„Ver­gessen wir nicht, die Deut­schen hatten schon einmal einen Freimaurer-Kanzler!“

Für die Ausgabe 51/52 des öster­rei­chi­schen Wochen­ma­gazin ZurZeit (Ausgabe 51/52, 27. Dezember 2021 – 14. Januar 2022) wurde ich zum Thema Frei­mau­rerei inter­viewt. Darin heißt es: „Der Sach­buch­autor und inves­ti­gative Jour­nalist Guido Grandt über Ziele der Frei­mauerer und ihren Ein­fluss auf die Politik.“

 

Nach­folgend das Interview:

Die Großloge von Öster­reich schreibt auf ihrer Inter­net­seite, „auf den Punkt gebracht“ sei Frei­mau­rerei „Per­sön­lich­keits­training“, und jedes ihrer Mit­glieder arbeite daran „ein bes­serer Mensch zu werden“. Wie sehen Sie diese Selbstdarstellung?

Dass sich Welt­an­schau­ungs­grup­pie­rungen, Geheim­bünde, Sekten und andere nach außen hin das Etikett „Per­sön­lich­keits­training“ mit der Aus­sicht ein „bes­serer Mensch“ zu werden umhängen, ist ja nichts Neues. Denken Sie dies­be­züglich bei­spiels­weise auch an Sci­en­tology. Was aber auf den ersten Blick als „Wer­begag“ anmutet, ist vor­der­gründig tat­sächlich das ehr­liche Bestreben der Frei­mau­rerei auf Grundlage von Brü­der­lichkeit, Huma­nität, Nächs­ten­liebe, Demo­kratie, Libe­ra­lität Freiheit, Gleichheit und Toleranz. Aller­dings wird dieses hehre Anliegen oftmals ad absurdum geführt. Denken Sie nur an den Hoch­g­rad­frei­maurer und Anti­se­miten Henry Ford, dessen Hetz­pam­phlet The inter­na­tional Jew (Der inter­na­tionale Jude – ein Welt­problem oder auch: Der ewige Jude) in 16 Sprachen ver­kauft wurde und von dem Adolf Hitler für Mein Kampf sogar „wort­wörtlich“ umfang­reiche Pas­sagen  ver­wendet haben soll. In den 1930er Jahren nahm Logen­bruder Henry Ford öffentlich Partei für Nazi-Deutschland. Im Juli 1939 verlieh ihm Hitler als erstem Ame­ri­kaner die für einen Nicht-Deut­schen höchste Ehren­aus­zeichnung, das „Groß­kreuz des Deut­schen Adler­ordens“. Oder denken Sie an US-Prä­sident und Frei­maurer Harry Spencer Truman, der die bislang ver­hee­rendsten nuklearen Kata­strophen der Welt­ge­schichte befahl: Am 6. August 1945 den Abwurf der Atom­bombe über Hiro­shima (mit bis zu 90.000 Toten und 50.000 spä­teren Opfern durch radio­aktive Ver­strahlung) und am 9. August 1945 den Abwurf einer wei­teren Atom­bombe über Nagasaki (mit bis zu 36.000 Toten und 40.000 spä­teren Opfern). Wenig bekannt auch, dass die im völ­ki­schen Milieu ver­an­kerten deut­schen Maurer während der Schre­ckens­herr­schaft der Natio­nal­so­zia­listen zunächst „Anpas­sungs­stra­tegien“ ent­wi­ckelten, sich quasi ernied­rigten und anbie­derten, waren sogar bereit, eine „natio­nal­so­zia­lis­tische Frei­mau­rerei“ ein­zu­führen. Doch die Nazis wür­digten den Anbie­de­rungs­versuch in keiner Weise. Das klingt beinahe unglaublich, ist aber durch Frei­maurer-interne Quellen belegt. Dabei weisen Frei­maurer bei jeder Gele­genheit darauf hin, dass sie arme Ver­folgte des Hitler-Regimes gewesen seien. Dies stimmt aller­dings nur zum Teil. Ganz abge­sehen davon, dass die Frei­mau­rerei nach wie vor in „regu­lären“ tra­di­tio­nellen Logen Frauen wei­terhin aus­schließt, selbst wenn immer wieder auf soge­nannte „gemischte“ oder reine „Frau­en­logen“ hin­ge­wiesen wird. Gleich­be­rech­tigung und Gleich­stellung sieht wahrlich anders aus.

