Woher kommt der Strom? Mas­siver Stromimport!

Drei­einhalb Tage sehr schwache Wind­strom­erzeugung führen zu mas­sivem Strom­import. Dieser wird erst am 8.6.2023 um 9:00 Uhr unter­brochen. Ab diesem Zeit­punkt reicht die bun­des­deutsche Strom­erzeugung aus. Aber nur für wenige Stunden. Ab 15:00 Uhr wird weiter Strom aus dem benach­barten Ausland impor­tiert. Nur über die jeweilige Mit­tags­spitze von Don­nerstag bis Sonntag kommt Deutschland ohne Strom­im­porte aus. Mit unter­schied­lichen, zum Teil erheb­lichen Folgen. Am Don­nerstag und Freitag bewegt sich der Export­strom­preise, den Deutschland ein­nimmt um die gut 60€/MWh. Am Samstag rutscht der Export­preis bereits in den nega­tiven Bereich. Um 13:00 und 14:00 Uhr müssen zum ver­schenkten Strom noch 20€/MWh dem Abnehmer mit­ge­geben werden.

(von Rüdiger Strobbe)

Am Sonntag ist der Bedarf noch geringer. Dafür zieht die Wind­strom­erzeugung so stark an, dass für wenige Stunden (11:00 bis 14:00 Uhr) der bun­des­deutsche Strom­bedarf kom­plett mit rege­ne­rativ erzeugtem Strom gedeckt werden kann und sogar ein Über­schuß ent­steht. Die Freude unserer Ener­gie­wen­de­freunde wird aller­dings durch die Tat­sache getrübt, dass zwecks Sicherung der Netz­sta­bi­lität noch ein großer Teil zusätz­licher Strom fossil-kon­ven­tionell (wird als Sys­tem­dienst­leistung ver­gütet) erzeugt werden muss.

Das ist insofern wichtig, weil in der Zeit von 11:00 bis 15:00 Uhr der Strom­preis wieder in den nega­tiven Bereich gleitet. Mit der Kon­se­quenz, dass die Wind- und Solar­müller keine Ver­gütung (4‑Stundenregelung) erhalten. Sie brauchen gleichwohl die Boni an die euro­päi­schen Abnehmer des über­schüs­sigen Stroms nicht zu bezahlen. Die begleicht der Strom­kunde in Deutschland.  Genauso wie er die Import­kosten in Höhe von 126 Mio. €für die 23. KW bezahlen muss. Ein­nahme aus dem bun­des­deut­schen Strom­export betragen 25 Mio. €, so dass die Rechnung unter dem Strich bei  101 Mio € liegt. Für den Strom­kunden in Deutschland. Der, wenn er um den Sach­verhalt wüsste, bestimmt die Stirn runzeln und sich fragen würde, warum Deutschland solch eine Menge Strom impor­tiert. Wäre es nicht güns­tiger einen großen Anteil des impor­tierten Stroms selbst in Deutschland zu pro­du­zieren. Zwei Aspekte sprechen dagegen. Der CO2-Ausstoß würde ansteigen und die Preise würden sinken. Wieso spricht das denn dagegen. Sin­kende Preise bei mehr Res­sour­cen­ver­brauch wollen die kon­ven­tio­nellen Strom­pro­du­zenten ver­meiden. Stei­gender CO2-Ausstoß will die Ampel ver­meiden. Denn dieser bleibt in dem Land, das den Strom zwecks Export nach Deutschland pro­du­ziert hat, wird dem bun­des­deut­schen CO2-Ausstoß nicht ange­rechnet. Was kein „Betrug“ ist, wie man meinen könnte. All die Jahre, in den Deutschland Strom­ex­porteur war, blieb der CO2-Ausstoß der Export-Strom­erzeugung in Deutschland. Erst mit dem Abschalten der letzten Kern­kraft­werke zum 16.4.2023 wurde Deutschland Strom­im­porteur. Der Strom­kunde schluckt und meint, sin­kende Strom­preise seien doch super. Ja, viel­leicht für den End­ver­braucher. Aber doch nicht für die Strom­pro­du­zenten. Egal, ob kon­ven­tionell oder rege­ne­rativ: Die Strom­pro­du­zenten wollen Geld verdienen.

Wochen­analyse KW 23/2023

Montag, 5.6.2023 bis Sonntag, 11.6.2023Anteil Wind- und PV-Strom 45,3 Prozent. Anteil rege­ne­ra­tiver Ener­gie­träger an der Gesamt­strom­erzeugung 61,2 Prozent, davon Wind­strom 17,5 Prozent, PV-Strom 27,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,9 Prozent.

