20.000 Straf­taten mit „Coro­nabezug“ – Staats­an­walt­schaften ermitteln wegen Subventionsbetrug

Im Gegensatz zu Kurz­ar­beitern, Arbeits­losen und Lockdown-Rui­nierten können sich die deut­schen Staats­an­walt­schaften kaum retten vor Arbeit. Die Corona-Pan­demie beschert den Staats­an­wälten eine Welle von Ermitt­lungen wegen „Straf­taten mit Corona-Bezug“. Diese merk­würdig schwammige For­mu­lierung bedeutet meistens Sub­ven­ti­ons­betrug, also erschli­chene Corona-Soforthilfen.

Sven Rebehn, der Bun­des­ge­schäfts­führer des Deut­schen Rich­ter­bundes, teilte dies am Montag der „Welt“ mit. Auch die Ver­wal­tungs­ge­richte bear­beiten über 6.000 Fälle, die mit Corona zusam­men­hingen, setzte er hinzu.

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Die Mehrzahl der Fälle betreffen aber mög­lichen Sub­ven­ti­ons­betrug. „Da geht es um die Corona-Bei­hilfen oder auch sonstige Betrugs­ma­schen, wie Internet-Fake-Shops, gefälschte Corona-Medi­ka­mente, vor­ge­täuschte Kurz­arbeit oder min­der­wertige Masken, die als FFP2 ver­kauft werden“, erklärt Sven Rebehn. Champion bei den Betrü­ge­reien sei Nord­rhein-West­falen mit 7.500 Fällen, die Haupt­stadt Berlin folgt auf Platz zwei. Hier liegen 4.500 Fälle mit mut­maß­lichen Straf­taten im Zusam­menhang mit der Covid-19-Pan­demie an. Im Ver­hältnis zur Ein­woh­nerzahl liegt Berlin aller­dings vorne, zumal noch 1.700 Fälle zur Ermittlung beim Lan­des­kri­mi­nalamt liegen. Aber auch die Bayern glänzen mit Bau­ern­schläue, die manchen vor Gericht bringen dürfte: hier liegen 2.200 mut­maß­liche Straf­taten an.

All diese genannten Fälle sind noch Nach­wehen des Corona-Hilfs­pro­grammes aus dem Frühjahr 2020. Das Pro­gramm endete am 31. Mai. Noch ist nicht klar, ob auch bei den „Novem­ber­hilfen“ später eine Ermitt­lungs­welle ein­setzen wird. Sicher ist jedoch, so der Deutsche Rich­terbund, dass es weit bis ins nächste Jahr dauern wird, bis die Justiz alle Corona-Pro­zesse abge­ar­beitet haben wird.

Bun­des­ar­beits­mi­nister Hubertus Heil (SPD) ist empört über den Miss­brauch der Sofort­hilfen und des Kurz­ar­bei­ter­geldes, das manche Betriebe bean­tragten und erhielten, obwohl sie nicht wirklich Kurz­arbeit ein­ge­führt haben. „Jede Form von Leis­tungs­miss­brauch ist natürlich eine Sauerei, um das mal klar zu sagen, weil es unso­li­da­risch ist gegenüber denen, die die Hilfe brauchen“, kri­ti­sierte er scharf. Dennoch liegen, so Heil, nur etwa ins­gesamt 2.100 Ver­dachts­fälle bei ver­schie­denen Unter­nehmen vor. Der Pro­zentsatz liege also bei 0,3%. „Wenn man aber dagegen stellt, dass wir ins­gesamt 6,3 Mil­lionen Men­schen in Kurz­arbeit haben, ist das ein relativ kleiner Pro­zentsatz.“ Man könne also nicht von mas­sen­haftem Miss­brauch sprechen. Dennoch sei jeder Fall einer zu viel, und so gehen die Job­center jedem Fall nach, führen Plau­si­bi­li­täts­prü­fungen und Kon­trollen durch, damit zu viel aus­ge­zahltes Sub­ven­ti­onsgeld zurück­ge­fordert werden kann. „Das werden wir auch mit Macht durch­setzen“ bekräf­tigte er.

Was in Zukunft auf dem Arbeits­markt unter den düs­teren Vor­zeichen der Coro­na­po­litik geschieht, sieht Minister Heil nicht allzu opti­mis­tisch. Er warnt vor wei­terem Arbeits­platz­verlust, macht als Poli­tiker jedoch auch gleich wieder Hoffnung auf Bes­serung und ein „Wie­der­an­springen“ der Wirtschaft:

„Wir können in dieser Krise tat­sächlich nicht jeden Arbeits­platz retten in Deutschland. Dafür ist die Krise zu tief. Aber wir können um jeden Arbeits­platz kämpfen und das tun wir mit der Kurz­arbeit. Insofern habe ich wenig Ver­ständnis für Theo­re­tiker, die sich länger nicht mehr mit der betrieb­lichen Wirk­lichkeit aus­ein­an­der­ge­setzt haben — und schon gar kein Ver­ständnis für Poli­tiker, die den Men­schen in Kurz­arbeit unter­stellen, dass sie sozu­sagen der Arbeit ent­wöhnt und faul werden. Die meisten Men­schen wollen arbeiten, die meisten Unter­nehmen wollen Geschäfte machen und die brauchen diese Brücke, damit wir, wenn die Wirt­schaft wieder anspringt, dann auch wieder richtig los­legen können.“

Seine grundlose Zuver­sicht mag poli­tisch klug sein, wird aber kaum auf Glauben in der jetzt schon gebeu­telten Bevöl­kerung stoßen. Dass bereits im kom­menden Jahr mit einem Auf­schwung zu rechnen sei, über­zeugt wohl wenige. Den meisten ist klar, dass wir erst am Anfang eines schmerz­haften Wirt­schafts­ein­bruches stehen. Das Schlimmste kommt erst noch.

Irgendwie scheint ihm das auch bewusst zu sein, denn wie sollte man seine wei­teren Worte sonst verstehen:

„Die Branchen werden sehr unter­schiedlich betroffen sein — einige werden schnell zu Geschäften zurück­kehren, andere sind schwer struk­turell getroffen. Und deshalb ist es wichtig, dass wir diesen Struk­tur­wandel als Staat auch unter­stützen […], um dieses Land nicht nur gut durch die Krise zu bringen, sondern dafür zu sorgen, dass Deutschland wirt­schaftlich nach der Krise digi­taler, aber eben auch sozialer und öko­lo­gi­scher ist.“ 

Das ist etwa so, als würde ein Bür­ger­meister in einer vom Erd­beben schwer zer­störten Stadt den obdachlos Gewor­denen in Aus­sicht stellen, dass man die Stadt gut durch die Krise bringen wolle, indem man die Trüm­mer­grund­stücke in üppige Grün­an­lagen mit schönen Was­ser­spielen, Kin­der­spiel­plätzen und Denk­mälern umge­stalten werde. Die obdach­losen Erd­be­ben­opfer würden sich vor Freude kaum lassen können.