Was sind die wahren Ziele der Frei­maurer bzw. der Freimaurerei?

Fakt ist, dass die Frei­mau­rerei eine wichtige Stütze der Auf­klärung war, in der positive Werte wie Toleranz, Brü­der­lichkeit, Demo­kratie, Gleichheit aller Rassen und Reli­gionen ver­ankert wurden. Meines Erachtens ist das wahre Ziel, das wahre Geheimnis der Frei­mau­rerei jedoch in der poli­ti­schen Handlung zu suchen, sprich: In der aktiven Politik der ein­zelnen Logen­brüder selbst, der als Poli­tiker der frei­mau­re­ri­schen Ideo­logie nicht zuwi­der­handeln darf. Das ist nichts anderes als eine poli­tische Beein­flussung durch eine Welt­an­schauung, nämlich die der Frei­mau­rerei! Wie groß wäre die Auf­regung, wenn Poli­tiker, die bei­spiels­weise Zeugen Jehovas oder Sci­en­to­logen wären, dieser Welt­an­schauung nicht zuwi­der­handeln dürften? Aber noch etwas anderes darf nicht an die Öffent­lichkeit und deshalb werden die Mit­glie­der­listen völlig geheim gehalten: dass Poli­tiker aller Par­teien, die sich im Bun­destag, in den Land­tagen und anderen Gremien meist als poli­tische „Gegner“ outen und vor aller Augen zumeist gegen­sätz­liche Mei­nungen ver­treten, oftmals auch als Brüder im Geiste unter einem Logendach vereint sitzen, um einer gemein­samen Welt­an­schauung und Ideo­logie zu frönen – der frei­mau­re­ri­schen. Diese Erkenntnis darf nicht nach außen dringen.

Inwieweit hat die Frei­mau­rerei die Welt geprägt und tut das auch heute noch?

Die Frei­mau­rerei bzw. ein­zelne Frei­maurer prägten die Welt seit Bestehen des Geheim­bundes. So spielten sie bei­spiels­weise eine maß­geb­liche Rolle in der Ame­ri­ka­ni­schen und der Fran­zö­si­schen Revo­lution, die das Gesicht der Neuen und der Alten Welt kom­plett ver­än­derten. Füh­rende Revo­lu­tionäre gehörten Frei­mau­rer­logen an, in denen der­artige Umstürze – etwa von einer Mon­archie zu einer Republik – pro­pa­giert wurden. Ebenso scheint Fakt, dass Frei­maurer für das Attentat am 28. Juni 1914 in Sarajewo auf Erz­herzog Franz Fer­dinand d’Este, Thron­folger und Neffe Franz Joseph I., des öster­rei­chi­schen Kaisers und Apos­to­li­schen Königs von Ungarn und Kroatien, ver­ant­wortlich sind. In meinem Buch Mord­kom­plott Sarajewo – Die Jahr­hun­dert­ver­tu­schung weise ich gerade dies akri­bisch und mit­unter anhand von his­to­ri­schen Zeu­gen­aus­sagen und Doku­menten nach, beleuchte aber auch die Hin­ter­gründe. Dieses Attentat führte bekanntlich zum Ersten Welt­krieg. Ver­gessen wird gerne, dass Deutschland schon einmal einen „Frei­maurer-Kanzler“ hatte, nämlich Gustav Stre­semann, der 1923 in der Wei­marer Republik dieses Amt übernahm. Stre­semann schaffte es unter anderem, dass das Deutsche Reich am 8. Sep­tember 1926 wieder in den Völ­kerbund auf­ge­nommen wurde.

