Strom­kosten steigen durch Koh­le­aus­stieg kräftig an

Bun­des­wirt­schafts­mi­nister Peter Alt­maier hat eine Kom­mission ein­ge­setzt, die Termine für den Aus­stieg aus der Koh­le­ver­stromung emp­fehlen soll. Hier wird das gleiche Ver­fahren ange­wendet wie zur Still­legung der deut­schen Kern­kraft­werke. Es wird eine Kom­mission aus Ver­bands­ver­tretern ein­ge­setzt, die den Koh­le­aus­stieg befürworten.
Fach­leute der Strom­ver­sorgung sind jedoch nicht dabei. Die Kom­mission wird und kann daher auch keine klaren Angaben machen über den Ersatz des Stroms aus den Koh­le­kraft­werken und über die Strom­preis­stei­ge­rungen. Nur nebulös ver­lautet, der Strom soll aus neuen Öko­strom­an­lagen kommen. Ist das möglich?
Die Kom­mission für den Kohleausstieg
Prak­tisch alle Mit­glieder der Kom­mission fordern die schnelle Abschaltung der Koh­le­kraft­werke mit der Begründung, Deutschland müsse ein­ge­gangene Ver­pflich­tungen zur Reduktion von Koh­len­stoff­dioxid-Emis­sionen erfüllen. Dies wird als Richt­schnur allen Handels gesehen. Eine Aussage über die optimale Kon­zen­tration des Koh­len­stoff­di­oxids in der Luft für den Pflan­zen­wuchs sucht man dagegen vergeblich.
Etwa die Hälfte der 31 Kom­mis­si­ons­mit­glieder sind Juristen, Sozio­logen, Poli­to­logen und Päd­agogen. Nur drei Mit­glieder haben ein natur­wis­sen­schaft­liches Studium erfolg­reich abge­schlossen, das Grundlage für die Bewertung der Strom­ver­sorgung mit ver­schie­denen Erzeu­gungs­ver­fahren ist. Warum auch ein Ver­treter von Green­peace, ein Forstwirt, in der Kom­mission sitzt, sollte hin­ter­fragt werden.
Pau­schal können die Mit­glieder in drei Gruppen unter­teilt werden: Es gibt Ideo­logen, die den sofor­tigen Aus­stieg aus der Koh­le­ver­stromung fordern. Als ein Argument für diese For­derung wird behauptet, der Strom aus Kern- und Koh­le­kraft­werken ver­stopfe die Lei­tungen für Öko­strom. Solche Behaup­tungen demons­trieren die Unwis­senheit dieser Kom­mis­si­ons­mit­glieder. Dazu zählen die Grünen und auch die Umweltverbände.
Weiter gibt es Ver­treter der Koh­le­re­gionen und der Arbeiter, die zwar auch für die Abschaltung sind, doch vorher den Nachweis fordern, dass neue nach­haltige Arbeits­plätze vor­handen sind. Dazu gehören die lokalen Ver­treter aus der Lausitz, aus Bran­denburg und aus dem rhei­ni­schen Braun­koh­len­gebiet, sowie die Gewerkschaften.
Als dritte Gruppe findet man die Pro­fi­teure der Ener­gie­wende. Sie sind für das Abschalten der Koh­le­kraft­werke, weil der feh­lende Strom durch Öko­strom ersetzt werden soll. Sie wollen weiter prächtig kassieren.
Ver­treter der Strom­erzeuger fehlen. Nur der Verband der Stadt­werke ist ver­treten. Auch Orga­ni­sa­tionen, die sachlich die Ener­gie­wende kri­ti­sieren, wie das Euro­päische Institut für Klima und Energie (EIKE), der Strom­ver­brau­cher­schutz NAEB oder die Antiwind-Initiative „Ver­nunft­kraft“ sucht man vergebens.
