Eine Räuberpistole der Finanzwelt, wie sie beispiellos ist – und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz steht knietief drin: Über 1500 Mitwirkende und mehr als 100 Banken stehen unter dem Verdacht, den Deutschen Staat ausgenommen zu haben wie eine Weihnachtsgans. Zwar bewegen sie sich damit in einer noch viel größeren Gemeinschaft, aber in diesem Falle ist es besonders dreist, weil es eigentlich völlig klar ist, wer wie was gemacht hat. Allein, es müsste jemand auspacken. Und das tut keiner der in diese Sache Verstrickten. Wir waren nahe dran: Das Berliner Verwaltungsgericht hatte entschieden, dass das Bundeskanzleramt Auskunft über vertrauliche Äußerungen des Herrn Bundeskanzlers Scholz im Cum-Ex-Skandal geben müsse. Und nun hat das Kanzleramt dagegen Beschwerde eingelegt.
Ausgangspunkt ist, dass der Buchautor und Journalist Schröm (Die Cum-Ex-Files) des Tagesspiegels den damaligen Finanzminister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz der Lüge verdächtigt. Herr Scholz soll ihn im September 2020 bei einem sogenannten „Hintergrundgespräch“ zu der Cum-Ex-Affäre „persönlich angelogen“ haben. Herr Schröm ist überzeugt, dass die Behauptung des damaligen Bundesfinanzministers Scholz, er habe nichts von strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Warburg-Bank gewusst, bewusst falsch war. Aus diesem Grund forderte der Journalist und die Zeitung „Der Tagesspiegel“, für den er schreibt, eine diesbezügliche Auskunft vom Bundeskanzleramt.
In der Cum-Ex-Affäre heckten Banken und Broker einen Aktienringelreihen aus, bei dem jedes Mal Steuern hinterzogen wurden — oder Steuern, die gar nicht bezahlt worden waren, zurückerstattet wurden. Eine Hamburger Privatbank, die M.M. Warburg musste zumindest 176 Millionen Euro zurückzahlen. Der ehemalige Vorstandschef dieser Bank, Christian Olearius, wird in Kürze als Angeklagter vor den Schranken des Gerichtes erscheinen. Und zwei Aktienhändler mussten für einige Jahre ohne Bewährung ins Café Viereck.
Bundeskanzler Olaf Scholz steckt mit drin, und er soll wichtige Aussagen über die entscheidende Zeit und seine Rolle als Bundesfinanzminister dabei gemacht und gelogen haben. In einem Eilverfahren (Az. VG 27 L36/22) hatte das Berliner Verwaltungsgericht geurteilt, dass das Bundeskanzleramt Auskunft über die inkriminierte Äußerung des Bundeskanzlers geben muss. Das Kanzleramt legte dagegen Beschwerde ein. Die Regierung sieht hier kein Recht der Presse, vom Kanzleramt Auskünfte über die frühere Tätigkeit als Bundesfinanzminister zu erhalten.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg unterstützt jetzt die Sicht des Kanzleramtes:
Auf Grundlage des Presse-Auskunftsanspruchs könne nicht verlangt werden, dass das Kanzleramt Mitarbeiter oder leitende Personen zu Vorgängen befragt, „die keinerlei Bezug zu dienstlichen Vorgängen der auskunftspflichtigen Stelle haben“ (Az.: OVG 6 S 36/22). Damit kassierte das OVG im Prinzip das Eilurteil des Verwaltungsgerichtes. Damit ist die Sache leider vom Tisch und kann nicht mehr angefochten werden.
Letztendlich sind solche Abschmetter-Taktiken von Behörden genau das Gegenteil dessen, was die Rechtsnormen eigentlich unbedingt bewahren wollten: Dass die Presse das verfassungsmäßige Recht hat, von den staatlichen Stellen Auskunft zu verlangen und zu bekommen. Sozusagen die deutsche Variante des US-amerikanischen „Freedom of Information Act“ (FOIA). Recht und Gesetz scheint immer mehr zur beliebigen Verfügungsmasse zu verkommen. Und selbst, wenn jeder sehen kann, was wirklich geschehen ist und geschieht, ist es den Betreffenden nicht einmal mehr peinlich. Es wird einfach dreist weitergemacht.
„Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse gegenüber Bundesbehörden, abgeleitet aus der grundgesetzlich verbürgten Pressefreiheit, ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Die Koalition will dafür eine gesetzliche Grundlage schaffen, die dessen Reichweite bei Regierungstätigkeiten in wechselnden Ämtern klar definieren könnte.“
Der heilige Augustinus schrieb einst:
„Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes, als eine große Räuberbande“