Chris­topher Street Day Han­nover: Anfein­dungen, Trubel, Haus­be­setzung, linke Chaoten und eine Polizei, die nicht mehr nach den Namen fragen darf

Am letzten Samstag gab es in Han­nover einen Christoper Street Day, kurz „CSD“ genannt, bei dem tau­sende Men­schen unterwegs auf der Straße waren. Dieser Tag ist ein Fest für die LGBTQ+- Gemeinde. Von schrill auf­ge­ta­kelten Typen über bür­gerlich aus­se­henden Leuten, poli­ti­schen Unter­stützern und linken Chaoten ist alles dabei. Und die Polizei soll dafür sorgen, dass alles glatt läuft und keine Straf­taten oder Pro­bleme auf­tauchen. Eine ziem­liche Her­aus­for­derung für die Poli­zei­be­amten … wie sich dann auch zeigte.

Die Polizei, Dein Betreuer und The­rapeut? – ein Blättchen mit selt­samen Verhaltensregeln 

Ange­sichts der immer „offen­her­zi­geren“ Outfits der queeren und ander­wei­tigen Gruppen und deren Selbst­ver­ständnis, dass man ihnen unter allen Umständen Respekt zu zeigen hat, egal, wie sie sich benehmen und geben, sah die Stadt Han­nover die Not­wen­digkeit, den Ord­nungs­hütern ein Falt­blatt an die Hand zu geben, wie sie mit diesen Leuten umzu­gehen hat. Ein „dis­kri­mi­nie­rungs­freies Arbeits­umfeld“ müsse geschaffen werden, emp­fiehlt das Blättchen unter neu­deutsch „Do’s“  und „Dont’s“ (zu Deutsch: „Tu das“ und „Tu das nicht“) Das klingt schick und modern und weltoffen.

Die BILD hat ein solches Poli­zisten-Ver­hal­tens­regel-Blättchen in die Hände bekommen und auch hier abge­bildet.

Das klingt alles ein wenig danach, als wären da lauter zart­be­saitete Kinder auf der Straße, die man als Poli­zei­be­amter nicht erschrecken darf. Ein fal­scher Zun­gen­schlag, sogar ein freundlich gemeintes Kom­pliment kann die zarten Kin­der­seelen traumatisieren.

Das Ziel der Poli­zei­arbeit: Nix mit Ruhe und Ordnung und Schutz der Bürger …

Erstaun­liches liest man da. Die Polizei darf nicht mehr nach dem Namen fragen. Unter „Dont’s“ steht als Erstes:

„Frage nie nach dem „rich­tigen“ Namen. (Deadname). Der Name, mit dem sie die Person vor­stellt, ist ihr rich­tiger Name.“

Das ist krass. Da werden Städte mit Über­wa­chungs­ka­meras gespickt, damit auch ja kein Park­sünder  davon­kommt und wo man Dir immer und überall auf den Fersen ist, lieber Leser. Wir sollen alle digital und gläsern werden, unsere CO2-Fuß­ab­druck bestimmt, was wir noch tun und lassen dürfen und Vater Staat dis­zi­pli­niert und bestraft Dich für alles und jedes. Aber wenn Tau­sende außer Rand und Band durch die Stadt laufen, mit­tendrin gewalt­be­reite Antifa-Chaoten … DAAA muss die Polizei aber auf Kuschelkurs schalten. Und weil die Herren Ord­nungs­hüter noch nicht so recht wissen, wie das geht, wird ihnen das in einer Sprache bei­gebracht, in der man nor­ma­ler­weise Zehn­jährige anspricht.

