete Stiftung hat die Aufgabe, die US-Politik in Deutschland zu fördern und ihre Experten sind regel­mäßig in den Medien präsent, wenn es um Pro­pa­ganda für die US-Politik geht.

Umso über­raschter war ich, dass der vom SWR inter­viewte Experte ganz offen bestätigt hat, dass auch der Angriff auf den ira­ni­schen General sicher über Ram­stein gelaufen ist:

„Es ist ziemlich wahr­scheinlich, dass Ram­stein zumindest einen tech­ni­schen Anteil an dieser Ope­ration hatte. Denn wir wissen, dass Ram­stein als Relais-Station fun­giert. Dort werden nämlich die Satel­li­ten­daten, mit denen die Drohnen gesteuert werden, umge­leitet auf eine Glas­fa­ser­ver­bindung, die dann in die USA führt. Diese tech­nische Infra­struktur, die die USA schon seit vielen Jahren auf­gebaut haben und dort betreiben, ist essen­tiell für den Droh­nen­krieg und des­wegen ist es sehr wahr­scheinlich, dass Ram­stein hier wenigstens eine tech­nische Rolle gespielt hat“

Aber natürlich hat die „Qua­li­täts­jour­na­listin“, die das Interview geführt hat, nicht danach gefragt, wie die es denn um das Völ­ker­recht bestellt ist. Die Droh­nen­morde, die die USA in vielen Ländern der Welt durch­führen, ohne dafür die Erlaubnis der ent­spre­chenden Länder zu haben, sind defi­nitiv ein Bruch des Völ­ker­rechts und wenn das – wenn auch nur tech­nisch – über eine Basis in Deutschland läuft, dann bricht auch Deutschland damit das Völ­ker­recht und müsste Ram­stein den Strom abschalten.

Aber wer erwartet von den „Qua­li­täts­medien“ schon kri­tische Fragen an die deutsche oder gar ame­ri­ka­nische Regierung?


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru

Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“