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EINSCHUB/ANMERKUNG:

Dazu schrieb ich in meinem Stan­dardwerk Schwarzbuch Frei­mau­rerei:

Das mau­re­rische »Flagg­schiff« unter den Poli­tikern ist aber nach wie vor Gustav Stre­semann (1878–1929). Der deutsche Staatsmann hatte es zu vielen poli­ti­schen Ämtern und Ehren gebracht: Führer der Deut­schen Volks­partei, Reichs­kanzler, Reichs­au­ßen­mi­nister und Frie­dens­no­bel­preis­träger (1926). Seit 1923, also in der Zeit, in der er Kanzler war, war er Mit­glied der Ber­liner Loge »Friedrich der Große « (Großloge »Drei Welt­kugeln«) und Ehren­mit­glied seiner Loge, weil er ein »Bedürfnis nach geis­tiger Gemein­samkeit« und »innerer Befrie­digung« suchte und hoffte, dies bei der Frei­mau­rerei zu finden. Deshalb schrieb er in seinem Auf­nah­me­gesuch an die Loge: »Schon lange war mein Wunsch, in eine engere Beziehung zu einem Kreis gleich­ge­sinnter Men­schen zu gelangen, die in unserer an Mate­ria­lismus, Hast und Unruhe sich zer­mür­benden Zeit sich das Reich all­ge­meinen Men­schentums, innerer Besinn­lichkeit und Geis­tigkeit zu erhalten suchen. Im deut­schen Frei­mau­rertum hoffe ich, eine solche Gemein­schaft zu finden.«

Doch von dieser Affi­nität zur Dis­kreten Gesell­schaft wusste die Öffent­lichkeit nichts. So hatte also auch Deutschland einen Kanzler, der Frei­maurer war! Stre­semann leitete nicht nur das Locarno-Abkommen, in dem Deutschland sich bereit erklärte, die Grenzen zu Frank­reich und Belgien als »unab­än­derlich« anzu­er­kennen und auf eine »gewaltsame Ver­än­derung« zu ver­zichten (dafür räumten die Briten ihre besetzte Zone im Rheinland), sondern auch die deutsch­fran­zö­sische Aus­söhnung mit seinem Logen­bruder, dem fran­zö­si­schen Außen­mi­nister und Frei­maurer Aristide Briand. Er reichte ihm also sozu­sagen die »Hand zum Bunde«. Stre­semann hatte es auch geschafft, dass das Deutsche Reich am 8. Sep­tember 1926 wieder in den Völ­kerbund auf­ge­nommen wurde. Er galt als bedeu­tender Staatsmann, der sich für Ver­stän­digung, Volks­ver­söhnung und Frieden ein­ge­setzt hatte. Zusammen mit seinem fran­zö­si­schen Logen­bruder Briand erhielt er am 10. Dezember 1926 den Friedensnobelpreis.

Der Autor und Frei­maurer Tom Goeller meint hierzu: »Betrachtet man Stre­se­manns poli­ti­sches Wirken zu jener Zeit, liegt es geradezu auf der Hand, dass dieser deutsche Staatsmann seinem ganzen Wesen nach die Phi­lo­sophie der Frei­maurer ver­in­ner­licht hatte … Und er trug seine frei­mau­re­rische Gesinnung sogar nach außen.«[1] Bei­spiels­weise erregte Stre­semann Auf­sehen, als er 1926 in Genf eine Rede anlässlich des Ein­trittes Deutsch­lands in den Völ­kerbund hielt – in dem es viele Frei­maurer gab –, die deutlich an frei­mau­re­ri­schen Sprach­ge­brauch ange­lehnt und vom mau­re­ri­schen Welt­geist erfüllt war. Er sprach dabei vom »gött­lichen Bau­meister der Erde«, dem höchsten mau­re­ri­schen Wesen also, und schickte damit eine »kodierte Bot­schaft an die Völ­ker­ge­mein­schaft: Ihr könnt mir ver­trauen. Ich bin einer von euch.« (Goeller) Und in seiner letzten Rede vor seinem Tod, eben­falls vor dem Völ­kerbund am 9. Sep­tember 1929, legte er fast »welt­ver­schwö­re­risch« nach: »Wir in unserem Kreise, wir haben die nüch­terne Aufgabe, die Völker ein­ander näher zu bringen.«[2]

