Wie das rus­sische Fern­sehen über den Han­dels­krieg zwi­schen den USA und China berichtet

Das rus­sische Fern­sehen hat einen Bericht über den Han­dels­krieg zwi­schen den USA und China gebracht, den ich sehr inter­essant fand. Russland ist zwar über Ent­wick­lungen der Han­dels­kon­flikte besorgt, kann aber, im Gegensatz zur EU, eher als Zuschauer die Dinge beob­achten und sogar dabei gewinnen, zum Bei­spiel in der Land­wirt­schaft. Da das Thema die deut­schen Medien sehr beschäftigt, fand ich es inter­essant, einmal auf­zu­zeigen, wie in Russland darüber berichtet wird. Daher habe ich den Beitrag des rus­si­schen Fern­sehens übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Das Wort „Krieg“ wird bereits ver­wendet, um die Han­dels­be­zie­hungen zwi­schen den USA und China zu beschreiben. Obwohl der IWF bestätigt hat, dass es falsch ist, Peking der Wäh­rungs­ma­ni­pu­lation zu bezich­tigen. Doch Washington macht weiter Druck. Die asia­ti­schen Märkte brachen diese Woche ein, die US-Indizes rutschten ab und der Ölpreis fiel um 7 Prozent. Und ab dem 1. Sep­tember erheben die USA Zölle von 10 Prozent auf Waren aus China in Höhe von ins­gesamt 300 Mil­li­arden Dollar. Das heißt, prak­tisch auf alle ver­blei­benden chi­ne­si­schen Importe. Und das ist ein Signal an die Inves­toren, dass der Krieg in eine heiße Phase tritt. Schließlich haben die reichsten Men­schen der Welt allein an einem Tag in dieser Woche 117 Mil­li­arden Dollar durch die Strei­tig­keiten zwi­schen den Ver­ei­nigten Staaten und China ver­loren. Und China hat noch einen anderen, den wich­tigsten, Trumpf im Ärmel: US-Wert­pa­piere im Wert von einer Billion Dollar. Sie können eine unbe­siegbare Figur auf dem Schach­brett werden, dass sich schon lange in ein Minenfeld des US-chi­ne­si­schen Spiels ver­wandelt hat.
Pekings erster Zug in der neuen, chi­ne­sisch-ame­ri­ka­ni­schen Partie, war so einfach wie der Eröff­nungszug E2-E4. Erstmals seit der welt­weiten Wirt­schafts­krise 2008 senkte die Chi­ne­sische Staatsbank den Yuan auf unter 7 Yuan für den Dollar. Es scheint, dass dies Glück für Amerika ist: Die chi­ne­sische Wirt­schaft ist ins Stocken geraten. Aber auch die Chi­nesen ver­stehen das Spiel.
Der billige Yuan ist eine Hilfe für die chi­ne­si­schen Expor­teure, zumindest teil­weise die Ver­luste aus über­höhten Zöllen zu decken. Bei diesem Kurs erhöht sich der Umsatz und die Käufer sind in den USA. Trump wurde noch wütender und warf Peking Wäh­rungs­ma­ni­pu­lation vor.
„Eine kleine Senkung des Yuan-Kurses, nur für einen Han­delstag, und schon nennen Sie es eine Wäh­rungs­ma­ni­pu­lation? Erst vor drei Monaten hat das US-Finanz­mi­nis­terium selbst erklärt, dass China seine Währung nicht mani­pu­liert. Sollte China ein­greifen, dann nur, um zu ver­hindern, dass der Yuan zu tief fällt“ sagte Xiu Tsinduo, Senior Fellow an einer Universität.
Aber die Börsen haben auf die Kurs­schwan­kungen reagiert. Die Indizes sind nicht nur in ganz Asien ein­ge­brochen. Der Yuan befand sich an der Wall Street auf einem 10-Jahres-Tief, es war der größte Kurs-Rückgang seit einem Jahr für die wich­tigsten Indizes, von dem sich die Börsen in einer Woche kaum erholten. Die neue Runde des Han­dels­krieges zwi­schen den USA und China hat den Dow Jones, die Nasdaq und den S&P 500 in die roten Zahlen getrieben. Inves­toren ver­lieren das Ver­trauen in die Welt­wirt­schaft. Wie immer werden in solchen Fällen Gold und Silber teurer.
Das ist eine schlechte Nach­richt für Trump. Drei Jahre lang über­zeugte er die Wähler, dass das Wachstum an den Akti­en­märkten ein Ver­dienst seiner Wirt­schafts­po­litik und auch ein Grund für eine Wie­derwahl sei. Darauf hat er gesetzt.
