Commandant General of the Corps of Royal Marines Maj. Gen. Robert A. Magowan. Bild: Gemeinfrei

Am Pul­verfass Ukraine wird weiter gezündelt

Ein Frieden in Ost­europa ist noch weit, weit ent­fernt, wenn über­haupt möglich. Weil die Groß­mächte, aus­ge­rechnet hier in Europa, um die Welt­macht Nummer 1 bis auf’s Messer kämpfen werden – oder bis zum letzten Ukrainer. Dieses End-Duell stand schon lange auf dem Zeitplan und keine Seite darf ver­lieren. „The Winner takes it all“ sang die Gruppe Abba. Und das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit. Es ist unglaublich schwer, die Schock­nach­richten und die Finten, False Flags und Mel­dungen richtig ein­zu­ordnen. Was die Wahrheit hinter all dem ist, sieht jeder anders. 

Dass die Ukraine schon früh als Schlachtfeld aus­er­koren war, erklärte schon George Friedman, ein US-ame­ri­ka­ni­scher Geo­stratege und Sicher­heits­experte, Poli­tologe und Publizist. Er gründete 1996 das private (mili­tä­rische) Bera­tungs­in­stitut Stratfor und trat im Mai 2015 dort als CEO zurück. Im gleichen Jahr gründete er die Firma Geo­po­li­tical Futures. Für Europa und ins­be­sondere für Deutschland und die Ukraine sagte er schon 2015:

Europa wird, meiner Ver­mutung nach, nicht in einen Zustand des 31 Jahre andau­ernden Krieges (damit ist die Zeit zwi­schen dem Aus­bruch des ersten-und der Been­digung des zweiten Welt­krieges gemeint) zurück­kehren. Es wird jedoch zur Mensch­lichkeit (gemeint ist ein Frie­dens­zu­stand als Nor­ma­lität) zurück­kehren. Es wird dort zwar Kriege geben, sie werden aber auch Frie­dens­zeiten durch­leben und in einem bestän­digen Lebens­zyklus ver­bleiben. Dabei wird es zwei­fellos keine 100 Mil­lionen Tote geben, jedoch wird die Idee der Euro­päi­schen Aus­er­wähltheit zum ersten zum Opfer werden. Es wird wei­terhin Kon­flikte geben, wie es sie in Jugo­slawien gab und es wird sicher einen Kon­flikt in der Ukraine geben. (…) Russland und Deutschland vereint sind also die einzige Macht, die uns (USA) bedrohen kann. Es lag stets in unserem Interesse dies niemals zu zulassen. Sollten sie Ukrainer sein, muss ihr ein­ziges Interesse darin liegen, mit dem ein­zigen Land, das Hilfe ver­spricht Kontakt auf­zu­nehmen und das sind die USA.

Wir bekommen also das Bild vom wild ent­schlos­senen Helden Wolo­dymir Selenskyj ver­mittelt, der niemals an Auf­geben denkt und ständig an der Front steht, unbe­irrbar und unver­söhnlich. Dabei wollte Prä­sident Selenskjy kurz nach dem rus­si­schen Ein­marsch sich mit Putin treffen und soll bereit gewesen sein, die Don­bass­ge­biete Russland zu über­lassen gegen einen Frie­dens­schluss. Unbe­zwei­felbar bestätigt wurde das nie.

Anscheinend wollte Prä­sident Selenskyj als Auftakt zum Finale der Fussball WM eine schmet­ternde Rede, laut CNN angeblich sogar eine „Friedens-Pro­pa­ganda-Rede“, halten. Die FIFA ver­hin­derte das. Was wollte Prä­sident Selenskyj dem Welt­pu­blikum mitteilen?

Die Kriegs­trommeln des Westens haben den Ukrainern mit einer unauf­hör­lichen Pro­pa­ganda die Über­zeugung in die Seelen und Köpfe gehämmert, dass der Sieg über Russland gewiss sei. Die große, omni­po­tente NATO, der Westen, die USA, Europa, alle stünden der hel­den­haften Ukraine zur Seite. Die Ver­nichtung Putins sei nur eine Frage der Zeit.

