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Der Direktor des Geheimdienstes des Pentagon, Generalleutnant Robert Ashley, warf Russland vor, gegen das Moratorium für Atomtests verstoßen zu haben. Ohne irgendwelche Beweise. Er hat es einfach so gesagt.
„Die Vereinigten Staaten glauben, dass Russland sich wahrscheinlich nicht an das Moratorium für Atomtests hält. Unser Verständnis für die Entwicklung von Atomwaffen lässt uns glauben, dass Russland seine nuklearen Fähigkeiten durch Tests verbessert hat“, sagte Ashley.
Es will dem General einfach nicht in den Kopf gehen, wie hoch das Niveau und die technische Kompetenz der russischen Waffenentwickler ist. Seiner Ansicht nach waren die erzielten Ergebnisse ohne Tests nicht möglich. Doch diese Überzeugung hat er nur deshalb, weil die USA gerade gegen Russland im Wettlauf um atomare Technologie verlieren, sowohl bei der friedlichen Nutzung, als auch bei der militärischen.
Jedenfalls warf der amerikanische General Russland vor, gegen den Vertrag über den umfassenden Kernwaffenteststopp verstoßen zu haben. Das russische Außenministerium erklärte sofort, dass die Russische Föderation in keiner Weise gegen das Dokument verstoße und das Moratorium für Atomtests seit 1991 einhalte.
Auch Sergej Lawrow machte sich über den amerikanischen General lustig: „Der Blödsinn, dass Russland angeblich Atomtests durchgeführt hat, wurde bereits von den Vertretern der Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen zurückgewiesen und selbst respektierte und namhafte Experten innerhalb der Vereinigten Staaten sagen das Gegenteil. Wahrscheinlich musste man sich, nachdem die russisch sprechende Frau auf Ibiza sich als Bosnierin entpuppt hat, schnell etwas Neues ausdenken”, sagte der russische Außenminister.
Wie dem auch sei, die amerikanischen Medien griffen das Thema auf. Bis zu den Präsidentschaftswahlen bleiben noch anderthalb Jahre, und nach dem Scheitern von Sonderermittler Mueller, eine angebliche Einmischung Russlands in die amerikanischen Wahlen zu finden, muss die antirussische Hysterie ja irgendwie am Kochen gehalten werden. Oder vielleicht ist es noch viel einfacher: Die Vereinigten Staaten selbst wollen sich aus dem Vertrag über das umfassende Nuklear-Verbot zurückziehen und bereiten den Weg für Atomtests. Es ist klar, dass man so etwas besser mit Vorwürfen gegen Russland begründen kann.
Aus den USA berichtet unser Korrespondent.
Über Muellers Bericht ist bereits so viel spekuliert und frei interpretiert worden, dass nur noch eins fehlte: Eine Aufführung als Lesung im Theater. Mehr als hundert Menschen, Schauspieler, Regisseure, Künstler und einfache Trump-Hasser begannen, Muellers Bericht auf der Bühne in der Heimat des Präsidenten, dem New Yorker Stadtteil Queens, vorzulesen. Die Leser wechseln sich ab, es geht das ganze Wochenende, Tag und Nacht, 24 Stunden am Tag. Muellers Ermittlungen wurden zur Farce.
Der Autor der Geschichte, Mueller selbst, stellte sich dramatisch nach einer Pause von zwei Jahren im US-Justizministerium vor die Kameras. Sein Auftritt an einem so wichtigen Ort unterstrich, dass sich der Sonderermittler als Teamspieler sieht, dass er sich nicht gegen die Meinung des Ministeriums stellen werde, wo Trump als unschuldig gilt. Auf der anderen Seite schaffte es Mueller auch, den Demokraten in die Hände zu spielen, indem er an einigen Stellen etwas Nebel hinterließ.
Absprachen mit Russland seien nicht gefunden worden, aber der Verdacht, so heißt es, sei geblieben. Der Sonderermittler fordert den Kongress auf, seine Arbeit fortzusetzen. Diese Arbeit hat einen Namen, und der beginnt mit dem Buchstaben „I“: „Impeachment“.
Die Demokraten verlangen im Kongress zusätzliche Ermittlungen gegen Trump, obwohl der Sonderermittler etwa 500 Zeugen verhört hat und schließlich von seinem Amt zurückgetreten ist, nachdem der Bericht fertig war.
„Mueller sprach mit allen, die er sprechen wollte, mit Ausnahme des Präsidenten, der die Fragen schriftlich beantwortet hat. Mueller steckte Menschen in Einzelhaft, in einem Fall saß eine Frau fast die Hälfte der Zeit, die ihr als Höchststrafe gedroht hätte, was nicht sehr amerikanisch ist. Mueller hatte die besten Anwälte, Staatsanwälte, die alle gegen Trump eingestellt waren Er hatte kluge, starke und teure Anwaltskanzleien und was hat er in zwei Jahren Arbeit erreicht? Sie haben nichts bewiesen“, sagte Newt Gingrich, ehemaliger Sprecher des Repräsentantenhauses des US-Kongresses.
Wenn es keine Beweise gibt, ist der Verdächtige unschuldig. „Der Fall ist geschlossen“ hat Trump eine triumphale Collage mit dem scheidenden Muller in sozialen Netzwerken überschrieben.
„Ich sehe nicht, wie man ein Impeachment arrangieren will. Theoretisch können sie das versuchen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Gerichte das zulassen. Ich hätte nie gedacht, dass dieses Wort überhaupt verwendet wird. Für mich ist „Impeachment“ ein schmutziges Wort. Ein schmutziges, widerliches, ekelhaftes Wort, das nichts mit mir zu tun hat, weil es keine Straftat gab“, sagte Trump.
