Quelle: zaronews.com

Mit zwei­erlei Maß — Karsten H. und sein ver­lo­rener Sohn

Mit zwei­erlei Maß messen: unter­schied­liche Maß­stäbe anlegen; nicht nach objek­tiven Gesichts­punkten und daher unge­recht urteilen. (Duden)

(von Maria Schneider)

Kurz nachdem der Erlass erfolgt war, dass man sich nur noch zu zweit ver­sammeln dürfe, ver­traten mein Bekannter und ich uns in der Stadt die Füße.

Der Umschlag­platz für Bus und Stra­ßenbahn, wo sich sonst alle Geschöpfe Gottes unge­niert und unbe­helligt tum­melten, bet­telten und lun­gerten, war diesmal ziemlich aus­ge­dünnt. Statt der „Geflüch­teten“ (gekommen, um zu bleiben), die sonst nach einer kos­ten­losen Shut­tle­fahrt in die Stadt den Platz bean­spruchten, waren nur west­liche Men­schen zu sehen. Und so trafen wir zufällig eine alte Bekannte und begannen mit gebüh­rendem Abstand von 2 Metern einen kleinen Schwatz.

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Schon nach ein paar Sätzen standen plötzlich zwei junge Poli­zisten in voller Montur vor uns und befahlen uns barsch, aus­ein­an­der­zu­gehen. Ich war ent­setzt und begann einen Satz mit, „Lustig …“ wurde aber jäh vom auto­ri­tären Poli­zisten unter­brochen: „Gute Frau, das ist nicht lustig – das ist eine Straftat, was Sie machen.“

Worauf ich sagte: „Ich meine nicht Sie damit. Ich finde es einfach lustig, dass man 2015 nichts gegen offene Grenzen und Straf­taten machen konnte, aber jetzt geht plötzlich alles und Sie ermahnen uns wegen so etwas.“

Über­ra­schen­der­weise gab der Polizist zu, dass auch er mit der Grenz­öffnung 2015 nicht glücklich war, bestand jedoch wei­terhin darauf, dass wir uns trennen sollten.

Unbe­hel­ligte, afri­ka­nische Drogenhändler

Mein Bekannter und ich liefen dann weiter in den Park, der seit 2015 noto­risch dafür ist, dass Afri­kaner offen mit Drogen handeln. Obwohl die Geschäfts­leute um den Park regel­mäßig die Polizei darüber infor­mierten, geschah bis heute nichts. Auch heute saßen mehrere Afri­kaner bei­sammen, ohne dass Poli­zisten ihre Mehr­fach­ver­sammlung aus­ein­an­der­ge­trieben hätten. Wie zur Belohnung standen statt­dessen wieder traut vereint am nahe­ge­le­genen Hal­te­punkt für den kos­ten­losen Shut­telbus zwei mobile Toi­let­ten­häuschen, um die Büsche im Park zu schonen.

Gedan­ken­ver­brechen sind unverzeihlich

Lassen Sie uns nun den Ver­gleich zu den Gedan­ken­ver­brechen ziehen, die seit 2015 mit immer grö­ßerer Härte bis hin zur Ver­nichtung der Existenz des Gedan­ken­ver­bre­chers geahndet werden. Jüngstes Opfer: Xavier Naidoo. Hat Herr Naidoo mit Drogen gehandelt und dadurch Familien oder gar das Leben junger Men­schen rui­niert? Hat er einen Men­schen ange­schrien, an die Brust gefasst, ver­ge­waltigt, erstochen oder tot­ge­treten? Nein, er hat gesungen, und zwar einen migra­ti­ons­kri­ti­schen Rapsong und damit die Wahrheit gesagt. Das Urteil: Öffent­liche Hexenjagd und Kün­digung von Ver­trägen, um ihn see­lisch, geistig und finan­ziell zu ver­nichten. Wegen eines Gedankenverbrechens.

Kör­per­ver­letzung mit Todes­folge durch Migranten – eine Bagatelle

Karsten Hempels 30-jäh­riger Sohn Marcus wurde am 29. Sep­tember 2017 im Streit vom Syrer Sabri H. (der zur Tatzeit angeblich 17 Jahre alt war) mit Faust­schlägen ange­griffen und ver­starb schließlich an einer Kopf­wunde. Ein Video hat die Tat auf­ge­zeichnet. Nach nunmehr zwei­einhalb Jahren unab­läs­sigen Kampfes, der von ein­prozent her­vor­ragend doku­men­tiert und unter­stützt wurde, erging nun endlich ein Urteil.

