Weltweit steigt die Zahl der Kinderehen. Weltweit leiden über 650 Millionen Frauen und Mädchen unter den Folgen der Kinderehe. Grace aus Tansania war erst 12 Jahre alt, als sie entführt und 11 Monate lang jeden Tag vergewaltigt und geschlagen wurde. Ihr Vater verkaufte Grace für 12 Kühe. Und auch die Zahl der grausamen weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) nimmt zu. Sie wird nicht nur auf dem afrikanischen Kontinent praktiziert, sondern auch auf anderen Kontinenten wie Asien. Ein Mädchen legt sich auf einen Tisch, eine Beschneiderin nimmt ein Messer oder auch eine Glasscherbe und beginnt mit einer Prozedur, nach der nichts mehr sein wird wie zuvor: die Genitalverstümmelung.
Nicht selten sterben Mädchen an den Folgen des Eingriffs, weil kein steriles Operationsbesteck verwendet wird. Auch in Kenia führten die Schulschließungen zu einem Anstieg der FGM. Während in vielen Ländern FGM bereits verboten ist, fordert eine Ärztin die Legalisierung weiblicher Genitalverstümmelung in Kenia, mit der Begründung, dass viele Frauen sich einer Beschneidung unterziehen lassen wollen, aber das Gesetz es verhindern würde. Sie reichte eine Petition bei Gericht ein, doch das kenianische Oberste Gericht lehnte zum Wohle der Frauen ab. Die Praxis habe keine gesundheitlichen Vorteile, im Gegenteil, denn während und nach der Verstümmelung erleiden die Mädchen starke Schmerzen und oftmals entstehen lebenslange Komplikationen. FGM kann zu schweren Blutungen, Infektionen, Unfruchtbarkeit und zum Tod führen.
Schulschließungen in Kenia führen zu einem Anstieg der FGM
Beschnittene Mädchen gelten in vielen Ländern immer noch als „sauber“. Amina Ahmed, 69, ist eine Beschneiderin, die seit den 1980er Jahren in verschiedenen Ländern praktiziert, darunter Somalia, Äthiopien und jetzt in Kenia. Sie arbeitet in Nairobi in einer Klinik und führt FGM-Eingriffe alleine und ohne Unterstützung durch. Sie räumt ein, dass es lebenslange Komplikationen geben kann, die durch FGM verursacht werden, sagt jedoch, dass sie „Vorsichtsmaßnahmen“ trifft, um dies zu verhindern, obwohl sie diese Vorsichtsmaßnahmen nicht näher erläutert. Sie sagt, dass wohlhabendere Kunden in der Klinik Schmerzmittel kaufen können, die zwischen 40 und 50 US-Dollar kosten, so der Bericht von Abdullahi Mire mit dem Titel: „Geschlachtet“: Die kenianische FGM-Klinik für Europäer
Kenia hat FGM 2011 verboten, aber auch Europäer bringen ihre Töchter immer noch in unterirdische Kliniken, um dort ihre Töchter eine Genitalverstümmelung zu unterziehen. Vor Corona wurden etwa etwa 100 Mädchen pro Monat von ihren Familien in eine Untergrundklinik in Nairobi gebracht, um einer weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) unterzogen zu werden. Familien kommen aus der ganzen Welt nach Kenia und sind bereit, 150 Dollar für die FGM ihrer Tochter zu zahlen. Hier werden hauptsächlich somalische Kunden aus Europa – insbesondere Großbritannien, Schweden und Norwegen aber auch aus den USA empfangen.
„Die Leute bezahlen mich, um eine Klinik zu suchen, die ihren jungen Mädchen hilft“, so ein Mittelsmann. „Das Geschäft läuft gut; Manchmal können wir über 30 Kunden pro Woche betreuen. “ Die Eltern reisen Tausende von Kilometern und zahlen große Geldsummen, um sicherzustellen, dass ihre Töchter einem Verfahren unterzogen werden, das vom Verlust der Klitorisspitze bis zum Abschneiden der gesamten inneren und äußeren Schamlippen und dem Nähen der Öffnung zur Vagina reichen kann .
FGM ist in Kenia seit 2011 verboten, eine Ärztin fordert, dass das Verbot aufgehoben wird
Genitalverstümmelung wird in Kenia und in Teilen Afrikas weitgehend verurteilt, aber Dr. Kamau argumentiert, dass es sich um eine uralte kenianische Tradition handelt und dass ein völliges Verbot das Recht einer Frau verletzt, ihre kulturellen Überzeugungen auszuüben. Dr. Kamau behauptet, dass ihre Kultur und ihre kulturellen Praktiken verfassungsrechtlich geschützt sind und dass die Verhinderung der Ausübung von FGM eine Verletzung ihrer Rechte darstellt. Sie behauptet sogar, dass Beschnittene Frauen fruchtbarer sind und ihre Ehemänner nicht wegen Sex belästigen.
In dem Bericht mit dem Titel „Gegen meinen Willen: Den Praktiken trotzen, die Frauen und Mädchen schaden und die Gleichstellung untergraben “ wird festgestellt , dass jedes Jahr Millionen von Frauen und Mädchen einer weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) ausgesetzt sind. Da die Schulen geschlossen sind, um das Coronavirus einzudämmen, sind Mädchen einem höheren Risiko für FGM, Schwangerschaft im Teenageralter und Kinderehen ausgesetzt. Dazu auch: Weitere Millionen Fälle von Gewalt, Kinderehe, Genitalverstümmelung bei Mädchen – NUMBER OF GIRLS SUBJECTED TO HARMFUL PRACTICES STILL GROWING
So wie bei der 13-jährigen Gumato, sie stammt aus der Gabra, einem nomadischen Kamelhirtenstamm, der in einer halbtrockenen Region im Nordosten Kenias lebt. Bis Mitte März 2020 hatte sie jeden Tag ihre rosa Bluse und ihren dunkelblauen Rock angezogen, um zur Schule zu gehen. Heutzutage trägt sie nur noch ihr langes traditionelles Kleid.
