Der iranische Präsident Hassan Rouhani und der Vorsitzende der AEOI, Ali Akbar Salehi vor dem Atomkraftwerk in Bushehr. Bildquelle: Tasnim News Agency via Wikimedia Commons, Bildlizenz: CC BY 4.0

„Das wird kein Selbst­läufer“: Atom­ver­hand­lungen mit dem Iran werden schwierig

Die Presse feiert schon die reine „Mög­lichkeit“, dass es zu einer Wie­der­be­lebung des Atom­ver­trages zwi­schen der USA und dem Iran kommen könnte. Prä­sident Donald Trump war aus dem Vertrag ein­seitig aus­ge­stiegen und führte die Sank­tionen wieder ein. Das Abkommen war ihm zu unsicher und lasse dem Iran doch die Mög­lichkeit, Atom­ra­keten zu bauen. Der Iran quit­tierte das quasi mit einem Schul­ter­zucken und ver­folgte seine Ziele weiter. Jetzt bemühen sich Unter­händler der großen Indus­trie­na­tionen um eine Wie­der­be­lebung des alten Abkommens von 2015. Die USA halten sich dabei im Hin­ter­grund und lassen sondieren.

Keiner sagt es offen, aber das Problem ist: Das System „Prä­sident Biden“ will das Atom­ab­kommen zurück, sich aber auf keinen Fall in dieser wich­tigen Frage eine Abfuhr ein­holen. Und der Iran hat eine Trumpf­karte und muss sich nicht darauf ein­lassen. Was die Medien nur ungern und bei uns gar nicht berichten: Am 21. Mai läuft ein Abkommen zwi­schen der Atom­ener­gie­be­hörde IAEA und dem Iran aus. Dann ist der Iran nicht mehr ver­pflichtet, der Atom­be­hörde Ein­blick in seine Atom­pro­gramme und Anlagen zu geben. Mit­ter­nacht zum 21. Mai werden die Über­wa­chungs­ka­meras, die die Inspek­toren der Behörde dort überall instal­liert haben, um Bilder an die Atom­ener­gie­be­hörde zu senden, einfach abgeschaltet.

Dann weiß niemand mehr, was dort in den Anlagen des Irans vor sich geht. Ins­be­sondere Israel ist hoch nervös. Und reagiert, wie gewohnt, mit einem heim­tü­cki­schen Angriff. Einem israe­li­schen Rund­funk­be­richt des öffentlich-recht­lichen Senders „KAN“ zufolge hatte der Mossad am Sonntag, den 11. April einen Anschlag auf die ira­nische Anlage zur Uran­an­rei­cherung in Natans verübt. Es wurde niemand ver­letzt, und es trat auch keine Radio­ak­ti­vität aus. Der Sender KAN berief sich auf Geheim­dienst­quellen und berichtete dagegen, der Schaden in Natans sei schwerer, als der Iran zugebe. Am Tag zuvor hatte der Iran offi­ziell ver­lautbart, neue Zen­tri­fugen in Betrieb genommen zu haben, mit denen eine effi­zi­entere Uran­an­rei­cherung möglich ist.

Am Dienstag dieser Woche endeten vor­läufig die Son­die­rungs­ge­spräche im Ballsaal des Wiener Grand Hotels, Anfang nächster Woche soll es wei­ter­gehen. Diplo­ma­tische Unter­händler aus China, Deutschland, Groß­bri­tannien, Frank­reich, Iran, Russland und den USA haben sich bis dahin mit ihren Regie­rungen über die Ver­hand­lungs­er­geb­nisse aus dieser Woche abge­stimmt, die Ver­hand­lungs­spiel­räume fest­gelegt, die roten Linien defi­niert, die Sprach­re­ge­lungen getroffen und in der kom­menden Woche geht es nun „zur Sache“. Die Gespräche dieser Woche, so berichtet das öster­rei­chische Medium „Die Presse“, habe immerhin laut einem Insider „gewisse Fort­schritte“ erzielt. „Die schwie­rigsten Fragen liegen aber noch vor uns. Das wird kein Selbstläufer.“

Teheran besteht nämlich darauf, dass die USA, die unter Prä­sident Trump 2018 aus der Ver­ein­barung aus­ge­treten waren und alle Sank­tionen wieder in Kraft setzten, im Vor­hinein die Sank­tionen wieder auf­heben und zwar kom­plett. Genau daran drohen die Ver­hand­lungen zu scheitern und dieser Knack­punkt ist kaum zu lösen, denn die USA ver­weigern genauso ent­schlossen die Rück­nahme der Sank­tionen, wie der Iran sie ver­langt. Überdies weigern sich die abge­sandten des Iran standhaft, direkt mit dem Erz­feind Amerika zu sprechen. Daher laufen die Ver­hand­lungen über die Unter­händler der anderen Staaten zwi­schen den USA und dem Iran in einer Art „Pen­del­di­plo­matie“ hin und her.