Doch weniger bekannt ist, dass die deut­schen Frei­maurer und damit auch das unzu­friedene Bür­gertum als Mit­glieder von dieser Ver­söh­nungs­po­litik Stre­semann eigentlich zunächst gar nicht viel wissen wollten und sich daher zur poli­ti­schen Glanz­leistung Stre­se­manns gänzlich aus­schwiegen. Große Teile der Frei­mau­rerei zu jener Zeit gingen sogar soweit, mit natio­nalen Erklä­rungen gegen die Ver­sailler-Ver­träge, gegen die Kriegs­schuldlüge zu reagieren, den Pazi­fismus als »schwäch­liche, volks­schä­di­gende see­lische Ent­artung« anzu­sehen, ganz im Gegensatz zu Stre­se­manns Politik. Nur um der völ­ki­schen Öffent­lichkeit den eigenen Natio­na­lismus zu beweisen!

[1] Vgl. Tom Goeller: „Frei­maurer – Auf­klärung eines Mythos“, Berlin-Bran­denburg 2006, S. 12

[2] Vgl. Tom Goeller: „Frei­maurer – Auf­klärung eines Mythos“, Berlin-Bran­denburg 2006, S. 13

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Der SWR nannte für 2012 weltweit fünf Mil­lionen Mit­glieder der Frei­mau­rerei. Ist es ange­sichts dieser Mit­glie­derzahl noch möglich, dass alle ein und das­selbe Ziel ver­folgen oder gibt es in der Frei­mau­rerei auch kon­kur­rie­rende, viel­leicht sogar ein­ander bekämp­fende Gruppen bzw. Richtungen?

In der Tat, meine Infor­manten, die selbst in Logen sitzen, berichten regel­mäßig von solchen »Gra­ben­kämpfen«. Nicht zu ver­gessen, dass es auch unliebsame Abspal­tungen gibt, wie etwa die vielen okkult-magi­schen Orden und Logen, in denen es mit­unter zu Sexu­al­magie, Ritu­al­morden und Kin­des­miss­brauch kommt, die nach Frei­mau­rer­graden auf­gebaut sind. Das weiß die soge­nannte „reguläre“ Frei­mau­rerei natürlich, bezeichnet diese Logen deshalb als „Win­kel­logen“ oder als „irre­guläre Logen“. Dennoch gibt es immer wieder nach­weisbare Quer­ver­bin­dungen und sogar Dop­pel­mit­glied­schaften zwi­schen diesen Geheim­bünden. Einige nennen sich selbst „okkulte Freimaurer-Logen.“

Wie beur­teilen Sie den Ein­fluss der Frei­maurer auf die Politik in Deutschland und Österreich?

In Deutschland wird die mau­re­rische Öffent­lich­keits­arbeit völlig anders gehandhabt als bei­spiels­weise in Öster­reich.  Nämlich nicht öffentlich. Wenig dringt aus den poli­ti­schen Zirkeln und Par­teien nach außen. Noch weniger bekennen sich offen zum Frei­mau­rerbund. Einer davon war Ex-Bun­des­jus­tiz­mi­nister Thomas Dehler (FDP), der im Sinne seiner Brüder das erste Gespräch zwi­schen Frei­maurern und dem dama­ligen Bun­des­kanzler Konrad Ade­nauer (CDU) ver­mit­telte. In Öster­reich sieht das völlig anders aus. Der ehe­malige Groß­meister der Großloge von Öster­reich, Michael Kraus, bekannte, dass das maso­nische Netzwerk in der Alpen­re­publik „außer­or­dentlich stark“ sei und „gewissen poli­ti­schen Ein­fluss“ besitze. Frei­maurer sollten sich im Leben auch durch „poli­ti­sches Denken und Handeln bewähren.“ So befanden und befinden sich viele hoch­rangige Poli­tiker in Öster­reich auf der Liste der ehe­ma­ligen und aktiven Frei­maurer. Vor allem von der SPÖ (z.B. Franz Jonas, Theodor Kery, Leopold Wagner, Helmut Zilk, Karl Honay, Ernst Eugen Veselsky, Erwin Früh­bauer, Fred Sinowatz, Rudolf Streicher). Bei der ÖVP etwa Jörg Mauthe. Der pro­mi­nen­teste „Grüne“ Logen­bruder ist wohl Bun­des­prä­sident Alex­ander Van der Bellen, der ein­ge­stand Mitte der 1970er Jahre in die „damals einzige Inns­brucker Loge auf­ge­nommen“ worden und dort „etwa ein Jahr lang aktiv“ gewesen zu sein, was heißen würde, an den Sit­zungen teil­ge­nommen zu haben. Danach hätte er als rein pas­sives Mit­glied noch etwa 10 Jahre lang den Mit­glieds­beitrag bezahlt und schließlich auf seinen expli­ziten Wunsch hin aus­ge­schieden. Nor­ma­ler­weise jedoch wird der Bund mit den Frei­maurern für das ganze Leben geschlossen und kei­neswegs in „Teilzeit“. Dem­entspre­chend ist der Ein­fluss der Frei­mau­rerei auf Öster­reich ziemlich groß. In Deutschland kann er nur ver­mutet werden, weil hier, wie erwähnt, über Logen­zu­ge­hö­rig­keiten so gut wie nichts bekannt ist.