„Ich habe die Schule geliebt und davon geträumt, Lehrerin für Naturwissenschaften zu werden“, erzählte Gumato.Ihr Traum scheint weiter weg zu sein als je zuvor. Drei Tage nachdem Kenia Mitte März 2020 seine erste COVID-19-Infektion registriert hatte, beschloss die Regierung, alle Schulen zu schließen. Einige Wochen später beschlossen Gumatos Eltern, ihre Tochter einer weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) zu unterziehen, die in Kenia verboten ist, aber von einigen Stämmen immer noch praktiziert wird.
„Wir waren froh, dass die Schulen geschlossen haben, weil dies uns eine bessere Gelegenheit gab, unsere Mädchen zu beschneiden“, erklärt Gumatos Mutter, als sie auf dem Erdboden neben einem kleinen Feuer in einer der Hütten sitzt. „Die Schulferien sind normalerweise etwas kurz, damit sich die Mädchen vollständig erholen können.“
Sie wollte, dass ihre Tochter sich einer FGM unterzieht, sagt sie, weil Gabra-Männer nur beschnittene Mädchen heiraten. Die Gabra sind eine Ethnie in der Chalbi-Wüste im Norden Kenias sowie in Südäthiopien, die traditionell als Kamelnomaden lebt.
Anfang April 2020 wurden Gumato und zwei andere Mädchen in ein Haus in einem Dorf hinter den Hügeln gebracht, ohne Straßen oder offizielle Verwaltung. Sie sollten sich mit kaltem Wasser waschen, dann wurden sie einzeln beschnitten. Zwei Frauen hielten sie von hinten fest, zwei Frauen hielten ihre Beine fest, eine Frau bedeckte ihre Augen und eine andere schnitt.
„Es war äußerst schmerzhaft, aber ich schwieg, als die Frauen mir versicherten, dass ich, wenn ich schreien oder weinen würde, als Feigling angesehen werde und niemand bereit wäre, mich zu heiraten“, erinnert sich Gumato. „Nach dem Eingriff wurde die Wunde nicht behandelt oder gereinigt und unsere Schenkel waren vier Tage lang zusammengebunden. Wir mussten in einen Eimer pinkeln und durften kein Wasser trinken.“
Nach sieben Tagen wurden die Mädchen in ihre Häuser zurückgebracht.
„Ich befürchte, dass ich bald verheiratet werde, weil es keine Schule gibt, also sitzen wir einfach untätig zu Hause, während mein Vater, wenn ich verheiratet bin, drei Kamele als Mitgift erhält“, sagt sie.
Die Verstümmelung reicht von der Entfernung der Klitorisvorhaut (milde Sunna) über die Entfernung der Klitoris selbst (modifizierte Sunna) und der inneren Schamlippen (Clitoridectomie) bis zum Vernähen der äußeren Schamlippen mit Ausnahme einer winzigen Öffnung für Urin und Blut.
Dass die Tradition gegen das kenianische Gesetz verstößt, ist vielen Mädchen nicht bewusst. Beschneidung von Frauen, Sex mit Minderjährigen und Heirat unter 18 ist in Kenia verboten und doch nimmt diese Tradition trotz Aufklärung wieder zu.
Das kenianische Oberste Gericht lehnte am 17.März 2021 die Petition von Dr. Tatu Kamau mit der Begründung ab, da die Praxis der Genitalverstümmelung keine gesundheitlichen Vorteile habe.
Das Urteil von drei Richtern des High Court gegen die von Tatu Kamau eingereichte Petition besagte, dass vorgelegte Beweise zeigten, dass Frauen in den Gemeinden, die die Beschneidung von Frauen praktizieren – wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen allgemein als weibliche Genitalverstümmelung (FGM) bezeichnet – keine Wahl haben.
„Wir sind nicht davon überzeugt, dass man sich für eine schädliche Praxis entscheiden kann“, sagten die Richter Lydia Achode, Kanyi Kimono und Margaret Muigai in ihrer Entscheidung.
Das 2011 verabschiedete Gesetz über weibliche Genitalverstümmelung in Kenia besagt, dass jeder, der für schuldig befunden wird, zu mindestens drei Jahren Gefängnis verurteilt oder mit einer Geldstrafe von 1.800 US-Dollar belegt werden kann. Dr. Kamau beabsichtigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen, sagte ihr Vertreter nach dem Urteil. „Generell bin ich enttäuscht. Ich habe das Gefühl, dass die Rechte von Frauen in denen eines Kindes zusammengefasst wurden “, sagte sie. Frauenrechtler sind entsetzt über die Äußerungen von Dr. Kamau und erleichtert, dass das Gericht zum Wohle der Mädchen und Frauen entschieden hat.
„Ich bete darum, dass eines Tages keine Frau mehr diese Qual erleiden muss. Sie soll zu etwas längst Vergangenem werden. Die Menschen sollen sagen: „Hast du schon gehört, die Genitalverstümmelung von Frauen ist in Somalia gesetzlich verboten und unter Strafe gestellt worden?“ Und dann dasselbe auch im nächsten Land und im nächsten, und so weiter, bis die ganze Welt für alle Frauen sicher ist. Was für ein glücklicher Tag wird das sein – und darauf arbeite ich hin. So Gott will, wird dieser Tag kommen.“ Waris Dirie
Netzfrau Doro Schreier
Quelle: netzfrauen.org
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