Bild: Die Wolkenkratzer von Doha, Qatars Hauptstadt, Shahid Siddiqi, gemeinfrei

Deutsche Dop­pel­moral und Fußball-WM in Qatar: Engste Wirt­schafts-Koope­ration, aber pene­trante PC-Zurschaustellung

Während in Deutschland Angriffe von radikal-mus­li­mi­schen Zuwan­derern auf ein­hei­mische Frauen, Mädchen und Homo­se­xuelle kaum geahndet werden, den Tätern sogar alle denk­baren Schuld­min­de­rungs­gründe zuge­standen werden, wird in Qatar auf dem Fuß­ballfeld plötzlich die Regen­bo­gen­fahne zum Hei­ligen Banner der Kreuz­ritter der Diver­sität. Gleich­zeitig – und das seit  20 Jahren – hat die deutsche Bun­des­re­gierung aber auf wirt­schaft­lichem Gebiet eng mit dem bösen, homo­phoben Emirat Qatar koope­riert – sowohl auf dem Gebiet der Wirt­schaft und Finanzen, als auch in der FIFA.

Ja, es ist richtig, und auch Wiki­pedia schreibt es:

„In Katar ist Homo­se­xua­lität, im Ein­klang mit der tra­di­tio­nellen isla­mi­schen Moral, ver­boten. Es gibt keine recht­liche Aner­kennung gleich­ge­schlecht­licher Ehen oder ehe­ähn­licher Lebens­ge­mein­schaften. Haupt­quelle der Recht­spre­chung in Katar ist die Scharia. In Katar sind sexuelle Hand­lungen unter Frauen sowie unter Männern ver­boten. Nach Artikel 201 des Straf­ge­setz­buchs aus dem Jahr 1971 wird „Sodomie“ – unab­hängig vom Geschlecht – mit bis zu fünf Jahren Frei­heits­strafe bestraft. Es gibt bekannte Fälle, in denen auch Aus­länder ver­ur­teilt wurden. So erhielt 1996 ein US-Bürger eine sechs­mo­natige Frei­heits­strafe und 90 Peitschenschläge.“

Für uns hier in Europa ist das natürlich kaum nach­voll­ziehbar. Doch fragt man sich, wie es sein kann, dass hier, mitten unter uns in Deutschland, immer noch mus­li­mische Zwangsehen und bes­tia­lische, weib­liche Geni­tal­ver­stüm­me­lungen statt­finden, ohne dass des­wegen ein Auf­schrei durch die Öffent­lichkeit tobt. Wo sind denn die Arm­binden der Soli­da­rität für die Mädchen, die – noch halbe Kinder – lebens­ge­fährlich unter grau­en­haften Schmerzen so ver­stümmelt werden, dass sie ein Leben lang statt Freude, Liebe, Gebor­genheit und Genuss am Lie­bes­leben mit ihrem Mann nur Qual und Pein erdulden müssen? Wo sind sie?

Und würde man es hier akzep­tieren, wenn bei einer Fuß­ball­welt­meis­ter­schaft in Deutschland die qata­rische Mann­schaft mit Arm­binden gegen die Gleich­be­rech­tigung der Frauen oder gegen „Sodomie“ auf’s Feld spa­zieren würden?

Das poli­tisch kor­rekte Schau­spiel in Qatar hat den bit­teren Bei­geschmack der Heu­chelei. Zumal gerade der deutsche Fußball sehr von der Zusam­men­arbeit mit dem Emirat pro­fi­tiert hat. Ohne dessen Hilfe hätte bei­spiels­weise im Jahr 2006 die Fußball-WM nicht in Deutschland statt­finden können. Das Füllhorn der Auf­träge – dank Qatar — nach Deutschland bescherte vielen Unter­nehmen hier satte Gewinne. Die Presse berichtete, dass die Fußball-WM geradezu nach Deutschland „gekauft“ worden war. Schweizer Ermitt­lungs­be­hörden hatten damals her­aus­ge­funden, dass „von deut­scher Seite ver­sucht worden sei, einer Firma des beim Welt­verband Fifa ein­fluss­reichen und inzwi­schen wegen Kor­ruption gesperrten Katarers Mohamed Bin Hammam die TV-Rechte an der EM 2004 in Por­tugal zu beschaffen.“

