Es gilt mittlerweile als Wahrheit, dass die Sprengung der Nordstream 2 die Tat einer ukrainischen Gruppe war. Das wird zwar von Experten bezweifelt, denn ein solches Vorhaben kann eigentlich nur mit Spezialkräften und nicht unbeobachtet gemacht werden, heißt es. Und nun sieht es ganz so aus, als sei auch die Sprengung des Kachowka-Dammes das Werk der Ukraine. Beide Male wird nun reflexartig Putin beschuldigt, obwohl es in beiden Fällen überhaupt nicht im Interesse Moskaus liegt, was da passiert ist. Egal, der Russe war’s. Nun setzt der bei Fox geschasste Star-Moderator Tucker Carlson mit einem Paukenschlag seine neue Show auf Twitter in Szene: Die Ukrainer haben den Damm gesprengt.
Schuldzuweisungen gegen Russland … aber mit Vorsicht
Natürlich war’s der Russe, behauptet man – wieder einmal — sofort. „Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba wirft Russland vor, ein weiteres Kriegsverbrechen begangen zu haben“, schreibt die BILD und: „Oleksiy Ryabchyn, ein Berater des stellvertretenden ukrainischen Premierministers, sagte dem englischen Nachrichtensender „SkyNews“: „Wir betrachten dies (die Sprengung des Staudamms, d.Red.) als einen terroristischen Akt.“
Interessant ist aber, was Herr Bundeskanzler Olaf Scholz dazu sagt, man achte auf die Feinheiten.
Er sieht in der teilweisen Zerstörung des Kachowka-Staudamms eine „neue Dimension“ des Ukraine Krieges. Die Beschädigung des Dammes „passe zu der Art und Weise, wie Putin diesen Krieg führt“, sagte er. Es wird eigentlich vollkommen unreflektiert sofort wieder Russland zugeordnet, aus der Nordstream-Geschichte wieder nichts gelernt:
„Bricht der Damm durch eine Sprengung der Russen werden mehr als 80 Siedlungen überflutet – darunter auch die Regionalhauptstadt Cherson. Hunderttausende könnten davon betroffen sein, so Selenskyj in einer Videoschalte mit Verteidigungsminister Oleksij Resnikow (56).
So ein ‚wahrscheinlicher russischer Terroranschlag‘ könnte laut dem ukrainischen Präsidenten zu einer ‚historischen Katastrophe‘ werden.“
Also ist es selbst aus dem Munde des ukrainischen Präsidenten noch so vage, dass sogar er das Wort „wahrscheinlich“ benutzt. Auch der Merkur meldet sehr lakonisch: am 6. Juni 20:00 Uhr:
„Zerstörung des Kachowka-Staudamms: US-Geheimdienstinfos sickern durch: Die Regierung von Präsident Joe Biden könne ‚nicht abschließend sagen‘, wer für den massiven Bruch des Kachowka-Damms in der Südukraine verantwortlich sei, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag vor Reportern im Weißen Haus.“
Sieh an, man zieht sich vorsichtig von der Behauptung, es sei der böse Putin gewesen, zurück. Und setzt hinzu, Moskau mache die Ukraine verantwortlich. Die ukrainische Regierung wiederum ruft den Westen zu einem noch härteren Vorgehen gegen Moskau auf.
Fulminanter Auftakt von Tucker Carlson auf Twitter: Wahrscheinlich waren’s die Ukrainer!
In dieses Hin-und-Her platzt Tucker Carlson mit seiner brandneuen Twitter Show und sagt Folgendes:
„Hey, hier ist Tucker Carlson! Heute morgen sieht es so aus, dass jemand den Kachowka-Damm in der Südukraine in die Luft gesprengt hat. Die brausende wand aus Wasser hat ganze Dörfer weggefegt, hat ein wichtiges Wasserwerk zerstört und wie es heute abend steht, besteht bei dem Reaktor des größten Atomkraftwerk Europas die Gefahr einer Kernschmelze. Wenn das Absicht war, war das keine militärische Taktik. Das war ein terroristischer Akt.
Die Frage ist: Wer hat das getan? Nun, sehen wir mal: Der Kachowka-Damm ist tatsächlich russisch, wurde von der russischen Regierung gebaut und liegt zur Zeit auf russisch kontrolliertem Gebiet. Das (Wasser-)Reservoir versorgt die (zur Zeit russische) Halbinsel Krim, die seit 240 Jahren das Zuhause der Schwarzseeflotte ist.
