Das “Tier 666” Aleister Crowley und der Neo­sa­ta­nismus — Teil 2

1912 initi­ierte Theodor Reuß, das Ober­haupt des Ordo Templi Ori­entis (O.T.O.), Crowley zum Leiter des bri­ti­schen Ablegers des berüch­tigten Okkult-Ordens. Später übernahm Crowley als »Bruder Baphomet« die Ober-Leitung der »ori­en­ta­li­schen Templer« und erwei­terte die dort geübten »magi­schen« Prak­tiken um die sexu­al­ma­gische Komponente.

Während des Ersten Welt­krieges hielt Crowley sich in Amerika auf, nachdem die eng­lische Armee ihn wegen »Cha­rak­ter­schwäche« vom Waf­fen­dienst aus­ge­schlossen hatte.

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Nach der Kapi­tu­lation des Deut­schen Reiches kehrte »Bruder Baphomet« nach Europa zurück und ließ sich schließlich 1920 auf Sizilien nieder. In der Nähe des ärm­lichen Fischer­dorfes Cefalu gründete er die Abtei »Thelema« (von grie­chisch: »Wille« ), ein »Gegen­kloster der Lebens­freude und Lebensbejahung«.

Freude kam indes vor­wiegend nur beim Meister selbst auf, der das Leben in seinem »Orden« als eine Art end­loser Hexen-Sabbat insze­nierte und über seine Anhänger ein ebenso hartes wie erbar­mungs­loses Regiment führte. Getreu seiner Selbst­be­zeichnung »To Mega Therion« ( »Das Große Tier 666« ) ließ Crowley sich neben Homo­se­xua­lität keine noch so abartige sexuelle Erfahrung aus: Sodomie sowie die unter­schied­lichsten Akte der Sexualmagie.

Die Zahl 666, in der Johannes-Offen­barung die »Zahl des Tieres«, per­ver­tierte bei Crowley zum Symbol seiner über­stei­gerten libi­di­nösen Grund­struktur (Sex, Sex, Sex) und zeigte zugleich die patho­lo­gische Kom­po­nente dieser Trieb­haf­tigkeit an.

Das Schicksal der­je­nigen seiner Gespie­linnen, die die zwei­fel­hafte Ehre hatten, bei Crowleys sexu­al­ma­gi­schen Prak­tiken die »Frau in Scharlach« zu mimen, bestand in der Regel ent­weder aus Irren­an­stalt, Alkohol- bezie­hungs­weise Dro­gen­sucht oder Selbstmord. (84)

Dass es in der »Hölle der Hure« (ein Begriff, den Crowley von dem fran­zö­si­schen Huma­nisten Rabelais übernahm) auch zu Men­schen­opfern gekommen sei, wurde zwar behauptet, konnte aber nie bewiesen werden. Jeden­falls rühmte sich die »Bestie« selbst damit, zwi­schen 1912 und 1928 jährlich rund 150 Opfer erbracht zu haben. (85)

Wie auch immer wurden derlei Exzesse bald auch den ita­lie­ni­schen Faschisten zu viel: Mus­solini ließ den sub­ver­siven Schwarz­magier 1923 aus­weisen. Das­selbe Schicksal ereilte Crowley 1929 in Frank­reich. Der »gott­lo­seste Mann der Welt« galt gar als »Sicher­heits­risiko«, wurde in den 1920er und 1930er Jahren sogar von Sicher­heits­diensten ver­schie­dener Länder über­wacht. (86)

Schließlich tauchte Crowley in Thü­ringen auf. In Leipzig hei­ratete er am 16. August 1929 Maria Teresa Ferrari und zog mit ihr weiter nach Berlin. Obwohl noch immer eine recht wun­der­liche Erscheinung (fett, kahl­ra­sierter Schädel, ste­chender Blick), sah sich »Das große Tier« in der Reichs­haupt­stadt mit einer solchen Vielzahl von schrillen Adepten der »schwarzen Künste« kon­fron­tiert, dass er ent­täuscht das Feld räumte.

Der Versuch der deut­schen O.T.O.-Sektion, sich den ab 1933 regie­renden Natio­nal­so­zia­listen anzu­dienen, schei­terte. 1935 ver­boten die neuen Macht­haber den »Orden« in Deutschland.

Die letzten Jahre seines Lebens ver­brachte Crowley als Gast eines exzen­tri­schen Lords im eng­li­schen Hastings.
Auch seine zweite Frau war mitt­ler­weile in einer Heil­an­stalt gelandet.

Ver­einsamt, rausch­gift­süchtig und geistig umnachtet starb der »gott­lo­seste Mensch des Jahr­hun­derts« am 1. Sep­tember 1947. Als offi­zielle Todes­ur­sache wurde Herz­ver­sagen infolge einer chro­ni­schen Bron­chitis auf dem Toten­schein eingetragen.

Der Crowley-Bio­graph und Sata­nismus-Insider Ralph Tegt­meier will wissen, dass die Asche des »Meisters« von dessen Nach­folger als Leiter des O.T.O. Karl Germer, in die Ver­ei­nigten Staaten über­führt wurde. (87)

Ein nicht-ehe­licher Sohn Crowleys namens Aleister Atatürk McAlpin soll in Paris gelebt haben und 1978 gestorben sein. (88) Eine »ille­gitime Tochter« will ein pro­tes­tan­ti­scher Geist­licher in der ehe­ma­ligen DDR aus­findig gemacht haben. (89)


Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors  www.guidograndt.de