Symbolbild: Wikimedia Commons, Steindy, CC BY-SA 3.0

Nur scheinbar lustig: Die ver­schwun­denen Hand­baller aus Burundi sind wieder da – In Belgien

In Kroatien fand Mitte August die U19 Handball-Welt­meis­ter­schaft statt. Zum ersten Mal war auch das afri­ka­nische Burundi bei der Welt­meis­ter­schaft unter den Junioren dabei. Das Team verlor gegen Schweden, Iran und die USA jedes Mal haushoch mit 0:10. Es standen noch die Plat­zie­rungs­spiele gegen Bahrain und Neu­seeland an. Doch das fiel ins Wasser, weil zehn der Spieler spurlos ver­schwunden sind. Der Ver­dacht, dass sie schlicht abge­hauen sind, um im „Westen“ ihr Glück zu machen, stand von Anfang an im Raum. Jetzt sind sie wieder auf­ge­taucht. In Belgien.

Das junge, burun­dische Team hatte sich zum ersten Mal für die Jugend-Welt­meis­ter­schaft qua­li­fi­ziert und trat als Außen­seiter an. Sie waren Grup­pen­letzte, sollten aber noch für Plat­zie­rungs­spiele antreten. Und waren nicht mehr zu finden. Die Jungs sahen wohl die Chance ihres Lebens, der bit­teren Armut in ihrem Land zu ent­kommen. Einige davon sind unter 18 und können in der EU gar nicht aus­ge­wiesen werden.

Burundi – ein bet­tel­armes Land voller chan­cen­loser Kinder

Burundi ist ein sehr kleines Land von nur 27.834 Qua­drat­ki­lo­metern (Deutschland hat 357.600), und ist mit 435 Ein­wohnern pro Qua­drat­ki­lo­meter dicht besiedelt (in Deutschland 232). Es liegt in Ost­afrika, südlich von Ruanda, westlich von Tan­sania und östlich vom Kongo. Die Haupt­stadt heißt Gitega, und es gibt zwi­schen elf und zwölf Mil­lionen Ein­wohner. Das ist aller­dings nur eine Schätzung der UNO. Das Land hat eine sehr junge Bevöl­kerung, das Durch­schnitts­alter liegt bei 17,7 Jahren. Während bei uns die Gebur­tenrate pro Frau bei unter zwei Kindern liegt, bringen die burun­di­schen Frauen im Schnitt fünf Kinder auf die Welt. Die Bevöl­ke­rungs­pro­gnose der UN besagt, dass sich 2050 die Bevöl­kerung auf 25 Mil­lionen ver­doppelt haben wird. Die Lebens­er­wartung liegt zurzeit bei nicht ganz 70 Jahren.

Anders, als bei den meisten afri­ka­ni­schen Ländern, gibt es in Burundi keine ver­schie­denen Bevöl­ke­rungs­gruppen, zwi­schen denen Span­nungen und Aggres­sionen immer wieder zu gewalt­samen Aus­ein­an­der­set­zungen führen. Hier leben die Rundi und sprechen alle die Lan­des­sprache Kirundi. 85 Prozent der Rundi sind Hutu und Bauern, 14 Prozent Tutsi und ein Prozent sind Pygmäen (Twa). Man spricht auch Fran­zö­sisch als Amtssprache.

Burundi ist sehr arm und die Lebens­ver­hält­nisse sind nicht einfach. Folter, will­kür­liche Ver­haf­tungen und schwere Miss­hand­lungen durch staat­liche Kräfte, gezielte Hin­rich­tungen durch die Polizei und stand­recht­liche Erschie­ßungen sind keine Sel­tenheit. Ein Viertel der Kinder muss arbeiten, und es gibt viele Stra­ßen­kinder, die Miss­brauch und Pro­sti­tution erleben oder als Kin­der­sol­daten ver­suchen, zu überleben.

Wiki­pedia schreibt, dass Burundi laut Welt­hun­ger­index bis 2019 das ärmste Land der Welt war. Seitdem liegt es auf Platz 185 von 189 der Armuts­länder: 42,6 Prozent der Bevöl­kerung hungern. 58 Prozent müssen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen.