Den Damm zu sprengen mag zwar schlecht für die Ukraine sein, aber es tut Russland mehr weh. Und aus genau diesem Grund hat die ukrainische Regierung beschlossen, ihn zu zerstören. Im Dezember zitierte die ‘Washington Post’ einen ukrainischen General, der sagte, dass seine Männer Raketen aus amerikanischer Fertigung auf die Schleusen des Damms geschossen haben, als einen Stresstest. Nun, wirklich, als die Fakten hereinkamen, wird das Mysterium, was denn mit dem Damm passiert sein könnte, wesentlich kleiner. Jeder, der objektiv ist, würde daraus schließen, dass vielleicht die Ukrainer ihn gesprengt haben, genau, wie er auch davon ausgehen würde, dass sie die Nordstream, die russische Erdgas-Pipeline im letzten Herbst gesprengt haben. Und tatsächlich haben die Ukrainer das ja auch gemacht, wie wir jetzt wissen. Es ist ja nicht so, dass Putin unbedingt gegen sich selbst Krieg anfangen will.”
Der Kampf um den Damm ist der Kampf um die Krim
Interessant: Der Artikel der Washington Post zeigt Luftbilder des Kachowka-Damms aus 2020 und 2022 und erklärt, dass auf dem rechten Luftbild vom Mai 2022 zu sehen sei, wie die russischen Streitkräfte die Frischwasserzufuhr für die Halbinsel Krim wiederhergestellt hatte und die ganze Anlage renoviert. Die Ukraine hatte nach der Volksabstimmung der Krim-Bewohner, wieder zu Russland zu gehören, die Frischwasserzufuhr blockiert, was – laut Washington Post Moskau Hunderte Millionen Dollar gekostet hat. Es sei eine der ersten Maßnahmen Russlands nach der Invasion im Februar 2022 gewesen, den Kanal unter seine Kontrolle zu bringen und die Frischwasserversorgung wieder neu herzustellen.
Die Washington Post berichtet (im November 2022) weiter, dass der Kachowka-Damm und das Wasserkraftwerk seitdem ein neuralgischer Punkt zwischen der Ukraine und Russland ist und Präsident Selenskij ständig behauptet, dass russische Terroristen planen, die Anlagen zu zerstören. Russische Regierungsbeamte beschuldigen seitdem die ukrainische Seite, dasselbe zu planen, jedoch hat keine Seite für ihre Behauptungen je einen Beweis vorgelegt.
Dasselbe bei Nordstream 2: Keine endgültigen Beweise und ständig neue Schuldige
Die zur Zeit geltende Geschichte mit der fünfköpfigen Crew auf der Segelyacht „Andromeda“, die mit nur ein paar Leuten aus Rostock in See gestochen sein soll, angeblich Unmengen von Sprengstoff unauffällig besorgt und verladen haben soll, ist eher fraglich. Diese seltsame kleine Gruppe anscheinend kaum ausgebildeter Leute soll an der „Explosion“ an der Gaspipeline „Nordstream 2“ beteiligt gewesen sein. Auf welche Weise denn? Warum sind, wenn das gesichert sein soll, nicht einmal die Personen so richtig identifiziert? Einer davon soll ein junger Mann von Mitte 20 sein (und schon so eine Spezialausbildung hinter sich haben und aus „einer Stadt“ südöstlich von Kiew stammen.
Selbst wenn er eine Spezialausbildung als Infanterist absolviert hat, macht ihn das nicht zum Kampftaucher und Sprengstoffexperten unter Wasser. Und selbst wenn, kann der junge Mann wirklich ganz allein, oder vielleicht nur zu zweit diese Mengen Sprengstoff in zig-Tauchgängen zielgenau auf den dunklen Meeresboden an die richtige Stelle bringen, richtig anmontieren und fehlerfrei verkabeln? Und wie kann man ohne eine funkangesteuerte Boje diesen Haufen Sprengstoff unten am Meeresboden zur Explosion bringen – und das aus sicherer Entfernung von mehreren Kilometern? Die Fläche, die durch die Explosion aufgewühlt wurde, hätte das Schiffchen nämlich sofort verschlungen. Man musste nur weit genug davon weg, das ist nicht das Problem. Nur, dann kann man nicht einfach mit einem Funkgerät diese Bomben unten am Meeresgrund aktivieren.
Weiter schreibt die „Zeit“:
„Der Mann soll Mitte 20 sein und aus einer Stadt südöstlich von Kiew stammen. Fotos in sozialen Netzwerken zeigen einen jungen Mann, manchmal in Militäruniform mit Helm – und mit auffälligen Tätowierungen. Er soll früher in einer Infanterieeinheit des ukrainischen Militärs gedient haben. Der Mann selbst war nicht erreichbar. Eine Verwandte erklärte am Telefon, er diene derzeit im Militär. Ihrer Auskunft zufolge habe der Mann im vergangenen Herbst, als die Explosionen vorbereitet worden sein sollen, die Ukraine nicht verlassen. Ukrainische Regierungsstellen antworten bislang nicht auf eine Anfrage.“
Die Segelyacht führt nach den Recherchen von NDR, WDR, Süddeutscher Zeitung und Internationalen Medienpartnern zu einem polnischen Unternehmen, das die Yacht angemietet hat,. aber nicht genannt wird, es soll ein Reisebüro sein. Die „Präsidentin“ dieser Firma gibt es, sie sei aber nur eine Strohfrau, und das Unternehmen ist lediglich eine Briefkastenfirma, hat auch jahrelang Null Umsätze gemacht, aber 2020 plötzlich 2,8 Millionen Euro. Mündliche und schriftliche Anfragen, so die „Zeit“, seien ergebnislos verhallt. Alle Ostseeanrainerländer, weder Schweden, Dänemark, Polen oder Deutschland, wollten keinen Kommentar zu der Sache abgeben. Sowohl die USA, als auch Russland und die Ukraine haben jede Beteiligung an der Pipelinesprengung abgelehnt.