Und welchen Ein­fluss haben Frei­maurer bzw. die Frei­mau­rerei bei aktu­ellen Ent­wick­lungen wie den geplanten „Great Reset“?

Da relativ wenig bis gar nichts über eine etwaige Logen­zu­ge­hö­rigkeit der maß­geb­lichen Ver­ant­wort­lichen und Antreiber des Great Reset bekannt ist, möchte ich dies­be­züglich nicht spe­ku­lieren. Dass aber die Ziele des „Großen Umbruchs“ mit denen der Frei­mau­rerei konform sind, dürfte wohl kein Geheimnis sein.

Sie haben das „Schwarzbuch Frei­mau­rerei“ ver­fasst. Das Wort „Schwarzbuch“ lässt darauf schließen, dass Sie die Frei­mau­rerei sehr kri­tisch sehen. Was sind denn die größten Gefahren, die von den Logen­brüdern ausgehen?

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Wie gefährlich Frei­maurer-Politik werden kann ist ein­deutig belegt: In den 1970er- und 1980er-Jahren zeigte in Italien der Skandal um die Loge Pro­pa­ganda-Due (P2) unter dem ehe­ma­ligen Faschisten Ligio Gelli, in deren Umfeld es zu unzäh­ligen Ter­ror­an­schlägen und Atten­taten kam, wie weit „poli­tische Frei­mau­rerei“ gehen kann. Hun­derte hoch­rangige Per­sonen waren Mit­glieder in der P2-Loge, die den ita­lie­ni­schen Staat geradezu unter­mi­niert hatte. Auf einer Liste (andere wurden ver­nichtet) mit fast 1000 Namen fanden sich 44 Par­la­men­tarier, 3 Minister, 5 Staats­se­kretäre, zahl­reiche hohe Par­tei­funk­tionäre und Beamte, Dut­zende Generäle und andere hohe Militärs. Ebenso die Spitzen der Geheim­dienste und der Finanz­po­lizei, mehrere Diplo­maten, Richter und Staats­an­wälte, ein­fluss­reiche Jour­na­listen, Ver­leger und diverse Unter­nehmer, unter ihnen Silvio Ber­lusconi, der in der Folge viermal Minis­ter­prä­sident des Landes wurde. Damals sprach die par­la­men­ta­rische Unter­su­chungs­kom­mission von einer „weit­ver­zweigten Orga­ni­sation“, die wie ein „Staat im Staat“ funk­tio­nierte und „auf berech­nende und massive Art die zivilen und mili­tä­ri­schen Ent­schei­dungs­zentren infil­trierte“, mit dem Ziel, „die Demo­kratie von innen aus­zu­höhlen“. In der Tat kam im P2-Skandal alles zusammen, was eine frei­heit­liche Demo­kratie nicht brauchte: Geheim­po­litik, kon­spi­ra­tiver Lob­by­ismus, innen­po­li­tische Desaster, umstürz­le­rische Betä­ti­gungen, ver­deckte Ter­ror­an­schläge, rechts­ra­di­kaler Unter­grund, Schat­ten­re­gierung, Ver­bin­dungen zu Geheim­diensten und der Mafia. Und hier zeigte sich das erste Mal auf euro­päi­scher, ja auf welt­weiter Bühne, welche unheil­volle Macht ein Geheimbund, eine Frei­mau­rerloge, tat­sächlich haben konnte. Übrigens sind Frei­maurer auch in der EU sehr aktiv. Der bri­tische Jour­nalist Brian Free­mantle beschäf­tigte sich bereits Mitte der 1990er-Jahre mit dem Netzwerk der Frei­maurer in der euro­päi­schen Politik. So sagte er: „Eine weitere Hilfe erfährt das