Groß­bri­tannien: Die Pub-Kultur stirbt einen stillen Corona-Tod

Die Spur der Ver­wüstung durch Lock­downs zer­stört auch gewach­senes Kul­turgut. Die bri­ti­schen Zei­tungen schreiben rei­hen­weise über den Untergang der Pub-Kultur. Anlass ist die Schließung des über 450 Jahre alten Pubs „Lamb and Flag“ in der ehr­wür­digen, alten Uni­ver­si­täts­stadt Oxford. Es war die Lieb­lings­kneipe Tol­kiens (Herr der Ringe) und vieler berühmter Autoren und Dichter. Auch andere Zele­bri­täten gingen dort ein und aus. Nun ist ein Stück bri­ti­scher Eigenart durch den Dau­er­lockdown zer­stört worden – und das welt­be­rühmte Pub ist nur eines von vielen auf den Inseln. Noch mehr werden folgen.

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Die bei Stu­denten und Intel­lek­tu­ellen, aber auch Tou­risten und Alt­ein­ge­ses­senen, uralte eng­lische Kneipe exis­tiert seit 1566, zog aber 1613 in eine neue Loka­lität, wo sie bis heute eine Attraktion war. Die Lamb & Flag (Oxford) Limited, ist ein Unter­nehmen im Besitz des St John‘s College. Die Uni­ver­sität betreibt von jeher das Pub, kün­digte dieser Tage aber an, dass „das Unter­nehmen nach sorg­fäl­tiger Über­legung den Betrieb zum 31. Januar ein­stellen wird“. Die Ver­luste durch den Lockdown waren nicht mehr zu stemmen.

In den sozialen Medien und Leser­briefen drücken die Briten ihr Bedauern und ihre Empörung aus. So zitiert die Seite „This is Oxford­shire“: „Ein wei­terer Teil von Oxfords feiner Geschichte und ein anstän­diges Pub ver­schwindet im Abgrund“, oder: „Es muss einfach gerettet werden, es ist zu sehr Kult, um zu etwas anderem zu werden, als dieses Pub, es wäre kul­tu­reller Van­da­lismus, wenn man etwas anderes daraus machen würde.“ Und ein Roger Hiscock kom­men­tiert die Schließung lako­nisch mit einem Titel der Rockband „Queen“: „Another one bites the dust“ – was man etwa mit „der nächste beißt ins Gras“ über­setzen kann.

Es schwingt aber auch in den Kom­men­taren mit, dass die Briten durchaus spüren, dass ihre Kultur und Lebens­weise ver­schwindet, nicht nur eine uralte Kult-Kneipe; „Dieses Pub ist nur ein Tropfen im Ozean für sie, und es ist nur ein wei­teres Stück des Kul­tur­erbes von Oxford, das für immer ver­loren sein wird.“

Aus allen Zuschriften spricht die Trauer über den Untergang dieses Pubs und der Pubkultur ins­gesamt. Pubs (Public Houses) sind in Groß­bri­tannien eine Insti­tution und gehen auf die Römerzeit zurück. Das römische Stra­ßennetz, das die bri­ti­schen Inseln durchzog, bot den Rei­senden an den großen Kreu­zungen der Straßen Her­bergen und Bewirtung. Oft ent­standen Ansied­lungen rund um ein solches „öffent­liches Haus“. 

Sean‘s Bar, ein iri­scher Pub, mit 900 Jahren unun­ter­bro­chenem Betrieb, gilt als der älteste Pub Europas. Bild: Wiki­media Commons, Serge Otta­viani, Bild­lizenz: CC BY-SA 4.0

Doch Tau­sende Pubs schließen jetzt die Türen quer durch Groß­bri­tannien. Pubs sind eine Klammer, die das Ver­ei­nigte König­reich zusam­menhält. Es eint die Iren, Schotten, Waliser und Eng­länder, ob in den Städten oder auf dem Land, die Pubs sind gesell­schaft­licher Kitt, Tra­dition, Selbst­ver­ständnis und Lebensart auf den bri­ti­schen Inseln. Es ist geradezu sym­bo­lisch für den „Great Reset“, den großen Umbruch, den Klaus Schwab und seine Groß­konzern-Welt­eliten gerade auf ihrem WEF-Kon­gress vor­wärts treiben, dass das gesell­schaft­liche Leben, die Kultur, das Mit­mensch­liche, Spaß und Zusam­mensein erstickt wird.