Ersatz der Arbeitsplätze
Für die Mit­ar­beiter der Koh­le­kraft­werke, die durch die Schließung ihre Arbeit ver­lieren, sollen neue Arbeits­plätze geschaffen werden. Doch durch den Wegfall der güns­tigsten Strom­pro­duktion in den Braun­koh­le­kraft­werken und deren Ersatz durch deutlich teurere Öko­strom- oder Erd­gas­an­lagen werden Arbeits­plätze unren­tabel, denn Energie ist ein wesent­licher Pro­duk­ti­ons­faktor. Schon seit Jahren führt die deutsche Ener­gie­po­litik zu einem Abwandern von Indus­trie­un­ter­nehmen. Es nutzt nichts, in neue Arbeits­plätze zu inves­tieren, wenn die Pro­duktion dort wegen hoher Ener­gie­kosten zu teuer wird. Die zuge­sagten neuen Arbeits­plätze dürften sich als eine Luft­nummer entpuppen.
Ersatz durch Ökostrom
Viele Kom­mis­si­ons­mit­glieder fordern den Ersatz des Koh­le­stroms durch Öko­strom. Dieser Strom ist viel teurer als Strom aus ther­mi­schen Kraft­werken. Zusätzlich ist er vom Wetter abhängig. Die starken Schwan­kungen von Wind- und Solar­strom benö­tigen größere Reser­ve­ka­pa­zi­täten, was zusätz­liche Kosten verursacht.
Für eine stabile Netz­fre­quenz im Wech­sel­stromnetz sind rotie­rende Massen der Dampf­tur­binen und Gene­ra­toren in den großen Kraft­werken not­wendig. Sie stellen eine Momen­t­an­re­serve dar. Sie liefern Energie, wenn ein zusätz­licher Ver­braucher ein­ge­schaltet wird, und werden abge­bremst. Der Fre­quenz­abfall ist das Signal an das Kraftwerk, mehr Dampf in die Turbine zu leiten, bis die Soll­fre­quenz wieder erreicht ist. Öko­strom­an­lagen haben keine Momen­t­an­re­serve. Sie erhalten die Fre­quenz­vorgabe von den Groß­kraft­werken. Fehlen diese, gibt es einen Wel­len­salat, der zum Netz­zu­sam­men­bruch führt.
Für eine stabile Strom­ver­sorgung muss wenigsten 45 Prozent des Stromes aus den Groß­kraft­werken mit Momen­t­an­re­serve kommen. Es ist eine Utopie, zu glauben, Deutschland könne mit 60%, 80% oder gar 100% Öko­strom ver­sorgt werden.
Umwelt­schutz
Es wird wohl niemand behaupten, die 30.000 rotie­renden Wind­räder, die Vögel und Fle­der­mäuse erschlagen, die 1,5 Mil­lionen Solar­an­lagen, die die Land­schaft ver­spiegeln, und die rund zwei Mil­lionen Hektar mit Ener­gie­pflanzen, die den Lebensraum des Nie­der­wildes zer­stören, seien umwelt­freund­licher als 20 Groß­kraft­werke, die die gleiche Strom­menge im Jahr erzeugen. Doch die Umwelt­ver­bände mit dem Bund für Umwelt und Natur­schutz (BUND) an der Spitze fordern die Ver­dopplung bis Ver­drei­fa­chung der Öko­strom­an­lagen zur Erfüllung der „Kli­ma­schutz­auf­lagen“, statt gemäß ihrer Satzung Umwelt und Natur zu schützen.
Es for­mieren sich aber immer mehr Bür­ger­initia­tiven gegen die Öko­strom­an­lagen, die Land­schaft und Natur massiv zer­stören. Die Initia­tiven sind bun­desweit in dem Verband „Ver­nunft­kraft“ zusam­men­ge­schlossen. Ihre wach­sende poli­tische Macht wird den Bau vieler geplanter Wind­parks und Bio­gas­an­lagen ver­hindern. Der pro­jek­tierte weitere Ausbau wird daher nicht erreicht werden.