Jener Mohamed Bin Hammam hatte auch für die Vergabe der WM an Deutschland gestimmt und noch weitere „Stimmen besorgt“. Als Gegen­leistung wurden ihm die TV-Rechte der WM 2004 in Aus­sicht gestellt. Und Qatar vergab auch groß­zügig Auf­träge an deutsche Firmen für die jetzige Fußball-WM.

Der Deutsch­landfunk schreibt:

„Rund zwei Mil­li­arden Euro dürfte Katar in den ver­gan­genen zehn Jahren in euro­päische Fuß­ball­klubs inves­tiert haben. Gemessen an den Gesamt-Inves­ti­tionen des Emirats: eine über­schaubare Summe.  (…) Katar hält Anteile an Kapi­tal­märkten wie der Lon­doner Börse und an Banken wie Bar­clays und Credit Suisse, sagt Nahost-Experte Kristian Ulrichsen vom Baker Institute in Houston:‘In Deutschland und Skan­di­navien bewerten Jour­na­listen und Akti­visten die WM in Katar anders als ihre Regie­rungen. Für die Wirt­schaft gilt Katar als wich­tiger Partner und Investor. Es bestehen öko­no­mische und sicher­heits­po­li­tische Bezie­hungen, die lange vor der WM-Vergabe 2010 eta­bliert wurden und auch das Jahr 2022 über­dauern werden.‘“

Noch am 11.Dezember 2010 „jubelten“ deutsche Firmen über die WM-Vergabe nach Qatar:

Der reiche Wüs­ten­staat Katar und Deutschland kommen ins Geschäft: durch die Fußball-WM 2022 und den Ein­stieg des Emirats beim Bau­konzern Hochtief. Der Wüs­ten­staat, halb so groß wie Hessen, aber wegen seiner Öl- und Gas­vor­kommen ungleich reicher, darf im Jahr 2022 die Fußball-Welt­meis­ter­schaft aus­tragen. Daran haben die beiden Inge­nieure vom Frank­furter Pla­nungsbüro Pro­projekt maß­geblich mit­ge­ar­beitet, Seite an Seite mit Scheich Mohammed bin Hamad bin Khalifa Al-Thani ent­warfen sie die Bewerbung. Mit dabei waren auch Kol­legen vom Büro des Frank­furter Star­ar­chi­tekten Albert Speer (AS&P), das acht der zwölf Stadien bauen wird. In der deut­schen Wirt­schaft nährt diese Betei­ligung Hoffnung auf Nachfolgeaufträge.“

Dabei blieb es nicht: Der Staats­fonds des Emirats stieg auch noch mit 9,1 Prozent beim Bau­konzern Hochtief ein:

„Der betreibt im Emirat bereits mehrere Gemein­schafts­firmen mit Ein­hei­mi­schen und baut gerade das gigan­tische, acht Kilo­meter lange Ein­kaufs­zentrum Barwa Com­mercial Avenue und eine riesige Brücke nach Bahrain. (…) Hochtief-Chef Herbert Lüt­kestrat­kötter gab sich ent­spre­chend erfreut über den neuen Aktionär, den er schon seit Jahren als Kunden kennt – und zuletzt beim Abend­essen bei Kanz­lerin Angela Merkel in Berlin getroffen hat.“

Als „Beifang“ bekamen die Deutsche Bahn AG, Siemens oder SAP weitere Groß­pro­jekte von Qatar beauf­tragt. So war die Bahn mit in den Aufbau des Nah­ver­kehrs invol­viert, während SAP in Qatar die Digi­ta­li­sierung vorantrieb.

