Am letzten Samstag haben die USA und die Taliban ein Abkommen unterzeichnet, das den Abzug der Nato-Truppen aus Afghanistan einleiten soll. Was hat der 18 Jahre dauernde Afghanistankrieg am Ende gebracht?
Der Inhalt des Abkommen ist schnell erzählt. Die Nato-Truppen sollen schrittweise innerhalb von 14 Monaten aus Afghanistan abgezogen werden. Im Gegenzug verpflichten sich die Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen mehr für Terroristen wird.
Aber der schwierige Teil kommt erst noch, denn nun sollen die Taliban Friedensverhandlungen mit der afghanischen Regierung führen. Und da ist schon das erste Problem, über das der Spiegel vor einigen Tagen berichtet hat:
„Vor zwei Wochen erklärte die Wahlkommission den bisherigen Präsidenten Aschraf Ghani zum Wahlsieger. Sein wichtigster Herausforderer, Abdullah Abdullah, erkennt das Ergebnis jedoch nicht an und erklärte sich selbst zum Sieger. Für diese Woche hatten beide Politiker separate Amtseinführungszeremonien geplant – bis Ghani, offenbar auf US-Druck, seine Einführung auf Mitte März verschob.“
Es ist also derzeit nicht einmal klar, wer eigentlich die afghanische Regierung stellt, die nun mit den Taliban verhandeln soll.
Hinzu kommt, dass die afghanische Regierung im Grunde nur dank der Unterstützung der Nato an der Macht. Sie beherrscht nur ca. die Hälfte des Landes. Es wird sich also auf lange Sicht kaum vermeiden lassen, dass die Taliban wieder die Macht im Land übernehmen. Zu verschieden sind die Positionen von Regierung und Taliban, als dass man einen tragbaren Kompromiss erwarten kann. Wahrscheinlicher ist, dass die Taliban die Herrschaft – notfalls auch mit Gewalt – übernehmen.
Die USA haben zwar angekündigt, aus dem Abkommen auszusteigen, wenn die Taliban vertragsbrüchig werden, aber was ändert das? Der Krieg, den die Nato in Afghanistan führt, ist in 18 Jahren nicht zu gewinnen gewesen. Wenn die USA das Abkommen brechen und die Nato weiterhin in Afghanistan bleibt, kann es auch noch weitere 18 Jahre Krieg geben, nur gewinnen wird die Nato nicht und irgendwann werden die Taliban wieder über Afghanistan herrschen.
Da stellt sich die Frage, was der Krieg gebracht hat.
Als die Nato 2001 in Afghanistan einmarschiert ist, sollten die Taliban, die in vielen Ländern als Terrorgruppe eingestuft sind, vernichtet werden. Stattdessen sitzt man nun mit ihnen am Verhandlungstisch. Das hätte man auch ohne Krieg, Zerstörung, Leid und Tod haben können.
Uns wurde erzählt, die Bundeswehr würde in Afghanistan Brunnen und Schulen bauen, damit Mädchen endlich zur Schule gehen können. Stattdessen hat die Bundeswehr in dem Krieg 54 Soldaten verloren, die Nato hat fast 3.500 Soldaten verloren. Und das sind nur die Todesopfer, verwundet wurden noch mehr. Hinzu kommen wohl hunderttausende getötete Zivilisten in Afghanistan.
Nun sollen die Soldaten abgezogen werden und danach werden über kurz oder lang die Taliban wieder das Land übernehmen. Dann ist es wieder vorbei, mit Mädchen, die in die Schule gehen dürfen.
Vielleicht fragt ja mal jemand die Bundesregierung, wie sie den Krieg sieht und welche Erfolge er aus ihrer Sicht gebracht hat.
Die Antwort kann nur lauten, dass der Krieg ein sinnloser Reinfall war und dass völlig sinnlos hunderttausende Menschen gestorben sind. Aber ich bin sicher, dass das aus dem Mund von Regierungssprecher Seibert ganz anders klingen wird.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
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