Kosten spielen keine Rolle
Alle bisher bekannt gewor­denen Pläne zielen auf das Abschalten der Koh­le­kraft­werke hin. Abschät­zungen über die Folgen gibt es kaum. Dies gilt vor allem für die Kosten. Es muss gefragt werden: Sollen die Koh­le­kraft­werke durch Gas­kraft­werke ersetzt werden? Wenn ja: ist die Gas­ver­sorgung sicher gestellt? Wie viele weitere Öko­strom­an­lagen kann unser Netz noch ver­kraften, ohne zusammen zu brechen? Wie teuer ist Strom aus Öko­an­lagen? Muss wei­terhin eine Sub­ven­tio­nierung zu Lasten der Strom­ver­braucher erfolgen? Welche Arbeits­plätze sollen für die frei­ge­setzten Kraft­werker ent­stehen? Wie viel kostet die Umsetzung?
Die offenen Fragen sind bisher unbe­ant­wortet oder die Ant­worten sind reines Wunsch­denken. Die Kosten der Ener­gie­wende werden nicht vor­aus­schauend kal­ku­liert. Es ist eine Wende mit Kosten ohne Ende.
Was ist zu tun?
So kann man nicht mit einem zen­tralen Problem umgehen. Wir sind in unserer Zivi­li­sation auf eine sichere und bezahlbare Strom­ver­sorgung ange­wiesen. Ohne Strom kommt es zu einem Chaos. Daher dürfen wir nicht leicht­sinnig die Ver­sorgung schwächen oder gar unter­brechen. Sicher kann Strom nur durch Kohle‑, Kern- und Gas­kraft­werke erzeugt werden. Was­ser­kraft­werke kommen hinzu, wenn es genügend regnet. Öko­strom kann nur begrenzt in das Netz ein­ge­speist werden. Diese Grenze ist inzwi­schen erreicht, denn immer häu­figer muss über­schüs­siger Strom unter Zuzahlung ent­sorgt werden.
Ein wich­tiger Punkt ist die Ver­sor­gungs­si­cherheit. Gas und Stein­kohle zur Strom­ge­winnung müssen wir weit­gehend impor­tieren. Nur die hei­mische Braun­kohle garan­tiert eine vom Ausland und vom Wetter unab­hängige Strom­pro­duktion, die noch dazu die güns­tigste Strom­erzeugung ist.
Werden Braun­kohle und Stein­kohle, Erdöl und Erdgas sparsam ein­ge­setzt, wird auch weniger Koh­len­stoff­dioxid emit­tiert, das – nach Ansicht der Bun­des­re­gierung und wohl auch der meisten Kom­mis­si­ons­mit­glieder – ver­ant­wortlich für eine kri­tische Erd­er­wärmung sein soll. Wie sich gezeigt hat, ist die emit­tierte Menge an Koh­len­stoff­dioxid gleich geblieben, obwohl inzwi­schen 30 Prozent Öko­strom in unseren Netzen ist. Ein Grund dafür sind die not­wen­digen Bereit­schafts­kraft­werke, die sofort ein­springen müssen, wenn der Wind abflaut oder Wolken auf­ziehen. Sie stehen ständig unter Dampf und ver­brauchen Brenn­stoffe, ohne Strom zu erzeugen. Ohne Öko­strom­an­lagen und mit modernen effi­zi­enten Kraft­werken, die einen Wir­kungsgrad von fast 50 Prozent haben, könnte Brenn­stoff ein­ge­spart werden und die Emission von Koh­len­stoff­dioxid gesenkt werden. Doch die Öko­strom-Pro­fi­teure lassen diesen Weg nicht zu.


Prof. Dr.-Ing. Hans-Günter Appel
Pres­se­sprecher NAEB e.V. Stromverbraucherschutz
www.NAEB.info und www.NAEB.tv