Das Amtsenthebungsverfahren im Senat gegen Trump läuft derzeit erstaunlich ruhig ab, zumindest wenn man es mit den Anhörungen im Repräsentantenhaus vergleicht. Dennoch gab es ein paar interessante Meldungen.
Bei dem Verfahren geht es um die Frage, ob Trump Militärhilfe für die Ukraine zurückgehalten habe, um die Ukraine dazu zu drängen, wegen der Aktivitäten von Joe Bidens Sohn, Hunter Biden, zu ermitteln. Es geht um Korruptionsvorwürfe gegen die Bidens, die Details finden Sie hier. Die Kernfrage ist, ob Trump Selensky erpresst hat und eine Gegenleistung, ein sogenanntes Quidproquo, für die US-Hilfe gefordert hat. Aus dem Telefonat (hier finden Sie den Wortlaut des Telefonats) zwischen Trump und Selensky vom 25. Juli geht das nicht hervor, Trump hat das Thema zwar angesprochen, aber keinerlei Druck gemacht. Brauchte er auch nicht, denn Selensky hat selbst ein innenpolitisches Interesse daran, die Korruption unter seinem Vorgänger Poroschenko aufzuklären, die Details über Vorwürfe gegen Poroschenko finden Sie hier.
Eine der Fragen, die sich nun stellen, ist, ob im Senat weitere Zeugen verhört werden. Die Republikaner mit ihrer Mehrheit können das verhindern und sie wollen das Verfahren wohl schnell beenden. Das finde ich persönlich schade, ich hätte mich sehr über eine Befragung der Bidens gefreut, weil das einiges Licht in die Ursprünge des Verfahrens gebracht hätte. Zumal Joe Biden immer wieder öffentlich gesagt hat, er werde nicht im Senat aussagen. Hier hätte sich die Frage gestellt, ob er eine offizielle Vorladung ignoriert hätte und was dann geschehen wäre. Aber das werden wir nicht erfahren, wenn im Senat keine Zeugen verhört werden.
Dass es zu einem öffentlichen Verhör von Biden kommt, ist umso unwahrscheinlicher, als auch Trumps Verteidiger gesagt haben, sie wollten ihre Strategie nicht „rund um Biden aufbauen„.
Ein anderer Zeuge, der allerdings für die Republikaner unbequem sein könnte, ist der ehemalige Sicherheitsberater Bolton. Der hat gerade ein Buch angekündigt, in dem er Trump beschuldigt, die Militärhilfe für die Ukraine tatsächlich an die Aufnahme von Ermittlungen gegen Biden geknüpft zu haben und Bolton ist nun plötzlich auch bereit, vor dem Senat auszusagen, nachdem er das früher immer abgelehnt hatte.
Allerdings hat Bolton eine eigene politische Agenda. Er ist ein radikaler Falke, der einen Krieg gegen den Iran und wohl auch gegen Venezuela anzetteln wollte. Das dürfte der Grund sein, warum Trump ihn schließlich gefeuert hat, denn Trump will keine neuen Kriege. Er hat im Gegenteil seinen Wählern versprochen, die US-Soldaten nach Hause zu holen und die Kriege zu beenden. Ein neuer Krieg würde ihn fast sicher die Wiederwahl kosten.
Nachdem sich Trump und Bolton wohl im Streit getrennt haben, ist Boltons Aussage zumindest mit Vorsicht zu genießen. Er ist ein erfahrener Politiker, der schon unter Bush Junior internationale Verhandlungen geführt hat und der sicher genau weiß, wie er bei einer Anhörung unter Eid viel Gift versprühen kann, ohne sich dabei eines Meineides schuldig zu machen. Vielleicht sagt Bolton die Wahrheit, aber er wäre für sich genommen kein überzeugender Zeuge in dem Verfahren.
Trump hat Boltons Aussage umgehend bestritten und ihm vorgeworfen, nur Werbung für sein Buch machen zu wollen.
Ansonsten sind die Vorgänge im Senat das übliche Theater, das vor allem in den USA ein untrennbarer Teil der Politik ist. Die Demokraten haben die republikanischen Senatoren aufgefordert, ihrem Gewissen und nicht der Parteilinie zu folgen. Das klingt gut, ist aber keine belastbare Neuigkeit.
