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Das ist der schlimmste Satz im aktu­ellen Koalitionsvertrag…

… und er müsste eigentlich für Aufruhr sorgen: „Die bewusste Ver­breitung fal­scher Tat­sa­chen­be­haup­tungen ist durch die Mei­nungs­freiheit nicht gedeckt.“ So Gerd Buurmann in unserem Tweet des Tages:

Hier maßt sich die Koalition an, Instanzen schaffen zu dürfen, die darüber ent­scheiden, ob ein Mensch sich lediglich irrt oder „bewusst“ falsche Tat­sachen ver­breitet. Es sollen also Insti­tu­tionen berechtigt werden, in die Köpfe der Men­schen schauen zu dürfen, um dann mut­maßen, orakeln und behaupten zu dürfen, ob sich hinter dem Men­schen, der eine falsche Tat­sache behauptet, nicht in Wirk­lichkeit ein böser, fins­terer Cha­rakter ver­birgt, der zu bestrafen ist, eine Hexe gar und viel­leicht sogar der Teufel höchstpersönlich.

Das Recht, sich zu irren, haben alle Men­schen, und niemals sollte man es Insti­tu­tionen erlauben, darüber ent­scheiden zu dürfen, ob jemand nur irrt oder ob er „bewusst“ irrt, um Schaden anzu­richten. Das ist nichts anderes als Inqui­sition. Von jetzt an muss nur behauptet werden, ein Mensch, der eine unan­ge­nehme Aussage tätigt, sei gefährlich, böse, extrem, ein Nazi oder jemand, der die Gesundheit gefährde oder „unsere Demokratie“.

Wenn staat­liche oder halb­staat­liche Stellen ent­scheiden, was „wahr“ oder „falsch“ ist – und ob etwas „bewusst“ falsch gesagt wurde – öffnet das Tür und Tor für Zensur, Gesin­nungs­justiz und poli­tische Repression.

Der Schutz des Irrtums ist ein zen­trales Element der Mei­nungs­freiheit. Sobald man beginnt, die innere Absicht eines Spre­chers rechtlich zu bewerten, ist der Schritt zur Kri­mi­na­li­sierung abwei­chender Mei­nungen nicht mehr weit.

Die Geschichte kennt etliche Bei­spiele, wo genau solche Mecha­nismen – das „richtige“ Denken und Sprechen zu erzwingen – in auto­ritäre Systeme geführt haben, ob natio­nal­so­zia­lis­tisch, schlicht sozia­lis­tisch oder ander­weitig tota­litär. Mir fällt keine andere Partei der letzten Jahr­zehnte in Deutschland ein, die sich in meinen Augen derart offen frei­heits­feindlich posi­tio­niert hat wie hier die Union und die SPD. Ich bin entsetzt.

Die größten Zen­soren der Geschichte haben sich immer als jene ver­standen, die angeblich für das Gute, Wahre und Anständige Bücher ver­boten und ver­brannt haben. Es ging den Inqui­si­toren, Bücher­ver­brennern und Mei­nungs­dik­ta­toren angeblich immer um die Wahrung des „gesell­schaft­lichen Zusammenhalts“.

Einem Men­schen zu unter­stellen, er würde den gesell­schaft­lichen Zusam­menhalt gefährden, ist nichts anderes als eine neue Form des Vor­wurfs des Volks­verrats. Der Volks­ver­räter heißt jetzt Gesellschaftsverräter.

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Zuerst erschienen bei philosophia-perennis.com.