„In der Frage mit China läuft alles gut. Wir reden mit­ein­ander, aber wir sind noch nicht bereit für einen Deal. Mal sehen, wie es wei­tergeht. Wir haben einfach keine Wahl und können nichts anderes tun“ sagte Trump.
Zug­zwang. Jeder Zug macht es noch schlimmer, aber sie müssen ziehen. Der Han­dels­krieg mündet in einen Wirtschaftskrieg.
Die Chi­nesen sind bei Fragen des Essens kon­ser­vativ und aus­län­dische Lebens­mittel kaufen sie eher aus Neugier. Aber es gibt solche, ohne die die chi­ne­sische Küche nicht vor­stellbar ist. Auf den Eti­ketten sind chi­ne­sische Marken, aber das Speiseöl wird haupt­sächlich aus ame­ri­ka­ni­schen Soja­bohnen her­ge­stellt. Sie werden hier in China in Fabriken zu Mehl, Zusatz­stoffen für Fut­ter­mittel oder Bio­kraft­stoffen ver­ar­beitet. Und China ist ein Markt, der für die USA von ent­schei­dender Bedeutung ist.
Nach der geschei­terten 12. Gesprächs­runde verbot China als erstes den Import ame­ri­ka­ni­scher Agrar­pro­dukte. Andere Länder sollen den Bedarf decken. Zum Bei­spiel Russland.
China ist der viert größte Markt für ame­ri­ka­nische Agrar­pro­dukte. Nach Pekings Erhöhung der Ein­fuhr­zölle oder sogar einem Lie­fer­verbot laufen die Bauern in Penn­syl­vania buch­stäblich Gefahr, auf den Bohnen sitzen zu bleiben. 60 Prozent aller in den USA ange­bauten Soja­bohnen werden in das Him­mel­reich exportiert.
Scott Becker hat, wie alle seine Nachbarn, für Trump gestimmt. Aber der ver­spro­chene Sieg im Han­dels­krieg ist nicht nicht in Sicht und die Preise für Soja­bohnen und Mais fallen. Das aktuelle Trump-Gambit wird den Land­wirten 4 Mil­li­arden Dollar Verlust bringen. „Die Leute werden es schwer haben, ihre Rech­nungen zu bezahlen. Die Land­wirte befinden sich in einer pre­kären Lage. Das sind schwere Zeiten. Viel­leicht musst man seine Farm oder einen Teil des Landes ver­kaufen, um zu über­leben“ sagt Scott Becker.
Becker hat auch Kühe. Wenn keine Ver­si­cherung ein­springt, wird er die Herde buch­stäblich ans Messer liefern müssen und dann ist klar, wen er am Wahltag opfern wird.
Montana. Ein abge­le­genes Gebiet. Alle hofften endlich auf einen Funkmast. Nun ist er da und wird mit Huawei-Technik betrieben. Huawei wird von Washington der Cyber­spionage beschuldigt und der Betreiber ist ver­pflichtet, das chi­ne­sische Material los­zu­werden. „Manchmal ver­gleiche ich die Situation mit einem Flugzeug mit zwei Trieb­werken, wenn jemand vor­schlägt, eines der Trieb­werke in einer Höhe von 10 Kilo­metern aus­zu­tau­schen. Das ist wahr­scheinlich keine gute Idee“ sagt Mike Kilgore, CEO der Nemont Tele­com­mu­ni­ca­tions Cooperative.
Sieben Jahre und mehrere Mil­lionen Dollar wird es kosten, Huawei aus Montana zu ver­treiben. Google´s Android aus chi­ne­si­schen Smart­phones zu ver­treiben, haben die USA schon versucht.
Mit dem Verbot von Google´s Android-Plattform für Huawei-Geräte wollte man Huawei augen­blicklich Schachmatt setzen. Aber der chi­ne­sische Konzern war auf eine lange Partie vor­be­reitet und hatte als Reaktion ein eigenes Betriebs­system ent­wi­ckelt, das „Harmony“ genannt wurde. „Im Ver­gleich zu Android ist das Betriebs­system Harmony leis­tungs­stärker und in Bezug auf die Sicherheit besser“ sagt Richard Yu, CEO von Huawei.
Das Unter­nehmen ist bereit, schon morgen zu „Harmony“ zu wechseln. Huawei rechnet aber wei­terhin damit, sich mit Google einigen zu können.