Qatar rettete aber auch deutsche Kon­zerne in den Wehen der 2008 aus­ge­bro­chenen Banken-und Finanz-Sys­tem­krise und dem fol­genden Bör­sen­crash. Im Jahr 2009 übernahm das Emirat zehn Prozent der Porsche-Stamm­aktien. Der Auto­bauer hatte mit Wetten auf den VW-Akti­enkurs Mil­li­ar­den­ver­luste erlitten. Qatars Betei­ligung half Porsche, eine Insolvenz abzu­wenden.

Die Bezie­hungen und Betei­li­gungen in Deutschland sind seitdem weit gediehen. Die Süd­deutsche zog im Oktober 2022 einmal Bilanz:

„Porsche, VW, Deutsche Bank, jetzt RWE: Stück für Stück baut der Staats­fonds des Emirats Katar seine Anteile an großen Unter­nehmen aus und sichert sich so immer mehr Ein­fluss. Auf Dauer könnte das zu einem Problem werden. Eines fällt auf, wenn die Katarer Mil­li­arden in die Hand nehmen, um ihren Ein­fluss in der deut­schen Wirt­schaft aus­zu­bauen: Das Gespür für das richtige Unter­nehmen, und zwar im rich­tigen Moment. Denn die Araber ver­teilen ihr Geld zwar immer groß­zügig. Aber nie zufällig.“

Und wieder ist es der qata­rische Staats­fonds „Qatar Investment Aut­hority“ mit seiner Tochter Qatar Holding, der sich bei der RWE ein­kauft. Auch wieder mit ca. neun Prozent —  was sie zum größten Aktionär des Ener­gie­riesen RWE macht. Seit den Sank­tionen gegen Russland, die im Grunde zu einem Ener­gie­krieg in Europa aus­ge­artet sind, rennen die Spit­zen­po­li­tiker Europas den Gas- und Öl-reichen Golf­staaten die Türen ein. Auch Bun­des­kanzler Olaf Scholz machte seine Auf­wartung in Qatar. Er stieß auf Wohl­wollen: „Es gibt Gespräche zwi­schen Katar und der deut­schen Seite, die wir ver­tiefen wollen”, sagte Emir Tamim bin Hamad Al Thani nach dem Treffen mit Scholz.

Das trifft sich nicht nur gut für Deutschland, sondern auch für Qatar. Man sitzt ja eh schon in den maß­geb­lichen Unter­nehmen: RWE, Volks­wagen, Deutsche Bank, Siemens, die Ham­burger Ree­derei Hapag-Llyod — die Liste der deut­schen Groß­kon­zerne, deren Anteile Qatar hält, ist lang. Und der Nutzen für beide Seiten angenehm: Denn Qatar inves­tiert auch durch den Kauf von Autos, Maschinen, Rüs­tungs­güter und che­mi­schen Pro­dukten aus Deutschland wieder in seine Fir­men­an­teile in Deutschland. Durch den Krieg um die Ukraine, der – eigentlich ganz im Sinne der USA – die guten Wirt­schafts­be­zie­hungen zu Russland mas­sa­kriert hat, ori­en­tiert sich Deutschland aber immer mehr zu den Golf­staaten. Die sind wohl­habend und weniger dik­ta­to­risch und zahlen auch akurat. Die Qataris sind die Preußen der Wüste und sehr ver­tragstreu. Sie schicken keine Truppen und sind nur ganz prag­ma­tisch am Geschäft zu beider Nutzen inter­es­siert. Bisher zumindest.

