Die Presse feiert schon die reine „Möglichkeit“, dass es zu einer Wiederbelebung des Atomvertrages zwischen der USA und dem Iran kommen könnte. Präsident Donald Trump war aus dem Vertrag einseitig ausgestiegen und führte die Sanktionen wieder ein. Das Abkommen war ihm zu unsicher und lasse dem Iran doch die Möglichkeit, Atomraketen zu bauen. Der Iran quittierte das quasi mit einem Schulterzucken und verfolgte seine Ziele weiter. Jetzt bemühen sich Unterhändler der großen Industrienationen um eine Wiederbelebung des alten Abkommens von 2015. Die USA halten sich dabei im Hintergrund und lassen sondieren.
Keiner sagt es offen, aber das Problem ist: Das System „Präsident Biden“ will das Atomabkommen zurück, sich aber auf keinen Fall in dieser wichtigen Frage eine Abfuhr einholen. Und der Iran hat eine Trumpfkarte und muss sich nicht darauf einlassen. Was die Medien nur ungern und bei uns gar nicht berichten: Am 21. Mai läuft ein Abkommen zwischen der Atomenergiebehörde IAEA und dem Iran aus. Dann ist der Iran nicht mehr verpflichtet, der Atombehörde Einblick in seine Atomprogramme und Anlagen zu geben. Mitternacht zum 21. Mai werden die Überwachungskameras, die die Inspektoren der Behörde dort überall installiert haben, um Bilder an die Atomenergiebehörde zu senden, einfach abgeschaltet.
Dann weiß niemand mehr, was dort in den Anlagen des Irans vor sich geht. Insbesondere Israel ist hoch nervös. Und reagiert, wie gewohnt, mit einem heimtückischen Angriff. Einem israelischen Rundfunkbericht des öffentlich-rechtlichen Senders „KAN“ zufolge hatte der Mossad am Sonntag, den 11. April einen Anschlag auf die iranische Anlage zur Urananreicherung in Natans verübt. Es wurde niemand verletzt, und es trat auch keine Radioaktivität aus. Der Sender KAN berief sich auf Geheimdienstquellen und berichtete dagegen, der Schaden in Natans sei schwerer, als der Iran zugebe. Am Tag zuvor hatte der Iran offiziell verlautbart, neue Zentrifugen in Betrieb genommen zu haben, mit denen eine effizientere Urananreicherung möglich ist.
Am Dienstag dieser Woche endeten vorläufig die Sondierungsgespräche im Ballsaal des Wiener Grand Hotels, Anfang nächster Woche soll es weitergehen. Diplomatische Unterhändler aus China, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Iran, Russland und den USA haben sich bis dahin mit ihren Regierungen über die Verhandlungsergebnisse aus dieser Woche abgestimmt, die Verhandlungsspielräume festgelegt, die roten Linien definiert, die Sprachregelungen getroffen und in der kommenden Woche geht es nun „zur Sache“. Die Gespräche dieser Woche, so berichtet das österreichische Medium „Die Presse“, habe immerhin laut einem Insider „gewisse Fortschritte“ erzielt. „Die schwierigsten Fragen liegen aber noch vor uns. Das wird kein Selbstläufer.“
Teheran besteht nämlich darauf, dass die USA, die unter Präsident Trump 2018 aus der Vereinbarung ausgetreten waren und alle Sanktionen wieder in Kraft setzten, im Vorhinein die Sanktionen wieder aufheben und zwar komplett. Genau daran drohen die Verhandlungen zu scheitern und dieser Knackpunkt ist kaum zu lösen, denn die USA verweigern genauso entschlossen die Rücknahme der Sanktionen, wie der Iran sie verlangt. Überdies weigern sich die abgesandten des Iran standhaft, direkt mit dem Erzfeind Amerika zu sprechen. Daher laufen die Verhandlungen über die Unterhändler der anderen Staaten zwischen den USA und dem Iran in einer Art „Pendeldiplomatie“ hin und her.
