Vielen Zugreisenden dürfte im Nachhinein sehr mulmig geworden sein, als sie erfuhren, dass am 7. Oktober ein Anschlag auf einen ICE bei Allersberg verübt worden ist, der Gott sei Dank von den Fahrgästen praktisch unbemerkt geblieben ist. Mittlerweile ist klar, es war ein Terroranschlag. Ein arabisches Bekennerschreiben samt der Drohung mit weiteren Anschlägen, ein Graffito mit arabischen Schriftzeichen an einem Brückenpfeiler, ein über die Gleise gespanntes Drahtseil und Holzkeile auf den Schienen sollten für ein medienträchtiges Inferno sorgen, bei dem möglichst viele Menschen furchtbar sterben würden.
Der Zug wurde leicht beschädigt, aber er entgleiste nicht und setzte seine Fahrt fort. Trotz des Bekenner- und Drohschreibens bewertete das Bayerische Landeskriminalamt den versuchten Anschlag nicht als solchen, sondern stufte ihn als „gefährlichen Eingriff in den Zugverkehr“ ein.
Aufgrund des Drohschreibens in der Nähe des Bahnhofs, ermittelt aber auch die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus. Nach Auskunft dieser Stelle führe man „intensive Ermittlungen in alle Richtungen“. Weiterhin hieß es, das Drohschreiben sei nicht konkret, sondern eher allgemein gehalten, weder werde ein Ort noch eine Zeit für einen nächsten Anschlag genannt, es sei eine „abstrakte Drohung“, werde aber dennoch sehr ernst genommen. Ein Profiler sei mit dem Fall befasst. Außerdem seien arabische Muttersprachler in die Ermittlungen eingebunden sowie Islamwissenschaftler.
Letzteres lässt vermuten, dass es sprachliche Besonderheiten bei dem Bekenner- bzw. Drohschreiben und dem Graffito gibt und möglicherweise auch religiöse Formulierungen, die den Kreis der Täter möglicherweise einengen könnten.
Das Landeskriminalamt gab aus – wie es immer heißt – ermittlungstaktischen Gründen keine Informationen darüber heraus, wie das Drahtseil dort installiert worden war. Der ICE durchbrach aufgrund seiner schieren Masse und Geschwindigkeit die Drahtseilsperre sofort. Bei den Tatortuntersuchungen und Spurensicherungen wurden neben dem Drahtseil auch die Holzkeile und verschiedene Eisenteile gefunden. Es soll nun ein zweiter Gang zum Absuchen des Geländes vorgenommen werden. Wann das geschehen wird, ist noch nicht festgelegt.
Außerdem sollen Zeugen gehört werden, die in der Umgebung des Tatortes wohnen. Das bayerische Landeskriminalamt erhofft sich dadurch Hinweise und Beobachtungen, die derjenige vielleicht gar nicht weiter beachtet hat und gar nicht in Zusammenhang mit dem Anschlag bringt. Am interessantesten für die Ermittler sind Personen, die mit ihrem Fahrrad, Hund oder Pferd regelmäßig an der Bahnstrecke bei Allersberg unterwegs sind und Ungewöhnliches oder Verdächtiges bemerkt haben könnten.
Die Drahtfalle war für den schweren Zug so unterdimensioniert, dass der Zugführer den Schaden erst in München bemerkt hat. Er hatte wohl ein verdächtiges Geräusch bemerkt, als er an Allersberg vorbeifuhr, daher besah er sich, in München angekommen, den Triebwagen und stellte eine Beschädigung fest. Die Deutsche Bahn hatte einen Kurzschluss auf der Strecke bemerkt, aber keine weiteren, verdächtigen Vorkommnisse. Das Eisenbahnbundesamt setzt nun einen Experten ein, der prüft, was als „worst case“ bei dem nächtlichen Anschlag am 7. Oktober hätte passieren können.
Wahrscheinlich haben die Fahrgäste nicht einmal etwas von dem versuchten Terroranschlag mitbekommen, denn der ICE hielt weder an, noch gab es eine größere Erschütterung. Dennoch will das LKA mit Unterstützung der Deutschen Bahn einige Passagiere ermitteln und sie fragen, ob und wenn ja, sie möglicherweise etwas bemerkt haben könnten.
Auch wenn nichts weiter passiert ist in der Nacht des 7. Oktobers, verunsichert dieser Vorfall doch. Die Täter meinen ihre Drohung sicherlich ernst und werden aus den Fehlern lernen.
Ist es also nur eine Frage der Zeit, wann der erste ICE in voller Fahrt entgleist und hunderte Menschen sterben?
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