… und abstrusen Unter­stel­lungen gegen Polizeibeamte

Da wird auch gleich kum­pelhaft-bemut­ternd geduzt:

„Frage niemals nach bereits erfolgten oder geplanten Operationen/Einnahme von Hormonen.“

Wen zum Teufel ginge das denn etwas an? Und wer würde das wissen wollen? Und:

„Frage niemals nach sexu­ellen Bezie­hungen ober wie die Sexua­lität prak­ti­ziert wird: ‚Wer ist bei Euch der Mann/ die Frau in der Beziehung?‘“

Also, bitte! Was glauben denn die Ver­fasser dieses Pam­phlets, wie Poli­zei­beamte sich benehmen?!? Verbale sexuelle Zudring­lichkeit gehört nicht zum Ver­hal­tens­re­per­toire von Poli­zisten. Ganz abge­sehen davon, dass die aller­meisten Poli­zisten das schon deshalb nicht fragen würden, weil wir doofen Nor­malos sowas eigentlich gar nicht wissen wollen. Das nennt man Dis­kretion und (echten) Respekt vor der Intim­sphäre anderer Men­schen. Man mischt sich schlicht nicht in die pri­va­testen Dinge anderer ein und ver­bittet sich das auch gegenüber jedem anderen. DAS ist Respekt.

Hier möchte man auch einmal darauf hin­weisen, dass manche Teil­nehmer an dieser bunten Stra­ßen­feier in einer Weise zurecht­ge­macht sind, die in krassem Gegensatz zu einem angeblich so starken Bedürfnis nach Dis­kretion und distan­zierter Neu­tra­lität zu stehen scheint. Bekleidung und bestimmte Bewe­gungen der Demons­tra­ti­ons­teil­nehmer sind im Gegenteil für viele Beob­achter eine Pro­vo­kation, die sie als starke Beläs­tigung und geradezu psy­chisch-phy­si­schen Angriff empfinden.

Wenn Nacktheit und sexuell betonte Pro­vo­kation mit zwei­erlei Maß gemessen wird

Wenn soge­nannte „Flitzer“, also Per­sonen, die aus uner­find­lichen Gründen den starken Drang ver­spüren, nackt durch Fuß­ball­stadien oder eine Ein­kaufs­straßen zu rennen, schreiten sofort die Ord­nungs­kräfte ein und sammeln diese Person schnellstens ein. Das kann sogar zu Strafen führen für „Erregung öffent­lichen Ärger­nisses“ oder für sexuelle Beläs­tigung, wenn Per­sonen mit Nacktheit, Gesten und auf­for­dernden Bewe­gungen sit­ten­widrig beläs­tigen. Da muss die Polizei sofort ein­schreiten. Da werden Geld­bußen verhängt.

Manches, was man an Selbst­dar­stellung auf diesen Chris­topher Street Days zu sehen bekommt, ist schon sehr pro­vokant. Es soll ja jeder auf seine Weise selig werden können, nichts dagegen. Aber man kann nicht der­maßen unter­schiedlich beur­teilen und ahnden. Dass dann Men­schen, die sich wirklich davon, was sie da zu sehen bekommen, stark pro­vo­ziert fühlen und aggressiv werden, das ist nicht ver­wun­derlich. Gerade Men­schen, die aus Kul­turen kommen, wo das als undenkbar und got­tes­läs­terlich ange­sehen wird, was man ihnen da so pla­kativ vor Augen führt, können dann nicht mehr an sich halten und es kommt zu den „Anfein­dungen“, von denen die Presse schreibt. Die Beamten, so heißt es, regis­trierten demnach Straf­taten wie hand­feste Aus­ein­an­der­set­zungen und sexuelle Belästigungen.

Rebecca Kükelhahn, die Ein­satz­lei­terin der Polizei, kri­ti­sierte am fol­genden Montag diese Anfein­dungen fol­gen­der­maßen: „Diese Vor­fälle sind inak­zep­tabel und zeigen, dass es noch Her­aus­for­de­rungen bei der För­derung von Akzeptanz und Respekt gibt.“

Diese sehr vor­sichtige For­mu­lierung für gewalt­tätige Aus­ein­an­der­set­zungen ver­schie­dener Per­sonen mit Teil­nehmern des Umzugs lässt die Ver­mutung zu, dass es nicht böse, rechte Nazi-Deutsche waren, die diese „inak­zep­tablen“ Vor­fälle ver­ur­sacht haben. Sondern Per­sonen, die sich in ihrer kul­tu­rellen Iden­tität und Wer­te­vor­stellung her­aus­ge­fordert fühlten.

