Im grün regierten Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sorgt die Bezirkszentralbibliothek Pablo Neruda für Diskussionen. Die Bibliothek trägt den Namen des chilenischen Poeten und Kommunisten Pablo Neruda, der in seiner Autobiografie eine Vergewaltigung gestanden hat. Gleichzeitig droht im ebenfalls grün regierten Pullach in Bayern die Umbenennung des Otfried-Preußler-Gymnasiums aus politisch motivierten Gründen, wie Nius berichtet.
Die Bezirkszentralbibliothek Pablo Neruda ist seit 2012 nach dem chilenischen Dichter benannt. Neruda, der sich in seiner nach seinem Tod erschienenen Autobiografie zu einer Vergewaltigung bekannte, bleibt trotz dieser Kontroverse Namensgeber der größten Bibliothek in Friedrichshain-Kreuzberg. Journalist und Historiker Simon Akstinat machte auf diese Tatsache aufmerksam, indem er die Passage zitierte, in der Neruda seine Tat beschreibt. Er schildert eine Begegnung im Jahr 1929, bei der er eine Frau vergewaltigte und diese Erfahrung in seinen Memoiren festhielt.
Auf der anderen Seite steht das Otfried-Preußler-Gymnasium in Pullach, das aufgrund des frühen Werks von Preußler, das angeblich nationalsozialistische Propaganda enthält, umbenannt werden soll. Die grüne Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund unterstützt diese Umbenennung. Preußler, bekannt für seine Kinderbücher wie »Der Räuber Hotzenplotz«, »Das kleine Gespenst« und »Krabat«, erhielt für sein Lebenswerk das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Die Kontroverse zeigt auf, dass bei berühmten Persönlichkeiten, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung, Verfehlungen oder Schattenseiten vorhanden sein können. Es ist jedoch wichtig, konsistent und ohne doppelte Standards zu handeln. Entweder man ist für die Umbenennung beider Institutionen oder gegen beide.
Clara Herrmann, die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, sprach sich gegen eine Umbenennung der Bezirkszentralbibliothek aus. Sie betonte, dass die Benennung auf Wunsch vieler Bürger und Mitarbeiter erfolgte und erinnerte an die ursprüngliche Namensgebung der Bibliothek von 1974 bis 1989. Im Jahr 2021 wurde eine Ausstellung organisiert, um die aufkommenden Fragen rund um die Person Neruda, #MeToo und die Erinnerungskultur zu thematisieren. Die Ergebnisse dieser Ausstellung und einer parallel durchgeführten Umfrage wurden im Kulturausschuss der Bezirksverordnetenversammlung präsentiert.
Dieser Ansatz könnte als gelungener Kompromiss betrachtet werden, der möglicherweise Einfluss auf die noch ausstehende Entscheidung in Bayern haben könnte. Das dortige Kultusministerium muss noch entscheiden, ob das Otfried-Preußler-Gymnasium umbenannt werden soll.
Der Artikel erschien zuerst bei freiewelt.net.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.