Was ist mit Saudi-Arabien los? Eine Menge. Saudi-Arabien empfängt Spitzenpolitiker der Welt, schließt enorme Verträge mit China ab und setzt voll auf den Sport. Der Staatsfonds des Königreichs wird die vier größten Fußballvereine übernehmen. Doch auch das ist los: Die Unterdrückung kritischer Stimmen hat sich in Saudi Arabien verschärft. Bis zu 45 Jahre Haft verhängten saudische Gerichte unter anderem für Aktivitäten beim sozialen Netzwerk Twitter, denn die sozialen Medien werden streng überwacht. Zuletzt traf es die Fitnesslehrerin Manahil al-Otaibi, die sich in sozialen Medien für ein Ende des Systems männlicher Vormundschaft ausgesprochen hatte. Im Jahr 2023 sind in Saudi-Arabien bisher 54 Menschen auf der Grundlage verschiedener Straftaten hingerichtet worden.
Trotz der Zusicherung der saudi-arabischen Behörden, die Todesstrafe nicht mehr gegen zur Tatzeit Minderjährige zu verhängen, droht dort sieben jungen Männern die Hinrichtung. In den letzten drei Jahren hat sich die Zahl der Hinrichtungen in Saudi-Arabien versiebenfacht. Wie wird man Kronprinz von Saudi Arabien? Mohammed bin Nayef wurde im Rahmen einer vom derzeitigen Kronprinzen Mohammed bin Salman angeordneten Machtkonsolidierung festgenommen und sitzt seitdem im Gefängnis. Was mit Kritikern geschieht, wird auch durch den Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi deutlich. Seitdem wächst die weltweite Kritik an Saudi Arabien, eigentlich. Denn obwohl die Gräueltaten nicht gestoppt wurden, bekam Saudi Arabien die G20-Präsidentschaft. Und wie bekannt wurde, haben die G20-Staaten seit dem Beitritt zum Jemen-Krieg im Jahr 2015 Waffen im Wert von 17 Mrd. USD an Saudi-Arabien verkauft. Auch deutsche Politiker geben sich, wenn es um die Handelsbeziehungen geht, die Türklinke in Saudi Arabien in die Hand. Auch als die saudi-arabische Regierung per Anzeige acht Henker suchte hielt auch der jetzigen Präsidentin und damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nicht davon ab, trotz Menschenrechtsverletzungen die Kooperation mit Saudi Arabien weiter auszubauen. Auch Mark Zuckerberg von Facebook traf sich mit dem Kronprinzen und auch Microsoft unterstützt den Kronprinzen bei seiner utopischen Vision 2030. Bereits die schockierende Dokumentation – Saudi Arabia Uncovered – enthüllte die Brutalität des Lebens in Saudi Arabien. Es wurde gezeigt, wie Menschen an Kränen aufgehängt und eine Frau auf offener Straße enthauptet wurde. Geschäfte wurden trotzdem weiterhin getätigt. Erst in 2022 schloss Saudi Arabien einen Vertrag mit Blackrock über den Verkauf einer Beteiligung an seinen Erdgaspipelines für 15,5 Milliarden US-Dollar ab. Und zur gleichen Zeit wurde bekannt, dass der italienische Ex-Premier Matteo Renzi 1,1 Millionen Euro von Beratungsunternehmen in Saudi-Arabien erhielt. Auch schloss Saudi Arabien ein Abkommen im Wert von 65 Milliarden Dollar mit China ab. Nun hat der Kronprinz von Saudi Arabien ehrgeizige Pläne, die er in einem Werbevideo veröffentlichte. Neom: Saudi-Arabiens 500-Milliarden-Dollar-Wette: Bau einer futuristischen Stadt in der Wüste.
Wollen Sie in Saudi Arabien Urlaub machen?
Saudi-Arabien arbeitet an Verbesserungen seines Tourismussektors und hat Verträge mit China unterzeichnet, um chinesische Touristen anzulocken . Als weiteres Zeichen der zunehmenden Nähe der beiden Länder unterzeichneten sie einen 5,6‑Milliarden-Dollar-Vertrag für die Produktion von Elektrofahrzeugen. Außerdem wird der Staatsfonds des Königreichs die vier größten Fußballvereine übernehmen , von denen zwei Spieler wie Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und N’Golo Kante umworben haben, und so die Starmacht des saudischen Fußballs stärken.