Belege für Werte und Aus­sagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Ver­gleichs­mög­lich­keiten bietet der Strom­da­teninfo-Wochen­ver­gleich zur 23. Ana­ly­se­woche ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Pro­gnosen zur 23. KW 2023: Factsheet KW 23/2023 – ChartPro­duktionHan­dels­wocheImport/Export/Preise, CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040.

  • Der Hei­zungstipp: Gas‑, Ölheizung oder Wär­me­pumpe? Heinz Fischer, Hei­zungs­in­stal­lateur aus Öster­reich hier bei Kon­trafunk vom 12.5.2023
  • Weitere Infor­ma­tionen zur Wär­me­pumpe im Artikel 9. Ana­ly­se­woche.
  • Prof. Gan­teförs über­ra­schende Ergeb­nisse zu Wärmepumpe/Gasheizung (Quelle des Ausschnitts)
  • Neu: Interview mit Rüdiger Stobbe zum Thema Was­ser­stoff plus Zusatzinformationen
  • Viele weitere Zusatz­in­for­ma­tionen
  • Achtung: Es gibt aktuell prak­tisch keinen über­schüs­sigen PV-Strom (Pho­to­voltaik). Ebenso gibt es prak­tisch keinen über­schüs­sigen Wind­strom. Auch in der Summe der Strom­erzeugung mittels beider Ener­gie­träger plus Bio­mass­estrom plus Lauf­was­ser­strom gibt es keine Über­schüsse. Der Beleg 2022, der Beleg 2023. Über­schüsse werden immer kon­ven­tionell erzeugt!

Jah­res­über­blick 2023 bis zum 11. Juni 2023

Daten, Charts, Tabellen & Pro­gnose zum bis­he­rigen Jahr 2023Chart 1Chart 2Pro­duktionStrom­handelImport/Export/Preise/CO2Agora 2030Strom­da­teninfo Jah­res­ver­gleich ab 2016

Kurz-Exkurs Bio­masse

Eine Leserin fragte ver­gangene Woche nach der Strom­erzeugung mittels Bio­masse. Details kann ich hier nicht beant­worten. Der größte Teil der gesamten in Deutschland ver­wen­deten Bio­masse wird nicht zur Strom­erzeugung sondern zur Gas(Wärme)- und Treib­stoff­er­zeugung genutzt.  „2021 lag der Beitrag der erneu­er­baren Energien am Pri­mär­ener­gie­ver­brauch bei 16 Prozent. Bio­masse leistet mit einem Anteil von 52 Prozent nach wie vor den größten Beitrag zur Ener­gie­ge­winnung aus Erneu­er­baren, vor Wind­kraft (knapp 28 Prozent) und Son­nen­en­ergie (Pho­to­voltaik und Solar­thermie) (12 Prozent) sowie Was­ser­kraft (4 Prozent) und Geo­thermie (4 Prozent).“ Quelle  Bemer­kenswert ist, dass Bio­masse zwar zu den rege­ne­ra­tiven Ener­gie­trägern gerecht wird, dieser Sach­verhalt aber durchaus nicht unum­stritten ist. Aus guten Gründen. Deshalb ist ein wei­terer Ausbau der Ener­gie­ver­sorgung per Bio­masse nur sehr ein­ge­schränkt wahr­scheinlich. Aus geo­lo­gi­schen Gründen gilt dies auch für die Strom­erzeugung mittels Laufwasser.

Tages­ana­lysen

Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Strom­erzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfs­linie ange­zeigt. Das sug­ge­riert dem Betrachter, dass dieser Strom expor­tiert wird. Fak­tisch geht immer kon­ven­tionell erzeugter Strom in den Export. Die Chart­struktur zum Bei­spiel mit dem bis­he­rigen Jah­res­verlauf 2023 bildet den Sach­verhalt korrekt ab. Die kon­ven­tio­nelle Strom­erzeugung folgt der rege­ne­ra­tiven, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht aus­reicht, um den Bedarf zu decken, wird der feh­lende Strom, der die elek­trische Energie trans­por­tiert, aus dem benach­barten Ausland importiert.

Montag, 5. Juni 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 41,6 Prozent. Anteil erneu­erbare Ener­gie­träger an der Gesamt­strom­erzeugung 57,9 Prozent, davon Wind­strom 11,1 Prozent, PV-Strom 30,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,4 Prozent.

Die sehr schwache Wind­strom­erzeugung plus auch zur Mit­tags­spitze nicht aus­rei­chende PV-Strom­erzeugung begründen den ganz­tä­gigen Strom­import, welcher wie­derum ein höheres Preis­niveau begründet. Würde der feh­lende Strom kom­plett fossil in Deutschland erzeugt wären die Strom­preise geringer. Der Bio­masse-Anteil an der Strom­erzeugung lag heute bei 10,7 Prozent.