Die deutsch-qata­rische Zusam­men­arbeit hat aber noch ganz andere Facetten. Der Thinktank „German Foreign Policy“ schreibt:

„Auch in der Außen­po­litik hat Qatar immer wieder an der Seite und im Interesse der Eliten in Deutschland und den west­lichen Staaten ope­riert. Pro­minent geschah dies etwa im Jahr 2011, als das Emirat während der Unruhen in der ara­bi­schen Welt (‚Ara­bi­scher Frühling‘) kon­se­quent die Struk­turen der Mus­lim­brüder unter­stützte, etwa in Ägypten, in Tunesien und in Syrien. Das stieß damals nicht zuletzt in Berlin und in Washington auf Sym­pathie, weil es die Mög­lichkeit zu schaffen schien, lästig gewordene Herr­scher etwa in Ägypten (Husni Mubarak) und in Syrien (Bashar al Assad) zu stürzen.“ 

Unsere jetzige Regierung, die­selben Links­grünen, die jetzt diese Regen­bogen-Ideo­logie aggressiv ver­breiten und bei jeder sich bie­tenden Gele­genheit auf die PC-Pauke hauen, hatte aber bisher keine Berüh­rungs­ängste mit dem homo­phoben Emirat gezeigt. Bun­des­wirt­schafts­mi­nister Robert Habeck pil­gerte im März nach Qatars Haupt­stadt Doha, um dort eine tiefe Ver­beugung vor dem Ober­herr­scher des homo­phoben Emirats zu machen. Er wollte Gas­lie­fe­rungen, sogar von einer „Ener­gie­part­ner­schaft“ war die Rede. Auf die Frage, wie sich dies mit dem Anspruch der links­grünen Hyper­mo­ra­listen ver­ein­baren lasse, Geschäfte im Ausland von der Wahrung der Men­schen­rechte abhängig zu machen, ant­wortete Habeck knapp und trocken: „Wir können nicht alle Länder von Lie­fe­rungen aus­schließen.“ Bitter für ihn: Trotz seines devoten Bück­lings vor dem schwu­len­feind­lichen Frau­en­un­ter­drücker, Qatars Han­dels­mi­nister Al Thani, gab es kein Gas aus Qatar.

Auch, dass bei den Bau­ar­beiten für das Groß­projekt Fußball WM in Qatar 15.000 Arbeits­mi­granten starben, spielte mora­lisch so irgendwie gar keine Rolle: Zwi­schen 2010 und 2019 starben nach Berech­nungen von Amnesty Inter­na­tional 15.021 fremde Gast­ar­beiter auf den Bau­stellen im Wüs­ten­staat. »Mehr als 6500 Arbeits­mi­granten aus Indien, Pakistan, Nepal, Ban­gla­desch und Sri Lanka sind in Katar gestorben, seit das Land vor zehn Jahren den Zuschlag für die Fuß­ball­welt­meis­ter­schaft erhalten hat.«, berichtete laut Spiegel der bri­tische Guardian. Viele davon sind Glut­hitze-Tote, viel­leicht noch dehy­driert und von viel zu langen Arbeits­zeiten entkräftet.

Zum Gedenken einer ganzen Klein­stadt von 15.000 toten Fremd­ar­beitern wurden keine Arm­binden getragen. Sie wurden nicht einmal erwähnt. Aber man macht ein Rie­sen­gewese um diese One-Love-Regen­bogen-Arm­binde. DAS ist wirklich Dop­pel­moral, wie der qata­rische Außen­mi­nister Mohammed bin Abdul­rahman al Thani frus­triert bemän­gelte. „Berlin hat kein Problem mit uns, wenn es um Ener­gie­part­ner­schaften geht oder um Inves­ti­tionen“. Es sei für die Bun­des­re­gierung „auch in Ordnung“ gewesen, dass Doha „bei der Eva­ku­ierung deut­scher Staats­bürger aus Afgha­nistan geholfen“ habe. „Aber wenn wir eine Fuß­ball­welt­meis­ter­schaft aus­richten (…), dann gelten auf einmal andere Maß­stäbe“: Dies sei „nicht die Art von Beziehung“, die „wir zwi­schen zwei Ländern wie Deutschland und Qatar sehen wollen.“