Darüber sollten sich Touristen im Klaren sein. „Die sozialen Medien werden streng überwacht“, warnt das Auswärtige Amt diejenigen, die das Königreich besuchen wollen.
Wollen Sie wirklich in Saudi Arabien Urlaub machen, können Sie auch an Hinrichtungen teilnehmen, denn trotz der Zusicherung der saudi-arabischen Behörden, die Todesstrafe nicht mehr gegen zur Tatzeit Minderjährige zu verhängen, droht dort sieben jungen Männern die Hinrichtung. Sollten die Männer hingerichtet werden, würde dies den ohnehin bereits grausamen Blutzoll weiter in die Höhe treiben: In den letzten drei Jahren hat sich die Zahl der Hinrichtungen in Saudi-Arabien versiebenfacht.
Erst am Samsatag, den 12.März 2022 gab es eine Massenhinrichtung. Die Hinrichtungen – oftmals Enthauptungen – finden öffentlich statt.. Zu den Männern gehörten 37 saudische Staatsangehörige, die in einem einzigen Fall für schuldig befunden wurden, weil sie versucht hatten, Sicherheitsbeamte zu ermorden und Polizeistationen und Konvois angegriffen zu haben, fügte der Bericht hinzu.
Und wie Reporter ohne Grenzen am 03.Mai 2023 zum Welttag der Pressefreiheit berichtete, steht Saudi Arabien (170, ‑4) seit vielen Jahren in der Schlussgruppe der Rangliste der Pressefreiheit. Der mächtige Kronprinz Mohammed bin Salman, genannt MBS, lässt Medienschaffende für viele Jahre hinter Gittern verschwinden, verbietet ihnen auszureisen oder lässt sie sogar im Ausland streng überwachen. Der Mord am JournalistenJamal Khashoggi jährt sich 2023 zum fünften Mal – es ist offensichtlich, dass MBS sich vor keinerlei Strafverfolgung fürchten muss.
In Saudi Arabien inhaftiert
War Ihnen bekannt, dass Saudi-Arabien auf der veröffentlichten sogenannten „Liste der Schande 2015“ stand? Die Liste zeigt die Namen von Ländern, Terrorgruppen und Armeen, die Kinder rekrutieren und töten. Wenige Stunden danach aber war Saudi-Arabien plötzlich von der Liste der Schande verschwunden. Saudi-Arabien hatte Druck gemacht. Schriftlich und mündlich bei dem damaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki-moon protestiert. Nach dem Motto: Wir wollen nicht auf einer Liste erscheinen, auf der auch Terrorgruppen wie der „Islamische Staat“ oder Al Kaida stehen. Dafür wurde ausgerechnet Faisal Bin Hassan Trad aus Saudi-Arabien der neue „Experte“ der Vereinten Nationen für Menschenrechte wurde. 2020 scheiterte Saudi-Arabien bei seinem Versuch, für die nächste Amtszeit von drei Jahren ab dem 1. Januar 2021 Mitglied des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen (UNHRC) zu werden, trotz Kritik haben es aber China und Russland am 13. Oktober 2020 in einer Abstimmung geschafft.
Nach der Ermordung des Journalisten Khashoggi wurde es wieder ruhig um Saudi Arabien, doch die Gräueltaten gehen weiter. Die Festnahmen und dokumentierten Misshandlungen zeigen, wie Kronprinz Mohammed bin Salman, der laut US-Geheimdiensten und einer unabhängigen Untersuchung durch einen UN-Berichterstatter für den Mord an Jamal Khashoggi im Jahr 2018 verantwortlich ist, sein brutales Vorgehen gegen Dissidenten fortsetzt.
