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Gewerk­schaften sind arbeitsfeindlich

Viele Ame­ri­kaner, wenn nicht sogar die über­wäl­ti­gende Mehrheit, glauben noch immer, dass Gewerk­schaften, neben all den klei­neren Pro­blemen, die sie womöglich ver­ur­sachen könnten, im Grunde Insti­tu­tionen sind, die im Interesse der Arbeiter agieren. Sie glauben, dass es die Gewerk­schaften sind, die den durch­schnitt­lichen Arbeiter vor Hun­ger­löhnen, zu langen Arbeits­zeiten und unwür­digen Arbeits­be­din­gungen schützen.

Die Gewerk­schaften selbst, wie auch die All­ge­meinheit, über­sehen jedoch gänzlich die wichtige Rolle fal­lender Kon­su­men­ten­preise zur Erhöhung von Real­löhnen. Sie legen das Haupt­au­genmerk auf die Nomi­nal­löhne. Tat­sächlich aber sind fal­lende Preise in unserem wirt­schaft­lichen Umfeld, das von chro­ni­scher Inflation geplagt ist, relativ rar gesät.

Das einzige und ent­schei­dende Kenn­zeichen einer Stei­gerung der Real­löhne ist jedoch das Absinken der Kon­su­men­ten­preise relativ zu den Nomi­nal­löhnen. Und der einzige Weg, dies zu erreichen, ist eine Pro­duk­ti­vi­täts­stei­gerung der Arbeit. Eine größere Pro­duk­ti­ons­menge pro Arbeiter – also eine höhere Arbeits­pro­duk­ti­vität – führt zu einer Erhöhung des Angebots von Gütern und Dienst­leis­tungen relativ zur auf­ge­wen­deten Arbeits­leistung. Auf diese Weise werden Kon­su­men­ten­preise relativ zu den Nomi­nal­löhnen redu­ziert und Real­löhne, sowie der all­ge­meinen Lebens­standard, erhöht.

Das, was die Nomi­nal­löhne innerhalb der gesamten Volks­wirt­schaft steigen lässt, führt nicht gleichsam zu einer Stei­gerung der Real­löhne. Die höheren Nomi­nal­löhne sind lediglich Aus­wuchs einer Expansion der Geld­menge und den damit ein­her­ge­henden höheren Geld­aus­gaben innerhalb des Wirt­schafts­systems. Wenn es nicht gleich­zeitig zu einer Stei­gerung der Arbeits­pro­duk­ti­vität kommt, dann steigen durch die Erhöhung der Geld­menge und ‑aus­gaben die Kon­su­men­ten­preise genauso schnell oder sogar schneller als die Nomi­nal­löhne. Dieser Effekt kann nur dann ver­hindert werden, wenn mit der Geld­menge und den Geld­aus­gaben auch die pro­du­zierten Mengen an Gütern und Dienst­leis­tungen pro Arbeiter steigen. So würden die Kon­su­men­ten­preise weniger stark ansteigen als die Nomi­nal­löhne. In dieser Situation könnte man immer noch von einem Rückgang der Kon­su­men­ten­preise sprechen – in dem Sinne, dass Preise dann nied­riger sind, als sie unter aus­schließ­lichem Anstieg der Geld­menge und der Geld­aus­gaben gewesen wären.

Das einzige und ent­schei­dende Kenn­zeichen einer Stei­gerung der Real­löhne ist … das Absinken der Kon­su­men­ten­preise relativ zu den Nomi­nal­löhnen. Und der einzige Weg, dies zu erreichen, ist eine Pro­duk­ti­vi­täts­stei­gerung der Arbeit.

Mit einigen wenigen Aus­nahmen steigen innerhalb des gesamten wirt­schaft­lichen Systems die Real­löhne nicht dadurch an, dass sich Nomi­nal­löhne erhöhen. Im Grunde kann dies nur über eine Erhöhung des Güter- und Dienst­leis­tungs­an­gebots relativ zum Arbeits­an­gebot und damit einem Rückgang der Kon­su­men­ten­preise relativ zu den Löhnen erfolgen. In Wahrheit sind die zur Erhöhung des Wohl­standes ent­schei­denden Größen aus Sicht des ein­zelnen Arbeiters, Unter­nehmers und Kapi­ta­listen ganz andere als für die Gesamtheit der arbei­tenden Bevöl­kerung. Für den Ein­zelnen ist es der höhere Lohn. Für die Gesamtheit ist es das Zahlen nied­ri­gerer Preise.

Diese Betrachtung zeigt uns, dass höhere Nomi­nal­löhne, die fast immer von den Gewerk­schaften ange­strebt werden, nicht im Geringsten für stei­gende Real­löhne aus­schlag­gebend sind, und dass stei­gende Real­löhne aus­schließlich durch höhere Pro­duk­ti­vität her­bei­ge­führt werden können. Eine höhere Pro­duk­ti­vität wie­derum mani­fes­tiert sich in nied­ri­geren Kon­su­men­ten­preisen, und nicht in höheren Nominallöhnen.

