# WeA­re­Tired – Wir sterben durch Ver­ge­wal­tiger, nicht an COVID-19 – Frauen pro­tes­tieren gegen sexuelle Gewalt

Mit der Coro­na­pan­demie ist ein welt­weites Phä­nomen auf­ge­treten: Die Gewalt gegen Frauen und Mädchen nimmt während der Coro­na­krise dra­ma­tisch zu. Sie war erst 18 Jahre alt, als sie von einer fünf­köp­figen Bande in Kaduna brutal ver­ge­waltigt wurde. Eigentlich sollte eine Kirche ein sicherer Ort für Mädchen und Frauen sein, doch genau dort wurde die 22-jährige Uni­ver­si­täts­stu­dentin Vera Uwaila Omozuma zu Tode geprügelt, nachdem sie ver­ge­waltigt worden war. Gerade mal 16 Jahre alt wurde die Schü­lerin Tina Ezekwe, als sie erschossen wurde.

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Als Reaktion auf die Ver­ge­wal­ti­gungs­fälle und Morde in Nigeria nimmt der Protest gegen Gewalt an Frauen und Mädchen zu und auch die berühmte Afropop-Diva Tiwa Sawage, mit vier Mil­lionen Fol­lower, twit­terte: „Wir sind müde von sinn­losen Morden an jungen Mädchen, die ver­ge­waltigt werden.“ Jetzt rufen Frauen aus Nigeria alle Frauen auf, sich an Pro­test­ak­tionen zu betei­ligen, denn nicht nur in Nigeria nimmt die sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen zu, sondern auch in Europa, Asien, Latein­amerika, überall auf der Welt. War Ihnen bekannt, dass einer der Bedin­gungen für einen Kredit vom IWF ist, dass Sozi­al­pro­gramme gekürzt werden, dar­unter auch der Schutz für Frauen? Gerade in der Corona-Pan­demie bekommen viele Länder finan­zielle Hilfen, aber nicht für den Schutz von Frauen und Mädchen, dabei ist die Gewalt an Frauen bereits die nächste Pan­demie, mit schreck­lichen Folgen. 

Eine Dop­pel­pan­demie: geschlechts­spe­zi­fische Gewalt an Frauen während Covid-19

Viele Länder ver­zeichnen einen Anstieg von phy­si­schem, sexu­ellem und psy­chi­schem Miss­brauch von Mädchen und Frauen. Bereits vor der Coro­na­epi­demie war Indien das gefähr­lichste Land für Mädchen und Frauen und alle 30 Minuten wurde in Indien ein Kind verge­waltigt. Nachdem auch in Indien Pre­mier­mi­nister Narendra Modi in dem bevöl­ke­rungs­reichen Land den Lockdown ver­hängte, waren Frauen und Mädchen nicht einmal im Kran­kenhaus sicher. Ein Arzt ver­ge­wal­tigte eine schwangere Frau, die wegen Covid-19 im Kran­kenhaus iso­liert wurde. Sie starb an den Folgen der Ver­ge­wal­tigung und nicht an Covid-19.

Wie gefährlich das Leben von Frauen sein kann, wird auch an Chile deutlich.

 

Cara­bi­neros reichten bei der Staats­an­walt­schaft von Val­pa­raíso eine Beschwerde per Video von „Las­tesis“ ein: Sie beschul­digen sie wegen Angriffen und Dro­hungen gegen die Behörde

In Chile sollten eigentlich Poli­zei­wachen ein sicherer Ort für Frauen sein, doch es sind Poli­zisten, die diese Frauen ver­ge­wal­tigen. Die Täter werden nicht bestraft und Frauen ver­schwinden spurlos. Daher singen die chi­le­ni­schen Frauen auch: „Das Patri­archat ist ein Richter, der uns ver­ur­teilt für unsere Geburt. Und unsere Strafe ist die Gewalt, die du jetzt siehst“. Das Video der chi­le­ni­schen Frauen wurde in nur kurzer Zeit weltweit geteilt und viele Frauen schlossen sich dem Protest an. Jetzt fühlt sich in Chile die Polizei durch das Video von „Las­Tesis“ und der neuen Hymne der chi­le­ni­schen Frauen beleidigt und vier Frauen der Gruppe stehen u. a. wegen der Hymne und Demons­tra­tionen vor Gericht.

Ein dra­ma­ti­scher Anstieg der Fälle von Gewalt gegen Mädchen und Frauen während des Lock­downs in Latein­amerika droht sich in eine Kata­strophe zu ver­wandeln. Latein­amerika hat bereits die höchsten Raten von geschlechts­spe­zi­fi­scher Gewalt in der Welt .

