Hirn­scans zeigen einen neuen Schi­zo­phrenie-Typ, der fast wie ein „gesundes“ Gehirn aussieht

Nicht alle Men­schen mit Schi­zo­phrenie zeigen die gleiche abnorme Gehirn­struktur, wie nun eine neue Studie fest­ge­stellt hat.

Heute ist die Neu­ro­bio­logie der Schi­zo­phrenie nur unzu­rei­chend ver­standen, aber his­to­risch gesehen wurde sie mit einer Ver­rin­gerung des Volumens der grauen Sub­stanz in Ver­bindung gebracht, der Art von Hirn­gewebe, die den Haupt­körper der Neu­ronen enthält.

Dies ist ein typi­sches Muster der Krankheit, das in der For­schung immer wieder auf­taucht. Während die Mehrheit der Pati­enten in dieser neuen Studie auch diese Defizite aufwies, wies ein großer Teil der Pati­enten über­ra­schend gesunde Werte der grauen Sub­stanz auf.

„Zahl­reiche andere Studien haben gezeigt, dass Men­schen mit Schi­zo­phrenie deutlich geringere Mengen an Hirn­gewebe haben als gesunde Kon­troll­per­sonen“, erklärt der Radiologe Christos Dava­tzikos von der Uni­ver­sität von Pennsylvania.

„Bei min­destens einem Drittel der Pati­enten, die wir unter­suchten, war dies jedoch über­haupt nicht der Fall – ihr Gehirn war fast völlig normal“.

Das Einzige, was auffiel, war eine Zunahme des Volumens der Basal­gan­glien, dem Teil des Gehirns, der haupt­sächlich für die moto­rische Kon­trolle zuständig ist. Obwohl Schi­zo­phrenie eine Störung des Geistes ist, die die kon­se­quente Ver­ar­beitung der Rea­lität behindert, kann sie auch zu kör­per­lichen Pro­blemen wie lang­samen Bewe­gungen und Ticks führen.

Aber diese Gehirn­muster ent­sprechen nicht gerade dem der­zei­tigen Konsens über Schi­zo­phrenie. Tat­sächlich wurde die Idee der „neu­ro­ana­to­mi­schen Hete­ro­ge­nität“ – bei der einige Men­schen mög­li­cher­weise Gehirn­de­fizite auf­weisen, andere aber nicht – erst kürzlich in Betracht gezogen.

„Diese Ergeb­nisse stellen die her­kömm­liche Vor­stellung in Frage, dass der Verlust an Hirn­vo­lumen ein all­ge­meines Merkmal der Schi­zo­phrenie ist“, so die Autoren abschließend.

Mit Hilfe des maschi­nellen Lernens ana­ly­sierte das Team die Hirn­scans von 307 Schi­zo­phrenie-Pati­enten und 364 gesunden Kon­troll­per­sonen und teilte sie in neu­ro­ana­to­mische Sub­typen ein.

Ins­gesamt wiesen fast 40 Prozent der Teil­nehmer mit Schi­zo­phrenie nicht das typische Muster der redu­zierten grauen Sub­stanz auf. In einigen Fällen zeigten sie tat­sächlich mehr Hirn­vo­lumen in der Mitte des Gehirns, in einem Teil, der Striatum genannt wurde.

Für die Ergeb­nisse konnte keine klare Erklärung gefunden werden – weder die Medi­kation, noch das Alter oder andere demo­gra­phische Faktoren.

„Das ist der Punkt, an dem wir uns im Moment voller Fra­ge­zeichen befinden“, sagt Davatzikos.

„Wir wissen es nicht. Was wir wissen, ist, dass Studien, die alle Schi­zo­phre­nie­pa­ti­enten in eine Gruppe ein­ordnen, wenn sie nach Behand­lungen oder kli­ni­schen Maß­nahmen suchen, mög­li­cher­weise nicht den besten Ansatz verfolgen.

Pati­enten, die in einen der beiden Hirn­sub­typen fielen, hatten ähn­liche Sym­ptome gezeigt und wurden in etwa mit der gleichen Medi­ka­men­ten­dosis behandelt. Frühere For­schungen haben redu­zierte Kor­ti­ka­lis­vo­lumina mit anti­psy­cho­ti­schen Medi­ka­menten in Ver­bindung gebracht, aber die For­scher konnten solche Unter­schiede zwi­schen den beiden Sub­typen nicht feststellen.

Das Team stellt fest, dass die Unter­schiede zwi­schen den Sub­typen noch immer durch die Folgen der Medi­ka­men­ten­ein­nahme beein­flusst werden könnten, z.B. durch eine höhere The­ra­pie­re­sistenz bei Subtyp 1 im Ver­gleich zu Subtyp 2, dessen Kor­ti­ka­lis­vo­lumen nicht redu­ziert zu sein schien. Aber andere Aspekte – wie z.B. kein Unter­schied im Schwe­regrad der Sym­ptome – scheinen diese Erklärung nicht zu unterstützen.

Andere neuere Studien haben eben­falls auf eine viel­fäl­tigere Dar­stellung der Schi­zo­phrenie im Gehirn hin­ge­deutet; ange­sichts der Tat­sache, wie unter­schiedlich die Sym­ptome der Schi­zo­phrenie sein können und wie wenige Men­schen auf die Behandlung ansprechen, ist diese Vor­stellung, dass eine Defi­nition nicht für alle passt, nicht unbegründet.

„Die Haupt­bot­schaft ist, dass die bio­lo­gi­schen Grund­lagen der Schi­zo­phrenie – und eigentlich vieler anderer neu­ro­psych­ia­tri­scher Stö­rungen – recht hete­rogen sind“, sagte Dava­tzikos gegenüber ScienceAlert.

Die jüngste Klas­si­fi­kation der Schi­zo­phrenie im DSM‑V kate­go­ri­siert die Erkrankung als ein Spektrum, das allein auf den Sym­ptomen basiert, nachdem sie sich von ver­hal­tens­be­dingten Unter­typen wie paranoid und kata­to­nisch ent­fernt hat.

Dava­tzikos ist jedoch der Ansicht, dass Beob­ach­tungen der neu­ralen Vielfalt bei solchen Stö­rungen letztlich die dia­gnos­ti­schen Kate­gorien viel weiter führen könnten.

„In Zukunft werden wir nicht mehr sagen: ‚Dieser Patient hat Schi­zo­phrenie‘, sondern ‚Dieser Patient hat diesen Subtyp‘ oder ‚dieses anormale Muster‘, anstatt einen breiten Rahmen zu haben, unter dem alle ein­ge­ordnet werden.

Wir müssen noch mehr For­schung in der Neu­ro­ana­tomie ver­schie­dener Stö­rungen abwarten, um zu sehen, ob ein solches Kate­go­ri­sie­rungsziel erreichbar ist.

Die Studie wurde in Brain veröffentlicht.


Quelle: connectiv.events