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Vera Lengsfeld: Die Mehrheit jen­seits von links-rot-grün muss jetzt in Thü­ringen springen

Thü­ringen hat am 27. Oktober für einen klaren Kurs­wechsel gestimmt: Seit dem amt­lichen End­ergebnis steht fest, dass es im Thü­ringer Landtag eine Mehrheit jen­seits von links-rot-grün gibt. Diese Mehrheit ist mit 48 gegen 42 Mandate im Ver­gleich zur letzten Wahl­pe­riode, wo Bodo Ramelow mit einer Stimme Mehrheit regiert hat, deutlich sta­biler, sie umfasst drei Man­dats­träger. Das reicht dicke, wenn man es richtig anstellt.

2020 ist es an der Zeit diese Mehrheit zu nutzen. Dabei hängt alles an der Frage der Person für den Minis­ter­prä­si­denten. Weder der Spit­zen­kan­didat der AfD Björn Höcke (im momen­tanen Klima auch kein anderer von der AfD vor­ge­schla­gener Kan­didat) noch der CDU-Wahl­ver­lierer Mike Mohring kommen dafür infrage. Dagegen wäre die Auf­stellung einer kom­pe­tenten, kon­ser­va­tiven und eher als par­tei­un­ab­hängig wahr­ge­nom­menen, gestan­denen Per­sön­lichkeit ein Befrei­ungs­schlag. Formale Hürden, wie Zuge­hö­rigkeit zum Landtag oder Ver­gleich­bares, gibt es nicht.

Viel­leicht preschte deshalb die Thü­ringer All­ge­meine am Sil­ves­ter­morgen mit der Meldung vor, es gäbe Gedan­ken­spiele, Hans-Georg Maaßen diese Rolle anzu­bieten. Jeder Polit­profi weiß natürlich, dass eine solche heikle Ope­ration nur dann gelingen kann, wenn Ideen, Pläne oder Absprachen nicht zu früh an die Presse dringen – dies schadet dem Anliegen und drängt die Betei­ligten in die Defensive.

Trotzdem sollten wir uns kurz mit dem Sze­nario beschäf­tigen: Alt-Ver­fas­sungs­schutz­prä­sident Hans-Georg Maaßen wäre tat­sächlich die Ide­al­be­setzung für das oben beschriebene Sze­nario: Beim Thema innere Sicherheit erwarten die Thü­rin­ge­rinnen und Thü­ringer, die Ramelows Links­ko­alition abge­wählt haben, zu Recht das größte Umsteuern. Dies gilt für das Ver­hältnis zur Polizei, dem Schutz des öffent­lichen Raumes und natürlich auch das Ver­hältnis zu migran­ti­scher und poli­tisch-extre­mis­ti­scher Gewalt. Das Lager, welches die Wahl gewonnen hat, erwartet übrigens auch einen klaren Posi­ti­ons­wechsel von Thü­ringen im Bun­desrat in dieser und den damit ver­bun­denen Fragen.

Wie gesagt, Hans-Georg Maaßen wäre prak­tisch ein Ide­al­kan­didat, vor allem da wirklich niemand ihm trotz CDU-Par­teibuch über­triebene Abhän­gigkeit oder Ser­vi­lität gegenüber der Bundes-CDU unter­stellen könnte. Seine Absetzung auf Betreiben der SPD und linken Öffent­lichkeit, inklusive der linken Kräfte in der Union, im Nachgang seiner Klar­stellung, dass es in Chemnitz keine ‚Hetz­jagden‘ gegeben habe, sind ja noch frisch im Gedächtnis. Da seine klaren poli­ti­schen Ambi­tionen und sein bun­des­deut­sches Gewicht untrennbar mit dem Erfolg dieser neuen Koalition und der Situation in Thü­ringen ver­bunden wären (ähnlich zur Situation Ramelow und Kret­schmann) – was kann man sich als Bürger mehr wünschen?

Und zum guten Schluss würde Thü­ringen das aus­lösen, was als Signal auch aus den anderen ost­deut­schen Land­tags­wahlen her­aus­lesbar war:

Die oben skiz­zierte Lösung wäre nämlich nicht nur die beste Umsetzung des Wahl­er­geb­nisses in der konkret schwie­rigen Situation und damit ein echter Befrei­ungs­schlag für die momentane Patt­si­tuation in Thü­ringen, sondern hätte ganz sicher auch noch einen anderen Effekt: Das Ende der Großen Koalition und der Merkel-Kanz­ler­schaft in Berlin.

Der Weg ist vor­ge­zeichnet. Die neue Mehrheit muss sich nur trauen und den Wechsel pro­fes­sionell durchziehen.


Vera Lengsfeld — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog der Autorin www.vera-lengsfeld.de