orga­ni­sierte Ver­brechen durch Ableger euro­päi­scher Frei­mau­rer­logen. Diese Logen ver­raten sich durch das Wort ‚Orient‘ in ihrem jewei­ligen Namen … Diese Anklage mache ich weder leicht­fertig noch ohne hin­rei­chende Beweise. Sie basiert auf Gesprächen mit besorgten Beamten der bri­ti­schen Loge, mit Europa-Abge­ord­neten und von Atten­taten bedrohten Männern, die mutig genug waren, sich öffentlich von ihren Ver­bin­dungen zu diesen Logen zu distan­zieren …“ Doch damit belässt es der bri­tische Jour­nalist kei­neswegs: „Dieses Frei­mau­rertum ist poli­tisch aus­ge­richtet und sichert sich so den Ein­fluss, des es ausübt. Und der ist nicht gering. Es exis­tieren euro­päische Logen, die auf aller­höchster Ebene Ver­bin­dungen zwi­schen natio­nalen Regie­rungen knüpfen, poli­tische Ent­schei­dungen mani­pu­lieren und auf kri­mi­nelle Weise die demo­kra­ti­schen Prin­zipien miss­brauchen, zu denen sich die Euro­päische Union ver­traglich ver­pflichtet hat. Einige Europa-Abge­ordnete beklagen, dass die poli­tische Beein­flussung durch die Frei­maurer mitt­ler­weile alle Ebenen der Euro­päi­schen Union erreicht hat.“ Auch John Tom­linson, Mit­glied des EU-Haus­halt­kon­troll­aus­schusses, der die Idee unter­stützte, ein Register der Frei­maurer innerhalb der stän­digen Ein­rich­tungen der Union ein­zu­richten, meinte bereits 1993 dazu: „Ich bin kein Anhänger einer Ver­schwö­rungs­theorie. Aber der Ein­fluss, den sie in allen Insti­tu­tionen haben, gefällt mir nicht. Auch nicht, dass Geheim­bünde ein Teil von ihnen sind.“ All das belegt, dass die Akti­vi­täten von Frei­maurern in den EU-Insti­tu­tionen kei­nes­falls Hirn­ge­spinste oder gar Ver­schwö­rungs­theorien sind.

Frei­maurer sind auch dafür bekannt, dass sie besondere Symbole ver­wenden und Rituale durch­führen. Handelt es sich dabei um pseudo-reli­giöse Ele­mente, mit welchen eine Art „Berufung zu Höherem“ legi­ti­miert werden soll?

Die Frei­maurer-Sym­bolik samt der Rituale dienen der Unter­stützung des Pro­zesses der Selbst­er­kenntnis und all­ge­meinen Wis­sens­findung des ein­zelnen Logen­bruders. Auch um sich die Lek­tionen der Bru­der­schaft besser im Denken zu ver­ankern und – selbst wenn das offi­ziell bestritten wird – um „Wis­senden“ und „Brüdern“ ver­schlüs­selte Bot­schaften oder ver­steckte Absichten kund­zutun. Und natürlich, wie bei jeder ritu­ellen und sym­bo­li­schen Betä­tigung, um das Mit­glied näher an die Gruppe, in diesem Fall an die Loge zu binden und dabei hehre Ziele in Aus­sicht zu stellen. Da unter­scheidet sich die Frei­mau­rerei von anderen Welt­an­schau­ungs­grup­pie­rungen und Sekten wohl nicht.

Quelle: Guido Grandt und: https://zurzeit.at/index.php/freimaurerei-praegt-die-welt-seit-ihrem-bestehen/


Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de