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Elek­tro­autos: Doppelt soviel CO2 wie gedacht

171 Auto-Experten aus sechs Ländern werfen der EU-Kom­mission vor, die CO2– Emis­sionen von E‑Fahrzeugen falsch berechnet zu haben. Der Aus­stoss liege in Wahrheit um Faktor zwei höher. Stimmt der Vorwurf, ist es mit den öko­lo­gi­schen Vor­teilen der Elek­tro­mo­bi­lität weit­gehend vorbei.

(von Alex Reichmuth, Nebelspalter)

CO2-Bilanzen von Elek­tro­mo­bilen sind eine hoch­um­strittene Sache. Zwar stossen E‑Autos während des Betriebs kein Koh­len­dioxid aus. Aber bis sie mit vollen Bat­terien für die nächste Fahrt bereit­stehen, geht viel Koh­len­dioxid in die Luft. Zum einen ist die Her­stellung der Bat­terie sehr CO2-intensiv. Zum anderen wird der Strom, den E‑Mobile tanken, unter Umständen mit fos­silen Brenn­stoffen pro­du­ziert. Je nachdem, welche Werte man punkto Fahr­leistung und Strommix vor­aus­setzt, fällt die CO2-Bilanz völlig unter­schiedlich aus.

Klar ist, dass Elek­tro­autos gegenüber Fahr­zeugen mit Ver­bren­nungs­motor nur dann öko­lo­gisch im Vorteil sind, wenn der getankte Strom weit­gehend CO2-frei her­ge­stellt ist. Kommen bei der Strom­pro­duktion aber über­wiegend Kohle oder Gas zum Einsatz, schneiden E‑Mobile sogar deutlich schlechter ab. Die Umwelt­freund­lichkeit der Elek­tro­mo­bi­lität hängt darum wesentlich davon ab, ob in Zukunft viel mehr Wind- und Solar­strom pro­du­ziert werden kann.

Der durch­schnitt­liche Strommix ist entscheidend

Jeden­falls sollte für eine faire Beur­teilung immer mit dem CO2-Wert des durch­schnitt­lichen Strommix, der bereit­steht, gerechnet werden. 171 Wis­sen­schaftler und Auto-Experten aus sechs EU-Staaten werfen der EU-Kom­mission in einem Brief nun vor, für den Strommix der Zukunft falsche Annahmen getroffen und den CO2-Wert ent­spre­chend falsch berechnet zu haben. Über den «Brand­brief» hat die «Stutt­garter Zeitung» zuerst berichtet.

Da nicht nur in der Mobi­lität ein Wechsel zur Elek­tri­zität vor­ge­sehen sei, sondern auch in der  Industrie und beim Heizen, reiche der Öko­strom nicht. Darum gehe die Rechnung punkto CO2 nicht auf.

Konkret seien die realen CO2-Emis­sionen der Strom­pro­duktion im Jahr 2030 zum Bei­spiel für Deutschland mehr als doppelt so hoch wie bisher ange­nommen. Denn die EU-Kom­mission gehe bei ihren Vor­gaben irr­tümlich davon aus, dass der Strom wegen des Ausbaus von Wind- und Solar­an­lagen sau­berer werde. Da aber nicht nur in der Mobi­lität ein Wechsel zur Elek­tri­zität vor­ge­sehen sei, sondern auch in der Industrie und beim Heizen, reiche der Öko­strom nicht. Darum gehe die Rechnung punkto CO2 nicht auf.

«Ein Ein­spar­po­tenzial, das wir nicht haben»

«Die Zahlen sug­ge­rieren ein Ein­spar­po­tenzial, das wir nicht haben», sagte Mitunterzeichner

Thomas Koch vom Karls­ruher Institut für Tech­no­logie gegenüber der Deut­schen Pres­se­Agentur. Denn der Strommix sei schlicht falsch berechnet worden. «Die Frage ist nicht:

Elek­troauto oder Ver­brenner. Die Frage ist: fossil oder nicht.»