Diese Betrachtung zeigt uns, dass höhere Nomi­nal­löhne, die fast immer von den Gewerk­schaften ange­strebt werden, nicht im Geringsten für stei­gende Real­löhne aus­schlag­gebend sind …

Das Bestreben der Gewerk­schaften, die Nomi­nal­löhne der Arbeiter zu erhöhen, läuft dem Ziel höherer Real­löhne und höherer Lebens­stan­dards sogar grund­sätzlich zuwider. Mit dem Versuch den Lebens­standard durch höhere Nomi­nal­löhne zu ver­bessern, bewirken die Gewerk­schaften unwei­gerlich eine künst­liche Ver­knappung der Arbeits­kraft ihrer jewei­ligen Mit­glieder. Dies ist das einzige Mittel, mit dem sie die Nomi­nal­löhne ihrer Mit­glieder steigern können, da Gewerk­schaften nahezu keine Macht über die Arbeits­nach­frage haben. Das einzige Mittel zur Erhöhung der Nomi­nal­löhne in einer bestimmten Branche ist die größt­mög­liche Ver­knappung des Arbeitsangebots.

Darum ver­suchen Gewerk­schaften, wann immer sie können, Kon­trolle über den Ein­tritt in den Arbeits­markt zu gewinnen. Sie ver­suchen, den Betrieben durch die Regierung Aus­bil­dungs­pro­gramme oder Lizen­zie­rungs­ver­fahren auf­zu­er­legen. Das Ziel dieser Maß­nahmen ist es, das Arbeits­an­gebot in einem bestimmten Bereich niedrig zu halten. Die wenigen glück­lichen Arbeiter, denen der Ein­tritt ermög­licht wird, können dann höhere Löhne ver­dienen. Aber auch wenn die Gewerk­schaften nicht direkt das Arbeits­an­gebot redu­zieren können, so wird sich durch die Durch­setzung von Lohn­for­de­rungen oberhalb des Markt­ni­veaus immer die Zahl der zur Ver­fügung ste­henden Arbeits­plätze verringern.

… durch die Durch­setzung von Lohn­for­de­rungen oberhalb des Markt­ni­veaus [wird sich] immer die Zahl der zur Ver­fügung ste­henden Arbeits­plätze verringern.

Die künst­lichen Lohn­er­hö­hungen, die durch die Gewerk­schaften her­bei­ge­führt werden, führen in der gesamten Volks­wirt­schaft zu Arbeits­lo­sigkeit. Diese Situation wird noch ver­stärkt, wenn die Bildung von Gewerk­schaften gesetzlich gefördert wird. Wenn sich, so wie es heut­zutage in den Ver­ei­nigten Staaten immer häu­figer der Fall ist, die Mehrzahl der Arbeiter innerhalb eines Betriebes dazu ent­schließt, sich von einer Gewerk­schaft ver­treten zu lassen, dann werden die Lohn­for­de­rungen auch in den nicht gewerk­schaftlich orga­ni­sierten Branchen Wirkung entfalten.

Arbeit­geber in den nicht gewerk­schaftlich orga­ni­sierten Branchen werden sich dazu gedrängt sehen, ihren Arbeit­nehmern ähnlich hohe Löhne zu zahlen, mög­li­cher­weise sogar höhere – um sicher­zu­stellen, dass sich diese nicht auch einer Gewerk­schaft anschließen.

Flä­chen­de­ckende Lohn­er­hö­hungen werden dafür sorgen, dass Arbeiter aus diversen Branchen ver­drängt werden. Dies wird erheb­lichen Druck auf jene Branchen ausüben, die noch am ehesten von dem Ein­fluss der Gewerk­schaften befreit sind. Diese Aus­nah­me­branchen könnten den Über­schuss an Arbeitern aus den anderen Bereichen auf­nehmen, wenn die ent­spre­chenden Löhne weit genug fallen könnten. Min­dest­lohn­ge­setze ver­hindern dies jedoch.

… Aus­nah­me­branchen könnten den Über­schuss an Arbeitern aus den anderen Bereichen auf­nehmen, wenn die ent­spre­chenden Löhne weit genug fallen könnten. Min­dest­lohn­ge­setze ver­hindern dies jedoch.

