Badi­scher Zei­tungs­mythos: Die Ger­manen gab es nicht (?)

„Ein Mythos zer­bröselt“, gibt diese Regio­nal­zeitung zum Besten — Was würde Hamed Abdel-Samad zu solcher Geschichts­ver­fäl­schung sagen?

(von Albrecht Künstle)

Ich legte gerade das Buch von Hamed Abdel-Samad „Aus Liebe zu Deutschland“ aus der Hand, als mir die Wochen­end­ausgabe der Badi­schen Zeitung vom 5. Dezember auf den Tisch flat­terte mit einer Dop­pel­seite und dem Auf­macher „Ein Mythos zer­bröselt – Der Ger­ma­nenkult, dem Neo­nazis und andere Rechts­extre­misten anhängen, ist ein ideo­lo­gi­sches Kon­strukt und his­to­risch nicht begründbar“. Ein­ge­leitet wird das Machwerk mit „Als wäre die Hit­ler­dik­tatur nie gewesen, treibt der Mythos Ger­manen auch noch heute sein Unwesen“. Hoppla, denke ich, warum hat man uns das nicht früher erzählt, dass die Ger­manen den Hitler …“, weshalb ich die Dop­pel­seite nicht gleich als eine Ver­schwö­rungs­theorie dem Kamin übergab, sondern neu­gierig weiterlas.

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Die Dop­pel­seite besprach auch den ger­ma­ni­schen Hermann, alias Armin der Che­rusker. Die Wis­sen­schaft habe „Zweifel, ob es ein Volk, das sich Ger­manen nannte, über­haupt gegeben hat“. Kommt der Name Germany nun auf den Index? Solch ein Unsinn lässt sich nur über­bieten mit dem unglaub­lichen ideo­lo­gi­schen Pos­tulat, „Es gibt kein (deut­sches) Volk“ (Robert Habeck).

Was reitet eine Pro­vinz­zeitung wie die Badische, solch einen Unsinn zu ver­breiten? Recht­fertigt die Ver­ein­nahmung von Per­sön­lich­keiten der Geschichte, gängige his­to­rische Fakten zu leugnen? Fällt nun auch Luther in Ungnade, weil er diesen Arminius „Hermann“ nannte? Oder wird Heinrich von Kleist für sein Drama Die Her­mann­schlacht geächtet? Denn dieser Kleist „unter­stellte“, dass es Ger­manen gegeben habe – unter­stellt der Ver­fasser dem dama­ligen Dramaturgen.

„Hamed Abdel-Samad würde sich die Haare raufen über solche Ver­ren­kungen durch Medien. Erstaunt konnte ich fest­stellen, dass dieser Vor­zei­ge­mi­grant nach 20 Jahren Befassung mit der deut­schen und inter­na­tio­nalen Geschichte mehr drauf hat, als die meisten Medi­en­schaf­fenden (oder Mär­chen­schaf­fenden?) im ganzen Leben an Wissen gesammelt haben. Weiter im Text …

Unstreitig, sind heroische Erfolge gegen eine so fast per­fekte Streit­macht wie es die Römer waren, mit Vor­sicht zu genießen. Der legendäre Wider­stand der links­rhei­ni­schen Gallier war nicht wie in Asterix und Obelix beschrieben erfolg­reich. Die Wider­stands­nester wurden von den Römern belagert und aus­ge­hungert, bis die ver­zwei­felten Ver­tei­diger nachts ihre Kinder vor die Tore legten in der Hoffnung, die Bela­gerer würden die Kinder annehmen und vor dem Hun­gertod ver­schonen. Ver­gebens. Denn die Römer waren nicht nur ein hoch­ste­hendes Kul­turvolk mit seiner latei­ni­schen Sprache, es beherrschte vieles meis­terhaft: Die Römer waren z.B. die besten Brü­cken­bauer des Kon­ti­nents. Sie beherrschten aber auch die „Kriegs­kunst“ perfekt, zumindest im freien Felde.

Aber sie waren auch rück­sichtslose Besatzer, die ihren Tribut ein­for­derten und z.B. ein Jahr nach der ver­lo­renen Varus­schlacht im Jahre 9 n.Chr. am anderen Ende des römi­schen Reiches acht Kilo­meter von Nazareth ent­fernt in Sepp­horis viele Men­schen kreu­zigten, die sich nicht den Römern unter­werfen wollten und einen Auf­stand gewagt hatten. Warum also soll es unglaub­würdig sein, sich nicht nur in Galiläa und Gallien, sondern auch in Ger­manien der Besatzung wider­setzt zu haben? Aller­dings nicht auf Dauer, denn zehn Jahre nach seiner erfolg­reichen Varus­schlacht wurden Arminius Krieger von den über­le­genen Truppen des römi­schen Ger­ma­nicus geschlagen.

