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Kol­lektive Hys­terie vs. Meinungsfreiheit

Blick aus Österreich

Der her­aus­ra­gende Ökonom der Öster­rei­chi­schen Schule und Sozi­al­phi­losoph Ludwig von Mises (1881 – 1973) schrieb 1962 über die Mei­nungs­freiheit („Die Letzt­be­gründung der Öko­nomik“, deutsche Ausgabe von 2016, S. 167):

Niemals zuvor hatte die Menschheit unter Bedin­gungen wie jenen der zweiten Hälfte des 19. Jahr­hun­derts gelebt, als in den zivi­li­sierten Ländern die bedeu­tendsten Pro­bleme der Phi­lo­sophie, Religion und Wis­sen­schaft frei dis­ku­tiert werden konnten ohne jede Furcht vor Repres­salien seitens höherer Mächte. Es war ein Zeit­alter des frucht­baren und heil­samen Dissens.

Ein solcher „frucht­barer Dissens“ ohne Repres­salien fürchten zu müssen, scheint heute in weite Ferne gerückt. Nach dem Ende der vom ‚poli­tisch-medialen Komplex‘ und unter maß­geb­licher Mit­hilfe regie­rungs­af­finer ‚Experten‘ kon­tra­fak­tisch zur töd­lichsten Seuche aller Zeiten auf­ge­bla­senen „Corona-Pan­demie“ (und allen zwecks Ver­ängs­tigung der Massen in diesem Zusam­menhang erfun­denen Nar­ra­tiven[1]), sind es fol­gende Phä­nomene, die von den über die Deu­tungs­hoheit gebie­tenden ‚Eliten‘ gegen­wärtig zur Hys­te­ri­sierung der Gesell­schaft instru­men­ta­li­siert werden. (von Andreas Tögel)

1. Die „Kli­ma­krise“

Inzwi­schen ist es unmöglich geworden, eine Zeitung auf­zu­schlagen oder Fern­seh­geräte und Radios ein­zu­schalten, ohne mit War­nungen vor der angeblich men­schen­ge­machten „Erd­er­hitzung“ belästigt zu werden. Das Thema ist omni­präsent, und wer es wagt, auch nur leise Zweifel am Nar­rativ der zeit­geis­tigen CO2-Ver­mei­dungs­re­ligion zu üben, läuft Gefahr, der Exkom­mu­ni­kation anheim­zu­fallen. Dis­si­denten werden in keiner ein­schlä­gigen Fach­pu­bli­kation zitiert, zu keiner Fern­seh­talkshow ein­ge­laden und wahl­weise mit den Punzen Schwurbler, Eso­te­riker, Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker oder Alu­hut­träger ver­sehen. Von einem offenen Diskurs zur Frage des Kli­ma­wandels kann keine Rede sein.

Was zählt, ist alleine die Stimme der Hohe­priester des Inter­go­vern­mental Panel on Climate Change (IPCC) – einer Insti­tution, deren selbst gestellte Aufgabe es ist, nicht etwa den aktu­ellen Kli­ma­wandel und dessen Ursachen zu unter­suchen, sondern zu beweisen, dass mensch­liches Handeln – ins­be­sondere der mit der Ver­brennung fos­siler Treib­stoffe ver­bundene Ausstoß von Koh­len­dioxid – den Grund dafür bildet.

Wis­sen­schaft hat indes zu unter­suchen, was ist! Sobald sie zu dekre­tieren beginnt, was sein soll, wird sie zur Ideo­logie.  Bei der ‚Kli­ma­wis­sen­schaft‘ handelt es sich um die Ver­breitung und Bestä­tigung einer von mäch­tigen Inter­es­sen­gruppen beför­derten, men­schen­feind­lichen Ideo­logie, die auf eine Dezi­mierung der Welt­be­völ­kerung hin­aus­läuft und für den über­le­benden Rest der Menschheit ein Zurück-in-die-Steinzeit anstrebt.