Saudi-Arabien gehört seit langem zu den Ländern mit den meisten Hinrichtungen weltweit, darunter auch von jungen Regimekritikern. Sie waren nicht einmal 18, als sie verhaftet wurden. Nach dem Dokumentarfilm Saudi Arabia Uncovered, der die Brutalität einer Welt zeigt, in der Frauen auf der Straße geköpft werden, scheint sich die Lage in Saudi Arabien auch unter Kronprinz Mohammed bin Salman nicht geändert zu haben, der sich gern als neuer weltoffener Reformer zeigt. Auch aktuelle Recherchen zeigen, dass Menschenrechtsverteidiger, Schriftstellerinnen, Journalistinnen, Reformbefürworter, Aktivistinnen und Angehörige der schiitischen Minderheit in unfairen Verfahren zu langen Haftstrafen oder gar zum Tod verurteilt werden. Auch für Frauen scheint sich die Situation in Saudi Arabien wieder zu verschlechtern. Siehe auch Die Gräueltaten gehen weiter und trotzdem übernimmt Saudi Arabien G20-Präsidentschaft – Saudi Arabia G20 Presidency for 2020 – brutal crackdown on dissent – journalists jailed
Der stellvertretende saudische Kronprinz trifft Mark Zuckerberg von Facebook
2010 sperrte Saudi Arabien noch Facebook. 2011 hatte König Abdullah von Saudi-Arabien beschlossen, ein Angebot von 150 Milliarden Dollar für den Kauf von Facebook zu machen. Er wurde von Goldman Sachs beraten. Im Juni 2016 bot Saudi-Arabien laut al-Okaz‑a Mark Zuckerberg $ 250 Mrd an, um Facebook zu kaufen. Das Angebot war mehr als doppelt so hoch als der damalige reale Wert.
Der stellvertretende saudische Kronprinz Mohammed bin Salman besuchte im Juni 2016 die Zentrale von Facebook und traf sich mit dem Gründer und Präsidenten des Technologieriesen, Mark Zuckerberg.
Ein weiteres wichtiges Treffen im Silicon Valley war mit Satya Narayana Nadella, Chief Executive Officer von Microsoft . Während des Treffens wurde eine Absichtserklärung (MoU) unterzeichnet, wonach Microsoft junge Saudis ausbilden und Saudi-Arabien bei seiner ehrgeizigen digitalen und wissensbasierten Innovationstransformation im Rahmen der Vision 2030 unterstützen wird. Microsoft hat einen weiteren Vertrag abgeschlossen, um das Decision Making Support Center am Royal Court durch die Einrichtung von Systemen und Betriebsprogrammen mit Hilfe eines Expertenteams von Microsoft zu stärken.
Es wird davon ausgegangen, dass die Treffen von Prinz Mohammed darauf abzielten, die Beziehungen zum Silicon Valley zu stärken und neue Projekte zu schaffen, die im Königreich umgesetzt werden sollen. Diese Treffen zielen auch darauf ab, einen Hightech-Sektor aufzubauen, um die Ziele einer vielfältigen Wirtschaft zu erreichen, wie sie in Saudi-Arabiens Vision 2030 angestrebt werden.
Der stellvertretende saudische Kronprinz Mohammed bin Salman testet neue Technologie im Silicon Valley (Exklusive Bilder von Bandar al-Galoud)
Der stellvertretende saudische Kronprinz Mohammed bin Salman spricht mit Facebook-Gründer Mark Zuckerberg (Exklusive Bilder von Bandar al-Galoud)
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg winkt den stellvertretenden saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman nach einem Treffen zwischen den beiden im Hauptsitz des Technologieriesen im Silicon Valley ab (Exklusive Bilder von Bandar al-Galoud)
Mohammed bin Salman wurde im Juni 2017 von seinem Vater, König Salman ibn Abd al-Aziz, zum Kronprinzen ernannt.
Mohammed bin Salman al-Saud ist Kronprinz, Verteidigungsminister und stellvertretender Premierminister Saudi-Arabiens. Während seiner Amtszeit als Verteidigungsminister führten die Streitkräfte Saudi Arabiens die Militärintervention im Jemen seit 2015 durch.
Wegen seiner mutmaßlichen Rolle bei der Ermordung Khashoggis hat Mohammed bin Salman, der in der englischen Sprache gelegentlich „MBS“ genannt wird, den sarkastisch-metaphorisch gemeinten Spitznamen Mister Bone Saw (deutsch: Herr Knochensäge) erhalten.