Obwohl in Argen­tinien auch hier die Gewalt an Mädchen und Frauen zunimmt, war eine der Bedin­gungen für einen Kredit in Höhe 56 Mrd. USD vom IWF, an dessen Spitze zu der Zeit noch die neue EZB-Prä­si­dentin Christine Lagarde stand, dass Sozi­al­pro­gramme gekürzt wurden, dar­unter auch der Schutz für Frauen.

Noch vor der Corona-Pan­demie hatten viele Regie­rungen ver­sprochen, die geschlechts­spe­zi­fische Gewalt zu bekämpfen, doch die meisten Regie­rungen haben wenig unter­nommen. Fast jede Regierung hatte ihre Ent­schlos­senheit zum Aus­druck gebracht, sie zu beenden und eine Reihe von Richt­linien und Plänen ange­kündigt, doch diese wurden  meist schnell auf­ge­geben, auch aus finan­zi­ellen Gründen.

 

In Süd­afrika fand das Welt­wirt­schafts­forum statt und genau diese Ver­an­staltung nutzen Frauen, die auf die zuneh­mende Gewalt in Süd­afrika auf­merksam machen wollten.

Gewalt gegen Frauen mussten auch in Afrika Frauen erfahren, als sie im Sep­tember 2019 den Eingang zum Welt­wirt­schafts­forum für Afrika in Kap­stadt blo­ckierten. Sie wollten nur auf die Gewalt an Frauen in Süd­afrika auf­merksam machen, doch statt Hilfe zu erhalten, wurden sie mit Trä­nengas beschossen!  Aus­löser der Pro­teste war der Mord an der 19-jäh­rigen Stu­dentin der Uni­ver­sität von Kap­stadt, Uyinene Mrwe­tyana. Sie war in einem Postamt in einem geho­benen Vorort von Kap­stadt ver­ge­waltigt und zu Tode geprügelt worden.

Paradox, dachten die Frauen, dass es auf dem Welt­wirt­schafts­forum um Men­schen­rechte ging, denn auch die Bill & Melinda Gates Foun­dation trat auf dem World Eco­nomic Forum on Africa als Partner auf. Hatte doch gerade Melinda Gates  immer wieder deutlich gemacht, wie wichtig die Rechte von Frauen seien. Doch statt um Men­schen­rechte ging es um den Profit der Kon­zerne, denn auch BASF, Siemens und viele Phar­ma­kon­zerne zählten eben­falls zu den Sponsoren.

Süd­afrika wird sogar die „Ver­ge­wal­ti­gungs­haupt­stadt“ der Welt genannt und auch hier sterben Mädchen und Frauen nicht an Covid-19, sondern auf Grund von Vergewaltigungen.

https://twitter.com/SiyaSitemela/status/1274787240254849026?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1274787240254849026&ref_url=https%3A%2F%2Fnetzfrauen.org%2F2020%2F06%2F26%2Fwearetired%2F

Frauen in Nigeria gehen auf die Straße, um gegen sexuelle Gewalt zu protestieren

 

Frauen pro­tes­tieren in Nigeria

Die jüngsten Pro­teste in Nigeria wurden durch die Fälle von drei Frauen und Mädchen aus­gelöst, die getötet oder ver­ge­waltigt wurden. Die 18-jährige Jen­nifer wurde von einer fünf­köp­figen Bande in Kaduna, einer Stadt im Norden Nigerias brutal ver­ge­waltigt. Der Fall erlangte erst Auf­merk­samkeit, nachdem ihre Ver­wandten – aus Angst, dass die Täter nicht ver­haftet werden – ein Video online ver­öf­fent­licht hatten, in dem die Familie das trau­ma­ti­sierte Mädchen tröstete. Viele wurden so auf die Tat auf­merksam und auch Pro­mi­nente schlossen sich dar­aufhin dem Protest an. Binnen weniger Tage starben weitere Mädchen durch Ver­ge­wal­ti­gungen und so nutzte man in Nigeria die Sozialen Netz­werke, um die Regierung unter Druck zu setzen. Die Hashtags  #Jus­ti­ce­ForUwa, #Jus­ti­ce­ForTina oder #Stop­Voi­lence erreichten binnen kür­zester Zeit viele Men­schen in Nigeria, die sich eben­falls anschlossen. Immer mehr Frauen und Mädchen melden sich jetzt, da sie vorher aus Angst geschwiegen hatten.