Wer die Men­schen zu beherr­schen trachtet, der treibt Keile in die Gesell­schaft: Veganer gegen Fleisch­esser, Auto­fahrer gegen Bahn­rei­sende, Eigen­heim­be­sitzer gegen Bewohner kom­mu­naler Wohn­silos, etc. Wirksame Maß­nahmen gegen ruchlose Fleisch­esser, Auto­fahrer und im frei­ste­henden Eigenheim woh­nende CO2-Emit­tenten können natürlich nur auf min­destens natio­naler, am besten aber auf inter­na­tio­naler Ebene durch­ge­setzt werden. Der ein­zelne Bürger hat nichts zu melden. Ent­schei­dungen fallen top-down, nicht bottom-up, für Sub­si­dia­rität ist kein Platz.

Ein­wände, wonach es erd­ge­schicht­liche Zeiten gab, in denen eine globale Tem­pe­ra­tur­er­höhung dem Anstieg der Koh­len­di­oxid­kon­zen­tration vor­anging (wie etwa während des Paläozän-Eozän-Tem­pe­ra­tur­ma­ximums, des Käno­zoi­schen Kli­ma­op­timums und des Mittel-Äozen-Kli­ma­op­timums) und dass in Europa gegen­wärtig Baum­reste aus Glet­schern aus­apern[2], die aus einer Zeit stammen, in der es weder Industrie noch Die­sel­mo­toren gab, werden igno­riert. Dabei reicht alleine schon diese Tat­sache aus, um eine CO2-Kon­zen­tra­ti­ons­er­höhung als alleinige oder ent­schei­dende Ursache für die Erd­er­wärmung als Hoax zu entlarven.

Die Hys­te­ri­sierung der Men­schen im Hin­blick auf eine angeblich dräuende „Kli­ma­ka­ta­strophe“ dient dem allei­nigen Zweck, sie für geplante Zwangs­maß­nahmen wie Ent­eig­nungen, Steu­er­erhö­hungen, Ein­schrän­kungen der indi­vi­du­ellen Mobi­lität und andere Frei­heits­be­schrän­kungen, gefügig zu machen.

2. Jagd auf ‚NS-Phantome‘

Wie der pro­mi­nente deutsche Publizist Henryk M. Broder fest­stellt, nimmt der Kampf gegen Adolf Hitler und seine Spieß­ge­sellen immer mehr an Inten­sität zu, je länger dieser tot ist. Auf dem Feld des ‚Anti­fa­schismus‘ lässt sich dieser Tage gefahrlos Courage demons­trieren. Zur Zeit des Natio­nal­so­zia­lismus wäre man mit Kritik am Regime schnell in die Fänge der Gestapo geraten. Heute aber kann man seiner lupenrein anti­fa­schis­ti­schen Gesinnung ohne jedes Risiko Aus­druck verleihen.

Dass auf Sylt ein paar betrunkene Twens zu den Klängen der popu­lären Pop­nummer „L´Amour Tou­jours“ „Deutschland den Deut­schen / Aus­länder raus“ singen, ist dieser Tage geeignet, die ver­öf­fent­liche Meinung in Weißglut zu ver­setzen. Nam­hafte Poli­tiker for­derten für die jungen Leute prompt die Höchst­strafe und die ‚soziale Ver­nichtung‘ der ‚Täter‘, die – im Gegensatz zum Bei­spiel zu gewalt­tä­tigen Zuwan­derern – keinem Men­schen je ein Haar gekrümmt, sondern einen poli­tisch unkor­rekten Text gesungen haben. Dafür wurden sie unver­pixelt und mit voller Namens­nennung an den medialen Pranger gestellt.

In Öster­reich exis­tiert ein ganzer Katalog von Zahlen- und Buch­sta­ben­kom­bi­na­tionen, die auf Fahr­zeug­num­mern­tafeln nicht ver­wendet werden dürfen. Sollte es Ihnen bislang nicht bewusst gewesen sein: 88 steht nach den Erkennt­nissen Gottlob stets wach­samer Anti­fa­schisten für „Heil Hitler“ und 18 für „Adolf Hitler“.  Beides geht natürlich gar nicht und ist daher verboten.