Als Bei­spiel diente im Artikel der «Stutt­garter Zeitung» der elek­trisch betriebene ID.3 von VW. Mit einem Bedarf von 16,1 Kilo­watt­stunden pro 100 Kilo­meter und einer totalen Lauf­leistung von 224’000 Kilo­meter ver­ur­sache dieses Fahrzeug gemäss EU-Kom­mission 14 Tonnen Koh­len­dioxid. Nehme man aber einen rea­lis­ti­schen Strommix an, müsse von einem Aus­stoss von 30 Tonnen Koh­len­dioxid aus­ge­gangen werden.

Alle Tech­no­logien werden gebraucht

Die Ver­fasser des Briefes bekennen sich zum öko­lo­gi­schen Umbau und zur Not­wen­digkeit, den Aus­stoss von CO2 deutlich zu redu­zieren, auch im Verkehr. Alle Tech­no­logien wie das E– die Reduktion von Koh­len­dioxid, wenn CO2-neutral her­ge­stellter syn­the­ti­scher Kraft­stoff in× Auto, die Brenn­stoff­zelle und der Hybrid würden gebraucht. Am erfolg­ver­spre­chendsten sei hoch effek­tiven Ver­bren­nungs­mo­toren genutzt würde. Aber aus­ge­rechnet die Antriebs­tech­no­logie von Autos mit dem nied­rigsten CO2-Aus­stoss, Hybrid-Diesel, werde poli­tisch und wirt­schaftlich anscheinend «kom­plett ausgebremst».

Am 14. Juli will die Kom­mission die neuen, ver­schärften CO2-Flot­ten­grenz­werte für

Per­so­nen­fahr­zeuge 2030 vor­stellen, die sich aus heu­tiger Sicht nur mit mas­senhaft Elek­tro­autos erreichen lassen.

Die unter­zeich­nenden Wis­sen­schaftler fordern die EU-Kom­mission auf, ihre Gesetz­ge­bungs­vor­schläge im Interesse der EU-Bürger, die eine effektive Redu­zierung des CO2-Aus­tosses wollen, zu ändern. Ihre For­derung kommt zu einem bri­santen Zeit­punkt: Am 14. Juli will die Kom­mission die neuen, ver­schärften CO2-Flot­ten­grenz­werte für Per­so­nen­fahr­zeuge 2030 vor­stellen, die sich aus heu­tiger Sicht nur mit mas­senhaft Elek­tro­autos erreichen lassen.

«Hoch­gradig peinlich»

Die Kritik an den Ver­fassern des Briefes folgte auf der Stelle. Christian Rehtanz, Ener­gie­spe­zialist an der TU Dortmund, sprach gegenüber «ZDF» von einem «Lob­by­is­ten­schreiben», das «hoch­gradig peinlich» sei. Mit dem Schreiben werde krampfhaft ver­sucht, «die Kol­ben­ma­schine zu retten». Auch der unge­krönte «Auto­papst» Fer­dinand Duden­höfer meldete sich zu Wort: Wenn er schon das Wort «Tech­no­lo­gie­of­fenheit» höre, dann mut­masse er, dass man noch länger dem Ver­bren­nungs­motor die Stange halten wolle.

Ob die Umstellung auf Elek­tro­mo­bi­lität wirklich der öko­lo­gische Königsweg ist, muss darum mehr denn× je hin­ter­fragt werden.

Der Streit um die rich­tigen CO2-Werte der Elek­tro­mo­bi­lität in der EU muss auch die Schweiz inter­es­sieren. Der hier­zu­lande pro­du­zierte Strom ist zwar weit­gehend CO2-frei. Doch mit der ange­strebten Elek­tri­fi­zierung der Gesell­schaft ist fraglich, ob das so bleibt. Es dürfte im Zuge des Atom­aus­stiegs kaum gelingen, mit Wind- und Solar­strom die stei­gende Strom­nach­frage zu decken. Ent­weder impor­tiert die Schweiz dann grosse Mengen an Elek­tri­zität, die mut­masslich einen hohen Anteil an fos­silem Strom enthält. Oder sie stellt Gas­kraft­werke auf, die die CO2Bilanz des Stroms eben­falls ver­schlechtern. Ob die Umstellung auf Elek­tro­mo­bi­lität wirklich der öko­lo­gische Königsweg ist, muss darum mehr denn je hin­ter­fragt werden.

Der Beitrag erschien zuerst im Nebel­spalter hier


Quelle: eike-klima-energie.eu

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