Zuerst reden die ver­blie­benen Ver­trags­par­teien des Atom­ab­kommens unter­ein­ander – Briten, Fran­zosen, Deutsche, Chi­nesen, Russen und Iraner. Und dann wandern die Europäer regel­mäßig ein paar Hundert Meter weiter, um im Hotel Imperial den ame­ri­ka­ni­schen US-Beauf­tragten, Robert Malley, auf den neu­esten Stand zu bringen. Zwei Arbeits­gruppen gab es bisher. Die eine stürzte sich aufs Atom­dossier, die andere auf die Sank­tionen. Am Dienstag hob die Gemeinsame Kom­mission, die übers Atom­ab­kommen wacht, ein drittes Team aus der Taufe. Es soll sich damit beschäf­tigen, in welcher Rei­hen­folge die Iraner wieder ihre Ver­pflich­tungen erfüllen und die USA ihre Sank­tionen rück­gängig machen.“

Unklar ist, warum das alles in unseren Medien kaum erwähnt wird. Es ist nur überall die Rede davon, dass die Ver­hand­lungen darum geführt werden, damit der Iran sich dazu ver­pflichtet, keine Atom­waffen zu bauen, ohne dass ihm die Mög­lichkeit zur zivilen Nutzung der Atom­kraft für Kern­kraft­werke zu nehmen.

Der Iran erfreut sich einer guten Ver­hand­lungs­po­sition. Das Öl-Embargo durch die Sank­tionen ist zwar unan­genehm für den Iran, aber bekann­ter­maßen wird der Iran von den mit ihm befreun­deten Staaten unter­stützt. So impor­tierte China schon immer Öl zu güns­tigen Preisen aus dem Iran, wie arabnews berichtet. Seit den Sank­tionen erhöhten sich die Öllie­fe­rungen noch weiter. Hier­gegen sind die USA machtlos, Ver­suche, die Zah­lungswege zwi­schen dem Iran und seinen Han­dels­partnern zu blo­ckieren, werden unterlaufen.

Zusätzlich dürfte den USA die vor­sichtige Annä­herung zwi­schen Saudi Arabien und dem Iran sehr miss­fallen. Konnten sie bisher immer noch auf die erbit­terte Feind­schaft zwi­schen beiden Staaten zählen, hatten sich die Ver­ei­nigten ara­bi­schen Emirate schon seit einiger Zeit mit dem Iran auf ein unag­gres­sives Neben­ein­ander ver­ständigt. Kein Wunder, die VAE sind direkte Küsten-Nachbarn am roten Meer. Ein heißer Kon­flikt mit dem Iran wäre ein Desaster. Nun haben die beiden Erz­feinde Iran und Saudi Arabien wieder Gespräche mit­ein­ander auf­ge­nommen. Das stärkt die Position des Iran und schwächt die der USA. Das Außen­mi­nis­terium in Teheran hatte am Montag erklärt, ein Dialog mit Saudi-Arabien sei immer zu begrüßen.

Um den Unter­händlern noch ein bisschen mehr Feuer unter den Stühlen zu machen, ver­kündete Irans Prä­sident Hassan Rouhani vor dem ira­ni­schen Kabinett, dass die Zen­tri­fugen der ersten IR-1-Gene­ration, die bei dem Angriff am Sonntag beschädigt worden sind, von den fort­ge­schrit­te­neren IR-6-Zen­tri­fugen ersetzt werden, die das Uran noch sehr viel schneller anrei­chern können. Er betonte, dass der Iran nun in der Lage sei, das Uran auf 60% anzu­rei­chern. Um atom­waf­fen­fä­higes Uran her­zu­stellen, ist eine Anrei­cherung auf 90% von­nöten. Es spricht vieles dafür, dass der Iran auf dem Weg dazu ist, die nötigen tech­ni­schen Vor­aus­set­zungen schaffen zu können.

„‘Das ist eine sehr ernst­zu­neh­mende Ent­wicklung, denn die Pro­duktion hoch ange­rei­cherten Urans stellt einen wich­tigen Schritt in der Pro­duktion einer Atom­waffe dar‘, heißt es von Seiten der (ver­han­delnden) Länder. ‚Der Iran hat kein glaub­wür­diges Erfor­dernis zur zivilen Nutzung für eine Anrei­cherung auf diesem Leve‘l.“
(Ori­ginal: “This is a serious deve­lo­pment since the pro­duction of highly enriched uranium con­sti­tutes an important step in the pro­duction of a nuclear weapon,” the countries said. “Iran has no cre­dible civilian need for enrichment at this level.”)

Die Inspek­toren der inter­na­tio­nalen Atom­be­hörde IAEA besuchten die Anlage in Natans

US-Staats­se­kretär Antony Blinken nannte diese Uran­an­rei­cherung eine „pro­vo­kative Meldung“ und stelle die Ernst­haf­tigkeit des Irans und den Sinn der Atom­ge­spräche in Frage.

Laut yahoo!finance kom­men­tierte der oberste reli­giöse Führer des Iran, Aya­tollah Ali Kha­menei, die Ver­hand­lungs­an­gebote in Wien mit der Bemerkung, sie seien, wie üblich, arrogant und ernied­rigend und es „nicht einmal wert anzu­schauen“. Er erin­nerte auch daran, dass die Zeit ablaufe.