Wer ernsthaft glaubt, dass der­artige Maß­nahmen dazu geeignet sind, anti­de­mo­kra­ti­schen Ten­denzen Einhalt zu gebieten, dem ist offenbar der Sinn für die Rea­lität abhandengekommen!

Das hoheitlich oktroy­ierte Verbot, bestimmte Aus­drücke, Buch­staben- oder Zah­len­kom­bi­na­tionen zu ver­wenden, eignet sich indes dazu, den Bürgern ihre Unfä­higkeit zu beschei­nigen, selbst beur­teilen zu können, was richtig und falsch ist. Der ‚große Bruder‘ denkt für die dummen Unter­tanen und weist ihnen den rechten – Pardon – den linken Weg.

Die rou­ti­ne­mäßig erge­hende Auf­for­derung, all­fällige Dis­si­denten nach bester Block­wart­manier zu denun­zieren (einst hieß das etwa „der hört BBC“, während es heute darum geht „sie hat das N‑Wort gesagt“), macht es gefährlich, seine Gedanken frei von Selbst­zensur zu äußern. Was aber nicht mehr gesagt werden darf, wird am Ende auch nicht mehr gedacht. Die auf eine Gehirn­wäsche hin­aus­lau­fende „Schere im Kopf“ funk­tio­niert. George Orwell lässt grüßen.

Wie beim Kampf gegen die „Erd­er­hitzung“ führt auch im Falle des Kampfes gegen die Ver­wendung von „NS-Voka­bular“ kol­lektive Hys­terie zum Macht­zu­wachs für die Regierung und die Staats­bü­ro­kratie. Schließlich ist es aus­schließlich ihnen, ‚legi­ti­miert‘ durch ihr Macht- und Zwangs­mo­nopol, vor­be­halten, nöti­gen­falls auch gewaltsame Maß­nahmen gegen unliebsame Abweichler und Quer­denker zu ergreifen.

3. ‚Gender- und Sexualisierungswahn‘

In vielen Gemeinden ist die Manie aus­ge­brochen, Zebra­streifen in Regen­bo­gen­farben ein­zu­färben. Einer Erhöhung der Ver­kehrs­si­cherheit wird damit wohl nicht Vor­schub geleistet. Mit dem Hissen bunter Fahnen Inklusion fördern oder Toleranz erzwingen zu wollen, ist aber nicht weniger abwegig, als mittels der Sub­ven­tio­nierung von Elek­tro­karren CO2-Emis­sionen ver­ringern zu wollen.

Eine auf einem popu­lären TV-Sender lau­fende Dating-Sendung hat sich eben­falls der ‚Pro­pa­gierung‘ alter­na­tiver Part­ner­schaften ver­schrieben. Und wehe dem, der am ‚Gen­derkult‘ Kritik zu üben wagt. Um richtig ver­standen zu werden: Ob sich einer etwa von einem  gleich­ge­schlecht­lichen Men­schen ange­zogen fühlt, geht nie­manden etwas an, sofern gegen­sei­tiges Ein­ver­ständnis vor­liegt. Aller­dings ist es etwas gänzlich anderes, den Men­schen langsam aber sicher das Gefühl zu ver­mitteln, dass ‚Heteros‘ quasi am Rande der Gesell­schaft stünden.

Dass es die für die Eröffnung der Olym­pi­schen Spiele in Paris Ver­ant­wort­lichen für nötig befunden haben, das christ­liche Fun­dament Europas mit einer sexua­li­sierten ‚Satire‘ des Abend­mahls lächerlich zu machen, bildet den vor­läu­figen Höhe­punkt dieses ‚Kultes‘.