In Stuttgart waren es aller­dings die Linken, die den Wagen der Parade-Orga­ni­sa­toren blo­ckierten und die Abschluss­kund­gebung gestört haben:

„Als der Ver­samm­lungs­leiter die linken Chaoten ansprach, sei er ange­griffen und leicht ver­letzt worden, hieß es von der Polizei. Ein­satz­kräfte hätten die Per­so­nen­gruppe dann abge­drängt. Unsere Kol­legen haben etwa 50 Per­sonen dieser Grup­pierung an den Rand des Schloss­platzes begleitet. Die Per­sonen werden kon­trol­liert“, so die Polizei. Sym­pa­thi­santen aus dem linken Spektrum hätten die Polizei auf dem Weg vom Schloss­platz zum Innenhof des Neuen Schlosses angegriffen.“

Warum es zu dem Ärger kam, wurde nicht berichtet.

Gab es auch ein poli­zei­päd­ago­gi­sches Blättchen mit Tipps für respekt­vollen Umgang mit Haus­be­setzern aus den Reihen der Antifa?

Die BILD berichtet mit einem spür­baren Unterton des Missfallens:

„Skurrile Szenen am Kla­ges­markt. Eine Kette Poli­zisten mit Schlag­stöcken und Helmen schützt den Eingang eines leer ste­henden Hauses. Davor sitzt auf einer Bank breit­beinig ein Mann mit Leo­par­denrock, BH und Netz­strümpfen. Während gegen 15.15 Uhr 12.000 Men­schen mit Regen­bo­gen­fahnen und bunten Outfits am Kla­ges­markt vor­bei­liefen, stürmten aus der Parade heraus linke Chaoten ein leer ste­hendes Haus am Stre­ckenrand. Als Poli­zisten ver­suchten, weitere Teil­nehmer des Aufzugs am Betreten des Hauses zu hindern, kam es zum Gerangel. Die Beamten setzten Pfef­fer­spray ein, ein Polizist wurde verletzt.“

Sehr unsen­sibel bezeichnet das „Bou­le­vard­blatt“ die kreativ Woh­nungs­su­chenden als „Linke Chaoten“. Der humorlose Eigen­tümer erstattete auch noch Anzeige wegen Haus­frie­dens­bruch und Sachbeschädigung.

Und dann kamen die Poli­zei­be­amten noch in eine schwierige Situation. Aus der Menge der LGBTQ+Community und der fröhlich queeren Para­de­teil­nehmer scherten etwa 70 Per­sonen aus der Menge aus und ver­sam­melten sich vor dem besetzten Haus, um gegen den Poli­zei­einsatz zu pro­tes­tieren. Die Polizei darf mit Leib und Leben zwar die bunten Herr/Frauschaften gegen inak­zep­table Über­griffe schützen, aber sobald sie das Eigentum eines Bürgers gegen die in der Parade mit­lau­fende Antifa schützen, dann sind „die Bullen“ wieder der Feind.

Half aber nichts, die Beamten holten die Besetzer eben in Ein­zel­ab­fer­tigung aus dem Haus und schleppten unver­schäm­ter­weise die Haus­be­setzer einen nach dem anderen aus dem besetzten Haus und nahmen – unter Verstoß gegen die Regeln aus dem beschrie­benen Falt­blättchen – die Per­so­nalien, also die echten Namen auf.

Wie das? Viel­leicht wollten die Anti­faler aber gar nicht nach ihrem „Dead Name“ gefragt werden? Oder haben sich die Poli­zei­be­amten den Dringend-Woh­nungs­su­chenden freundlich vor­ge­stellt und nach­ge­dacht, bevor sie die Frage nach dem Namen und Pro­nomen der jewei­ligen Person stellten, wie es das Falt­blättchen vorschreibt:

„Benutze die gleiche Sprache. Ori­en­tiere dich an den Namen und Pro­nomen, die die Person für sich selbst benutzt …“

Da möchte ich dabei­ge­wesen sein: „Hey, Alter, bevor Du uns Sch..bullen zu Matsch kloppst, kannzte kurz mal eben sagen, mit welchen Pro­nomen Du gehst und was Deine Iden­tität ist? Und bist Du ein­ver­standen, dass wir Deinen Dead Name erfahren?“