Eine Chance, die wohl niemals wieder kommt – und ein gene­ral­stabs­mäßig geplanter Coup

Auf diesem Hin­ter­grund ist es wohl keine große Über­ra­schung, dass die meisten der burun­di­schen Junior-Hand­ball­mann­schaft die Gele­genheit beim Schopf packten und sich ver­dün­ni­sierten, um in Europa viel­leicht eine glän­zende Sport­ler­kar­riere zu starten. Was aus den Träumen wirklich wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. Und dass die Regierung Burundis sie hier in Europa in Ruhe lässt, darf bezweifelt werden.

Es ist auch voll­kommen unklar, wie und wo die zehn Jungs in dem Monat zwi­schen ihrem Ver­schwinden gelebt haben. Darüber gibt es kei­nerlei Infor­ma­tionen in den Medien.

Doch die Tat­sache, dass sie alle gleich­zeitig so gründlich ver­schwinden konnten, kein Ein­ziger irgendwo gesehen wurde und dann plötzlich und gleich­zeitig fast alle wieder auf­tauchen – und zwar nicht halb ver­hungert, erkältet und zer­lumpt – spricht dafür, dass sie das von vor­ne­herein geplant und eine Anlauf­stelle hatten, wo sie abgeholt wurden, trans­por­tiert und unter­ge­bracht. Man kommt mit fast keinem Geld in der Tasche, ohne Pro­viant und Land­karten (die man auch lesen können muss) auch nicht voll­kommen unbe­merkt von Kroatien über die Grenzen durch halb Europa bis Belgien. Die Grenz­über­gänge kann man nicht benutzen, denn zehn junge Afri­kaner fallen auf. Und es wurde ja auch nicht berichtet, dass sie direkt bei der ersten Begegnung mit Grenzern oder der Polizei „Asyl!“ gerufen haben.

Sie wussten also ganz genau, dass sie zu ihrer eigenen Sicherheit nir­gendwo abge­fangen werden durften oder offi­ziell in Erscheinung treten. Sie wussten, dass sie in Belgien eine vor­be­reitete Mög­lichkeit hatten, erst einmal unter­zu­tauchen. Dazu muss man die „grünen Grenz­über­gänge“ kennen. Also kleine, selten benutzte Straßen oder Wege durch den Wald in’s Nach­barland, wo fast nie ein Grenzer auf­taucht. Das bedeutet Umwege und eine langsame Rei­se­ge­schwin­digkeit. Und es muss dennoch schnell gehen, bevor eine poli­zei­liche Fahndung heraus ist. Man braucht einen Kleinbus oder mehrere Autos, um zehn junge Männer plus Fahrer zu trans­por­tieren und Pro­viant. Idea­ler­weise noch falsche Papiere, falls man doch von der Polizei ange­halten wird (die Pässe wurden den Spielern sowieso vor­sorglich weg­ge­nommen). Und auch, wenn sie auf einen Rutsch in etwa dreißig Stunden von Kroatien bis Belgien und nur mit Tank- und Pin­kel­pausen durch­ge­zogen sind (bei der langen Fahrzeit braucht es ent­weder zwei Fahrer, die sich abwechseln oder eine Sub­stanz, die wach hält), muss es am anderen Ende in Belgien eine vor­be­reitete, sichere Unter­kunft für zehn Per­sonen und Ver­sorgung aller Art gegeben haben. Und Leute, die das Wagnis für diese Jungs ein­gehen plus garan­tiert zuver­lässig sind.

Das Ganze ist also kei­nes­falls eine spontane Schnapsidee. Das war genau geplant. Wer macht dann hier, am anderen Ende so etwas gar nicht Unge­fähr­liches? Und zwar quasi ohne Bezahlung? Die wahr­schein­lichste Antwort: Ver­wandte, die nach Belgien aus­ge­wandert sind oder als Flücht­linge gekommen. In Belgien spricht man Fran­zö­sisch, da finden die Rundi sich schnell zurecht. Und es ist in den Städten mit bunten Flücht­lingen oder Über­siedlern aus Bel­gisch Kongo voll, so dass die Jungs da nicht einmal auf­ge­fallen wären.

