Tesla mehr wert als Volks­wagen — Der Rea­li­täts­verlust der “Märkte” als Vorbote der Krise

Wie völlig irre die Finanz­märkte in Ver­bindung mit dem Hype um die Kli­ma­de­batte geworden sind, zeigt sich daran, dass Tesla Volks­wagen in Sachen Fir­menwert überholt hat. Dabei hat Tesla noch nie auch nur einen Cent Gewinn gemacht und selbst beim Umsatz macht Tesla weniger als 10 Prozent dessen, was VW ausweist.

Die Börsen sind ursprünglich ent­standen, weil Men­schen oder Firmen Inves­toren gesucht haben, die an Pro­jekte geglaubt und daher in sie inves­tiert haben. Die Börsen waren aber auch ein Baro­meter, das den Fir­menwert auf­ge­zeigt hat. Daher ori­en­tierten sich die Akti­en­kurse früher an dem soge­nannten Kurs-Gewinn-Ver­hältnis (KGV). Das sagte aus, wie viel Divi­dende eine Aktie im Ver­gleich zu ihrem Wert aus­ge­schüttet hat. Zum Bei­spiel: Ein Aktie kostet 100 Euro und gibt pro Jahr fünf Prozent Divi­dende. Dann konnten die Inves­toren eben auf fünf Prozent Gewinn hoffen. Wenn die Aktie zehn Euro Divi­dende aus­ge­wiesen hat, stieg ihr Wert in der Regel auf ca. 200 Euro, es blieb also mehr oder weniger bei fünf Prozent Rendite (KGV). Die Zahlen sind nur Bei­spiele, bitte nicht darauf fest­nageln, hier geht es nur um das Prinzip.

So war es früher, bevor die Märkte von den Zen­tral­banken mit bil­ligem Geld geflutet worden sind. Heute ist das völlig außer Rand und Band geraten und die Bör­sen­kurse haben sich voll­kommen von der Rea­lität abge­koppelt. Die Divi­denden inter­es­sieren nie­manden mehr, es geht nur noch um den Wert der Aktien, deren Preise von einem Rekord zum nächsten galop­pieren, obwohl die Fir­men­ge­winne nicht so stark steigen, wie die Aktienkurse.

Das kann man nun an einem Bei­spiel besonders deutlich sehen. Der Spiegel meldete am Don­nerstag, dass Tesla nun mehr wert ist, als Volkswagen:

„Der Elek­tro­au­to­her­steller Tesla hat den welt­größten Auto­her­steller Volks­wagen beim Bör­senwert überholt. Ein seit Dezember anhal­tender Höhenflug ließ den Wert der Tesla-Aktie zuletzt um fast fünf Prozent steigen. Mit dem Rekordwert von mehr als 570 Dollar pro Aktie durch­brach der Bör­senwert damit erstmals die Marke von 100 Mil­li­arden Dollar. Damit über­holte das Unter­nehmen den bisher zweit­wert­vollsten Auto­her­steller Volks­wagen. Volks­wagen wird derzeit an der Börse mit umge­rechnet 99,8 Mil­li­arden Dollar bewertet. Volks­wagen ist nach Absatz­zahlen der welt­größte Autohersteller.“

Wie absurd das ist, zeigt sich an den Unternehmenskennzahlen. 

Der Umsatz von VW betrug 2018 fast 236 Mil­li­arden Euro, der Gewinn fast 12 Mil­li­arden. Der Umsatz von Tesla lag 2018 bei ca. 21,5 Mil­li­arden und der Gewinn betrug…, sorry, es gab ja keinen. Der Verlust belief sich auf fast eine Mil­liarde. Und bei den Bilanzen war es noch deut­licher. VW hatte 2018 eine Bilanz­summe von 458 Mil­li­arden und Tesla weniger als 30 Mil­li­arden. Aber Tesla ist jetzt über 100 Mil­li­arden wert, sagen die Börsianer.

Daran zeigt sich, dass die Börsen ver­rückt spielen und nicht mehr als Indi­kator für irgend­etwas in der realen Wirt­schaft taugen.

Aber es zeigt auch, was der Kli­mawahn (Achtung, Unwort des Jahres 2019!) anrichtet. Der Hype um Tesla ist nur mit dem Kli­mawahn zu erklären, nicht mit den Pro­dukten oder den Unter­neh­mens­kenn­zahlen. In China gibt es viele Her­steller von Elek­tro­autos, sogar elek­trische LKW fahren da bereits durch die Gegend, aber komi­scher­weise gibt es um sie nicht so einen Hype, wie um Tesla. Über die Gründe kann sich jeder seine eigenen Gedanken machen.

Ich will damit nur auf­zeigen, dass eine von den Medien gehypte Kam­pagne um den Kli­ma­wandel eine defi­zitäre Firma wert­voller gemacht hat, als ein alt­ein­ge­ses­senes, viel grö­ßeres und pro­fi­tables Unternehmen.

Da kann man nicht anders, als fest­zu­stellen: „Der Wahnsinn hat Methode“.

Aber der Spiegel freut sich über diese Zahlen und schreibt:

„Die Experten von Wedbush hatten ihre Ziel­marke für die Aktien deutlich von 370 auf nun 550 US-Dollar nach­ge­zogen. Der Wert ent­spricht damit eher dem aktu­ellen Kurs – und diente den Anlegern so als Indiz dafür, dass die Mitte Dezember in die Gänge gekommene Rekord­rally nicht unbe­rechtigt ist.“

Und der Spiegel hin­ter­fragt nicht, wie es kommt, dass eine so ver­gleichs­weise kleine Firma, die noch nie Gewinn gemacht hat, mehr wert sein kann, als eine alt­ein­ge­sessene Firma mit dem zehn­fachen Umsatz und der 15-fachen Bilanz­summe. Und der Spiegel fragt auch nicht, ob solche Fan­tasie-Kurse an den Börsen nicht schon immer die Vor­boten einer großen Krise waren, so wie wir es zum Bei­spiel 1929, 2000 (Neuer Markt) oder auch 2008 gesehen haben.


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru

Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“