Die neue Stadt von Huawei sieht nicht aus, wie der Standort eines rie­sigen Kon­zernes. Statt der für die IT-Branche üblichen Glas- und Beton­fas­saden im Stil Hightech, steht hier ein Europa im Minia­tur­format. Labore, For­schungs­zentren und Mit­ar­bei­ter­heime für die 25.000 Ange­stellten. Von Labor zu Labor fährt man mit einem fir­men­ei­genen roten Zug. Auf dem Campus wurde eine eigene Eisen­bahn­linie gebaut. Einmal um die Stadt her­um­zu­fahren, dauert genau 22 Minuten.
Der Blick aus den Fenstern des Zuges erinnert über­haupt nicht an China. Die Stadt­teile auf dem Campus heißen: Paris, Granada, Verona. Draußen gibt es keine Beschilderung.
Eine der geheimsten Abtei­lungen von Huawei ist das Cyber­si­cher­heits­labor. Hier sollen nach den Aus­sagen des ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­denten Cyber-Bedro­hungen für die Ver­ei­nigten Staaten geschaffen worden sein. Tat­sächlich werden hier alle neuen Geräte getestet, die sich gerade auf die Markt­ein­führung vor­be­reiten. Und zwar auf ihre Sicherheit.
Riesige Ser­ver­räume, in denen Mil­lionen von Ope­ra­tionen pro Sekunde aus­ge­führt werden. Chips werden an der Pro­duk­ti­ons­linie getestet. Als die USA ihren Unter­nehmen unter­sagten, Huawei-Chips für Elek­tronik zu liefern, ent­wi­ckelten sie einfach ihre eigenen.
„Wir gingen davon aus, dass die USA die Ver­sorgung blo­ckieren könnten, daher haben wir vor vielen Jahren begonnen, nach einer eigenen Lösung zu suchen. Und jetzt ist es so gekommen“ sagt Lee Kefen, Chef der Huawei Con­sumer Business Group.
So steht es auch im jüngsten Bericht des Unter­nehmens: Trotz des Drucks sind die Gewinne des Kon­zerns weiter gestiegen. Und die 5G-Netz­werk­ent­wick­lungs­ver­träge, gegen die Trump kämpft, werden umge­setzt, wenn auch nicht in den Ver­ei­nigten Staaten.
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Man­hattan ist nicht das patri­ar­cha­lische Penn­syl­vania. Trump ist dem demo­kra­ti­schen New York ohnehin unsym­pa­thisch und eine Erhöhung der Preise für i‑Phones werden die Stamm­gäste des Ladens an der Madison Avenue dem Prä­si­denten der Ver­ei­nigten Staaten sicherlich nicht ver­zeihen. Wenn Apple gezwungen ist, die Pro­duktion nach Amerika zurück zu holen, wird der Preis für die Geräte auf 2.000 oder sogar auf 3.000 Dollar steigen. In Gina Mas Laden in New Yorks Chi­natown werden die Preis­schilder bereits umge­schrieben. Hier sind die Base­ball­mützen mit der Auf­schrift „Make America Great Again“, die in China her­ge­stellt werden, teurer geworden. „Die Preise stiegen nur um ein paar Cent. Die Kunden sind aber schon unzu­frieden“ sagt die Inha­berin des Ladens.
Cents sum­mieren sich zu Dollars und ewig wird Trump die­je­nigen, die sie ver­lieren, nicht über­zeugen können, dass Peking am Ende für alles bezahlen wird. Das heißt, selbst wenn man annimmt, dass die ganze Idee nur ein geris­sener Trick des US-Prä­si­denten ist, die Fed zu nied­ri­geren Zins­sätzen zu zwingen – es gibt eine solche Inter­pre­tation -, bewegt sich die Partie auf das End­spiel zu.
„Ich bin mir nicht sicher, ob Trump ein guter Prä­sident ist, aber er war ein guter Geschäftsmann, der zu ver­handeln wusste. Aber die Chi­nesen sind nicht dumm, sie wissen, wie man Geschäfte mit Ame­ri­kanern macht, in den letzten 40 Jahren haben sie viel Geld ver­dient. Aber jetzt ist es an der Zeit, zu reden und Geld zu ver­dienen“ sagte Justin Yu, Vor­sit­zender der chi­ne­si­schen Han­dels­kammer in New York.
Eine Alter­native zu Ver­hand­lungen wäre ein Krieg bis zur voll­stän­digen Erschöpfung oder wie man im Schach sagt, ist ein chi­ne­si­sches Unent­schieden. Wer zuerst die Nerven ver­liert, legt seinen König hin.
Ende der Übersetzung
Wenn Sie sich dafür inter­es­sieren, wie Russland auf die Fragen der inter­na­tio­nalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und unge­kürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse.

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“