Ber­liner Abge­ordnete: 60% mehr Geld, während die Bürger unter den Lasten von Corona zusammenbrechen

Zuge­geben, im Sep­tember letzten Jahres ahnte noch niemand etwas von der selt­samen und umstrit­tenen Corona-Pan­demie. Aber selbst damals löste der Beschluss auch Unwillen aus. Berlin ist hoch ver­schuldet, „arm, aber sexy“, wie Klaus Wowereit eins sagte. Aber eine Erhöhung der Diäten der Mit­glieder des Ber­liner Abge­ord­ne­ten­hauses um 60 Prozent kam schon im Sep­tember nicht gut an.

Ja, bis dato wurden die Ber­liner Abge­ord­neten als „Teilzeit-Volks­ver­treter“ bezahlt mit „nur“ 3.944 € pro Monat. Die aller­meisten Bun­des­bürger würden zu diesem Salair auch eine Voll­zeit­be­schäf­tigung mit Kusshand nehmen. Nun sollen die Herr­schaften Volks­ver­treter „mehr und länger“ arbeiten, für 6.250 € pro Monat. Natürlich wird auch das so genannte Über­gangsgeld und die Alters­ver­sorgung der Par­la­men­tarier um diesen Pro­zentsatz erhöht. Von „Vollzeit“ ist aller­dings nicht die Rede. Im Gegenteil:

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Ein Voll­zeit­par­lament wird es nicht geben, da es CDU und FDP sehr wichtig ist, dass ihre Abge­ord­neten neben dem Mandat ihren Beruf ausüben können. ‚Jedwede andere Tätigkeit neben dem Mandat ist wei­terhin zulässig‘, betonte der Par­la­men­ta­rische Geschäfts­führer der CDU-Fraktion, Heiko Melzer.“

Jetzt gibt es eine wun­der­hübsche For­mu­lierung dafür, dass man irgendwie mehr und irgendwie auch wohl länger, aber natürlich nicht Vollzeit arbeitet. Man bezeichnet sich jetzt als „Haupt­zeit­par­lament“. 

Die AfD bean­tragte sogar eine Hal­bierung des Par­la­ments. Der par­la­men­ta­rische Geschäfts­führer der CDU, Heiko Melzer, stellte jedoch klar: Das Abge­ord­ne­tenhaus bleibe in seiner Anzahl bestehen und zwar als Haupt­zeit­par­lament. Dieser Begriff spiegle wider, dass das bis­herige Modell eines Teil­zeit­par­la­ments wegen Über­lastung fak­tisch nicht mehr haltbar war, man sich aber auch nicht auf ein echtes Voll­zeit­par­lament einigen konnte. 

Das heißt, die Damen und Herren Abge­ord­neten ver­dienen auch noch nebenbei in ihren Berufen Geld. Es ist ja lobenswert, dass die Volks­ver­treter Berührung mit dem wahren Leben haben sollen und noch Berufe wahr­nehmen. Dann sollten sie aber ent­spre­chend weniger erhalten und nicht Diäten im Bereich von Top-Gehältern zusätzlich zu ihren beruf­lichen Ein­nahmen einstreichen.

Natürlich muss man alles ins richtige Ver­hältnis setzen. Die Ham­burger Abge­ord­neten erhalten zurzeit 2.907 € (soll jetzt auf 3.357 € erhöht werden), die Land­tags­ab­ge­ord­neten Nord­rhein-West­falens bilden die Spitze der MdLs mit 9.330 € und die Mit­glieder des Bun­des­tages erhalten stolze 10.083 € pro Monat. Ange­sichts der kata­stro­phalen Haus­haltslage Berlins stünde den Abge­ord­neten aber dennoch deutlich mehr Beschei­denheit gut zu Gesicht.

Bemer­kenswert ist, dass die Frak­tionen in einer nament­lichen Abstimmung alle dafür stimmten, nur die AfD, drei Frak­ti­onslose und drei Grüne stimmten dagegen. Also auch der SPD und der Linken ist das Hemd näher als die Hose. Wenn‘s darum geht, sich auf Kosten des Volkes Geld in die Tasche zu stecken, sind sie auch dabei. Genauso die SPD. Soviel zum „Reiche erschießen“.