Zudem geht Mohammed bin Salman hart gegen den Iran vor, aber auch gegen Reformer im eigenen Land. Mit ihm gilt das saudische Königreich als zunehmend unberechenbar. Was auch die Situation belegt, die sich in Saudi Arabiens Provinz al-Qatif abspielte: Qatif gilt zusammen mit al-Hasa als Siedlungsschwerpunkt der saudischen Imamiten und spielte im Zusammenhang mit den Protesten in Saudi-Arabien ab 2011 eine zentrale Rolle. Der Bürgerrechtler Nimr al-Nimr wurde wegen Anstiftung zum Aufruhr in Qatif zum Tode verurteilt und im Januar 2016 hingerichtet. Ali Al-Nimr, sein Neffe, soll enthauptet werden, dann soll sein kopfloser Körper aufgehängt und öffentlich ausgestellt werden. Der neueste grausame Akt der IS-Dschihadisten? Nein: Es ist ein Urteil des Obersten Gerichtshofes in Saudi Arabien und doch wird dieser Staat mit Waffen nur so überschüttet.
Gepanzerte Fahrzeuge in den Straßen, zerschossene Häuser und Gewehrsalven in der Luft – solche Szenen sind wir aus Syrien gewohnt. Doch Ähnliches spielt sich derzeit auch in der schiitischen Stadt al-Awamiya im Osten Saudi Arabiens ab, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Die Aufständischen sind Schiiten, das Regime ist sunnitisch.
Saudi Arabien wird Teil der digitalen Seidenstraße
Der wichtigste Wirtschaftszweig, der Ölsektor, befand sich bereits seit längerer Zeit im Rückwärtsgang. Saudi-Arabien hat zwar Maßnahmen zur Abfederung der Coronakrise (Zinssenkungen, Hilfskredite, Arbeitsmarktprogramme etc.) ergriffen. Gleichzeitig aber die Wirtschaft durch eine Verdreifachung der Mehrwertsteuer auf 15 Prozent belastet. Ein Konjunkturpaket zur Ankurbelung der Wirtschaft ist nicht in Sicht. Die Staatsausgaben sollen 2020 nicht ausgeweitet worden sein, so ein Bericht von German Trade Invest.
Wie versteckt Saudi-Arabien seinen eigenen Untergang?
In den letzten Jahrzehnten war Saudi-Arabien dank seiner riesigen Ölreserven ein wichtiger Akteur in der Weltwirtschaft. Das Land konnte seine Position als dominierende Kraft im Nahen Osten behaupten, indem es seinen Reichtum nutzte, um Allianzen zu bilden und in sein Militär zu investieren. Die jüngsten Ereignisse deuten jedoch darauf hin, dass die saudische Regierung darum kämpft, ihre Macht zu behalten. In diesem Blogbeitrag von Think School wird erklärt, wie Saudi-Arabien seinen eigenen Untergang verbirgt.
Die saudi-arabische Regierung war schon immer sehr geheimnisvoll, und es ist notorisch schwierig, genaue Informationen über die inneren Angelegenheiten des Landes zu erhalten. Dies hat es der Regierung ermöglicht, ein Image der Stabilität und Stärke aufrechtzuerhalten, selbst wenn Risse in der Fassade auftauchen.
Eine Möglichkeit, wie die saudische Regierung ihren eigenen Untergang verschleiert hat, ist die Manipulation der Medien. Die Regierung kontrolliert die meisten großen Nachrichtenagenturen des Landes und nutzt sie, um ein rosiges Bild der Lage des Landes zu zeichnen. Dies hat es Außenstehenden erschwert, sich ein genaues Bild von den Geschehnissen in Saudi-Arabien zu machen.
Eine andere Möglichkeit, mit der die saudische Regierung ihren eigenen Untergang verschleiert hat, besteht darin, hart gegen abweichende Meinungen vorzugehen. Die Regierung hat zahlreiche Aktivisten, Journalisten und Akademiker festgenommen und inhaftiert, die sich gegen die Politik der Regierung ausgesprochen haben. Dies hat eine Kultur der Angst geschaffen und viele der Stimmen zum Schweigen gebracht, die sonst vielleicht wegen der Probleme des Landes Alarm geschlagen hätten.