Für eine Wiederwahl 2020 braucht Trump aber Erfolge in der Außenpolitik, die Trump selbst eng mit der Innenpolitik verbunden hat. Alles dreht sich um Zölle, die gegen verschiedene Länder erhoben hat und die auch den USA selbst schaden.
So führte der Handelskrieg mit China für viele amerikanische Exporteure faktisch zur Schließung des Riesenmarktes. Am 1. Juni verhängte Peking als Reaktion Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Waren aus den USA im Wert von 60 Milliarden Dollar. Darüber hinaus bereitet China als Reaktion auf die schwarze Liste in Sachen Huawei seine eigene Liste „unzuverlässiger ausländischer Unternehmen“ vor, die gegen die Marktregeln verstoßen.
Und die vielleicht schwerste Bedrohung ist, dass China den Verkauf von seltenen Erden an Amerika beschränken könnte. Diese Materialien sind ohnehin rar und ohne sie kann die gesamte innovative Produktion zum Erliegen kommen: Waffen, Satelliten, Laser, Supraleiter.
Die Aktienmärkte sind in Erwartung des Schlimmsten auf dem Weg nach unten. Trump agierte diese Woche nicht als Präsident, sondern als Geschäftsmann, der Rivalen seines Konzerns bekämpft und nur finanziellen Nutzen anstrebt. So nahm er Indien von einer Liste von Ländern, die zollfrei Waren in die USA importieren dürfen, er kündigte die Einführung von Zöllen auf Produkte aus Mexiko an, bis das Land den Strom von illegalen Migranten stoppt.
Ein weiterer Grenzdurchbruch geschah in Texas, in der Gegend von El Paso. Amerikanische Patrouillen haben tausend Menschen auf einen Schlag verhaftet. Und das, während die provisorischen Lager ohnehin schon überfüllt sind. Die Migranten werden unter unhygienischen Bedingungen festgehalten. Der Präsident Mexikos schickte einen Brief an Trump, in dem er ihn zu überzeugen versucht, dass soziale Probleme nicht durch Zölle und Druck zu lösen sind.
Aber man kann auf diese Weise viele neue wirtschaftliche Probleme schaffen, wie die Amerikanische Handelskammer mitteilt. Mexiko ist für die USA einer der größten Lieferant, der Tausende von Waren liefert: Von Tomaten bis zu Autoteilen. Trumps Aufruf „produziert in den USA“ funktioniert hier nicht.
„Diese Lieferketten kann man in Amerika nicht einfach über Nacht umbauen. Wir können im Winter in Iowa keine Sherry-Tomaten anbauen. Wir können nicht auf Knopfdruck anfangen, Tequila zu produzieren. Das heißt, die Zölle werden lediglich zu einer Erhöhung der Preise für amerikanische Bürger und Firmen führen. Und die Einführung der maximalen Zölle, die die USA androht, wird zu Chaos in der Wirtschaft führen“, ist sich der Finanzanalyst Mark Hamrick sicher.
Das wird auch in Brüssel und London befürchtet, wo über die Optionen des Brexit diskutiert wird. Trump sprach sich vor seinem Staatsbesuch in London für den härtesten Brexit aus und gab den Briten den Rat, einfach die Europäische Union „für die Scheidung bezahlen zu lassen“ und keinen Vertrag abzuschließen.
„An Stelle der britischen Regierung würde ich nicht 50 Milliarden Dollar bezahlen. So würde ich es machen. Ich würde nicht zahlen, das ist eine riesige Summe. Wenn man keinen fairen Deal bekommt, muss man einfach gehen“, sagte Trump.
Der US-Präsident hat auch offen die Kandidatur des früheren britischen Außenministers Boris Johnson für das Amt des Premier unterstützt, was in London für eine Welle der Empörung sorgte. Trump wurde vorgeworfen, sich in die inneren Angelegenheiten Großbritanniens eingemischt zu haben, der frühere Außenminister Malcolm Rifkind verglich ihn mit einem Elefanten im Porzellanladen, der die Grundlagen elementarer Etikette und Diplomatie nicht kennt.
Generell halten sich die USA derzeit nicht an irgendwelche Regeln. Der Kongress schlug vor, fünf Arten von Sanktionen gegen die Nord Stream-2-Pipeline einzuführen. Genauer gesagt gegen die europäischen Unternehmen, die am Bau beteiligt sind. Die US-Senatoren wollen diesen Firmen verbieten, Kredite in den USA zu erhalten, Zahlungen in Dollar abzuwickeln oder US-Staatsanleihen zu kaufen. Sie sind zu allem bereit. Bis zum Einfrieren des Vermögens der Mitarbeiter und ihrer Ausweisung aus den USA.
Aber bisher funktionieren Erpressungen und Drohungen nicht. Der Chef des österreichischen Öl-und Gaskonzerns OMV sagte, dass die Teilnehmer des Projekts „Nord Stream‑2“ von der Europäischen Union vor amerikanischen Sanktionen geschützt werden sollten.
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Wenn Sie sich dafür interessieren, wie Russland auf die Fragen der internationalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und ungekürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. Dort gibt es auch ein Kapitel über die Vorwürfe, Russland habe sich in die US-Wahlen eingemischt. Wenn es Sie interessiert, was Putin selbst zu den Vorwürfen gesagt hat, sollten Sie das immerhin 16 Seiten lange Kapitel mit Putin-Zitaten zu dem Thema als erstes lesen.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“