Noch einige Kost­proben der von unserer Pro­vinz­zeitung ver­brei­teten Geschichte. Die Ger­manen seien nur eine Sam­mel­be­zeichnung für die rechts­rhei­ni­schen Bar­baren gewesen. Dieses Gebiet wurde von den römi­schen Geschichts­schreibern aber Ger­mania genannt. In diesem Ger­manien soll es keine Ger­manen gegeben haben? Viel­leicht ist diese Sicht­weise die Fort­setzung jener unse­ligen Meinung, in Deutschland gebe es auch keine Deut­schen (mehr)?

Der römische His­to­riker Tacitus beschrieb das Land in seinem Buch „Ger­manica als „im Ganzen schaurig durch seine Urwälder, oder hässlich durch seine Moore“. Dazu meint die Pro­vinz­zeitung, „von einem ger­ma­ni­schen Urwald konnte keine Rede sein… Die Dörfer lagen zumeist in Sicht­weite und wurden alle 30 Jahre woanders neu errichtet, weil die Holz­pfeiler der Bauten ver­rottet waren.“ Also keine Wälder, aber Holz­stämme für den Hausbau? Viel­leicht impor­tiert vom Amazonas?

Arminius, wie er von den Römern genannt wurde, „hatte zeit­weilig in deren Armee gedient“, wird seine Bedeutung her­un­ter­ge­spielt, quasi einer des Fuß­volks. Nein, er war ein Sohn des Che­rus­ker­fürsten Segimir. Er wurde im Ger­ma­nen­feldzug unter Tiberius als Geisel nach Rom ver­schleppt. Dort wurde er ein Tribun (Stabs­of­fizier), bekam des römische Bür­ger­recht und wurde eine Art Ritter. Im Jahr 6 oder 7 n.Chr. kehrte er als Kom­mandeur von Auxi­li­ar­ein­heiten (unter dem Ober­be­fehls­haber der Rhein­le­gionen Varus) in seine Heimat zurück. Arminius hat also nicht gedient, sondern befehligt! So viel zum „Qua­li­täts­jour­na­lismus“.

Auch gibt die Zeitung einen His­to­riker wieder der meinte, die ger­ma­ni­schen Stam­mes­fürsten waren War­lords, ver­gleichbar mit denen im heu­tigen Afrika oder Afgha­nistan. Auch dieser Arminius sei einer der War­lords gewesen, was eine Völ­ker­wan­derung zur Folge gehabt hatte: „Diese Migra­tionen lösten eine euro­pa­weite Dynamik aus … Platz für neue Bewohner war da“ – damals jeden­falls. Also daher weht der Zei­tungs-Wind: Die unbe­stritten ein­ge­tretene Dynamik der dama­ligen Völ­ker­wan­derung als Blau­pause zu bemühen für die heutige Migra­ti­ons­welle, die zah­len­mäßig größer und schneller von­stat­tengeht als die damalige Völ­ker­wan­derung!

Noch etwas: Das römische Imperium war so groß, dass es nicht nur mit Römern beherrschbar war. Deshalb wurden fast überall Vasallen ein­ge­setzt, die ihre Ein­hei­mi­schen besser kannten und über sie herr­schen konnten, als externe Impe­ra­toren. So sollte es auch mit diesem Arminius geschehen. Aber nicht immer geht diese Rechnung auf. Heute holt man z.B. Men­schen mit tür­ki­schem Migra­ti­ons­hin­ter­grund ins Militär und die Polizei, weil sie sich mit ihren Lands­leuten besser ver­stän­digen können. Stimmt, aber sie „ver­stehen sich“ auch besser unter­ein­ander. Was der Grund sein dürfte, dass die Kri­mi­na­lität dieser Bevöl­ke­rungs­gruppe leider nicht auf das übliche Maß sinkt.

Es gibt eine Rede­wendung, der Zweck heiligt die Mittel (der schrei­benden Zunft).

Ich füge hinzu, diese Mittel sind das Papier nicht wert, auf denen sie ver­breitet werden!

Und man darf gespannt sein, wie lange das Her­manns­denkmal noch unbe­schadet stehen wird.

Wer sich die Geschichte um den ger­ma­ni­schen Che­rusker Arminius noch einmal kurz in Erin­nerung rufen will, kann das mit dem Link https://www.planet-wissen.de/kultur/voelker/germanen/pwiearminiusdercherusker100.html tun, Wiki­pedia wäre jedoch ausführlicher.