Trotz dieser Bemühungen, den eigenen Untergang zu verbergen, gibt es Anzeichen dafür, dass die saudische Regierung zu kämpfen hat. Eine der größten Herausforderungen für die Regierung ist der Rückgang der Ölpreise. Die Wirtschaft des Landes ist stark von Ölexporten abhängig, und der Preisverfall hat zu einem Rückgang der Einnahmen geführt. Dies hat den Staatshaushalt belastet, was zu Kürzungen bei Sozialprogrammen und anderen Dienstleistungen geführt hat.
Neben wirtschaftlichen Herausforderungen sieht sich die saudische Regierung auch mit wachsender innerer Unruhe konfrontiert. In der östlichen Provinz des Landes, in der eine große schiitische Bevölkerung lebt, die sich seit langem über Diskriminierung und Unterdrückung beschwert, gab es Proteste. Die Regierung hat auf diese Proteste mit harter Hand reagiert, was die Spannungen nur noch angeheizt hat.
Zusammenfassend steht Saudi-Arabien vor einer Reihe von Herausforderungen, die seine Stabilität und seinen zukünftigen Wohlstand bedrohen. Trotz der Bemühungen, diese Probleme vor dem Rest der Welt zu verbergen, ist klar, dass die Regierung darum kämpft, ihre Macht zu behalten. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Herausforderungen entwickeln werden, aber eines ist sicher: Die Zukunft Saudi-Arabiens ist alles andere als sicher.
Die dunkle Realität hinter Saudi-Arabiens utopischen Träumen
Für den Rest der Welt mag Saudi-Arabien wie ein quasi-mittelalterliches Königreich aussehen, in dem Frauen immer noch um ihre Grundrechte kämpfen, bärtige Kleriker die Gerichte leiten und Verurteilte routinemäßig in der Öffentlichkeit mit dem Schwert enthauptet werden. Doch die saudische Monarchie träumt – wie ihre Nachbarn in Dubai und Abu Dhabi – seit langem vom Sprung in eine Hightech-Zukunft. Der letzte saudische König entwarf Pläne für sechs neue Städte in der Wüste, die alle als transformative Schritte in Richtung einer Welt jenseits des Öls angepriesen wurden.
Jetzt haben die Saudis eine Vision angekündigt, die alle ihre bisherigen Bemühungen zahm aussehen lässt. Kronprinz Mohammed bin Salman, der De-Facto-Herrscher, veröffentlichte im Januar einen kurzen Film, in dem er seine Pläne für die „Line“ vorstellte, ein postmodernes Ökotopia, das an der Nordwestküste des Königreichs entstehen soll. Es wird ein schmaler urbaner Streifen von 106 Meilen Länge sein, ohne Straßen, ohne Autos und ohne Umweltverschmutzung. M.B.S., wie der Kronprinz genannt wird, plant, 500 Milliarden Dollar in die Line und verwandte Projekte zu stecken, was selbst für saudische Verhältnisse eine Menge Geld ist. Er nennt die Line eine „zivilisatorische Revolution“, die von einer Million Menschen „aus aller Welt“ bewohnt werden soll. Warum irgendjemand dorthin ziehen möchte und warum eine Stadt wie ein Capellini-Strang geformt sein sollte, kann man nur vermuten.
Wenn man sich das Werbevideo des Kronprinzen ansieht, taucht man in eine typisch saudische Form der Arroganz ein, die religiösen Triumphalismus und königliche Grandiosität miteinander verbindet. Der Film beginnt mit einer sich schnell bewegenden Montage der größten wissenschaftlichen und technischen Durchbrüche des 20. Jahrhunderts, einschließlich eines unpassenden Bildes von Saudi-Arabiens Gründerkönig – als ob er eher ein Innovator im Stil von Steve Jobs als ein Kamel reitender Wüstenkrieger gewesen wäre. Daten blinken auf dem Bildschirm in einer alten Schriftart auf, während wir Bilder von der ersten kommerziellen Radiosendung (1920), den ersten Farbfernsehern (1953), der ersten erfolgreichen Nierentransplantation (1954), dem ersten Mann auf dem Mond (1969) und der Geburt des Internets sehen. Nach dem Vorbeiflitzen an der Herrlichkeit von YouTube und virtueller Realität wird der Bildschirm leer und die Worte erscheinen, weiß auf schwarzem Hintergrund: „What’s next?“ (Was kommt als nächstes?)