Der renom­mierte Wirt­schafts- und Rechts­wis­sen­schaftler Hans Herbert von Arnim nimmt kein Blatt vor den Mund und bezeichnet die zum 01. Januar gültig gewordene Diä­ten­er­höhung als „Griff in die Kasse“:

„Obwohl die Abge­ord­neten bei Über­nahme ihres Mandats wussten, wie sie dafür von den Steuern zah­lenden Bürgern ent­schädigt werden, haben sie sich unter Miss­brauch ihrer Befug­nisse mitten in der Wahl­pe­riode einen in der Par­la­ments­ge­schichte der Bun­des­re­publik ein­ma­ligen Zuschlag bewilligt.“ 

Herr von Arnim beob­achtet in den Medien eine „größere Zurück­haltung in der Kritik“ an dieser Selbst­be­die­nungs­men­ta­lität und ver­mutet, dass man der AfD mit ihrer Kritik an der Größe und Bezahlung des Ber­liner Abge­ord­ne­ten­hauses „nicht noch Rückenwind geben“ wolle. In der Tat ist die AfD die einzige Kri­ti­kerin gegen diese „Selbst­be­die­nungs­men­ta­lität“.

„Der Jurist hofft, dass wenn nun, auch mit Hilfe seines Buchs, her­aus­komme, welche ‚enormen Aus­wir­kungen‘ das in seinen Augen ver­fas­sungs­widrige Gesetz habe, das Par­lament selbst­ständig ‚zum Rückzug bläst‘, sonst könne es sogar den Par­la­men­ta­rismus beschä­digen. Auf 96 Seiten führt er auch ein­zelne Rech­nungen auf, wie viel mehr die Abge­ord­neten, ehe­malige Sena­toren und die Mit­glieder des Par­la­ments­prä­si­diums durch die Reform beziehen. Das neue Gesetz habe, so heißt es, alle Abge­ord­neten zusammen – die Mehr­an­sprüche aus Ver­sor­gungen ein­ge­rechnet – um 51 Mil­lionen Euro reicher gemacht, sodass auf jeden Volks­ver­treter und jede Volks­ver­tre­terin im Durch­schnitt eine Ver­mö­gens­mehrung von 320.000 ent­falle. Diese Zahlen ergeben sich bei Hoch­rechnung der Diäten und der Alters­bezüge nach Aus­scheiden aus dem Par­lament bis zum durch­schnitt­lichen Lebensende.“

Rechts­wis­sen­schaftler von Arnim belässt es nicht bei seinem Buch „Griff in die Kasse“, sondern will dieses Gesetz zur Diä­ten­er­höhung zu Fall bringen. Er sieht zwei Mög­lich­keiten dazu. Zum einen könnten die Abge­ord­neten, die im Par­lament mit Nein gegen die Diä­ten­er­höhung gestimmt haben, dagegen klagen. Sie müssen sich nicht einer Mehrheit beugen, die für ein ver­fas­sungs­wid­riges Gesetz gestimmt haben (die AfD-Abge­ord­neten, drei Abge­ordnete ohne Par­tei­zu­ge­hö­rigkeit und die drei Grünen). Das wie­derum wäre wirklich Rückenwind für die AfD. Tat­sächlich überlegt nun die AfD Berlin, eine Klage anzustrengen.
Kristin Brinker, stell­ver­tre­tende Frak­ti­ons­vor­sit­zende der AfD, fühlt sich durch von Arnim in ihrer Kritik an dem Gesetz bestätigt. ‚Die Kla­ge­mög­lichkeit haben wir so noch nicht gesehen, das nehme ich heute mit und werde das in der Fraktion besprechen.‘“

Zum zweiten gäbe es noch den Weg, dass bei­spiels­weise der Bund der Steu­er­zahler und andere Ver­bände ein Volks­be­gehren gegen diese massive, ver­fas­sungs­widrige Diä­ten­er­höhung los­treten und begleiten könnten. Das könnte aus­nahms­weise auch einmal von Erfolg gekrönt sein. 

Denn das Ber­liner Abge­ord­ne­tenhaus wäre sicher gut beraten, kräftig auf die (Kosten-)Bremse zu treten. Gerade ange­sichts des wirt­schaft­lichen Schadens, der durch die flä­chen­de­ckenden Schlie­ßungen und Qua­ran­tänen ent­steht und Mil­lionen Bürgern schwere, wirt­schaft­liche Schäden zufügt, Firmen in die Pleite treiben und viele Arbeitslose pro­du­zieren wird. Der Begriff „Poli­tik­ver­dros­senheit“ wird die Unter­treibung des Jahr­hun­derts sein, wenn die Folgen von all diesem schlagend werden, die Damen und Herren im Abge­ord­ne­tenhaus sich Spit­zen­ge­hälter auf Kosten des Volkes geneh­migen, während die Bürger nicht wissen, wovon sie leben sollen.