Belege für Werte und Aus­sagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Ver­gleichs­mög­lich­keiten bietet der Strom­da­teninfo-Tages­ver­gleich zum 5. Juni ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Pro­gnosen zum 5.6.2023: ChartPro­duktionHan­delstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Dienstag, 6. Juni 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 35,8 Prozent. Anteil erneu­erbare Ener­gie­träger an der Gesamt­strom­erzeugung 52,5 Prozent, davon Wind­strom 11,0 Prozent, PV-Strom 35,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,7 Prozent.

Der Chart ähnelt dem gest­rigen. Wenig Wind­strom, nicht aus­rei­chender PV-Strom, ganz­tä­giger Strom­import. Das Preis­niveau ist entsprechend.

Belege für Werte und Aus­sagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Ver­gleichs­mög­lich­keiten bietet der Strom­da­teninfo-Tages­ver­gleich zum 6. Juni ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Pro­gnosen zum 6.6.2023: ChartPro­duktionHan­delstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Mittwoch, 7. Juni 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 34,1 Prozent. Anteil erneu­erbare Ener­gie­träger an der Gesamt­strom­erzeugung 50,3 Prozent, davon Wind­strom 8,7 Prozent, PV-Strom 25,5 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,2 Prozent.

Der dritte Tag mit der gleichen Schön­wet­terlage. Das Preis­niveau.

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Daten, Charts, Tabellen & Pro­gnosen zum 7.6 2023: ChartPro­duktionHan­delstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Don­nerstag, 8. Juni 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 41,4 Prozent. Anteil erneu­erbare Ener­gie­träger an der Gesamt­strom­erzeugung 58,6 Prozent, davon Wind­strom 13,7 Prozent, PV-Strom 27,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 17,1 Prozent.

Heute reicht die bun­des­deutsche Strom­erzeugung über Mittag aus, um den Bedarf zu decken. Das Preis­niveau fällt geringfügig.

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Daten, Charts, Tabellen & Pro­gnosen zum 8.6.2023: ChartPro­duktion, Han­delstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Freitag, 9.Juni 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 49,2 Prozent. Anteil erneu­erbare Ener­gie­träger an der Gesamt­strom­erzeugung 64,5 Prozent, davon Wind­strom 20,2 Prozent, PV-Strom 29,0 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,3 Prozent.

Ab Mittag zieht die Wind­strom­erzeugung an. Am Nach­mittag ist der Import­strom­bedarf bereits geringer. Die Preis­bildung.

Belege für Werte und Aus­sagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Ver­gleichs­mög­lich­keiten bietet der Strom­da­teninfo-Tages­ver­gleich zum 9. Juni ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Pro­gnosen zum 9.6.2023: ChartPro­duktionHan­delstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Samstag, 10. Juni 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 55,5 Prozent. Anteil erneu­erbare Ener­gie­träger an der Gesamt­strom­erzeugung 70,5 Prozent, davon Wind­strom 27,9 Prozent, PV-Strom 27,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,1 Prozent.

Wochenende. Weniger Strom­bedarf.  Es ist kaum noch Import­strom nötig. Das Preis­niveau sinkt. Über die Mit­tags­spitze kommt es zu Negativpreisen.

Belege für Werte und Aus­sagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Ver­gleichs­mög­lich­keiten bietet der Strom­da­teninfo-Tages­ver­gleich zum 10. Juni ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Pro­gnosen zum 10.6.2023: ChartPro­duktionHan­delstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Sonntag, 11. Juni 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 57,6 Prozent. Anteil erneu­erbare Ener­gie­träger an der Gesamt­strom­erzeugung 72,4 Prozent, davon Wind­strom 27,9 Prozent, PV-Strom 29,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,8 Prozent.

Ein „Festtag“ für die Freunde der Ener­gie­wende: Der Strom­bedarf sinkt nochmals, und die rege­ne­rative Strom­erzeugung reicht für einige Stunden über die Mit­tags­spitze aus, um diesen Bedarf zu decken. Der Preis geht für diesen Zeitraum in den nega­tiven Bereich, weil die kon­ven­tio­nellen Strom­erzeuger mit ihren gewal­tigen Gene­ra­toren netz­sta­bi­li­sie­renden, zuver­läs­sigen 50 Hz-Strom erzeugen müssen. Die Preis­bildung.

Belege für Werte und Aus­sagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Ver­gleichs­mög­lich­keiten bietet der Strom­da­teninfo-Tages­ver­gleich zum 11. Juni ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Pro­gnosen zum 11.6.2023: ChartPro­duktionHan­delstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Die bis­he­rigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einem kurzen Inhalts­stichwort finden Sie hier.

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Rüdiger Stobbe betreibt den Poli­tikblog Media­gnose.


Quelle: eike-klima-energie.eu