Wenn man sich das Werbevideo des Kronprinzen anschaut, taucht man in eine typisch saudische Form der Arroganz ein.
Der Schnitt zeigt M.B.S. auf einer Bühne in seinem bodenlangen weißen Kleid. Er hält einen kurzen Vortrag im TED-Stil, während hinter ihm ein topografisches Modell einer scheinbar geschwärzten Mondkruste zu sehen ist. Ein dünner, grün glühender Feuerstrahl durchschneidet es, und für einen Moment hätte ich fast erwartet, dass Godzilla auftaucht und sich mit dem Prinzen anlegt. Das japanische Filmmonster, geboren aus der Angst und Begeisterung über die Macht der Technik nach dem Zweiten Weltkrieg wäre hier seltsam passend. Aber nein: Der grüne Strahl soll die Line repräsentieren.
Während M.B.S. diese schöne neue Welt heraufbeschwört – keine Fahrt wird länger als 20 Minuten dauern! null Kohlenstoffemissionen! – bekommt man das Gefühl, dass seine Chuzpe geradezu metaphysisch ist. Er scheint zu glauben, dass die Natur selbst unter seinem Kommando steht. Das sollte nicht völlig überraschend sein, denn M.B.S. propagiert seit 2017, als er zum ersten Mal Neom vorstellte, die umfassendere futuristische Entwicklung, von der die Line ein Teil ist, ähnlich ausgefallene Ideen. (Der Name ist ein Portmanteau (Schachtelwort) aus griechischen und arabischen Wörtern für „neu“ und „Zukunft“.) Der Neom-Prospekt beschrieb „eine neue Lebensweise von der Geburt bis zum Tod, die genetische Mutationen erreicht, um die menschliche Stärke und den IQ zu erhöhen“, so ein Artikel im Wall Street Journal aus dem Jahr 2019. Cloud-Seeding würde Regen in die Wüste bringen. Das Projekt beinhaltet ernsthafte, realistische Planungen zu Entsalzung, alternativer Energie und Wüstenlandwirtschaft, wie mir Ali Shihabi, ein Mitglied des Neom-Beirats, sagte. Aber diese Ideen wurden überschattet von wildem Gerede über Super-Hochgeschwindigkeitszüge, Roboter-Mädchen und Strände mit leuchtendem Sand.
Die Hybris, die diesen Vorschlägen zugrunde liegt, genährt von Generationen von Ja-Sagern (einschließlich gut bezahlter westlicher Berater), wird jedem vertraut sein, der Zeit in Saudi-Arabien verbracht hat. Dennoch hätte man von M.B.S. ein wenig mehr Umsicht erwartet, zumindest im Moment.
Dies ist der Mann, der beschuldigt wird, den grausamen Mord an Jamal Khashoggi angeordnet zu haben, dem saudischen Journalisten, der 2018 in das saudische Konsulat in Istanbul gelockt wurde, dann erwürgt und mit einer Knochensäge von einem aus Riad entsandten Team zerstückelt wurde. Khashoggi wagte es, milde kritische Kolumnen in der „Washington Post“ zu schreiben. Die Details seiner brutalen Ermordung schockierten die Welt und machten M.B.S. zum Paria. Er hat den Mord verurteilt und streitet jede Rolle darin ab. (Die C.I.A. ist da anderer Meinung.)
Bescheidenheit liegt nicht in den Genen von M.B.S., im Guten wie im Schlechten. Er fährt fort, seine Kritiker zu schikanieren und einzusperren, als ob der Khashoggi-Mord nie ans Licht gekommen wäre. Aber seine Unverfrorenheit hat es ihm ermöglicht, Saudi-Arabiens religiöses Establishment zu zügeln und der langjährigen Förderung giftiger islamistischer Doktrinen im Königreich ein Ende zu setzen. Er lockert die rigiden Beschränkungen des kulturellen Lebens, und das hat ihn immens populär gemacht, besonders unter der Jugend.