Trotzdem hat der Spiegel das natürlich aufgenommen und noch einmal alles so dargestellt, als sei Trump zweifelsfrei schuldig. Die Demokraten wurden wörtlich zitiert, während alle Aussagen der Republikaner als Behauptungen dargestellt wurden. Das sah im Spiegel zum Beispiel so aus:
„Sie hatten schon vor den Plädoyers argumentiert, der Präsident habe sich nichts zuschulden kommen lassen. „Annahmen, Vermutungen und Spekulationen auf Grundlage von Hörensagen“ seien das einzige, auf das sich die Demokraten beriefen.“
Das Problem ist, dass die Behauptung der Republikaner stimmt. Alle Zeugen haben nur gesagt, was sie von irgendwem gehört haben wollen oder welchen Eindruck sie von irgendwas gehabt haben. Es gab keinen Zeugen, der dabei war und der tatsächlich etwas aus eigenem Erleben hätte bezeugen können. Von daher ist die Aussage der Republikaner, alles beruhe auf „Annahmen, Vermutungen und Spekulationen auf Grundlage von Hörensagen“ sachlich korrekt. Hier finden Sie eine Zusammenfassung aller Zeugenaussagen.
Wenig überraschend weisen die Republikaner in ihrer Argumentation vor dem Senat nun alle Anschuldigungen gegen Trump zurück.
Absurd ist, wie die deutschen Medien immer wieder von „Drohungen“ Trumps berichten. So schrieb der Spiegel:
„US-Präsident Donald Trump hat den Leiter des Anklageteams im Amtsenthebungsverfahren scharf angegriffen. Trump beschimpfte Adam Schiff auf Twitter als korrupt und als „wahrscheinlich sehr kranken Mann“. Außerdem schrieb Trump, Schiff habe „den Preis für das, was er unserem Land angetan hat, noch nicht bezahlt“.“
Schiff hat das als Drohung bezeichnet und so kann man es auch verstehen. Man muss aber wissen, wie verroht die Sprache in der US-Politik inzwischen ist. Und das gilt keineswegs nur für Trump. Führende Demokraten haben Trump im Laufe des Verfahrens auch heftig beschimpft und ihm angedroht, dass er für alles mögliche bezahlen werde oder gar ins Gefängnis kommen sollte.
Ich halte von solchen verbalen Schlachten nichts, aber so läuft es inzwischen in den USA nun einmal. Politik hat dort nichts mehr mit Sachfragen zu tun, es geht nur noch um Schlagzeilen und verbale Gefechte.
Die deutschen Medien stellen es jedoch so dar, als sei Trump der einzige, der solche Drohungen gegen seine Gegner ausstößt. Und das ist schlicht unwahr. Aber da die deutschen Medien Trump um jeden Preis verteufeln wollen, zitieren sie jeden Vorwurf gegen Trump und spielen die Ausfälle der Demokraten herunter, wenn sie denn überhaupt darüber berichten. Oder sie übernehmen deren Formulierungen gleich selbst und fordern ebenfalls, Trump ins Gefängnis zu stecken.
Jedem seine Meinung, nur eines ist das nicht: Es ist keine objektive Berichterstattung, es ist Meinungsmache. Mit anderen Worten, es ist Propaganda für eine Seite und gegen die andere Seite.
Zum Schluß noch eine Nachricht zum bevorstehenden US-Wahlkampf.
Demnächst entscheiden die Demokraten, wer der Gegenkandidat Trumps wird. Das Rennen ist knapp, aber bisher scheint Biden immer noch zu führen, auch wenn sein Vorsprung schrumpft. Ende letzten Jahres ist Bloomberg auch in den Wahlkampf eingestiegen und er hoffte, das Rennen bei den Demokraten zu machen. Seine Befürchtung war, dass Biden gegen Trump verlieren würde und so war er der Meinung, nun müsse er es eben selbst richten.
Die Rechnung scheint nicht aufzugehen. Der Milliardär Bloomberg hat aus eigener Tasche innerhalb kürzester Zeit 250 Millionen Dollar in Werbung gesteckt, aber er scheint bei den Wählern nicht gut anzukommen. Bisher jedenfalls liegt er in den Umfragen weit hinter den Favoriten und die entscheidenden Vorwahlen beginnen schon Anfang Februar.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
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