OLIVER GREYF: Das Dutroux-Netzwerk & der Mordfall Christine van Hees — Teil 1

Hiermit beginnt eine Arti­kel­serie über den Mord an Christine van Hees, der sich 1984 ereignete und bis heute – zumindest offi­ziell – als ungelöst gilt. Der Artikel selber besteht aus einem umfang­reichen Auszug aus meinem Buch „Das Dutroux-Netzwerk Fakten& Akten“.

Dieser Buch­auszug ist aus Gründen der bes­seren Les­barkeit gekürzt. Aus­las­sungen sind mit (…) gekenn­zeichnet. Da das Buch „ 18+ „ ist, sind besonders grausame Szenen zen­siert, Stellen, an denen zen­siert wurde, sind mit „ XXX“ gekenn­zeichnet. In beiden Fällen ist ver­merkt, wie­viele Zeilen ent­fernt wurden.

Der Mordfall Christine van Hees ist deshalb so wichtig, da erst er die Ermitt­lungen aus­löste, die das Dutroux-Netzwerk in vollem Umfang sichtbar machte.

Es war so, dass sich Monate nach dem Auf­fliegen des Dutroux-Netz­werkes eine junge Frau namens Regina Louf (Deckname X1) bei den Behörden meldete und eine Vielzahl von Ereig­nissen schil­derte, die in ihrer Mons­tro­sität und Per­ver­sität nicht glaub­würdig erschienen.

Erst als einem der ermit­telnden Beamten auffiel, dass die Schil­derung eines Mordes genau den Hergang eines unge­klärten Tötungs­de­liktes aus dem Jahre 1984 ent­sprach und aus den Details dieser Schil­de­rungen her­vorging, das Regina Louf Täter/­Tat­zeugen-Wissen haben muss ‑sprich, sie bei der Tat anwesend war.

Dadurch, das Louf geglaubt wurde, konnten viele Hin­ter­gründe auf­ge­deckt werden, die sonst nie ans Licht gekommen wären.

Der Mordfall Christine van Hees

(Hinweis, noch mehr als ohnehin ver­weise ich darauf, dass der Inhalt dieses Abschnittes gemäß den Aus­sagen der Opfer bzw. Zeugen ver­fasst wurde. Dies betrifft nicht nur das Akten­ma­terial direkt (welches doku­men­tativ ein­gefügt ist), sondern auch das von mir Geschriebene. 

Bitte bilden Sie sich Ihre eigene Meinung, ob Sie das Gesagte für glaub­würdig erachten oder nicht)

Am 13. Februar 1984 wird Christine van Hees ermordet auf­ge­funden. Die Tat wurde, laut Regina Louf, von Marc Dutroux, Bernard Wein­stein, Michel Nihoul, Tony V. D. B., Annie Bouty, Michel V. und den Eltern von Anne, die ein Mädchen des Netz­werks war, begangen.

Vor ihrem Tod wurde die 16-Jährige auf ent­setz­lichste Art und Weise gefoltert und danach ver­brannt. Die Tat fand in einem leer­ste­henden Gebäude einer frü­heren Pilz­zucht­anlage (Cham­pi­gno­nerie) statt. Dieser Mord ist von äußerster Wich­tigkeit, da er Ein­zel­heiten über die Früh­phase des Dutroux-Netz­werkes offenbart. Auch wenn es schwer ist, einen kon­kreten Zeit­punkt anzu­geben, wann aus dem Rosa Ballett das Dutroux-Netzwerk wurde und es auf­grund des flie­ßenden Über­ganges auch nur ein­ge­schränkt möglich ist, ist es dennoch ratsam, ab einen gewissen Punkt vom Dutroux-Netzwerk zu sprechen.

Das Rosa Ballett drehte sich ab Anfang der 1980er Jahre um das Gespann Nihoul/Dutroux, die zusammen mit Benoit de Bon­voisin und Paul Vanden Boeynants, die „(Sex-) Par­ty­reihe“ Rosa Ballett in ihren Händen hielten und mit einigen wenigen Mit­tätern orga­ni­sierte. Den Punkt, an dem das Rosa Ballett zu dem wird, was man heute all­gemein als Dutroux-Netzwerk kennt, wollen wir aus o.g. Gründen hier, beim Mord an Christine van Hees setzen.

Wir beginnen im Jahre 1983. Marc Dutroux besucht, manchmal von seinem Kom­plizen Wein­stein begleitet, die Eis­laufbahn Poseidon in Brüssel. Zur gleichen Zeit besucht auch die lebens­lustige und kon­takt­freudige Christine van Hees diese Eis­halle.  Marc Dutroux besuchte das Poseidon mit dem Ziel Mädchen kennen zu lernen, die er dann in sein Netzwerk ein­führen kann. Über Marc Dutroux traf van Hees auf Michel Nihoul, mit welchem sie eine Beziehung gehabt haben soll.

Innerhalb dieses Netz­werkes kam es zu Fol­te­rungen, Tötungen und mas­siven Miss­brauch von Kindern und Jugend­lichen. Nach und nach bemerkte auch ihr Umfeld eine Ver­än­derung an Christine van Hees auf, so hatte sie deutlich an Gewicht ver­loren und fiel durch eine blasse Haut­farbe auf, ihr Ver­halten wurde von ihrer Mutter als „depressiv und müde“ bezeichnet. Außerdem begann sie die Schule zu schwänzen, brach Kontakt zu alten Freunden ab und machte immer wieder kryp­tische Andeu­tungen, die teil­weise bis zu Vor­ah­nungen zu ihrem Tod gingen.

Der Anlass zur Tötung von Christine Hees gab die Aussage, van Hees hätte ein Tagebuch geführt, in welchem all ihre Erleb­nisse innerhalb der Gruppe doku­men­tiert sind, incl. Namen. Michel Nihoul glaubte an einen Verrat und tötete sie mit anderen Ange­hö­rigen seiner Gruppe (laut Aussage von X1, s.u.).

Der Mordfall wurde nach kurzer Zeit zu den Akten gelegt, „zufäl­li­ger­weise“ war der mit dem Ver­fahren betraute Richter ein Mann namens van Espen. Bzgl. van Espen können wir im Jahre 2002 dieses in The Guardian lesen:

Vor zwei Jahren deckte ein bel­gi­scher Jour­nalist die enge Beziehung zwi­schen Richter Van Espen und Nihoul und seiner dama­ligen Frau auf. Als Anwalt hatte Van Espen die Ehefrau von Nihoul ver­treten. Van Espens Schwester war die Patin des Kindes von Nihoul.

Um den äußerst wich­tigen Todesfall von Christine van Hees zu beleuchten, hat sich der Autor ent­schlossen, an dieser Stelle einen umfang­reichen Akten­auszug ein­zu­fügen. Es handelt sich um Ermitt­lungs­akten, welche aus dem Jahr 1984 stammen und später in die X‑Akten ein­flossen, außerdem noch um Pro­to­kolle von Aus­sagen, die Zeugin X1 in den Jahren 1996 und 1997 tätigte.

FORT­SETZUNG FOLGT! 


Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de