M.B.S.’s bizarrer Werbefilm ist nicht nur ein Spiegelbild seiner königlichen Ambitionen. Seine Technophilie schwingt bei vielen jungen Saudis mit, und man kann es ihnen nicht wirklich verdenken. Ihre eigenen Städte sind fast über Nacht aus obskuren Wüstenflecken entstanden. Ihre Großeltern sahen ehrfürchtig zu, wie schwarzer Glibber aus dem Sand sprudelte und eines der ärmsten Länder der Welt in eines der reichsten verwandelte. Warum sollten sie nicht an fliegende Taxis und künstliche Monde glauben?
Was der Prinz nicht sagt, ist, dass in der gleichen Gegend bereits Tausende von Menschen im Einklang mit der Natur leben: eine Stammesgemeinschaft, die seit Jahrhunderten dort ansässig ist.
Der letzte Teil des Line-Videos schlägt einen überraschenden Ton an: Bilder von verstopften Stadtautobahnen und Überführungen, die an den dystopischen Film „Koyaanisqatsi“ von 1982 erinnern, in dem die Moderne als Verrat an der Erde dargestellt wird. Die Line, so das Video, wird die Menschheit vor diesem Alptraum retten, indem sie das Pendeln und die Umweltverschmutzung eliminiert und 95 Prozent der Natur innerhalb ihrer Grenzen bewahrt.
Was der Prinz nicht sagt, ist, dass es in demselben Gebiet bereits Tausende von Menschen gibt, die im Einklang mit der Natur leben: eine Stammesgemeinschaft, die seit Jahrhunderten dort lebt und nun durch das Projekt ersetzt wird. Einer dieser Stammesangehörigen hat Videos gemacht, um gegen die Vertreibung zu protestieren – Videos einer anderen Art, wie man sich vorstellen kann, als die, die M.B.S. produziert hat. Er wurde letztes Jahr bei einer Konfrontation mit saudischen Sicherheitskräften erschossen.
Jeder, der schon einmal in den bestehenden Städten Saudi-Arabiens war, kann den Wunsch nach einem Neuanfang nachempfinden. Sie sind staubig und hässlich. Engstirnige Kleriker herrschen über korrupte Bürokratien, die sich gegen Veränderungen sträuben. Aber die saudische Landschaft ist bereits mit gescheiterten oder aufgegebenen Megaprojekten übersät. Einige Saudis haben auf den Film von M.B.S. mit bissigen Kommentaren über die Notwendigkeit reagiert, die bestehenden Städte und Viertel des Landes zu renovieren, bevor sie Milliarden in ein weiteres Xanadu stecken. Jamal Khashoggi deutete so etwas in einer Kolumne an, die er zusammen mit einem Co-Autor ein paar Monate vor seiner Ermordung schrieb.
Nachdem M.B.S. seinen Vortrag beendet hat, beschreibt eine warme Frauenstimme das Leben in der Line. Die urbane Dystopie tritt zurück, und glücklichere Bilder tauchen auf: neblige Berggipfel, Wellen, die an eine unberührte Küste klatschen.
Die letzten Worte des Films, die gesprochen werden, während eine multikulturelle Parade von Gesichtern über die Leinwand flimmert, sind köstlich absurd: „Ein Zuhause für uns alle – willkommen in der Line.“ Als ich das hörte, konnte ich nicht umhin, mich über die Frau zu wundern, die diese Worte sprach. Würde sie überhaupt in Erwägung ziehen, in eine abgelegene Wüstenstadt zu ziehen, um dort rund um die Uhr überwacht zu werden und den Launen eines mörderischen Prinzen ausgesetzt zu sein?
Meine Vermutung ist, dass sie das getan hat, was so viele andere, die für die Saudis arbeiten, getan haben: ihren Text gesprochen, den Scheck abgeholt und geflohen.
Netzfrauen Lisa Natterer und Doro Schreier
Quelle: netzfrauen.org
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