Sogar die Polizei teilte den wütenden Frauen auf Twitter mit, dass die Poli­zei­be­amten, die eben­falls diese grau­samen Taten begangen hatten, jetzt fest­ge­nommen worden seien und Dis­zi­pli­nar­maß­nahmen und einer mög­lichen Straf­ver­folgung aus­ge­setzt seien.

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„#Wir sind müde von sinn­losen Morden, Last­wagen, die auf die Straße fallen und Pas­sa­giere töten, Kli­ma­an­lagen, die Feuer fangen und Häuser brennen, jungen Mädchen, die ver­ge­waltigt werden, Jungen, die getötet werden“, twit­terte Afropop-Diva Tiwa Sawage ihren vier Mil­lionen Anhängern. „Bitte füge deine eigene Frus­tration hinzu, weil meine Liste lang ist.“

# WeA­re­Tired Social-Media-Kam­pagnen haben die ver­hee­renden Aus­wir­kungen von Ver­ge­wal­tigung und sexu­ellem Miss­brauch gezeigt.

„In Nigeria waren wir in den letzten Monaten in der Sperr­stunde, aber unser Land ist seit Jahren von einer wei­teren Pan­demie geplagt, die sich gegen Frauen richtet: Ver­ge­wal­tigung. In den letzten fünf Monaten wurden lan­desweit über 700 Fälle von Ver­ge­wal­tigung gemeldet. Die Zunahme sexu­eller Gewalt ver­an­lasste die Regierung, den Aus­nah­me­zu­stand zu erklären, “ so Bukola Adeola Onyishi  von Women for Women Inter­na­tional-Nigeria.

„Südlich von mir in Abuja und Lagos sind meine Mit­frauen auf die Straße gegangen, um gegen diese Pan­demie und die geschlechts­spe­zi­fische Gewalt zu pro­tes­tieren, die Frauen erleiden. Aber neben den Nach­richten über ihre Kam­pagnen zur Been­digung sexu­eller Gewalt sehe ich auch andere schreck­liche Bei­träge, die mich daran erinnern, wie weit wir noch gehen müssen. Frauen und Mädchen jeden Alters – einige sind erst zwei Jahre alt – sind nicht sicher. Selbst Fami­li­en­mit­gliedern kann nicht ver­traut werden.“

Die Kund­gebung der Demons­tranten ruft dazu auf, die Stimme der Frauen überall zu erheben, um den Schutz­schild des Schweigens zu durch­brechen, der Ver­ge­wal­tiger schützt und die Zunahme dieser Gräu­el­taten verhindert.

In vielen Fällen, die wir in unseren Nach­richten sehen, sind Täter keine Ein­zel­täter, sondern manchmal Seri­en­ver­ge­wal­tiger. Während sie ermutigt werden, beschließen einige Ver­ge­wal­tiger, sich des Schweigens der Opfer zu ver­si­chern, indem sie sie danach ermorden, wie im Fall von Vera Uwaila Omosuwa – der 22-jäh­rigen Stu­dentin des Hashtags #Jus­ti­ce­ForUwa, der dazu bei­getragen hat, den neu­esten Auf­schrei zu entfachen.

In Indien wurde während des Lock­downs eine 6‑Jährige ver­ge­waltigt und ihr die Augen aus­ge­stochen, damit sie den Täter nicht wie­der­kennt. In Chile wurde die Foto­jour­na­listin Albertina Mar­tinez Burgos brutal ermordet! Sie hatte die Gewalt von Poli­zisten während der Demons­tra­tionen doku­men­tiert. In Ban­gla­desch wurde eine Schü­lerin im Alter von 11 Jahren von ihren Lehrern ver­ge­waltigt und getötet.

In vielen dieser Situa­tionen werden Frauen zum Schweigen gebracht, damit niemand auf sie hört. Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist heute eine der ver­brei­tetsten, hart­nä­ckigsten und schreck­lichsten Men­schen­rechts­ver­let­zungen in unserer Welt. Und auch in Deutschland oder anderen euro­päi­schen Ländern haben Frauen, die von Gewalt betroffen sind, keine Lobby!

Wenn wir dau­er­hafte und bedeutsame Ver­än­de­rungen wollen, brauchen wir mehr Unter­stützung und mehr Für­sprache. Die Frauen in Nigeria fordern jeden von uns auf, das Schweigen zu brechen und alle gemeinsam für ein Ende von Gewalt an Frauen zu kämpfen.

Netzfrau Doro Schreier


Quelle: netzfrauen.net