Foto: Google Earth/Leng Shan
Ein Satellitenfoto von Google Earth aus dem Jahr 2018 zeigt es: Der riesige Drei-Schluchten Damm in China hat schwere strukturelle Probleme. Die massive Staudamm-Mauer gibt offensichtlich unter dem immensen Druck nach. Das war schon vor zwei Jahren zu sehen, doch nun hat eine riesige Flutwelle durch katastrophale Niederschläge die Situation noch deutlich verschlimmert. Bricht der Damm, könnten Millionen Chinesen, die unterhalb des Staudammes leben, sterben. Die chinesische Führung ist hochnervös.
Die Führung in Peking beruhigt: Der Staudamm sei stabil, es bestehe kein Grund zur Sorge. Doch die Anwohner unterhalb des instabil gewordenen Damms versuchen jetzt schon, sich in höhere Gebiete zu retten und dort Unterkünfte und Hochwasser-Schutzanlagen zu bauen. Wahrscheinlich keine Minute zu früh, nachdem die letzten massiven Regenfluten, die in großen Mengen in den Drei-Schluchten Stausee geflossen waren und den Damm noch weiter unter Druck brachten. Jetzt rollt auch noch eine neue Hochwasserwelle auf den Damm zu, die der Jangtse-Fluss durch die anhaltenden, heftigen Regenfälle mit ca. 50 Millionen Litern Wasser pro Sekunde in den Stausee schiebt.
Die Schleusen des Dammes wurden in den letzten Tagen für eine Notentladung geöffnet, um das kritische Hochwasser zu reduzieren. Mit Donnergebrüll und Gischtgebirgen schossen unglaubliche Wassermassen zu Tal, ein erschreckender Anblick. Aber ein Pappenstiel gegen das, was droht. Auch, wenn die nächste Wasserlawine durch Notablass etwas abgefangen werden kann, ist der Damm noch weiter geschädigt worden als vorher. Kein Wunder: Der Stausee hat den Berechnungen zufolge innerhalb von 10 Tagen zusätzliche zehn Billionen Liter auffangen müssen – und es ist noch mehr im Zufluss.
Jetzt schon haben die katastrophalen Regenfälle die Entwässerungssysteme vieler Städte überfordert und Überschwemmungen angerichtet. Die Webseite von China Global Television Network, ein in Peking ansässiger Fernsehsender strahlt in Englischer Sprache aus und gehört zur staatlich kontrollierten Sendergruppe. Am 29. Juli berichtete CGTN, dass dieses Jahr bereits das dritte Hochwasser „abgeleitet“ wurde (fast 40.000 Kubikmeter pro Sekunde):
„Der Oberlauf des berühmten chinesischen Jangtse erlebt seine dritte Flut des Jahres, die durch steigende Wasserstände verursacht wird und zu Rekordwerten von Wasser aus dem Drei-Schluchten-Damm führt. Dies kann den Wasserstand an den wichtigsten hydrologischen Beobachtungsstationen stromabwärts in einem sicheren Bereich halten”, sagte Gao Yulei, leitender Ingenieur der Three Gorges Corporation.
Der Beitrag bemüht sich zwar zu versichern, dass der Damm sicher sei, aber es wird doch sehr deutlich auf die Belastung hingewiesen:
„Kontinuierliche Regengüsse seit Juni haben große Teile Südchinas schwer getroffen. Das Wasser in vielen Flüssen und Seen hat gefährlich hohe Werte erreicht, und in den kommenden Tagen werden stärkere Regenfälle und Regenstürme erwartet.
Experten sagen jedoch, dass der Wasserstand am Drei-Schluchten-Stausee keine Bedrohung für das multifunktionale Kontrollsystem des Damms darstellen sollte.“
Auch die Betreibergesellschaft des Staudammes und des dazugehörigen Wasserkraftwerkes versicherte in den ersten Julitagen noch, es sei alles sicher und man müsse keine Bedenken hinsichtlich der Sicherheit haben. Das Wasserkraftwerk produziert so viel Strom wie 16 Atomkraftwerke.
Die Anwohner und viele Experten sehen die Sache allerdings anders. Denn die lokalen Behörden sehen die Gefahr sehr wohl und riefen die höchste Hochwasserwarnung aus. Selbst die Staatsmedien gaben zu, dass eine halbe Million Menschen bereits evakuiert wurden.
Die Asia Times berichtet ebenfalls von den hektischen und verzweifelten Maßnahmen, die Menschen in Sicherheit zu bringen und den Damm vor dem Brechen zu schützen.
Medien in Taiwan und Indien sollen berichtet haben, dass die Situation am Damm so prekär geworden sei, dass die Notentladungen völlig unangekündigt vorgenommen werden mussten und die Städte unterhalb des Staudamms überflutet hätten. Aus Australien kommen Berichte, wie die Menschen am Jangtse-Fluss in höher gelegene Gebiete flüchten und so viel von ihrem Hab und Gut mitnehmen wie nur geht, und die Abhänge und Böschungen, so gut es eben geht, befestigen, weil sie mit dem Dammbruch des Drei-Schluchten-Stausees rechnen. Die Bauern ernten noch schnell ihre Felder ab, bevor sie überschwemmt werden und die Ernte verloren ist.
Das Mega-Prestigeprojekt „Drei-Schluchten-Damm“ war von Anfang an umstritten. Experten für Hydraulik und Talsperrenbau hatten schon in der Planungsphase in den 1950er Jahren größte Bedenken angemeldet. Damals war der „Große Vorsitzende Chinas“, Jiang Zemin, aber unbeirrbar. Er wollte dieses Riesenprojekt unter allen Umständen verwirklichen und drückte seine Entscheidung durch den chinesischen Nationalkongress. Jiang Zemins Nachfolger, Mao Tse-Dong und Deng Xiaoping (der übrigens selbst Ingenieur war) hinterfragten die Entscheidung nicht. Ingenieure und Fachleute, die Kritik übten, verschwanden teilweise in Arbeitslagern. Und so wurde der Bau 1997 begonnen.
Experten, auch ausländische, die die Pläne zu Gesicht bekamen, waren mehr als skeptisch. Nicht ohne Grund baut man Staudämme in einer gebogenen Form, um den Druck der Wassermassen von der Staumauer weg zu verteilen. Zwölf Jahre dauerten die Bauarbeiten, 13 Städte und unzählige Dörfer mussten in den drei Tälern dem gigantomanischen Stausee weichen. 2009 war das Werk fertiggestellt.
Die Tatsache, dass zur Einweihung kein einziger Parteifunktionär aus der Pekinger Führungsriege anwesend war und es niemals eine unterschriebene Endabnahme des Bauwerkes gab, lässt tief blicken. Niemand wollte für den Damm und eine mögliche Katastrophe verantwortlich sein.
Dazu kommt noch, dass China von mehreren Erdbeben getroffen worden ist und es möglicherweise noch nicht vorbei ist. Auch das kann diesem größten Stausee und Wasserkraftwerk der Welt gefährlich werden. Sollte der Damm wirklich komplett brechen, wären insgesamt 400 Millionen Menschen in Gefahr.
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