Eine schlau ein­ge­fä­delte Aktion. Offenbar haben die burun­di­schen Offi­zi­ellen genau das ver­mutet, denn der Prä­sident des burun­di­schen Sport­ver­bandes startete einen öffent­lichen Aufruf: „Wer Infor­ma­tionen hat, bitte helft uns, unsere Jungs zu finden!“ Dieser Aufruf geht mit an Sicherheit gren­zender Wahr­schein­lichkeit an die Rundi, die in Europa leben und wahr­scheinlich auch unter­ein­ander Kontakt haben.

Zurück­ge­kehrte Spieler und der Trainer bekommen mediale Aufmerksamkeit

Inter­es­san­ter­weise widmet der Spiegel den braven Rück­kehrern großen Raum in seinem Artikel, der  im Rahmen des Pro­jektes „Globale Gesell­schaft“ erscheint. Die Drei, der Tor­hüter Aimé Boris Kira­m­ahoro, Alex Alain Arakaza, Spieler in der rechten Hälfte und der Natio­nal­trainer Flo­ribert (wun­der­schöner Name!) Nimubona dürfen ihrer Betrof­fenheit und ihrem Ärger beredten Aus­druck geben. Während ansonsten der Spiegel kei­nerlei Flucht­gründe hin­ter­fragt und alle Flücht­linge immer voll­kommen zu Recht Anspruch auf eine unbe­schränkte Auf­nahme und Asyl samt umfas­sender finan­zi­eller Unter­stützung haben, egal, welche Untaten sie auch begehen, wird die Flucht der zehn Hand­ball­spieler indirekt kri­ti­siert. Zwar nicht explizit vom Spiegel selbst, aber eben von den zwei Mann­schafts­ka­me­raden und vom Trainer.

Der Tor­hüter, Herr Kira­m­ahoro, erzählt übrigens:

„Unsere Begleiter haben uns aller­dings nach der Ankunft die Pässe weg­ge­nommen, um zu ver­hindern, dass wir abtauchen. Sie wollten immer wissen, wo wir uns gerade befinden, damit nichts pas­siert, was Schande über Burundi bringen könnte. Sie hatten uns gesagt: Ihr müsst nicht unbe­dingt gewinnen, aber bitte beschädigt nicht das Image unseres Landes.“ 

Wieder daheim, so berichtet er weiter, wird er als Dummkopf aus­ge­lacht. Man fragt ihn, ob er noch bei Ver­stand ist, eine solche Chance zu verpassen.

Auch Spieler Alex Alain Arakaza kommt zu Wort. Er unter­stützt eine Junio­ren­mann­schaft und sammelt Spenden von Unter­nehmen und Reichen für die Kinder. Aber er hat auch Ver­ständnis für die Ausreißer:

„Ich glaube, viele Spieler waren frus­triert, weil sie hier kein Ein­kommen haben, weil sie für den Sport nichts bekommen, sie opfern sich nur auf. In anderen Ländern bekommen sie ein Gehalt als Spieler, das ist ver­lo­ckend. Die Jungs suchen jetzt nach einem bes­seren Leben.“

Natio­nal­trainer Flo­ribert Nimubona akzep­tiert die „per­sön­liche Ent­scheidung“ der Teenager-Spieler. Natürlich ist er alles andere als begeistert, denn nun kann er ja mit einer neuen Junio­ren­mann­schaft von vorne anfangen. Auch er war natürlich nicht infor­miert. Über die Flucht der Zehn sagt er:

„Ich habe wirklich nicht damit gerechnet. Die Jungs sind an einem Ruhetag abge­hauen, wir hatten gerade Pause. Ich hatte ihnen gesagt, dass sie bis 21 Uhr etwas essen müssen, meine Schütz­linge sollten am nächsten Tag nicht hungrig zu einem Spiel gehen. Doch dann war es Viertel vor neun und niemand war zu sehen. Ich habe sie ange­rufen, doch niemand hat geant­wortet. Ihre Zimmer waren abge­schlossen. 