Aus Sicht der Mehrheit der­je­nigen Arbeit­nehmer, die glück­li­cher­weise ihre Stellen behalten können, ist die wich­tigste Kon­se­quenz aus dem Ein­fluss der Gewerk­schaften die Deckelung oder gar Absenkung der Arbeits­pro­duk­ti­vität. Mit wenigen Aus­nahmen bekämpfen Gewerk­schaften offen den Anstieg der Arbeits­pro­duk­ti­vität. Für sie ist es eine Frage des Prinzips. Sie ver­hindern die Imple­men­tierung von arbeits­ein­s­pa­renden auto­ma­ti­sierten Pro­duk­ti­ons­pro­zessen, da diese angeblich Arbeits­lo­sigkeit ver­ur­sachen würden. Sie stellen sich gegen den Wett­bewerb unter Arbeit­nehmern. Wie Henry Hazlitt einst korrekt anmerkte, werden Arbeit­geber regel­recht dazu gezwungen, über­flüssige Arbeits­kräfte ein­zu­stellen oder weiter zu beschäf­tigen. So mussten etwa die Heizer, die ursprünglich gebraucht wurden, um Kohle in die Öfen der Dampf­lo­ko­mo­tiven zu schaufeln, oftmals auf Die­sel­lo­ko­mo­tiven weiter beschäftigt werden. Sie sorgen für über­flüs­sigen Arbeits­aufwand. Zum Bei­spiel müssen bei Rohren, die bereits über ein Schrau­ben­ge­winde ver­fügen, die Enden ent­fernt werden, damit neue Gewinde nach der Aus­lie­ferung auf die jewei­ligen Bau­stellen neu ein­ge­ar­beitet werden können. Sie führen eng­ma­schige Arbeits­klas­si­fi­zie­rungen durch und ver­langen, dass Spe­zia­listen zu Tages­pau­schalen ange­heuert werden, um Arbeiten durch­zu­führen, die andere ebenso leicht ver­richten könnten. So braucht es bei­spiels­weise einen Ver­putzer, um die durch einen Elek­triker ver­ur­sachten Wand­schäden zu beheben, obwohl der Elek­triker selbst ebenso gut in der Lage wäre, diese Repa­ra­turen vorzunehmen.

Jedem, dem die Rolle der Arbeits­pro­duk­ti­vität für stei­gende Real­löhne bewusst ist, sollte klar sein, dass Gewerk­schaften durch ihre Maß­nahmen gegen die Stei­gerung der Arbeits­pro­duk­ti­vität zu einem erheb­lichen Hin­dernis für den Anstieg der Real­löhne werden. So radikal diese Schluss­fol­gerung auch anmuten mag, und so sehr sie der öffent­lichen Meinung über die Rolle der Gewerk­schaften zur Stei­gerung der Real­löhne in letzten 100 bis 150 Jahren auch zuwi­der­läuft – die Gewerk­schaften bekämpfen durch ihre Maß­nahmen gegen stei­gende Arbeits­pro­duk­ti­vität aktiv den Anstieg der Reallöhne!

Gewerk­schaften ver­schließen sich der tat­säch­lichen Ursache für stei­gende Real­löhne und sind weit davon ent­fernt, dem durch­schnitt­lichen Lohn­ar­beiter einen höheren Lebens­standard zu bescheren. Ihre Unkenntnis macht sie ver­ant­wortlich für künstlich her­bei­ge­führte Dis­kre­panzen in den Lohn­ni­veaus, für Arbeits­lo­sigkeit, und eine Absenkung des Lebens­stan­dards des Durch­schnitts­ar­beiters. Der ein­zelne Arbeiter ver­sucht, um seinen Lohn zu erhöhen, die eigene Pro­duk­ti­vität zu steigern, und damit das Angebot von Gütern und Dienst­leis­tungen zu ver­größern, was wie­derum die Kon­su­men­ten­preise senkt und die Real­löhne aller Wirt­schafts­ak­teure erhöht. Die unso­zialen Kon­se­quenzen aus dem Handeln der Gewerk­schaften rühren daher, dass sie statt­dessen das genaue Gegenteil tun. Sie redu­zieren das Angebot und die Pro­duk­ti­vität der Arbeit und damit ver­ringern sie das Angebot und erhöhen den Preis der Güter und Dienst­leis­tungen, die ihre Mit­glieder zu pro­du­zieren helfen. Dies wie­derum senkt den Lebens­standard innerhalb des gesamten Wirtschaftssystems.

[Gewerk­schaften] redu­zieren das Angebot und die Pro­duk­ti­vität der Arbeit und damit ver­ringern sie das Angebot und erhöhen den Preis der Güter und Dienst­leis­tungen, die ihre Mit­glieder zu pro­du­zieren helfen. Dies wie­derum senkt den Lebens­standard innerhalb des gesamten Wirtschaftssystems.

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Dieser Artikel ist das erste Mal bereits am 06.08.2014 auf Misesde.org erschienen. Aus dem Eng­li­schen über­setzt von Karl-Friedrich IsraelDer Ori­gi­nal­beitrag mit dem Titel Labor Unions Are Anti-Labor ist am 28.7.2014 auf der website des Mises-Institute, Auburn, US Alabama erschienen.

George Reisman ist Autor des Buches “Capi­talism: A Treatise on Eco­nomics” (Ottawa, Illinois: Jameson Books, 1996) und eme­ri­tierter Pro­fessor für Volks­wirt­schaft der Pep­perdine University.


Quelle: misesde.org