Es trifft nicht nur die Pubs. Die gesamte Gas­tro­nomie Groß­bri­tan­niens geht den Bach her­unter. Ob es der Inder an der Ecke ist, das China-Restaurant mit Buffet, Fish&Chips-Buden oder edle Restau­rants, alles musste beim zweiten Lockdown ab Mittwoch, den 4. November, schließen.

Bereits 10.000 Gast­stätten aller Art mussten in 2020 end­gültig ihre Türen schließen. Eine Studie zeigte auf, dass es gerade unab­hängige, kleine Gas­tro­nomie-Betreiber besonders hart trifft. Sie haben nicht die finan­zi­ellen Rück­lagen, um mit langem Atem die Zeit zu über­stehen. Kredite von den Banken gibt es nicht, weil die Geld­häuser wissen, dass die Gelder nicht zurück­ge­zahlt werden können. Den drei­mo­na­tigen Früh­jahrs­lockdown konnten viele gerade noch so über­stehen, der seit Anfang November ver­ordnete Lockdown bricht ihnen das Genick.

Es hängt aber noch mehr mensch­liches Unglück an dem Gast­stät­ten­sterben. Sky News zitiert den bri­ti­schen Verband des Gast­stät­ten­ge­werbes, UKHos­pi­tality, der ermittelt hat, dass dadurch 640.000 Arbeits­plätze in 2020 allein in dieser Branche ver­loren gingen. Die Autoren der Studie schätzen, dass das Jahr 2021 noch sehr viel mehr end­gültige Schlie­ßungen bringen wird, da das wichtige Weih­nachts­ge­schäft voll­kommen aus­ge­fallen ist und Regie­rungs­be­rater fordern, das Bars und Restau­rants bis Mai geschlossen bleiben sollen. Die Rechen­mo­delle zur Pan­demie-Ein­dämmung erwägen sogar, alles bis in den nächsten Winter geschlossen zu halten. Das Exper­tenteam geht so weit zu sagen, dass – selbst, wenn 90% der Leute geimpft sind ‑es immer noch bedeute, dass sich noch immer 10% mit Covid-19 infi­zieren könnten. Da ist jeder Kom­mentar überflüssig.

Es soll nun weitere Finanz­hilfen für die Betriebe geben, die aller­dings das Leiden wahr­scheinlich nur ver­längern. Etwa 10.000 € pro Betrieb will das Finanz­mi­nis­terium bereit­stellen. Die arbeitslos gewor­denen Ange­stellten der Gas­tro­no­mie­branche werden Arbeits­lo­sengeld bekommen. Doch ein­gedenk, dass es über drei Mil­lionen Men­schen in dieser Branche sind, deren Existenz bedroht ist, ist es so gut wie unmöglich, das alles auf­zu­fangen. Für viele Briten geht es jetzt um‘s blanke Überleben.

Die großen Ketten der Gastro-Kon­zerne werden aller­dings die Krise recht gut über­stehen. Sie haben sich einige Mil­li­arden an Kre­dit­fi­nan­zierung, Kapi­tal­erhö­hungen und Anleihen beschaffen können und sitzen die Sache aus. Der Gastro-Konzern Wetherspoon kün­digte vor wenigen Tagen an, seine Aktionäre um eine zweite Kapi­tal­erhöhung zu bitten, diesmal um 93 Mil­lionen Pfund (gut 100 Mil­lionen Euro). Der Plan des „Great Reset“, den Mit­tel­stand zugunsten der großen Kon­zerne weltweit aus­zu­ra­dieren, scheint recht gut aufzugehen.

Das älteste eng­lische Gasthaus, „die Reise nach Jeru­salem“ aus dem Jahr 1189: (1000 Jahre alt und alle Fähr­nisse über­standen – doch der Lockdown könnte sein Ende bedeuten.