4. „Kul­tu­relle Aneignung“

In welch heiler Welt lebten Kinder zu einer Zeit, als sie sich noch Feder­schmuck auf den Kopf setzen und Indianer spielen konnten oder im Rahmen von Auf­tritten der Stern­singer als König Mel­chior ver­kleidete Knaben schwarz gefärbte Gesichter prä­sen­tieren durften. Heute ist das undenkbar. „Black­facing“ wird als Teu­felswerk gebrand­markt und India­ner­spiele bedeuten eine inak­zep­table „kul­tu­relle Aneignung“. Auf Wiki­pedia heißt es hierzu:

Kul­tu­relle Aneignung (…) bezeichnet die Über­nahme von Aus­drucks­formen oder Arte­fakten, Geschichte und Wis­sens­formen von Trägern einer anderen Kultur oder kul­tu­rellen Iden­tität.“ Und weiter: „Die ethische Dimension kul­tu­reller Aneignung wird in der Regel nur dann the­ma­ti­siert, wenn die über­nom­menen Kul­tur­ele­mente einer Min­derheit ange­hören, die als sozial, poli­tisch, wirt­schaftlich oder mili­tä­risch benach­teiligt gilt.

Gelebte Praxis: Weiße Künstler, die Dre­ad­locks tragen, werden von Ver­an­stal­tungen aus­ge­laden[3]. Eine pro­mi­nente, nicht­jü­dische Schau­spie­lerin zieht Kritik auf sich, weil sie die israe­lische Minis­ter­prä­si­dentin Golda Meir dar­stellt[4]. Ande­rer­seits ist es aber über­haupt kein Problem, wenn Anne Boleyn, die zweite Ehefrau Hein­richs VIII., von einer far­bigen Künst­lerin dar­ge­stellt wird[5] – obwohl die „über­nom­menen Kul­tur­ele­mente“ im genannten Fall der weißen Welt­be­völ­ke­rungs­min­derheit angehören.

Auch im Falle der „kul­tu­rellen Aneignung“ sind es laut­starke linke Intel­lek­tuelle, die eine an derart will­kürlich kon­stru­ierten Streit­fragen des­in­ter­es­sierte Mehrheit vor sich her­treiben und ihnen ihre Sicht der Dinge oktroy­ieren. Selbst­ver­ständlich stehen die Regie­rungen allzeit bereit, straf­be­wehrte Maß­nahmen zu ergreifen, um die Freiheit der Bevöl­kerung im Sinne der von ihr pro­te­gierten „Min­der­heiten“ schritt­weise einzuschränken.

Fazit

Ludwig von Mises schrieb („Im Namen des Staates oder die Gefahren des Kol­lek­ti­vismus“, Auflage 1982, S. 68):

Der Staats­ap­parat ist ein Zwangs- und Unter­drü­ckungs­ap­parat. Das Wesen der Staats­tä­tigkeit ist, Men­schen durch Gewalt­an­wendung oder Gewalt­an­drohung zu zwingen, sich anders zu ver­halten, als sie sich aus freiem Antriebe ver­halten würden.

Das Schüren von bis zur Hys­terie gestei­gerten Ängsten ist, neben der Spaltung der Gesell­schaft, ein ent­schei­dendes Herr­schafts­in­strument. Wer in per­ma­nenter Angst lebt, ist leicht lenkbar. Wer Angst hat, trifft frag­würdige Ent­schei­dungen – wählt etwa Dem­agogen, die ihm ver­sprechen, gegen die angst­aus­lö­sende Phä­nomene ent­schlossen vorzugehen.

Die Kom­ple­xität der die Menschheit gefähr­denden Pro­bleme über­steigt den Erkennt­nis­ho­rizont des gemeinen Bürgers. Daher ist ‚der Wis­sen­schaft‘ bedin­gungslos zu glauben und jeder Anordnung ihrer steu­er­fi­nan­zierten Ver­treter kri­tiklos zu folgen.

Ange­sichts des haar­sträu­benden Nie­der­gangs unseres Bil­dungs­systems, das einer­seits immer mehr ver­gleichs­weise schlecht aus­ge­bildete Absol­venten und ande­rer­seits immer weniger kri­tische und eigen­ständige Denker her­vor­bringt, ist eine Trans­for­mation unserer Gesell­schaft hys­te­ri­scher Unter­tanen in eine Gesell­schaft eigen­ver­ant­wort­licher, selbst­be­wusster Bürger nicht zu erwarten – jeden­falls nicht zu Leb­zeiten der Gene­ration der Babyboomer.


Quellen: