Der staatliche Geldhahn für die "Kahane-Stiftung" muss schleunigst abgedreht werden .. (c) Bundestagsfraktion Bündnis 90/Grüne, Flickr CC By 2.0

Vera Lengsfeld: Viele Fragen zur umstrit­tenen Tagung der Amadeu Antonio Stiftung

Die umstrittene Tagung über den angeb­lichen „rechten Rand der DDR-Auf­ar­beitung“ der Amadeu Antonio Stiftung unter der Leitung der ehe­ma­ligen Inof­fi­zi­ellen Mit­ar­bei­terin der Staats­si­cherheit Anetta Kahane hat statt­ge­funden und alle Fragen, warum diese Tagung von der Lan­des­zen­trale für Poli­tische Bildung gefördert wurde, sind offen geblieben.
Es han­delte sich nicht um eine Ver­an­staltung, die den För­der­richt­linien der Lan­des­zen­trale, wie man sie auf deren Homepage nach­lesen kann, ent­spricht. Sie war nicht öffentlich, sondern nur für spe­ziell aus­ge­suchte Gäste zugänglich. Abends während des Abschluss­po­diums, das für siebzig Teil­nehmer ange­kündigt worden war, blieben nach Aus­sagen eines Zuhörers etwa dreißig Stühle unbe­setzt. Für den unwahr­schein­lichen Fall, dass sich 30 Anmelder kurz­fristig ent­schlossen haben sollten, nicht zu erscheinen; Warum gab es keine War­te­liste? Warum wurden auch Jour­na­listen wie Tomas Kittan von der BZ nicht zugelassen?
Warum wird einem Verein, der sich nach eigener Aussage gegründet hat, um die Zivil­ge­sell­schaft in Deutschland gegen Anti­se­mi­tismus (auch in Form von Anti­zio­nismus), Ras­sismus und Rechts­extre­mismus zu stärken, eigentlich eine solche Ver­an­staltung gefördert, die klar in die Kom­petenz der Stiftung zur Auf­ar­beitung der SED-Dik­tatur gehört?

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Schon im Ein­la­dungs­schreiben kam deutlich die ten­den­ziöse Absicht zum Aus­druck, die bis­herige Auf­ar­beitung der zweiten deut­schen Dik­tatur, ins­be­sondere die Gedenk­stätten in ehe­ma­ligen Haft­an­stalten zu dif­fa­mieren, indem man ihnen unter­stellt, von „Rechten“ unter­wandert zu sein.
Man durfte gespannt sein, welche Argu­mente gebracht werden würden, um diese Anschul­digung zu belegen.
Obwohl es schwierig war, Ein­zel­heiten zu erfahren, weil nur ein Mann im Publikum saß, der wohl wegen eines Ver­sehens nicht aus­sor­tiert worden war, zeichnet sich für mich fol­gendes Bild ab:
Die über­wie­gende Stimmung im Saal ent­sprach dem, was ein Teil­nehmer so for­mu­lierte: Die Frauen, die den Brief gegen die Gedenk­stät­ten­leitung geschrieben hätten, müssten eine Aus­zeichnung erhalten, denn die hätten geschafft, was vorher nicht gelungen sei, den Knabe (ehe­ma­liger Leiter der Gedenk­stätte Hohen­schön­hausen) „abzu­schießen“.
Diesem Credo soll das Niveau der meisten Bei­träge ent­sprochen haben. Am deut­lichsten soll das beim Vortag von Klaus Bästlein, einem der Unter­zeichner der Ein­ladung, geworden sein. Bäst­leins Thema waren die angeb­lichen rechten Ten­denzen in der Dau­er­aus­stellung der Gedenk­stätte Hohen­schön­hausen. Statt­dessen hielt er eine Phil­ippika gegen Hubertus Knabe, ver­bunden mit der wie­der­holten Beschwerde, dass seine, Bäst­leins, Ideen nicht berück­sichtigt worden seien. Eine wis­sen­schaft­liche Analyse sieht anders aus.
Die Argu­mente für eine „rechte Unter­wan­derung“ der DDR-Auf­ar­beitung waren weit her­geholt und zum Teil uralt. Die umstrit­tenen Bemer­kungen von Siegmar Faust in einem Gespräch mit dem Jour­na­listen Markus Decker, der durch Abwe­senheit glänzte, obwohl er als Referent ange­kündigt war, sollten als Beweis für Anti­se­mi­tismus dienen. Faust, der natürlich auch nicht zuge­lassen war, ist kein Anti­semit. Deckers Artikel über ihn erscheint nach den maß­losen Attacken seines Autors auf Henryk Broder und die NZZ in einem anderen Licht. Hat Decker in seinem Stück über Faust ähnlich über­re­agiert, wie in seinem Tweet gegen Broder https://twitter.com/Herr_Decker/status/1090591327920840704?
Dann soll über die angeb­liche Attacke eines Workuta-Häft­lings auf Ines Reich, die Lei­terin der Gedenk­stätte Potsdam Leis­ti­kow­straße gesprochen worden sein. Der Vorfall, der schon im Ein­la­dung­s­chreiben erwähnt wurde, liegt 7 Jahre zurück. Damals wollte der Mann, aus­ge­stattet mit einer behörd­lichen Erlaubnis, die Aus­stellung in dem ehe­ma­ligen NKWD-Gefängnis, in dem er ein­ge­sessen hatte, vor der Eröffnung ansehen. Frau Dr. Reich wollte ihn dennoch nicht ein­lassen, also ver­suchte er, sie bei­seite zu schubsen.
Frau Dr. Reich, die immer wieder in Kritik gerät, wegen ihrer Ver­harm­losung der sta­li­nis­ti­schen Ver­brechen, ist schon in der Ver­gan­genheit mit per­fiden Ver­suchen, Gefangene zu brand­marken, weil sie Anti­kom­mu­nisten waren, auf­ge­fallen. Im NKWD-Gefängnis hätten haupt­sächlich Nazis ein­ge­sessen, wird dort sug­ge­riert. Aller­dings sind an die 80% der poli­ti­schen Gefan­genen reha­bi­li­tiert worden. Das werden kaum Nazis gewesen sein.
Über zehn Jahre her ist auch die Dis­kussion um den Hohen­schön­hau­sen­preis, der seit 2008 vom För­der­verein der Gedenk­stätte ver­liehen wird. Ja, es gab ursprünglich den Vor­schlag, diesen Preis nach Walter Linse zu benennen. Dieser Vor­schlag ist aber schon nach einer internen Vor­stands­dis­kussion mit Mehrheit abge­lehnt worden. Das heute noch als Bei­spiel für Rechts­las­tigkeit der DDR-Auf­ar­beitung anzu­führen, zeigt, dass es keine wirk­lichen Argu­mente gibt.
Man darf gespannt sein, ob die AAS die Manu­skripte der gehal­tenen Vor­träge ver­öf­fent­licht. Bisher hat nur Stephan Hilsberg seinen Beitrag auf seine Homepage gestellt.
Der Vortrag von Helmut Müller-Enbergs über die Fehler bei der Sta­si­auf­ar­beitung soll mehrmals durch Zwi­schenrufe unter­brochen worden sein. Auch sonst ging es wohl kon­trovers zu.
Die Stoß­richtung der Tagung zeichnete sich dennoch deutlich ab. Es geht um die Weich­zeichnung der Geschichte der zweiten deut­schen Dik­tatur. Frau Dr. Reich hat es in der Gedenk­stätte Leis­ti­kow­straße vorgemacht.
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Vor allem soll der anti­to­ta­litäre Konsens, for­mu­liert von der jüdi­schen Phi­lo­sophin Hannah Arendt als Antwort auf die linken und rechten Dik­ta­turen in Europa, beerdigt werden. Dafür machte sich ein Referent, der über das Dres­dener Hannah Arendt Institut sprach, stark. Er hörte sich, wurde mir berichtet, so an, als ob Hannah Arendt zwar diesen Anti­to­ta­li­tären Konsens for­mu­liert habe, ihn aber nicht so gemeint haben könne. Ein solche Argu­men­tation wäre völlig absurd.
Deut­licher soll Pro­fessor Morsch auf dem Abschluss­podium geworden sein. Er for­derte offen die Abschaffung des Anti­to­ta­li­tären Kon­senses. Es hörte sich fast so an, als müsse er ver­boten werden, denn es handle sich nicht um zwei gleiche Dik­ta­turen. Das hat Arendt auch niemals behauptet. Morsch soll es als Fehler bezeichnet haben, dass das Euro­päische Par­lament den 23. August, den Tag der Unter­zeichnung des Hitler-Stalin-Paktes, als Gedenktag ein­ge­führt habe.
Zugute halten muss man Morsch, dass er sich gegen die Dif­fa­mierung des frü­heren UOKG-Vor­sit­zenden und Bun­des­ver­dienst­kreuz­trägers Finn im Ein­la­dungs­schreiben aus­ge­sprochen haben soll, was vom anwe­senden aktu­ellen UOKG-Vor­sit­zenden Dieter Dom­browski schmerzlich ver­misst wurde. Es war auch Morsch, der offenbar klar die Gefahr erkannt hat, die von dem Exempel, das in der Gedenk­stätte Hohen­schön­hausen sta­tuiert wurde, für alle Gedenkorte ausgeht.
Gedenk­stätten seien immer unab­hängige Orte gewesen, bei denen die Politik kein Ein­griffs­recht hat. Wenn nun ein Gedenk­stät­ten­leiter von der Politik abge­setzt wird, könne das als Prä­ze­denzfall zur Zer­störung der Unab­hän­gigkeit der Gedenk­stätten beitragen.
Da soll es einen Augen­blick mucks­mäus­chen­still im Saal geworden sein. Man kann sich nur wün­schen, dass einigen Betei­ligten klar wurde, worauf sie sich ein­ge­lassen haben.
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