Doch es scheint immer frag­licher, dass „der Westen“ den sicheren Sieg ein­heimst. Der Ober­be­fehls­haber der bri­ti­schen Armee, General Patrick Sanders, ließ auf einmal durch­blicken, dass Russland gegen­wärtig in der Ukraine eine noch größere Bedrohung für die euro­päische Sicherheit dar­stellen könnte als zuvor. Man wurde nervös und die Kurzzeit-Pre­mier­mi­nis­terin Liz Truss sagte gegenüber der Welt: „Das Beste, was wir tun können, ist die Ukrainer mit allem zu ver­sorgen, was sie brauchen, Waffen, Aus­bildung etc., damit es eben kein langer Krieg wird. Klar ist auch, je mehr wir jetzt tun, desto schneller könnten wir die Ukraine siegen sehen.“

Das geht sogar sie weit, dass sich unter der Decke eben doch bri­tische und ame­ri­ka­nische Militärs in der Ukraine auf­halten. Russland muss unter­gehen und zu Boden gehen, egal zu welchem Preis. Die Seite „Unser Mit­tel­europa“ schreibt: „Ein hoch­ran­giger bri­ti­scher General hat die Ent­sendung von Truppen in die Ukraine ein­ge­räumt. Magowan ist der frühere Gene­ral­kom­mandant der Royal Marines, nachdem er 1989 in die Eli­te­einheit der Royal Navy ein­ge­treten war. So beschreibt der Gene­ral­leutnant in seinem Beitrag unter anderem, dass, „die Kom­man­do­truppen dis­krete Ope­ra­tionen in einem äußerst sen­siblen Umfeld unter­stützt hatten. Unsere Ein­sätze waren mit einem hohen poli­ti­schen und mili­tä­ri­schen Risiko ver­bunden. Es handle sich dabei um dabei um „hoch­ris­kante ver­deckte Operationen“.

Er erwähnte sogar, dass bri­tische Falkland-Spezial-Ein­heiten in der Ukraine seien. Das spricht nicht für einen zum Greifen nahen Sieg gegen die Russen.

Natürlich stritten die Sys­tem­medien und Fak­ten­checker das alles als Unsinn und Ver­schwö­rungs­theorien ab. Doch berichtete die bri­tische Times, dass die Royal Marines an „dis­kreten Ope­ra­tionen“ auf ukrai­ni­schem Boden teil­nahmen, die sich über mehrere Monate hin­zogen. In dem Times-Artikel werden die Äuße­rungen des Gene­ral­leutnant Robert Magowan im Amts­blatt der bri­ti­schen Streit­kräfte zitiert. Und der bri­tische Held wird ziemlich detailliert:

„Im Globe and Laurel, der offi­zi­ellen Publi­kation der Royal Marines, beschrieb er, wie 350 Mari­ne­sol­daten des Kom­mandos 45 Anfang des Jahres Diplo­maten aus der bri­ti­schen Bot­schaft in Kiew (nach Polen) eskor­tierten, als klar wurde, dass sich die rus­si­schen Truppen für eine Invasion sam­melten. Die Kom­mandos kehrten jedoch im April nach Kiew zurück, um die Bot­schaft zu schützen, als Groß­bri­tannien ver­suchte, die diplo­ma­tische Präsenz wiederherzustellen.“

Seitdem ist die Presse etwas ruhiger geworden zu dem Thema, dass „der Westen weder Truppen noch Angriffs­waffen“ in die Ukraine schickt. Kurz davor hatte man in den west­lichen Medien den rus­si­schen Prä­si­denten Wla­dimir Putin noch als Lügner und Kriegs­treiber dar­ge­stellt, als dieser die Ereig­nisse in der Ukraine als einen Kon­flikt zwi­schen Russland und dem „gesamten west­lichen Mili­tär­ap­parat“ bezeichnete und im Sep­tember behauptete, dass ganze Mili­tär­ein­heiten in der Ukraine „de facto unter dem Kom­mando west­licher Berater“ stehen würden. Es wurde aus­ge­rechnet von den Briten trotzdem abgestritten:

„Es gibt keine Beweise für eine Betei­ligung von NATO-Boden­truppen in der Ukraine“, erklärte zum Bei­spiel Edward Arnold von der Denk­fabrik „Royal United Ser­vices Institute“ mit Sitz in London zu Jah­res­beginn gegenüber der BBC. (…) Es gibt auch keine NATO-Kom­man­deure, die ukrai­nische Ein­heiten auf dem Schlachtfeld anleiten. Es ist auch sehr unwahr­scheinlich, dass dies in Zukunft geschehen wird, da die NATO ver­sucht, zu deeskalieren“.

