Twitter/X: Wie Sie durch Teilen eines Artikels ganz schnell 1000 Euro ärmer werden

Stellen Sie sich vor, Sie teilen den Artikel eines Blogs oder einer Zeitung auf Twitter bzw. X – und erhalten wenige Wochen später Post von einem Rechts­an­waltsbüro, das Ihnen vor­wirft, Bild­rechte ver­letzt zu haben und deshalb von Ihnen knapp 1000 Euro innerhalb einer Woche haben möchte.

„Kann nicht sein“!, denken Sie. Doch das kann sein und könnte jedem von Ihnen, sofern Sie Twitter bzw. X oder auch facebook benutzen, pas­sieren. So auch mir jetzt.

Söder­kri­ti­scher Artikel

Auf meinem Blog war Ende August ein Artikel von Vera Lengsfeld über das umstrittene Agieren von Söder in der Causa Aiwanger erschienen, deko­riert mit einem Foto des Foto­grafen Michael Lucan von Söder – auf PP ver­sehen mit allen not­wen­digen Angaben.

Mein Problem: Ich habe danach diesen Artikel auf Twitter geteilt, wodurch das soziale Netzwerk – neben dem Link, der zu dem Artikel führt, der alle not­wen­digen Angaben erhält -, auch das Foto mit anzeigte. Aller­dings, wie das bei Mil­lionen anderer Tei­lungen auf Twitter bzw. X auch ist, ohne die Angaben zum Copy­right des Fotos, die man aller­dings beim Anklicken des Links findet.

Das freilich reichte Lucan und dem ihm ver­tre­tenden Anwaltsbüro nicht aus. Diese Nutzung auf dem Twit­ter­ac­count stehe nicht im Ein­klang mit der von Lucan auf Wiki­media ange­führten Lizenz CC BY-SA 3.0.

Knapp 1000 Euro

Für die erfolgte Abmahnung möchte der Rechts­anwalt nun bescheidene 713,76 Euro und – damit auch sein Mandant nicht leer ausgeht – Lucan 280 Euro haben. Kurzum fast 1000 Euro!

Ange­sichts der Tat­sache, dass das Foto nur knapp 3000 Men­schen über­haupt gesehen haben und PP rein ehren­amtlich arbeitet, eine hor­rende Summe.

Nun kann ich mich der Frage nicht erwehren:

War es reiner Zufall, dass aus­ge­rechnet ich als harter Söder­kri­tiker hier (unter hun­dert­tausend anderen mög­lichen „Übel­tätern“) von einem Foto­grafen, der v.a. nette Fotos von Söder machen darf, abge­mahnt wurde?

Oder handelt es sich bei dem Gespann Kanzlei & Lucan um pro­fes­sionell vor­ge­hende Abmahner? Das könnte jeden­falls die Tat­sache nahe­legen, dass es bereits eine eigene Inter­net­seite gibt, die Betrof­fenen von Abmah­nungen des Duos helfen möchte (Kanzlei Rei­ninger mahnt im Namen des Foto­grafen Michael Lucan „pixeldost“ Licht­bild­werke ab – SOS Recht – Wir setzen Ver­brau­cher­rechte durch. (sos-recht.de).

Vogelfrei

Beides wie­derum könnte einem nahe legen, sich auf einen Rechts­streit mit Lucan und seinem Rechts­anwalt ein­zu­lassen. Doch beide Rechts­an­wälte, die ich dazu kon­tak­tiert habe, haben mir abge­raten, beide mit einem ähn­lichen Argument:

Ob ich ernsthaft glauben würde, dass ich mich mit einem Blog wie dem meinen vor einer weit­gehend poli­tisch agie­renden Justiz durch­setzen könne?


Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog von David Berger www.philosophia-perennis.com