Meine unmaßgebliche Lieschen-Müller-Meinung dazu? Die Sprengung geschah kurz nach einer Militärübung des Westens namens „BaltOp“ genau da, wo die Sprengung geschah. Und es wurde auch genau so etwas geübt. Die Darlegungen von Seymour Hersh, der die Übung in der streng überwachten Ostsee für eine Kulisse hält, hinter der man von US und GB-Marine-Militärs die Pipeline sprengen ließ, ist überzeugend und entspricht auch der Haltung der USA. Präsident Biden hatte diesen Schlag gegen die Gaspipeline ja geradezu angekündigt.
Hauptsache, man kann den USA nichts beweisen
Dummerweise war damit nur allzu klar, in wessen Interesse dieser Anschlag war. Als As im Ärmel zimmert man daher zeitgleich eine andere Version, in der eine Gurkentruppe mit einem ominösen, jungen „Mann“ und einer Yacht, die offensichtlich von einer Geheimdienstbude gechartert wurde, vorkommt. Die Ukraine hatte auch ein Interesse, Deutschland gegen den bösen Putin aufzuhetzen. Für die USA ist es ziemlich egal, ob diese Sündenbock-Version glaubhaft ist. Hauptsache man kann sagen und schreiben, dass die Sache ungeklärt ist und bleibt, keine unumstößlichen Beweise auftauchen – und damit kann die US-Regierung prima leben.
Oder sollte man sagen „konnte“?
Denn, wie Reuters am 06. Juni 2023, also noch frisch, meldet, hat die Nachrichtenagentur dafür Belege, dass die US-Regierung drei Monate vor der Sprengung der Nordstream-Pipeline schon von diesem Plan gewusst haben soll. Die Washington Post hat das am gestrigen Dienstag veröffentlicht. Die CIA selbst soll damals über einen Europäischen Geheimdienst erfahren haben, dass „ein Sechs-Personen-Team der Spezialkräfte der ukrainischen Armee beabsichtigten“, die Russisch-Deutsche Nordstream-Pipeline zu sprengen. Diese Geheimdienstberichte wurden online auf Discord geteilt, angeblich von Jack Teixeira, einem Mitglied der Air National Guard. Er wurde im April und wegen Weitergabe vertraulicher US-Daten verhaftet und angeklagt.
Der Geheimdienstbericht beruft sich auf Informationen, die von einer Person in der Ukraine bereitgestellt wurden, so die Washington Post. Die CIA habe diesen Bericht im Juni 2022 an Deutschland und andere europäische Länder weitergegeben. Die Washington Post berichtete, Beamte aus mehreren Ländern bestätigten, dass die auf Discord veröffentlichte Geheimdienstzusammenfassung genau das widerspiegelt, was der europäische Dienst der CIA mitgeteilt habe.
Na, wunderbar. Das bedeutet, das Gerücht ist wahr, dass die deutsche Ampelregierung durchaus wusste, was die Ukraine mit der Nordstream-Pipeline vorhatte – und die USA auch. Und trotzdem gaben sich alle vollkommen erschrocken, tief betroffen und empört und regten sich über diese „ruchlose Tat der Russen“ auf. Oder … halt … Ist das auch nur eine erfundene Geschichte, die abwenden und vertuschen soll, dass die Welt erfährt, dass es die USA waren, die das alles geplant hatten und es jetzt der Ukraine in die Schuhe schieben? Bekamen die ukrainischen Spezialkräfte sogar den Befehl aus Washington? Also doch keine wildgewordene, ukrainische Gurkentruppe, die auf eigene Faust und mit einem viel zu jungen Infanteristen dieses Spezialkommando durchgezogen hat?
Das ist die Taktik, alles zu verdrehen, Halbwahrheiten herauszulassen, nur so viel zuzugeben, was sowieso nicht mehr geleugnet werden kann und dann aber so widersprüchlich und schwammig, dass niemand mehr weiß, woran er ist.
So ähnlich sah das auch mit der Sprengung der Brücke zur Krim aus, nur hat sich da die ukrainische Regierung verquatscht und die „der Russe war’s‑Version“ ist erledigt. Beobachten wir also das sich entfaltende Pingpongspiel der Schuldzuweisungen und gehen wir getrost davon aus, dass wir die Wahrheit über die Sprengung des Talsperren-Dammes nicht erfahren werden, egal, wie offensichtlich die Sachlage sich entwickelt.
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