Und, wie immer, wo gestritten und gewütet wird, sind die Nutz­nießer davon nicht weit. Es machte sich das Gerücht breit, dass Polen sich Hoff­nungen mache, Teile der Ukraine in den Kriegs­wirren in den pol­ni­schen Staat ein­zu­gliedern. Und Ungarn wolle sich Trans­kar­patien ein­ver­leiben. Hier spielt die­selbe Musik wie im Donbass: Die unga­rische Min­derheit in Trans­kar­patien ist seit Jahr­zehnten mas­siver Dis­kri­mi­nierung und Unter­drü­ckung von Seiten der ukrai­ni­schen Behörden und auch den ukrai­ni­schen Natio­na­listen aus­ge­setzt – wie die Rus­sisch­stäm­migen in der Donbassregion.

Die ukrai­nische Vize­pre­mier­mi­nis­terin Iryna Vereshchuk unter­stellte Ungarn und Polen die Annexion der mehr­heitlich von eth­ni­schen Ungarn bewohnte Region Trans­kar­patien an der Grenze zu Ungarn. Schon eigen­artig, die größten Rus­sen­hasser (nach den West­ukrainern), die Polen könnten tat­sächlich ein begie­riges Auge auf die ehemals pol­ni­schen Gebiete um Lemberg werfen. Angeblich sollen solche Land­karten in den Quar­tieren pol­ni­scher Militärs diese Gebiete als pol­ni­sches Staats­gebiet ein­ge­zeichnet sein. Die Karten wurden auf Twitter ver­öf­fent­licht, aber die Tweets wurden gelöscht.

Während in Deutschland die Munition ausgeht und wichtige Waf­fen­käufe ins Stocken geraten, kauft Polen fleißig schweres Gerät ein. Im Hafen von Gdynia steht eine lange Reihe von süd­ko­rea­ni­schen Panzern und Hau­bitzen. Und diese Lie­ferung ist nur ein kleiner Teil eines großen Waf­fen­deals mit der pol­ni­schen Regierung. Polen macht nämlich ernsthaft mobil. Die Seite t‑online schreibt:

In Polen „läuft die Moder­ni­sierung der eigenen Streit­kräfte auf Hoch­touren. Am Ende der Ent­wicklung könnte das Land die bestim­mende Mili­tär­macht in Zen­tral­europa werden – und Deutschland den Rang ablaufen. (…) Die Polen rufen mili­tä­risch ihr Leis­tungs­po­tenzial gerade ab, während wir Deut­schen es redu­zieren”, sagt Christian Mölling von der Deut­schen Gesell­schaft für Aus­wärtige Politik (DGAP) im Gespräch mit t‑online. Die von der natio­na­lis­ti­schen PiS-Partei geführte Regierung ver­kauft die Maß­nahmen als not­wendig für den Schutz gegenüber Russland. Doch wie die pol­nische Auf­rüstung abläuft, spiegelt zugleich das schwierige Ver­hältnis zum deut­schen Nachbarn wider. “

Polen hatte, kaum dass die „rus­sische Spe­zi­al­ope­ration Z“ begann, ein Gesetz durch­ge­prügelt, um die pol­ni­schen Streitkkräfte massiv aus­bauen zu können. Natürlich nur, um sich gegen die „gie­rigen, impe­rialen Ambi­tionen“ Russ­lands zu ver­tei­digen. Dazu will Polen die pol­nische Armee von 123.000 bis 2035 auf 300.000 Sol­daten auf­bauen und hohe Summen in die Auf­rüstung stecken. Schon im kom­menden Jahr will Polen drei Prozent seines Brut­to­in­lands­pro­duktes in die Ver­tei­digung investieren.

Und doch ist man in Washington nicht so sicher, ob eine sehr starke Rolle Polens wie das Land sie anstrebt, gut zu den Plänen der USA passt. Polen ist zwar stracks gegen Russland – doch ein allzu starkes Polen würde noch selbst­be­wusster werden und scheint jetzt schon eigene Pläne in Europa zu hegen. So ein folg­sames Anhängsel, wie Deutschland, das man von Washington aus an der kurzen Leine halten kann, ist Polen nicht. Und als größte west­eu­ro­päische Mili­tär­macht erst recht nicht.