Wir erinnern uns: Nach nicht einmal einer Minute wurde mein kleiner Schwatz von zwei auto­ri­tären Poli­zisten auf­gelöst und mir ange­droht, dass ich zur Rechen­schaft gezogen würde, wenn ich es noch einmal wagen würde, mit zwei Per­sonen gleich­zeitig zu sprechen.

Xavier Naidoo, Andreas Gabalier, Hans-Georg Maaßen, Thomas Kem­merich, Uwe Tellkamp, Eva Hermann – sie alle wurden öffentlich „hin­ge­richtet“, weil sie die Wahrheit gesagt und es gewagt hatten, aus dem Gleich­schritt aus­zu­scheren. Obwohl kein Mensch durch ihre Aus­sagen getötet oder geschädigt worden war, wurde das höchst­mög­liche Strafmaß für Gedan­ken­ver­brechen angelegt: Öffent­licher Tod.

In Syrien gilt Stam­mes­recht: Blutgeld für den Tod eines Menschen

Der Syrer Sabri H. hätte in seiner Heimat, wenn er den Tod eines Men­schen – ganz gleich ob aus Notwehr, „Ver­sehen“ oder Vorsatz – ver­ur­sacht hätte, Blutgeld zahlen müssen. Es wäre sofort zu Ver­hand­lungen zwi­schen den Fami­li­en­clans über die Höhe der Zahlung gekommen. Erst dann hätte sich Sabri H. wieder seines Lebens sicher sein können, da bei Nicht­zahlung die Brüder und Cousins des Getö­teten Selbst­justiz an ihm verübt hätten.

Der Syrer Sabri H. der hier als „Geflüch­teter“ auf­ge­nommen und mit allen erdenk­lichen Mög­lich­keiten und Ange­boten für ein neues Leben aus­ge­stattet wurde – ange­fangen bei einem eigenen Bett, während in Syrien viele Durch­schnitts­fa­milien nachts Matratzen aus den Schränken holen und in einem Raum auf den Boden schlafen – dieser Syrer Sabri H. erhielt für das Nie­der­strecken von Marcus H. und seinem dar­auf­fol­genden Tod zwei Jahre auf Bewährung wegen „Kör­per­ver­letzung mit Todesfolge“.

Nicht ein Tag Haft für ein kör­per­liches Verbrechen

Sabri H. saß für diese Tat nicht einen ein­zigen Tag in Haft. Wie Karsten Hempel sagte, lachte Sabri H. sogar mehrmals während der Verhandlung.

Xavier Naidoo, Clemens Tönnies und viele mehr werden an Leib und Leben bedroht, weil sie diese Zustände anprangern. Wegen ihrer Gedan­ken­ver­brechen hat noch kein Vater, noch keine Mutter ihr Kind verloren.

Karsten Hempel hat seinen Sohn wegen eines tat­säch­lichen, kör­per­lichen Ver­bre­chens ver­loren. Dennoch muss der Täter Sabri H. weder um sein Leben, noch um seine Existenz fürchten. Er durfte den Gerichtsaal als freier Mensch ver­lassen, obwohl er mit seinem Ver­brechen einem Vater sein Kind genommen hat (hier ein Foto des Videos, in dem man sieht, wie Sabri H. zum Schlag gegen Marcus H. ausholt).

Es scheint, selbst die Gerech­tigkeit hat sich vor Scham über die zwei­erlei Maß der Herr­schenden davon­ge­stohlen. Dennoch gibt Karsten Hempel nicht auf – auch Dank der Unter­stützung von ein­prozent.

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Maria Schneider ist freie Autorin und Essay­istin. In ihren Essays beschreibt sie die deutsche Gesell­schaft, die sich seit der Grenz­öffnung 2015 in atem­be­rau­bendem Tempo ver­ändert. Darüber hinaus ver­fasst sie Rei­se­be­richte. 

Kontakt: Maria_Schneider@mailbox.org