Dann haben wir die Polizei alar­miert. Wir dachten, sie hätten sich in der Stadt verirrt, das war mein erster Gedanke: Helft uns, unsere Kinder zu finden, damit wir morgen unser Spiel spielen können! Doch sie blieben ver­schollen, bis vor Kurzem.“ 

Und wieder die Bill and Melinda Gates-Stiftung 

Plötzlich ist also Flucht aus einem bet­tel­armen Land, wo man fast keine Chance auf ein men­schen­wür­diges Leben hat, staat­licher Gewalt und Willkür aus­ge­setzt ist und Hunger leidet, kein Grund, die Gele­genheit beim Schopf zu packen und in Europa zu bleiben? Wie das auf einmal? Oder ist es doch ein Beitrag, der bei uns Euro­päern geschickt ein mit­füh­lendes Ver­ständnis und Bereit­schaft für die unbe­grenzte Auf­nahme von Armuts-Migranten wecken soll?

Der Spiegel macht keinen Hehl daraus, wer hinter dem „Projekt Gobale Gesell­schaft“ steckt: Es ist mal wieder die Bill and Meinda Gates-Stiftung. Na, so eine Überraschung.

„Unter dem Titel Globale Gesell­schaft berichten Repor­te­rinnen und Reporter aus Asien, Afrika, Latein­amerika und Europa über Themen, die Gesell­schaften weltweit spalten: Migration, Kli­ma­wandel, soziale Ungleich­heiten. Der SPIEGEL ver­stärkt damit seit 2019 online seine Bericht­erstattung über diese Themen. Das Projekt ist lang­fristig angelegt, wurde zunächst über drei Jahre von der Bill & Melinda Gates Foun­dation (BMGF) unter­stützt und bis 2025 verlängert.“

Man habe das Projekt von vor­ne­herein trans­parent gemacht, schreibt der Spiegel auf der ent­spre­chenden Infor­ma­ti­ons­seite. Und ja, es gebe dafür auch Pro­jekt­gelder. Die Bill and Melinda Gates-Stiftung nehme aber keinen Ein­fluss auf die Themen und sei „zu keinem Zeit­punkt an der Ent­stehung von Artikeln beteiligt“. Lieber Spiegel, das ist auch nicht nötig. Wenn die Artikel der Stiftung nicht gefallen, sind die Gelder eben weg und die betref­fenden Redak­teure gefeuert.

Aber der Burundi-Artikel beleuchtet eben doch die Kehr­seiten der Migration. Die­je­nigen, die kommen und etwas zu bieten haben für das Auf­nah­meland, fehlen in ihrer Heimat. Diese Leute haben nämlich dann Fähig­keiten und Kennt­nisse, für die das – fast immer deutlich ärmere Land – Aufwand betrieben hat: Aus­bildung, Lehr­kräfte, Insti­tu­tionen, Geld. Das neu­deutsch „Bra­in­drain“ (wörtlich über­setzt: Gehirn-abfließen) genannte Phä­nomen saugt die ärmeren Länder aus und ver­hindert deren Entwicklung.

Dagegen sind die­je­nigen, die aus­wandern und außer einer kri­mi­nellen Kar­riere noch nichts geleistet haben und/oder mit dem Vorsatz kommen, sich an dem Sozi­al­system der blöden Ein­wan­de­rungs­länder reichlich zu bedienen, dort ein Rie­sen­problem, weil es diese Staaten in der Masse und auf Dauer aus­plündert. Viele dieser Leute gehen überdies auch gern in Länder, wie Deutschland, wo sie fast beliebig Straf­taten begehen können, ohne dass die nen­nenswert geahndet werden. Was wie­derum zu Desta­bi­li­sierung und dem Verlust der inneren Sicherheit dieser Länder führt.