„Zuerst reden die verbliebenen Vertragsparteien des Atomabkommens untereinander – Briten, Franzosen, Deutsche, Chinesen, Russen und Iraner. Und dann wandern die Europäer regelmäßig ein paar Hundert Meter weiter, um im Hotel Imperial den amerikanischen US-Beauftragten, Robert Malley, auf den neuesten Stand zu bringen. Zwei Arbeitsgruppen gab es bisher. Die eine stürzte sich aufs Atomdossier, die andere auf die Sanktionen. Am Dienstag hob die Gemeinsame Kommission, die übers Atomabkommen wacht, ein drittes Team aus der Taufe. Es soll sich damit beschäftigen, in welcher Reihenfolge die Iraner wieder ihre Verpflichtungen erfüllen und die USA ihre Sanktionen rückgängig machen.“
Unklar ist, warum das alles in unseren Medien kaum erwähnt wird. Es ist nur überall die Rede davon, dass die Verhandlungen darum geführt werden, damit der Iran sich dazu verpflichtet, keine Atomwaffen zu bauen, ohne dass ihm die Möglichkeit zur zivilen Nutzung der Atomkraft für Kernkraftwerke zu nehmen.
Der Iran erfreut sich einer guten Verhandlungsposition. Das Öl-Embargo durch die Sanktionen ist zwar unangenehm für den Iran, aber bekanntermaßen wird der Iran von den mit ihm befreundeten Staaten unterstützt. So importierte China schon immer Öl zu günstigen Preisen aus dem Iran, wie arabnews berichtet. Seit den Sanktionen erhöhten sich die Öllieferungen noch weiter. Hiergegen sind die USA machtlos, Versuche, die Zahlungswege zwischen dem Iran und seinen Handelspartnern zu blockieren, werden unterlaufen.
Zusätzlich dürfte den USA die vorsichtige Annäherung zwischen Saudi Arabien und dem Iran sehr missfallen. Konnten sie bisher immer noch auf die erbitterte Feindschaft zwischen beiden Staaten zählen, hatten sich die Vereinigten arabischen Emirate schon seit einiger Zeit mit dem Iran auf ein unaggressives Nebeneinander verständigt. Kein Wunder, die VAE sind direkte Küsten-Nachbarn am roten Meer. Ein heißer Konflikt mit dem Iran wäre ein Desaster. Nun haben die beiden Erzfeinde Iran und Saudi Arabien wieder Gespräche miteinander aufgenommen. Das stärkt die Position des Iran und schwächt die der USA. Das Außenministerium in Teheran hatte am Montag erklärt, ein Dialog mit Saudi-Arabien sei immer zu begrüßen.
Um den Unterhändlern noch ein bisschen mehr Feuer unter den Stühlen zu machen, verkündete Irans Präsident Hassan Rouhani vor dem iranischen Kabinett, dass die Zentrifugen der ersten IR-1-Generation, die bei dem Angriff am Sonntag beschädigt worden sind, von den fortgeschritteneren IR-6-Zentrifugen ersetzt werden, die das Uran noch sehr viel schneller anreichern können. Er betonte, dass der Iran nun in der Lage sei, das Uran auf 60% anzureichern. Um atomwaffenfähiges Uran herzustellen, ist eine Anreicherung auf 90% vonnöten. Es spricht vieles dafür, dass der Iran auf dem Weg dazu ist, die nötigen technischen Voraussetzungen schaffen zu können.
„‘Das ist eine sehr ernstzunehmende Entwicklung, denn die Produktion hoch angereicherten Urans stellt einen wichtigen Schritt in der Produktion einer Atomwaffe dar‘, heißt es von Seiten der (verhandelnden) Länder. ‚Der Iran hat kein glaubwürdiges Erfordernis zur zivilen Nutzung für eine Anreicherung auf diesem Leve‘l.“
(Original: “This is a serious development since the production of highly enriched uranium constitutes an important step in the production of a nuclear weapon,” the countries said. “Iran has no credible civilian need for enrichment at this level.”)
Die Inspektoren der internationalen Atombehörde IAEA besuchten die Anlage in Natans
US-Staatssekretär Antony Blinken nannte diese Urananreicherung eine „provokative Meldung“ und stelle die Ernsthaftigkeit des Irans und den Sinn der Atomgespräche in Frage.
Laut yahoo!finance kommentierte der oberste religiöse Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, die Verhandlungsangebote in Wien mit der Bemerkung, sie seien, wie üblich, arrogant und erniedrigend und es „nicht einmal wert anzuschauen“. Er erinnerte auch daran, dass die Zeit ablaufe.
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